Der Generalkonsul (dritter von rechts) traf auf sieben türkische Studierende der Universität Bamberg (Bilder: Pressestelle)

Erbil Yilmaz erforscht im Rahmen der BIKS-Studie die Bildungschancen türkischer Kinder in Deutschland

Der Konsul erläutert seine Pläne, neben ihm der türkische Journalist und Student der Geschichte und Turkologie Hakan Gökpinar sowie Andreas Weihe vom Akademischen Auslandsamt (rechts)

Hüsniye Gül steht kurz vor dem Abschluss ihres Pädagogikstudiums

- Martin Beyer

„Sie müssen Vorbilder sein!“

Der türkische Generalkonsul Kartal besucht die Universität Bamberg

Das Thema „Bildung“ stand ganz oben auf seiner Agenda. Am 6. Februar stattete der türkische Generalkonsul Mehmet Selim Kartal der Universität Bamberg einen Besuch ab. Er sprach auch mit türkischen Studierenden und ermunterte sie zu neuen Initiativen.

Der türkische Generalkonsul Mehmet Selim Kartal zeigte sich beeindruckt von den unterschiedlichen Zielen, Plänen und Wegen der türkischen Studierenden in Bamberg. So saß er im Sitzungszimmer des Rektorats unter anderem zwei Pädagogen, einem Physiker und einer Studentin der Europäischen Wirtschaft gegenüber. Zuvor hatte Kartal ein Gespräch mit Rektor Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert und dem Leiter des Akademischen Auslandsamts Dr. Andreas Weihe geführt.

Der Kontakt zu den Studierenden ist ihm wichtig und zählt zu seiner Mission: Kartal besucht nach und nach bayerische Universitäten und ermuntert die türkischen Studierenden, sich zu vernetzen und Initiativen zu starten, die vor allem der Bildungsförderung dienen sollen. „Die Elterngeneration kann ihren Kindern nicht immer die nötige Unterstützung geben, vor allem, was die Sprache und die Aufgaben in der Schule betrifft. Sie haben den schwierigen Weg an die Universitäten schon hinter sich, deshalb bitte ich Sie, als Vorbilder zu fungieren“, ermunterte Konsul Kartal seine Landsleute.

Universität nicht unerreichbar

Kartal erhofft sich, dass sich die türkischen Studierenden aus Erlangen-Nürnberg, Bayreuth, Bamberg und etwa Regensburg zusammentun und ein Kommunikationsnetz aufbauen. Sie sollen die jüngere Generation motivieren und aufklären, dass der Weg an eine Universität auch für Menschen mit Migrationshintergrund nicht unerreichbar ist.
Eine an der Universität Bamberg durchgeführte Studie könnte diesem Vorhaben wichtige Informationen liefern. Die Studie „Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter“ (BIKS) des Lehrstuhls für Soziologie I stellt die Frage: Was lernen Kinder wann? Für eine Verbesserung der Schulleistungen fehlt es häufig an den entsprechenden Informationen, welche Parameter tatsächlich für Erfolg und Misserfolg verantwortlich sind. Der in Karlsruhe geborene Türke Erbil Yilmaz kümmert sich seit November 2006 um die Erforschung der Situation türkischer Kinder, deshalb war das Zusammentreffen mit dem Generalkonsul für ihn sehr wichtig.

Auch Rektor Godehard Ruppert erhofft sich für die Zukunft, dass sich die Chancen für Kinder mit Migrationshintergrund erhöhen werden. Er ist der Überzeugung, dass die deutschen Universitäten in den nächsten Jahren einen hohen Zulauf an ausländischen Studierenden und Studierenden mit Migrationshintergrund bekommen werden: „Das ist in vielen Statistiken zur Entwicklung der Studierendenzahlen noch gar nicht mit eingerechnet.“, so Ruppert. Einerseits glaubt Ruppert, dass vor allem aus den arabischen Ländern mehr Studierende an westliche Universitäten kommen werden, die sich bisher eher nach Osteuropa orientiert haben. Zum anderen hofft er, dass der Weg in die Universitäten für Kinder von Einwanderern leichter wird, so dass man eines Tages nicht mehr von Parallelgesellschaften, sondern von parallelen Bildungschancen sprechen kann.

Situation in Bamberg

Am Ende des Gesprächs konnten die Studierenden mit dem Generalkonsul über ihre persönliche Situation in Bamberg sprechen. Hüsniye Gül steht bereits am Ende ihres Pädagogikstudiums, sie ist seit acht Semestern in Bamberg und fühlt sich sehr wohl. Sie kann sich gut vorstellen, in dem von Konsul Kartal gewünschten Bereich zu arbeiten: Jugendliche und junge Erwachsene zu unterrichten und sie zu motivieren, ihre Chancen in dieser Gesellschaft wahrzunehmen. „Es ist wichtig, sich die Kultur gegenseitig verständlich zu machen!“ sagt Gül. Sie sieht das Problem einer kulturellen Verlorenheit der jungen türkischen Generation, wenn sie weder in der Kultur ihrer Mütter und Väter noch in der deutschen Kultur heimisch werden. Doch bevor Gül sich beruflich dafür einsetzen kann, hat sie noch einige Hürden zu überwinden: Ihre mündliche Prüfung liegt so ungünstig, dass sie 20 Tage ohne Wohnheimsplatz dasteht, aber auch dafür wird sie eine Lösung finden.

Nach dem Gespräch mit den Studierenden der Otto-Friedrich-Universität stand für Konsul Kartal noch ein Besuch beim Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke auf dem Programm. Integration ist und bleibt eine der wichtigsten Herausforderungen in Deutschland: Der Generalkonsul nimmt sie offensichtlich sehr ernst.

Zur Person

Mehmet Selim Kartal wurde 1958 in Istanbul geboren. Er absolvierte das Knaben-Gymnasium in Istanbul und studierte an der Fakultät für Politische Wissenschaften der Universität Ankara. 1983 ging er als Beamtenanwärter in den außenpolitischen Dienst. Er arbeitete unter anderem in Ost- und Westdeutschland, Mogadischu und Bosnien-Herzegowina.

Seit Oktober 2005 ist Kartal Generalkonsul in Nürnberg.

In Deutschland gibt es insgesamt 13 türkische Generalkonsulate, die als Anlaufstation für ihre Landsleute dienen und sich für die Integration der türkischen Bürgerinnen und Bürger einsetzen.