Constant Kpao Sarè lehrt ein Jahr an der Professur für Romanische Sprachwissenschaft (Foto: Martina Bay)

Bénin ist ein westafrikanischer Küstenstaat (Foto: TUBS/wikimedia/cc-by-sa 3.0)

Sarès Heimatuniversität ist die Université Abomey-Calavi in Cotonou (Quelle: Université Abomey-Calavi)

In Bamberg hat Sarè sein eigenes Büro, an seiner Heimatuniversität nicht. „Aber es läuft trotzdem“, erklärt der Wissenschaftler. (Foto: Martina Bay)

- Martina Bay

„Der Regen ist in Afrika wärmer“

Constant Kpao Sarè lehrt in Bamberg

Die Eingewöhnung in Deutschland fiel Sarè nicht schwer. „Ich bin sehr freundlich und kompetent betreut worden“, erzählt der 37-jährige Dozent der Université Abomey-Calavi in Cotonou, Bénin. Besonders dankbar ist er Alexandra Wolf vom Welcome Center, der zentralen Service- und Anlaufstelle für internationale Gastwissenschaftler der Universität Bamberg. Aber auch die Romanistin Prof. Dr. Miorita Ulrich habe viel zum Gelingen seines Aufenthaltes beigetragen, erklärt der Dozent. Sie war es nämlich, die den Wunsch geäußert hatte, für linguistische Aspekte der französischsprachigen Gebiete in Afrika eine Lehrkraft einzustellen. Deswegen hielt Sarè im Wintersemester 2011/12 zwei Lehrveranstaltungen an der Professur für Romanische Sprachwissenschaft: Eine in französischer Sprache über die Charakteristika und Besonderheiten des Französischen in Afrika und in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Geoffrey Haig vom Lehrstuhl für Allgemeine Sprachwissenschaft eine Einführung in die sprachwissenschaftliche Feldforschung am Beispiel seiner Muttersprache. Es handelt sich um die Sprache Yom, die zur großen Gur-Sprachfamilie gehört. Diese ist in Nord-Bénin, Niger, Burkina-Faso, Nord-Elfenbeinküste verbreitet.

Teil des wissenschaftlichen Lebens

Zur Freude aller Beteiligten wurde sein Vertrag für das Sommersemester 2012 verlängert. „Sowohl für den ersten Kontakt als auch bei der gesamten Organisation des Gastaufenthaltes unterstützte mich der ehemalige Dekan der Fakultät, Prof. Dr. Klaus van Eickels“, verrät Miorita Ulrich. „Von ihm ging die Initiative aus, mit Bénin zusammenzuarbeiten, auch wenn er ansonsten insbesondere für den Bereich der Elfenbeinküste ein Experte ist.“ Sarè ist mittlerweile Teil des wissenschaftlichen Lebens in Bamberg: Im Wintersemester besuchte er die Ringvorlesung Das Tier in der Sprache, Literatur und Kultur und wird einen Artikel zum Sammelband beitragen: Das afrikanische Tier zwischen Oralität, Afrikanismus und Postkolonialismus. Sein Lehrangebot hat der Wissenschaftler im Sommersemester erweitert. In Zusammenarbeit mit Geoffrey Haig vermittelt er Grundkenntnisse seiner Muttersprache Yom. Darüber hinaus vertieft er während seines Gastaufenthaltes seinen Forschungsschwerpunkt Postkoloniale Erinnerungskultur in der neueren deutschsprachigen Afrikaliteratur.

„Deutsch ist eine der schönsten Sprachen, aber auch eine der schwierigsten“, erklärt Sarè. Es gebe immer etwas dazuzulernen. Gerade im Bereich Kultur verfüge die deutsche Sprache über sehr viele und sehr differenzierte Begriffe. Sarè lernte bereits in der Schule Deutsch. Es war seine dritte Fremdsprache nach Französisch und Englisch. Nach der Schule studierte er Germanistik in Bénin und in Saarbrücken, Verwaltungswissenschaften in Speyer. Zu Studienzwecken hielt er sich auch längere Zeit in Metz (Frankreich) auf. Seine Dissertation schrieb er über Carl Peters, einen deutschen Politiker und Afrikaforscher mit stark ausgeprägter rassistischer Einstellung. Peters gilt als Begründer der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Zum ersten Mal kam er für sein Austauschsemester nach Bamberg. Er findet übrigens die Stadt Bamberg einmalig und wunderschön. Zumindest im Wintersemester sei es ihm allerdings ein bisschen zu kalt gewesen, erzählt er. „Bei uns in Bénin regnet es ja auch viel. Aber der Regen in Afrika ist wärmer.

Anderes Zeitgefühl in Afrika

„Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Afrika und Deutschland“, sagt Sarè. Dabei spricht er nicht von fest greifbaren Vor- und Nachteilen. Er beschreibt eher neutrale Eindrücke, Empfindungen und Gegensätze. In Bamberg nutzt er beispielsweise ein eigenes Büro; es gibt eine schöne Bibliothek mit einer ausgezeichneten Ausstattung. An der Universität von Cotonou steht ihm kein eigenes Büro zur Verfügung, die Unterrichtsräume sind überfüllt. „Aber es läuft trotzdem“, erklärt der Wissenschaftler.
Auch das afrikanische Zeitgefühl sei anders. „Der Tag hat zwar in Deutschland und in Afrika 24 Stunden“, erzählt Sarè. Aber in Deutschland wüssten die Leute bereits morgens, ob sie acht oder zehn Stunden arbeiten müssen. „In Afrika dagegen hat Zeit eine ganz andere Bedeutung.“ Man wisse vorab nicht, wie lange man arbeiten werde; Zeit sei in Afrika sehr elastisch. „Die Bedeutung des Wortes Stress habe ich erst in Deutschland richtig kennengelernt“, so der Gastdozent.

Seine vielen Jahre im Ausland lassen Constant Kpao Sarè Deutschland immer mehr mit deutschen Augen sehen. „Ich bin ja schon viele Jahre meines Lebens hier.“ Seine Familie vermisse er natürlich, denn diese spiele in Afrika eine sehr große Rolle. Sie merke übrigens, dass er in Europa gelebt hat. Woran? „Ganz einfach“, erklärt Sarè vielsagend, „man läuft schneller, weil man es immer eilig hat.“ Aber nach zwei Monaten findet er wieder in den alten Rhythmus zurück. „Genauso lange brauche ich umgekehrt, um wieder ins schnelle, deutsche Tempo in Bamberg zu kommen.“ Den Bamberger Studierenden und Kollegen möchte er viel Glück wünschen: „Viel Glück heißt auf Yom cansawa djilaa djaamama und bedeutet wörtlich übersetzt Der Herr der Helligkeit möge die Deutschen begleiten.“