Tandem für ein Schuljahr: Mentorin Britta Stockert und Mentee Viktoria Fana. (Fotos: Freyja Ebner)

Bei jedem Treffen unternehmen die Tandems Ausflüge in Bamberg, wie z.B. eine Radtour.

Projektleiterin Annette Pöhlmann-Lang freut sich über das positive erste Jahr der "Kul(tur)Kids".

Mit Kultur und Spaß zu einem besseren Deutsch

DiDaZ-Studierende betreuen Kinder mit Migrationshintergrund

„Heute sind wir wieder zum Tierheim gegangen, weil wir die Lilly streicheln wollten.“ So beginnt der Eintrag über einen Besuch im Tierheim Bamberg aus dem Tagebuch von Schülerin Viktoria Fana. Die Viertklässlerin von der Grund- und Mittelschule Bamberg/Gaustadt hat die Einträge in ihrem Tagebuch gemeinsam mit Lehramtsstudentin Britta Stockert verfasst. Die bunt gestalteten Seiten erzählen von ihren Aktivitäten aus den letzten Monaten, wie beispielsweise die Besuche des Tierheims, der Stadtbibliothek, des Freizeitbads Bambados oder eine Radtour. Einmal pro Woche holt Britta Stockert Viktoria von Zuhause ab und unternimmt mit ihr für 3-4 Stunden Ausflüge in Bamberg. Nach jedem Treffen schreiben sie zusammen das Tagebuch, danach bringt Britta Stockert Viktoria wieder zu ihrer Familie, die aus dem Kosovo stammt, zurück – und dies nahezu jede Woche im Schuljahr.

Was hat es mit diesen Treffen auf sich? Sie sind Bestandteil des Projekts „Kul(tur)Kids“, das im November letzten Jahres gestartet ist. Geleitet wird es von Annette Pöhlmann-Lang, die an der Uni Bamberg Didaktik des Deutschen als Zweitsprache (DiDaZ) lehrt. „Die Kinder lernen spielerisch durch Freizeitaktivitäten die Stadt Bamberg kennen und verbessern nebenbei ihr Deutsch. Die Verbindung von Sprachkompetenz und kultureller Einbindung ist das Besondere an „Kul(tur)Kids““, so die Wissenschaftlerin. „Durch die Betreuung von Studierenden werden die Kinder sowohl im zwischenmenschlichen Miteinander als auch in der Verwendung der Sprache gefördert und lernen die Kultur vor Ort kennen. Das obligatorische Tagebuchschreiben dient dabei der Verbesserung der Schreibfähigkeit und der sprachlichen Ausdrucksweise“, erklärt Pöhlmann-Lang.

Die Idee zu diesem Projekt kam ihr, als sie selbst als Grundschullehrerin in einer Bamberger Schule tätig war. Ihr sei aufgefallen, dass viele ihrer Schüler noch nie eine kulturelle Einrichtung von Bamberg wie z.B. den Dom besucht hätten. Dann stieß sie auf ein Tandemprojekt an der FU Berlin, das seinen Ursprung in Schweden hat (Nightingale). Annette Pöhlmann-Lang setzte dieses Projekt für Bamberg um. Die „Kul(tur)Kids“ laufen bisher in Kooperation mit der Grund- und Mittelschule in Gaustadt, ein Stadtteil mit traditionell recht hohem Migrantenanteil.

Ehrenamtliches Mentoring für ein ganzes Schuljahr

Das erste Jahr begann das Projekt mit neun Tandems, zu je einer DiDaZ-Studentin, der Mentorin, und einem Schüler bzw. einer Schülerin, dem Mentee. Die Kinder wurden von den Klassenlehrern für das Projekt ausgewählt und je nach Interessen den Studierenden zugeteilt. Von universitärer Seite waren im ersten Jahr nur Studentinnen dabei, Studenten in DiDaZ sind rar. „Wir bräuchten unbedingt ein paar Männer, die Schüler würden sich sicher sehr freuen“, so Pöhlmann-Lang. Das Projekt läuft für die Tandems immer für ein Schuljahr. Die Lehramtsstudentinnen verpflichteten sich für diese Zeit, die Betreuung ihrer zugewiesenen Mentees zu übernehmen, einschließlich der Semesterferien. Und das für nur wenige ECTS-Punkte im Studium. Zwar stellt das Projekt für die Studentinnen quasi eine ehrenamtliche Tätigkeit dar, doch wird der große Zeitaufwand durch jede Menge praktische Erfahrung für den späteren Lehrberuf entschädigt. „Ich habe durch das Projekt mehr Sicherheit im Umgang mit Kindern gewonnen. Der interkulturelle Austausch war sehr bereichernd für mich. Zudem ist es schön, bei der Förderung eines Kinders aktiv beteiligt zu sein und zu erleben, wie es sich im Laufe des Jahres entwickelt“, erklärt Britta Stockert, die Mentorin von Viktoria.

In Blockseminaren zu Beginn des Wintersemesters wurden die Studentinnen auf die Treffen mit den Mentees, aber auch auf den Umgang mit deren Eltern vorbereitet. Zudem lernten sie, wie das Tagebuchschreiben fachdidaktisch angegangen werden sollte. Für die gemeinsamen Aktivitäten standen den Tandems rund 100 Euro fürs gesamte Schuljahr zur Verfügung. Eine geringe Summe will man meinen. Aber die Mentorinnen sind sehr sparsam mit dem Geld umgegangen, denn eine Stadtrallye, Spaziergänge oder eine Radtour kann man auch mit wenig Geld organisieren. Von den Sponsoren wie beispielsweise die Kulturtafel und die Stadt Bamberg gab es außerdem Gutscheine fürs Bambados oder fürs Kino.

Förderpreis 2013 der Oberfrankenstiftung

Annette Pöhlmann-Lang bilanziert: „Das erste Jahr lief ausgesprochen gut. Die Kinder sind offener geworden, und ihre Eltern freuen sich darüber. Durch die regelmäßigen Treffen hat sich das Schriftdeutsch auch verbessert.“ Der Erfolg hat sich schnell herumgesprochen, auch über die Stadtgrenze hinaus: Für diese außergewöhnliche Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund durfte Projektleiterin Annette Pöhlmann-Lang bei der offiziellen Preisverleihung am 17. September 2013 den Förderpreis der Oberfrankenstiftung entgegennehmen. Bezirkstagspräsident und Laudator Dr. Günther Denzler würdigte vor allem die Win-win-Situation, die das Projekt für Kinder, Mentorinnen, Eltern, Lehrer, Projektleitung und Stadt, kurz, für alle Beteiligten, herbeiführe. Diese zeige sich besonders in der Integration des Projektes in die Stadt Bamberg, im kulturellen und sprachlichen Lernen der Mentees sowie in den Praxiserfahrungen, die die Studentinnen durch ihr Engagement sammeln können.

Und so ruft das Ende der ersten Projektphase auch wehmütige Gefühle hervor, zum Beispiel bei Viktoria. „Ich bin schon traurig, dass die Treffen vorbei sind. Das Tagebuchschreiben hat mir viel Spaß gemacht“, erzählt sie. Aber ihre kleine Schwester hat sie für das Projekt begeistern können. Diese will nun auch mitmachen, wenn das Projekt im November in die zweite Runde startet. Weitere regelmäßige Treffen mit Britta Stockert außerhalb des Projektes sind geplant. Eine kleine Freundschaft ist entstanden.

Interessierte Studierende können sich bei Frau Pöhlmann-Lang mit einem kurzen Motivationsschreiben melden: annette.poehlmann-lang@uni-bamberg.de

Hinweis

Diesen Text verfasste für die Pressestelle der Universität Bamberg
Freyja Ebner
Tel.: 0951/863-1146
E-Mail: team.medien@uni-bamberg.de