Yvonne Arnold präsentiert Bilder von Menschen, die ihr auf Reisen begegneten. (Fotos: Philipp Demling)

Eine Vernissage mit Werken von zehn jungen Talenten eröffnete das Programm.

Eltern und ihre Kinder beim Bastelworkshop

"Ich lege Wert darauf, mit Musik die Handlung zu unterstützen" - Jim Avignon vertonte live einen Stummfilm.

- Philipp Demling

„Kontakt“ als Festival der Kontraste

Kulturprogramm zum Anschauen und Mitmachen

Ein Berber im blauen Gewand. Eine Inderin mit Kopftuch. Eine kubanische Tänzerin. Ein bärtiger alter Mann aus Nepal. Auf Reisen ist die Kunststudentin Yvonne Arnold all diesen Menschen begegnet. Aus Fotos schuf sie mit Polychrom und Kreide Porträts. An großen Bildern arbeitet Yvonne Arnold samt Vorzeichnungen drei Wochen, die kleinen schafft sie in zwei Tagen. „Die Vorzeichnungen sind das Schwierigste“, erzählt die 24-Jährige. „Man muss die Größenverhältnisse genau treffen. Und erst mal die Fotos im Detail betrachten, um eine wirkliche Ähnlichkeit herauszuarbeiten.“
Jahr für Jahr macht Yvonne Arnold eine Fernreise, meist mit dem Rucksack. Sie war in Indonesien, Thailand. Jetzt möchte die Studentin nach Ägypten, will aber noch abwarten, wie sich die politische Lage weiter entwickelt. Oft kommt die 24-Jährige mit Menschen, die sie porträtiert, ins Gespräch. Etwa mit dem Berber, dem sie in Marokko begegnete. Yvonne Arnold, die aus Ebermannstadt kommt, studiert in Bamberg Sozialpädagogik und Kunst. Später möchte sie Lehrerin an einer Berufsschule werden. Am Freitag gehörte die Fränkin zu den zehn Künstlern, die mit der Ausstellung „Kontakt-Anzeige“ das Kontakt-Festival der Studierendenvertretung im Dominikanerbau eröffneten.

Verlassene Straßen

Zehn junge Talente, hauptsächlich Kunststudenten der Uni Bamberg, präsentierten ihre Bilder. Zur Vernissage kam auch Lisa, eine Hochschülerin, der bei der Ausstellung vor allem die Fotografien von Christian Nappert auffielen. Die meisten von ihnen zeigen graue Szenerien, verlassene Straßen. „Mir gefällt, wie die Bilder die Realität in Form von Kunst darstellen. Die Motive sind scheinbar hässlich“, so die Hochschülerin. „Aber durch Farb- und Formkontraste wirken sie interessant.“ Ihre Begleiterin lobt, dass die Kunstausstellung besser gelungen sei als im vergangenen Jahr: „Da war alles viel zu überladen.“
Am Samstag sollten auch die Kleinen auf ihre Kosten kommen, etwa beim Bastelworkshop mit dem Bamberger Künstler Patrick Moos. Im Kreuzgang des Dominikanerbaus befassten sie sich aus gegebenem Anlass mit der Atomkraft. Die Jungen und Mädchen durften die deutschen Meiler farbig ausmalen. „Letztes Jahr lief der Workshop über zwei Tage“, erläuterte Patrick Moos. „Diesmal sind es nur etwa zwei Stunden.“
Emma bereitete es sichtlich Spaß, Kraftwerke auszumalen: Konzentriert saß die Dreijährige über den Meiler Gundremmingen B gebeugt und verpasste ihm einen braunen, roten und blauen Pinselstrich. „Das Rote ist wohl die Kernschmelze“, meint die Oma währenddessen lachend. Damit es etwas schneller geht, malt der Papa Emma die Hand rot an. „Danach musst Du sie waschen“, mahnt er seine Tochter, die ihre Finger schließlich genussvoll auf das Papier klatscht – neben das aufgedruckte Kraftwerk.
„Wir sind wegen dem Kinderprogramm hier“, erzählt Florian Hauptenbucher als Vater der dreijährigen Emma. „Solche Kinderfeste muss man nutzen.“ Ja, Emma malt sichtlich gern. Obwohl sie auf die Frage, ob sie denn wüsste, was ein Atomkraftwerk ist, den Kopf schüttelt. Aber genau darum geht es Patrick Moos: Bei den Kleinen ein Bewusstsein für die Frage zu schaffen, in welcher Welt sie später leben wollen. „Ich möchte sie spielerisch am gesellschaftlichen Dialog beteiligen“, erklärt der Künstler. Durch die eigene Tochter sei er auf die Idee gekommen, in seinem Atelier derartige Kurse für Jungen und Mädchen anzubieten. „Schließlich müssen sie die Folgen der Entscheidungen, die heute getroffen werden, später ausbaden.“

Grenzen verschwimmen

Ein cineastisches Highlight erwartete Besucher des Kontakt-Festivals am Samstagabend in der Aula: der Stummfilm „Das Cabinet des Dr. Caligari“ aus dem Jahr 1920, live vertont von Jim Avignon. In dem etwa 70-minütigen Streifen, der als Meisterwerk des Expressionismus gilt, verschwimmen die Grenzen zwischen Besessenheit und Wahnsinn. Der unheimliche Caligari stellt auf einem Jahrmarkt den Schlafwandler Cesare aus, der Menschen die Zukunft vorhersagt. Und nachts begeht Cesare in der Kleinstadt Holstenwall auf Anweisung seines Herrn eine Reihe furchtbarer Morde.
Mit einem Synthesizer gab Avignon dem alten Film eine moderne Note und beraubte ihn dennoch nicht seiner Atmosphäre. Es ist Avignons vierte Stummfilm-Vertonung nach „Symphonie einer Großstadt“, „Asphalt“ und „Modern Times“ mit Charlie Chaplin. „Bei Dr. Caligari habe ich Wert darauf gelegt, mit Musik die Handlung zu unterstützen“, erklärt Avignon, der in Berlin und New York lebt und seit zwölf Jahren professionell Musik macht. „Es gibt auch Filme, bei denen es mir eher um die Stimmung geht.“ Zwei Monate lang habe er sich intensiv mit dem Werk beschäftigt, es immer wieder gesehen und musikalische Themen für Protagonisten entwickelt.
Beim Publikum traf das Ergebnis seiner Arbeit ins Schwarze. Psychologiestudentin Andrea Kohler meinte hinterher: „Wahrscheinlich fand ich den Film vor allem wegen der Musik sehr interessant.“
Ziel von „Kontakt“ ist es darüber hinaus natürlich auch, bislang unbekannten Künstlern eine Plattform zu bieten – wie den Protagonisten am Freitagabend. Das zieht Jahr für Jahr mehrere Tausend Interessenten an. Gestern klang die siebte Auflage unter anderem mit einem Filz-Workshop für Kinder, jiddischen Liedern von Esther Rojtenberg und einer offenen Kleinkunstbühne aus.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Fränkischen Tages