Symbol für die Flüchtlingsproblematik: ein großes Holzschiff (Fotos: Stefanie Spiegel)

Der Veranstaltungsort, das alte Bamberger Hallenbad

Kunstausstellung in der Sammelumkleide

Tilmann Kallenbach, einer der Hauptorganisatoren

- Stefanie Spiegel

Grenzen und Grenzüberschreitungen

Vier Tage Zusehen und Mitmachen beim Kontaktfestival 2012

Die Besucher saßen auf einer Holzplattform und konnten, wenn sie den Kopf nach rechts drehten, durch Glasfronten im Nebenraum ein gewaltiges Holzschiff inmitten des inzwischen trockengelegten Schwimmerbeckens des alten Bamberger Hallenbads entdecken. Die raumgreifende Installation spielte auf die sogenannten „boat people“ an, auf Menschen, die in einfachen Booten das Mittelmeer von Afrika nach Europa überqueren.

Das Boot ist auch ein Symbol für zwei konzeptionelle Neuerungen des achten Kontakt – Kulturfestivals im Vergleich zu seinen Vorgängern. Erstens war es von großen Dimensionen geprägt. Mehr Platz und ein größeres Budget erfreuten die Organisatoren. Gleichzeitig war ihnen aber auch klar, dass sie diesmal noch mehr Aufwand als üblich betreiben mussten, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, so Tilmann Kallenbach, Pädagogik- und Soziologie-Student und einer der Hauptkoordinatoren des Festivals. Der Aufbau startete in diesem Jahr deshalb schon ein paar Tage früher, um sicherzustellen, dass das Hallenbad rechtzeitig fertig war. Viel Zeit zum Planen blieb ohnehin nicht, denn der Veranstaltungsort stand erst fünf Wochen vor Beginn des Kulturfestivals fest.

Zweitens gab es für das Festival 2012, das vom 10. bis 13. Mai 2012 stattfand, erstmals ein übergeordnetes Thema: Über Grenzen. Das Schiff sollte einen Denkanstoß zum Thema geben, auf das globale und damit grenzüberschreitende Flüchtlingsproblem aufmerksam machen. Grenzen überschreitet man jedoch nicht nur im Großen, es beginnt mit einem kleinen, ersten Schritt. Die Organisation des Festivals sei ein solcher Schritt „über Grenzen“, erzählte der Organisator. Die Studierenden des AStA Bamberg e.V. organisierten alles selbst, was schon eine große Herausforderung sei.

Tanz und Theater

„Das Festival startete vor acht Jahren als Bühne für regionale Künstler und Musiker“, berichtete Kallenbach. „Mittlerweile lockt es auch internationale Bands an.“ Wichtig sei den Organisatoren, dass das Programm von jedem kostenlos besucht werden könne. Die thematische Ausrichtung zog sich durch die einzelnen Projekte: Es ging nicht nur um räumliche, sondern insbesondere um gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Grenzen bzw. Grenzüberschreitungen. Überall finde man heutzutage Barrieren, Tabus und Limits neben Grenzenlosigkeit. „Die Grenzen im eigenen Kopf wollen wir mit unserem Rahmenthema deshalb genauso ansprechen wie die sozialen Barrieren und im Kontrast dazu natürlich auch das Überschreiten von Grenzen“, so der Organisator.

Über Grenzen in Fantasy-Romanen und solche im Bildungssystem, über religiöse, soziale und kulturelle Grenzen informierte das wissenschaftliche Symposium [u:bεr]grenzen. Auch Theaterveranstaltungen zeigten Grenzen auf – oder aber Grenzenlosigkeit. Die Improvisationstheatergruppe der Universität Bamberg „Die Improfessionellen“ traten beispielsweise völlig ohne Drehbuch und Regie auf. Daneben gab es Tanzkurse, man konnte die Hüften zu Salsa schwingen oder sich auf eine audiovisuelle Tanzstunde einlassen. Wer stattdessen lieber anderen zusah, kam ebenso auf seine Kosten: die Hip-Hop Formation „Die Mikrowelle“ sorgte für Stimmung auf dem Festival.

Kunst und Literatur

Auch das Literaturfestival Bamberg liest fand 2012 im Rahmen des Kontaktfestivals statt. Bamberg liest ist eine Plattform für Autoren und Verlage. Herzstück ist das Talentförderkonzept der Literaturtandems: Junge Nachwuchsautoren schreiben im Tandem mit renommierten Schriftstellern aus der Region. Am Donnerstagabend lasen die Tandems Martin Beyer und Judith Wiedemann, Maia Tabukashvili und Sophia Léonard, Anna Degen und Andrea Amft sowie Peter Braun und Thilo Martens aus der neuen Anthologie Stirb & Werde. Sie ist aus der Übung für Kreatives Schreiben von Dr. Martin Beyer, Dozent am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, hervorgegangen. Ebenfalls im literarischen Bereich angesiedelt waren Workshops zu einem Thema, das sich längst großer Beliebtheit erfreut: Poetry Slam.

Schon mit Beginn des Kulturfestivals am Donnerstag war den Besuchern außerdem die Vernissage in der ehemaligen Sammelumkleide des alten Hallenbades zugänglich. Sie lud die Besucher ein, Fotografien, Collagen und Malereien zu bestaunen, unter anderem die Fotoausstellung Blickfänge der Offenen Behindertenarbeit der Lebenshilfe Bamberg.

Weitere Informationen

Details zum Programm des Kontaktfestivals 2012 sowie seiner Vorgänger finden sich auf der Internetseite: www.kontakt-bamberg.de. Dort gibt es auch ein Video, dass die Umbaumaßnahmen im alten Hallenbad im Zeitraffer zeigt.