Reinhard Zintl sprach über Moral in der Politik... (Fotos: Andrea M. Müller)

... in einer vollbesetzten AULA

Anschließende Diskussion mit dem Publikum

- Charlotte Häusler

Moralisch, moralischer, Politik?

Reinhard Zintl sprach über Moral in der Politik

Der Vortrag des Bamberger Politikwissenschaftlers Prof. Dr. Reinhard Zintl am zweiten Abend der 22. Bamberger Hegelwoche widmete sich der Frage: „Wieviel Moral braucht die Politik?“ Er bildete damit die Ergänzung zum Vortrag des Philosophen Prof. Dr. Vittorio Hösle am Vortag, der erläutert hatte, wieviel Politik die Moral braucht, um von der Gesellschaft wahrgenommen und akzeptiert zu werden. 

Ohne Macht geht es nicht

„Die Politik ist ein schmutziges Geschäft!“, zitierte Zintl ein bekanntes Klischee: Allzu oft werde Politikern unterstellt, es gehe ihnen nur darum, an die Macht zu kommen und sie für ihre eigenen Zwecke zu gebrauchen. Dieser negativen Vorstellung stellte Zintl die Idee der Politik als Dienstleistung gegenüber. Sie sei ihrerseits ohne Durchsetzungsmacht aber nicht  denkbar, da sie die Vielfalt der gesellschaftlichen Meinungen in verbindlichen Entscheidungen bündeln müsse. Moralische Anforderungen an die Politik und ihre Akteure sind gerade deshalb so wichtig.

Moralische Anforderungen an politische Inhalte

Zintl unterschied in seinem Vortrag zwei verschiedene Ebenen der Politik, an die moralische Anforderungen gestellt werden können und müssen. Auf der ersten Ebene stehen die politischen Inhalte, die jedoch nur selten eindeutig moralisch bewertet werden können. In der Konfrontation mit moralisch herausfordernden Situationen seien Kompromisse meist notwendig, wenn auch schwierig. An Beispielen dafür mangele es nicht: humanitäre Intervention im Krieg, Sterbehilfe oder Tyrannenmord; immer gehe es um Leben und Würde. Will man Antworten und Lösungen finden, gehe es nicht darum, das unbezweifelbar Richtige zu tun, sondern vielmehr darum, abzuwägen und „mit Skrupeln das zu tun, was am ehesten gerechtfertigt werden kann.“

Moralische Politiker und moralische Wähler

Moralische Anforderungen werden auf der zweiten Ebene an die Politiker und ihr Handeln selbst gerichtet. Die Politik ist notwendigerweise immer auch ein Kampf um Macht, stellte der Politologe klar. Dieser ‚Kampf‘ darf ruhig hart geführt werden, jedoch sollten die Politiker die Spielregeln respektieren. Politiker seien allerdings der Versuchung ausgesetzt, die Urteilskraft der Wähler manipulativ auszuhöhlen. Urteilsfähige Wähler aber bilden die Voraussetzung für ein funktionierendes Zusammenspiel. Der Politikwissenschaftler kam zum Ergebnis, dass die ‚Nichtpolitiker‘ die wesentliche Rolle spielen; der Wähler sei der „Hüter der Moral“. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müsse auch er sich moralischen Anforderungen stellen, so Zintl. Dazu gehöre beispielsweise, dass moralische Standards ernst genommen und auch unpopuläre und komplexe politische Lösungen akzeptiert werden müssen. „Das ist nicht zu viel verlangt“, meinte Zintl und betonte, dass schon grundlegende und einfache Vorstellungen von dem, was sich gehört, und von dem, was ein gutes Argument sei, genügten, um moralische Werte in der Politik zu erhalten.
Dass sich Moral und Politik in der Realität oftmals nicht so leicht in Theorien fassen lassen, wurde in der anschließenden Diskussionsrunde mit den Zuhörern deutlich. Darf man so einfach zwischen politischen Inhalten und Politikern unterscheiden? Spielen nicht auch die Medien bei der Urteilsfindung der Wähler eine entscheidende Rolle? Und die sicherlich wichtigste Frage: Wie interessiert sind die potentiellen Wähler überhaupt an der Politik und deren moralischen Prinzipien? Trotz ihres vielschichtigen Verhältnisses: Moral und Politik müssen unbedingt zusammenspielen, damit die Politik nicht zu einem schmutzigen Geschäft verkommt.  

Weitere Informationen

Mitschnitte und Bilder der gesamten Hegelwoche finden Sie auf der Seite der 22. Bamberger Hegelwoche rechts unter "Informationen und Materialien".