Bei der Konferenz "Elizabeth I.: Past and Present" wuden in der AULA Renaissance-Tänze aufgeführt (Bilder: CBS)

Die Leiterin des CBS Christa Jansohn

Einer der vielen Gäste des Zentrums: Beim D.H. Lawrence-Kongress las Geoff Dyer aus seinem Roman "Out of Sheer Rage"

- Lina Muzur

Ideas, Imagination, Innovation

Das Centre for British Studies baut auf Interdisziplinarität

Das Zentrum für Großbritannienstudien feiert unter der Leitung von Christa Jansohn seinen fünften Geburtstag. Ein passender Anlass, um einen Blick auf bisher Geleistetes und Zukünftiges zu werfen.

„Heute ist ein erfreulicher Tag. Es hat viel Arbeit gegeben, aber wir können uns von nun an sicher sein, dass ein Centre for British Studies ein integraler Bestandteil der Otto-Friedrich-Universität von Bamberg sein wird.“ Dies waren die Worte des ehemaligen britischen Botschafters in Deutschland, Sir Nigel Broomfeld, anlässlich der Eröffnungsfeier des ersten Großbritannien-Zentrums Süddeutschlands am 2. März 2000. Seit diesem erfreulichen Tag sind über sechs Jahre vergangen. Das Zentrum kann auf unzählige Erfolge zurückblicken. Dennoch, der anfängliche und ansteckende Optimismus ist inzwischen gedämpft.

Ein überzeugendes Konzept

Lang war der Weg von der Idee bis zu ihrer Umsetzung. Bereits 1998 initiierte Dr. Walter Lessing, gebürtiger Bamberger, der 1933 aus Deutschland fliehen musste und dessen besonderes Anliegen der Ausbau deutsch-britischer Beziehungen war, zusammen mit dem ehemaligen Rektor der Universität, Prof. Dr. Alfred Hierold, die Schaffung des Zentrums für Britannien-Studien. Unterstützt wurde die Idee von der britischen Regierung, den jeweiligen Botschaften, dem British Council, dem Foreign Office und nicht zuletzt auch von der Bayerischen Staatsregierung. Hans Zehetmair, bis 2003 Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, bekundete großes Interesse: „Die Bayerische Regierung unterstützt das Großbritannien-Zentrum, weil es die Internationalisierung der Universität voranbringt, auf einem überzeugenden Konzept beruht und von engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern getragen wird.“ Das Konzept überzeugt in der Tat, weil es Interdisziplinarität herstellt. Gedacht als Ergänzung zum Institut für Anglistik und Amerikanistik bietet das Zentrum eine fachübergreifende Kooperation zwischen englischer Literatur- und Kulturwissenschaft, Politikwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften sowie Geschichte und Geographie. Für die Studierenden bedeutet dies eine Alternative zum herkömmlichen Lehrangebot und die Möglichkeit der Erschließung neuer Berufsfelder. Neben dem Britannien-Zentrum in Berlin ist das Bamberger Zentrum die einzige derartige Einrichtung in Deutschland.

Ideen, Phantasie und Innovation

Prof. Dr. Christa Jansohn, seit März 2001 Lehrstuhlinhaberin für Britische Kultur und Leiterin des Centre for British Studies (CBS), hat sich ein Motto geschaffen, das sie nicht aus den Augen lässt: „ideas, imagination and innovation“. Sie hat die Aufbaujahre 2001-2004 dazu genutzt, ein dichtes nationales und internationales Netz verschiedener Institutionen und Wissenschaftler zu knüpfen. So kamen alleine in diesen Jahren insgesamt 154 Persönlichkeiten aus 20 Ländern zu Vorträgen, Workshops und Aufführungen oder nahmen an einer der sechs Konferenzen beziehungsweise vier Vorlesungsreihen teil. Die Themen, die dabei in Angriff genommen wurden, zeugen von einem Streben nach Aktualität, dem Wunsch, einen fruchtbaren Beitrag zu relevanten Debatten aus dem Bereich der Politik, Soziologie und Geisteswissenschaft zu leisten. Während sich die erste Tagung des CBS im Frühjahr 2002 dem Thema „Altsein und Altwerden in Großbritannien und Deutschland vom literatur- und kulturwissenschaftlichen Standpunkt“ näherte, widmete sich die im darauf folgenden Jahr gemeinsam mit dem British Council und der Hanns Seidel Stiftung organisierten Konferenz im Kloster Banz dem reformbedürftigen deutschen und britischen Gesundheitswesen. Die Aufgabe dieser Tagung, so Christa Jansohn, war es, eine aktuelle Bestandsaufnahme vor dem Hintergrund der jüngsten demographischen, politischen und finanziellen Entwicklungen vorzunehmen und in einen neuen, europäischen Kontext zu stellen. Die Ringvorlesungen zur Rolle Großbritanniens in Europa (Wintersemester 2002/03) und zur Migration in Deutschland und Großbritannien (WS 2003/04) dagegen behandelten essenzielle politische und gesellschaftliche Probleme. Besondere Aufmerksamkeit bei Publikum und Medien fand die Konferenz „Elizabeth I.: Past and Present“ (Mai 2003) anlässlich des 400. Todestages der Königin Elizabeth I. Ganz wie im Alltag am elisabethanischen Hof wurde die hochkarätig besetzte Tagung begleitet von Konzerten englischer Komponisten, von Renaissance-Tänzen und Rezitationen des Bamberger Schauspielers Gerald Leiss. Viele weitere Veranstaltungen ließen sich anführen – so etwa der Vortrag von Christa Schuenke (Mai 2002), preisgekrönter Shakespeare-Übersetzerin oder die im Rahmen eines D.H. Lawrence-Kongresses (Dezember 2004) abgehaltenen Lesungen von Thomas Meinecke aus seinem neuen Roman „Musik“ und von Geoff Dyer aus „Out of Sheer Rage“ –, um die Vielfalt, den Ideenreichtum und die Fortschrittlichkeit, die Christa Jansohns Motto seine Berechtigung geben, zu dokumentieren.

Herzliche Atmosphäre und ideale Arbeitsbedingungen

Die Leiterin des CBS ist stets offen für Anregungen zur Verbesserung und Erweiterung des Lehrangebots. In diesem Semester hält die südafrikanische Professorin Devi Sarinjeive als Gastdozentin ein Hauptseminar über HIV und AIDS in der Literatur. Das Thema erwuchs aus einer Begegnung zwischen ihr und Christa Jansohn. „Christa Jansohn und ich lernten uns bei einer Konferenz in Sofia kennen. Wir sind danach in Kontakt geblieben und haben uns insbesondere über AIDS in der afrikanischen Literatur ausgetauscht. Bis dahin interessierte ich mich nicht sonderlich für den Virus. Doch schon bald fiel mir die Masse an literarischen Werken auf, die die Krankheit sowohl aus Sicht der Infizierten als auch aus Sicht der Nichtinfizierten problematisieren. Mein Interesse war geweckt.“

Jansohn setzt auch auf einen engen Kontakt zu ihren Studierenden. Sie nutzt die Angebote des Kulturbetriebs in Deutschland und Großbritannien für Exkursionen; sie knüpft Kontakte zu Verlagen und anderen Institutionen, die dem beruflichen Vorankommen ihrer Absolventen von Nutzen sind; sie baut ein Netzwerk auf, auf das die Studierenden nach ihrem Examen zurückgreifen können. Durch ihre Anteilnahme animiert sie zu Leistungen, die über dem üblichen Niveau liegen: „Ich kann mich sehr glücklich schätzen über die hohe Arbeitsqualität derjenigen, die sich für das CBS und das Fach ‚Britische Kultur’ entschieden haben.“ Dazu hat sie allen Grund. Dr. Anna-Julia Zwierlein, Assistentin am Lehrstuhl, wurde für ihre herausragenden Leistungen mit dem Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2005 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bedacht – es war das erste Mal, dass in der Geschichte dieses renommierten deutschen Nachwuchspreises das Fach Anglistik Berücksichtigung fand.

Die Juristin Saskia Lettmaier, derzeit Doktorandin, erhielt 2004 ein Promotionsstipendium des Cusanuswerks für ihre Arbeit: „Beauty and the Breach. The Action for Breach of Promise of Marriage and the Feminine Ideal: An Exploration through Law, Literature and Film, 1800-1940”. Sie ist bereits als Gymnasiastin durch Zeitungsberichte auf das Großbritannienzentrum aufmerksam geworden: „Als ich nach meinem Rechtsstudium in England und Amerika nach Deutschland zurückkehrte, erschien mir das CBS die ideale Anlaufstelle für eine Dissertation, in der ich ein Phänomen der englischen Rechtsgeschichte, seinen Zusammenhang mit dem soziokulturellen Hintergrund der Zeit und seine Behandlung in der englischen Literatur untersuchen wollte. Meine Hoffnungen wurden mehr als erfüllt.“

Doch auch die Leiterin des CBS selbst fand Bestätigung in Auszeichnungen. 2004 erhielt sie den Commerzbank-Preis der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Der Text der Urkunde lautet: „Als erste Leiterin des von ihr aufgebauten Zentrums für Britische Studien der Universität Bamberg hat sie mit bemerkenswerter Initiative ein Forum für internationale wissenschaftliche Begegnungen geschaffen, das innerhalb kurzer Zeit durch eine Reihe hochrangiger Tagungen und Publikationen hervorgetreten ist.“

Das Ende des CBS?

Allem Anschein nach übertrifft das CBS sogar die an ihn gestellten Erwartungen. Dennoch ist seine Existenz gefährdet. Um einen Masterstudiengang aufbauen zu können, war das Zentrum von Anbeginn auf mindestens eine weitere wissenschaftliche Fachkraft angewiesen. So wurde 2001 die neu eingerichtete, auf fünf Jahre befristete C3-Professur „Britische Landeswissenschaft/ British Studies“ ausgeschrieben. Von dreiundzwanzig Bewerbern wurden sechs zu einem Probevortrag eingeladen. Der Kandidat, auf den schließlich die Wahl fiel, lehnte ab. Der Zweitplazierte ebenso. Die Stelle konnte umgehend neu ausgeschrieben werden. Doch auch PD Dr. Andreas Fahrmeir, der diesmal den Ruf erhalten hatte, zog eine unbefristete Beschäftigung vor. Im Protokoll der Fachbeiratssitzung (Oktober 2004), bei der sich die Vertreter des Faches Anglistik geschlossen hinter das Britannienzentrum und dessen Erhaltung und Förderung stellten, heißt es: „Das CBS kann ohne die Besetzung der zweiten Professur nicht aufgebaut werden und die ihm gestellten Aufgaben nicht erfüllen. Ein Abziehen der Professur aus dem CBS würde das Ende des CBS bedeuten.“

Die Professur wurde abgezogen – doch das CBS ist nicht am Ende. Christa Jansohn schmiedet nach ihrem fünfmonatigen Aufenthalt in den USA als Fulbright-Stipendiatin und Visiting Fellow schon wieder Pläne. Angesichts der derzeitigen Reformen im Universitätssektor möchte sie berufsorientierte Seminare anbieten. Im Wintersemester 2006/2007 ist eine Veranstaltung über Creative and Professional Writing geplant, bei dem die schottische Autorin Louise Welsh, momentan Stipendiatin der Villa Concordia, einen Vortrag halten wird. Auf dem Programm steht ebenso „A Cake, A Coffee and A Cassette“, ein Filmabend, an dem alle Studierende des Lehrstuhls teilnehmen können. Um das Profil desselben zu schärfen, werden in Zukunft Proseminare unter dem Titel „Introduction to British Culture“ angeboten.

Bildung, so das Ideal, soll nicht vorrangig Mittel zum Zweck sein, sie sollte kreative Fähigkeiten, einen regen Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden und eine Offenheit für fremde Blickwinkel bewirken. Das CBS ist ein Beispiel für ein solches Ideal. Das Zentrum ist ein integraler Bestandteil der Universität geworden, indem es die Universität weltweit propagiert, neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet hat und den Studierenden einen Grad an Motivation entlocken konnte, der heute rar ist.