Der Demozug durch die Innenstadt (Bilder: Pressestelle).

Im Campus-Camp

- Andreas Christ

„Wir wollen auf Bildungsungerechtigkeit aufmerksam machen!“

Der bundesweite Bildungsstreik 2009 in Bamberg

„Am 17. Juni gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern, Studierenden und anderen sozialen Gruppen auf die Straße gehen!“ Dazu rief das Bündnis „Bundesweiter Bildungsstreik 2009“ auf. Auch in Bamberg gab es Aktionen, Workshops und eine Demonstration.

„Die derzeitigen Entwicklungen im Bildungssystem sind nicht länger hinnehmbar!“ Unter diesem Motto organisierte ein Bündnis zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen den bundesweiten Bildungsstreik. In über 70 Städten forderte es am 17. Juni die Abschaffung von Bildungsgebühren, eine Demokratisierung der Bildungseinrichtungen und die Änderung der Reformen, die im Zuge des Bologna-Prozesses eingeleitet wurden.

In Bamberg haben Studierende gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern eine Aktionswoche organisiert, die vom 15. bis zum 19. Juni dauert. Besonders die Grüne Hochschulgruppe und der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband (SDS) engagieren sich für den Streik. Der Fachschaftenrat der Studierendenvertretung unterstützt nach mehrheitlichem Beschluss den Bildungsstreik ebenso wie die Fachschaften der Fakultäten Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (SoWi), Geistes- und Kulturwissenschaften (GuK) und Katholische Theologie (KTheo).

Aber es gibt unter den Studierenden grundsätzliche Unterschiede in den Positionen. Die Hochschulgruppe Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) beispielsweise lehnt den Streik ab und fordert Verbesserungen im Dialog mit den Verantwortlichen. Als gelungenes Beispiel dafür nannte RCDS-Vorsitzender Marcel Escher gegenüber TV-Oberfranken die Abschaffung der Verwaltungsgebühr.     

Prof. Dr. Anna Steinweg, Vizepräsidentin der Universität Bamberg, heißt das politische Engagement der Studierenden gut und hält den Einsatz für eine Verbesserung des Bildungssystems prinzipiell für unterstützenswert. Bei den Detailforderungen des Streiks müsse man allerdings sehr genau hinsehen. Hier gelte es, differenziert zu argumentieren: "Studienbeiträge beispielsweise haben für die Universität auch positive Effekte, was eine Evaluation über die Zufriedenheit mit der Verwendung von Beiträgen im letzten Sommer bestätigt hat. Und auch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen kann keineswegs pauschal verurteilt werden."

Campus-Campen

Die Organisatoren des Bildungsstreiks wünschen sich eine grundlegende Reform des Bologna-Prozesses. Sie haben ihr „Hauptquartier“ im Campus-Camp am Universitätsstandort Feldkirchenstraße aufgeschlagen. Für die Dauer der Aktionswoche zelten sie im Innenhof der Feki, um ihren Anliegen Nachdruck zu verleihen. „Wir möchten ein Bewusstsein schaffen für soziale Ungerechtigkeiten durch Studiengebühren“, sagt Markus Spittler. „Bildung ist ein Menschenrecht und deshalb fordern wir, dass Bildung allen kostenlos zugänglich sein muss“, ergänzt Katharina Meißner. „Sie muss öffentlich finanziert werden und die Unabhängigkeit der Forschung und Lehre von wirtschaftlichen Einflussnahmen und politischen Zwängen muss gewährleistet sein.“ Diesen Forderungen verleihen sie in Form von Straßenaktionen, Workshops und einer Demonstration in Bamberg Ausdruck.

Diskutieren und Demonstrieren

So gab und gibt es in der Aktionswoche ein vielfältiges Programm. Am Sonnentempel im Hain fanden zahlreiche Workshops rund um Bildung, Politik und Protest statt. Am Dienstag, 16. Juni, diskutierte PD Dr. Fritz Reheis, der an der Universität Bamberg Didaktik der Sozialkunde lehrt, mit Studierenden und Schülerinnen und Schülern über die zunehmende Kommerzialisierung des Bildungssystems. Ein weiterer Workshop brachte den Besuchern die Grundlagen politischen Protests und die richtigen Verhaltensformen auf Demonstrationen näher.

Diese konnten am darauf folgenden Tag gleich umgesetzt werden. Am 17. Juni fand mit einem Demonstrationsmarsch die Hauptveranstaltung des Bildungsstreiks statt. Etwa 700 Menschen, vornehmlich Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, zogen vom Gabelmann aus an Schulen und der Universität vorbei und forderten lautstark freie Bildung für alle.

Am Donnerstag, 18. Juni, schließen sich weitere Workshops im Hain an. Themen sind Demokratisierung des Bildungssystems, die Möglichkeiten einer herrschaftsfreien Organisation der Universität oder das Potenzial von Gesamtschulen. Am Abend veranstaltet die Fachschaft GuK mit Studierenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine Podiumsdiskussion zum Thema „Bildungspolitik, Studienreform, soziale Gerechtigkeit“. Beginn ist 20.15 Uhr im Hörsaal M3/232N. Am Freitag wird der Film „1968 – Bilderbuch einer Revolte“ gezeigt, an den sich noch eine Diskussion anschließt.