Die Ausstellung „Abseits der Schlachtfelder“ porträtiert Menschen aus aktuellen und vegangenen Kriegs- und Krisengebieten (Fotos von Rabea Nikolay).

Fotograf Till Mayer wurde während seiner Reisen häufig mit Leid und Elend konfrontiert.

Präsident Godehard Ruppert (l.) weiß um die starke Wirkungskraft von Fotos.

Direktor der Universitätsbibliothek Fabian Franke (r.) im Gespräch mit Besucherinnen der Vernissage.

- Rabea Nikolay

Elf Schicksale aus elf Ländern

Ausstellung zu Till Mayers Porträts von Kriegsopfern

Bilder bewirken häufig mehr als tausend Worte: Diese besondere Anziehungskraft von Fotos wurde bei der Eröffnung der aktuellen Ausstellung in der Teilbibliothek 4 „Abseits der Schlachtfelder“ am 14. Februar 2012 deutlich. Gastgeber Dr. Fabian Franke, Direktor der Universitätsbibliothek, freute sich über die zweite Ausstellung des Fotografen und Journalisten Till Mayer, die die Universitätsbibliothek in Zusammenarbeit mit dem Kreisverband Bamberg des Bayerischen Roten Kreuzes zeigt. „Wenn wir mehr teilen würden, könnten wir die schlimmste Armut überwinden und hätten trotzdem genug, um das Leben zu genießen.“  Diesen Gedanken Till Mayers wolle die Universitätsbibliothek mit dieser Ausstellung in die Universität tragen, erklärte Franke seine Motivation den zahlreichen Gästen am Abend der Ausstellungseröffnung.

„Nicht nur Brillen sind Sehhilfen, Fotos auch“, erläuterte Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, Präsident der Universität Bamberg und selbst ambitionierter Hobbyfotograf, in seinem Grußwort. Fotos können Aufmerksamkeitspunkte darstellen, die man mit dem bloßen Auge nicht richtig wahrnimmt. Die Bilder der Ausstellung zeigen genau solche Situationen, die zum Nachdenken anregen, so Ruppert.

„Es braucht schon etwas Mut, diese Bilder zu betrachten“, erklärte Evalies Meier, Vorsitzende des Kreisverbandes des Bayerischen Roten Kreuzes in Bamberg. „Diese Ausstellung gibt den Menschen, die abseits der Schlachtfelder im Stillen leiden, ein Gesicht“. Fotograf und Initiator der Ausstellung Till Mayer arbeitet seit vielen Jahren eng mit dem Roten Kreuz zusammen. Als Delegierter reiste er in viele Kriegs- und Krisengebiete dieser Welt. Die Ausstellung „Abseits der Schlachtfelder“ zeigt mit seinen in schwarz-weiß gehaltenen Fotos aus den Jahren 1996 bis 2010 elf Schicksale aus elf Ländern – fernab von kreischendem Bombenalarm.

„Die Kinder haben Augen wie alte Menschen“

Mayers Fotos porträtieren Menschen, die eines miteinander verbindet: Kriege und Konflikte haben ihr Leben für immer geprägt, sie an Körper und Seele verwundet und ihnen geliebte Menschen geraubt. Er wolle dem stillen Leiden der Frauen und Männer ein Gesicht geben, so der Fotograf. Mit Leid und Elend wurde der Fotograf deshalb in den letzten 18 Jahren während seiner Auslandsreisen häufig konfrontiert. Distanz zu halten fällt ihm manchmal schwer: Nach einem Einsatz in Äthiopien beispielsweise nahm Till Mayer ein Jahr lang keine Aufträge mehr an, erzählte er den Ausstellungsbesuchern. In einem Dorf litten die Menschen unter Hungersnot und die Kinder verhungerten vor seinen Augen. „Das Schlimmste war, dass die Kinder Augen hatten wie alte Menschen. Das werde ich nie vergessen“, berichtete er. Ihm sei unbegreiflich gewesen, dass so etwas im 21. Jahrhundert passieren könne.

Täter und Opfer

Der Fotograf porträtiert auf der einen Seite Menschen, die aktuell und direkt durch Kriege betroffen sind, wie im Irak oder Iran. Seine Fotos aus Vietnam dagegen sind Beispiele dafür, wie ein Krieg noch Jahrzehnte später nachwirken kann: Mayers Fotos erzählen die Geschichte einer Familie mit sechs Kindern, die durch das Gift Agent Orange an Krebs erkrankten. Ebenso erschütternd ist das Schicksal einer vietnamesischen Besenbinderin: Sie brachte ein behindertes Kind zur Welt, da verließ der Vater des Kindes sie, um sich der Verantwortung zu entziehen – keine ungewöhnliche Handlung. Die Ausstellung wirft aber auch einen Blick auf die andere Seite des Vietnam-Krieges – die Seite der Verursacher. Ein Foto behandelt zum Beispiel die Geschichte von Barry Romo, einem  Vietnam-Veteranen und heutigen Kriegsgegner.

Hilfe durch eine Kuh

Wie aber geht der Künstler mit solchen Erlebnissen um? Wie schafft er es, so viel Leid zu sehen und nur selten helfen zu können? Es sei zwar schwierig, aber man müsse versuchen, Distanz zu halten, antwortet Mayer. „Es ist schwer zu verstehen, wie so ein Leid existieren kann in einer Welt, in der es jedem gut gehen könnte.“ Gerade deshalb sei es wichtig, alle Möglichkeiten zur Hilfe auszuschöpfen. Till Mayer hat einen Weg dafür gefunden: Seine Fotos sollen nicht nur aufrütteln, sondern auch zu Spenden aufrufen. Besonders freut ihn, dass die Ausstellung schon in Schulen zu sehen war, denn vor allem jungen Menschen will er erklären, was Krieg bedeutet und wie die Folgen aussehen können.

Einige dieser Schulen haben ein Projekt ins Leben gerufen: Sie sammeln Spenden und kaufen dafür in Vietnam Kühe, um sie bedürftigen Familien  zu schenken. Das erste Kalb jeder Kuh wird dann an die nächste arme Familie weitergegeben. Eine Kuh kostet etwa 270 Euro. „Aber niemand muss gleich eine ganze Kuh spenden. Ein Stück, vielleicht ein Kuhfleck, ist ein guter Anfang“, so der Fotograf.

Die Ausstellung

Die Ausstellung kann noch bis zum 2. März 2012 besucht werden. Der Eintritt ist frei.

Ort: Teilbibliothek Sprach- und Literaturwissenschaften (TB 4), Heumarkt 2

Öffnungszeiten:
Montag - Freitag: 8.30 - 24.00 Uhr
Samstag: 10.00 - 20.00 Uhr
Sonntag: 13.00 - 20.00 Uhr

Vom 5. bis 20. März 2012 werden Till Mayers Fotos im Bistumshaus St. Otto Bamberg, Heinrichsdamm 32, ausgestellt.