Händels Oratorium in der Bamberger Konzerthalle (Fotos von Manfred Koch)

Das Orchester präsentierte sich mit einem satten, breiten Klang

Universitätsmusikdirektor Michael Goldbach dirigierte das beeindruckende Mammutwerk

- Rupert Plischke

Federnde Leichtigkeit in der Aufführung des Messias

Semesterschlusskonzert der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

So begehrt waren die Plätze bei der Uraufführung des Messias im Jahr 1742, dass die Manager das Publikum aufforderten, in einfacherer Kleidung zu erscheinen: die Damen ohne platzraubende Reifröcke, die Herren ohne Degen. Auch bei vergleichbarem Ansturm an der Abendkasse hätte eine Kleiderordnung wohl nicht viel bewirkt: Die Bamberger Konzerthalle war am  11. Februar 2012 ausverkauft. Ob dies am unermüdlichen, mittlerweile 25-jährigen musikalischen Wirken von  Dr. Michael Goldbach, Universitätsmusikdirektor an der Universität Bamberg, am wieder wachsenden Interesse vieler jüngerer Zuhörer oder an der nach wie vor ungebrochenen Anziehungskraft der Händelschen Musik lag, sei dahingestellt. In jedem Fall wurde der Abend dem Publikum zum eindrucksvollen Erlebnis, zum Beleg für die verbindende und überwältigende Kraft, die Musik entfalten kann.

Satter, breiter Klang und Mittelstimmencharme

Dabei spielt natürlich Händels Routiniertheit beim Einsatz und der Neuerfindung musikalischer Mittel eine große Rolle – nicht umsonst hatte sein Komponistenkollege Hasse leicht süffisant bemerkt, Händel habe bisweilen auf recht plakative Weise „das Geräusch geliebt“ – und die weit über 200 Musiker scheuten sich unter der konzentrierten Führung von Goldbach nicht, die zahlreichen Effekte innerhalb der Arien und Chöre und vor allem die Kontraste zwischen den einzelnen Stücken eindeutig herauszustellen. Dies zeigte sich schon in der Orchesterouvertüre, bei der das Orchester in recht sattem, breitem Klang mit wuchtigen Doppelpunktierungen einsetzte, während im folgenden Allegro die Fugato-Passagen dann in deutlich verschlankter, federnder Leichtigkeit vorgeführt wurden.

Erfreulich und beeindruckend war zugleich, wie es dem Dirigenten in der angesichts des Mammutwerks relativ knappen Probenzeit gelungen war, die Disziplin im Zusammenspiel einzuüben und in der Aufregung des Abends zu wahren: Alle Stimmen traten, wo nötig, jeweils deutlich hervor, sodass der musikalische Verlauf jenseits eines bloß oberflächenorientierten Wohlklangs erkennbar wurde. Neben den Bläsern konnten gerade die Bratschen dabei, wie später in einigen Chorsätzen, ihren warmen Mittelstimmencharme entfalten, während die zahlreichen Bässe, unterstützt von der wuchtigen Orgel, das zuverlässig kraftvolle, satt ausgegossene Fundament setzten. 

Momente ergreifender Gefühlsintensität

Ähnliche Klangkultur und Detailarbeit prägten auch den Chor, der stabil im Tempo und sicher in der Intonation durch die drei Teile der Christusgeschichte führte und dabei die Stimmungen der Solisten aufgriff bzw. vielfach spiegelte. Dadurch wurde auch der besondere Reiz der meisterhaften Textvertonung herausgearbeitet: das Vorausgreifen, teilweise Widerlegen oder Konterkarieren des Textes durch die Musik, die überleitende Hinführung zur Gefühlswelt der nächsten Aria oder das überdeutliche Markieren schroffer Gegensätze, die weit über den Text hinausweisen. Dazu trugen auch die vier jüngeren Gesangssolisten bei, die schon öfter mit dem Universitätsorchester musiziert hatten: die mit strahlendem Sopran über allen Musikern liegende Eva-Maria Helbig ebenso wie Corinna Mühl, deren Alt bzw. tiefer Sopran Momente ergreifender Gefühlsintensität erzeugte. Tenor Rüdiger Ballhorn sowie Bariton Stephan Heinemann fassten ihren Part eher mit lyrischer, vermittelnder Grundhaltung auf und boten Beachtliches auch in ihren hochvirtuosen Arien.

270 Jahre nach der Uraufführung vom 13. April 1742 wirkt Händels Werk – in guten Händen – also noch immer ungebrochen, wohl ähnlich der Beschreibung des Rezensenten der Uraufführung in Dublin: die Musik vermochte es, „das hingerissene Herz und Ohr in höhere Sphären zu heben und zu bezaubern“. Langer, tosender Applaus und Standing Ovations der Zuhörer haben dies am Samstag eindeutig bestätigt.