1. Die Fürstenversammlung.
Im Jahre 1024 nach der Fleischwerdung des Herrn wurde Kaiser Heinrich II, als er bei gut geordneten Verhältnissen des Reiches nach langer Arbeit schon die gezeitigten Früchte des Friedens zu ernten begonnen hatte, bei unversehrtem Zustande des Reiches, bei gesundem Geiste von einer Körperschwäche ergriffen und, da dieselbe zunahm, schied er am 13. Juli aus diesem Leben. Sein Leib wurde aus Sachsen zum Begräbnis nach dem Orte Babenberg (= Bamberg) gebracht, wo er selbst in frommem Eifer und Streben ein Bistum gegründet hatte, das mit aller geistlichen Pracht ausgestattet war. Zur Einweihung desselben berief er den apostolischen Vater Benedikt (VIII.), durch dessen Einflussnahme er die Privilegien zum Schutze des Ortes in öffentlicher Urkunde befestigte. Nach dem Tod des Kaisers fing der Staat wie durch den Verlust eines Vaters verwaist binnen kurzem zu wanken an. Daher hatte jeder Gutgesinnte Angst und Sorge, die Schlechtesten aber wünschten die Zerrüttung des Reiches. Doch die göttliche Vorsehung vertraute die Anker der Kirche Prälaten und Herrschern an, wie sie in solcher Zeit da sein mussten, um das Vaterland ohne Schaden in den Hafen der Ruhe zu führen. Denn da der Kaiser kinderlos gestorben war, strebten die weltlichen Fürsten, je mächtiger sie waren, mehr mit Gewalt als mit Weisheit danach, entweder der erste zu werden oder infolge irgendeiner Absprache nach dem ersten der nächste. Infolgedessen kam Zwietracht fast in das ganze Reich, so sehr, dass es an sehr vielen Orten zu Mord, Brand und Raub gekommen wäre, wenn nicht jene ungestüme Bewegung durch das Dazwischentreten erlauchter Männer verhindert (worden) wäre. Die Kaiserin Kunigunde aber, obwohl der Stütze ihres Gemahls beraubt, kam doch unter dem Beirat ihrer Brüder, des Bischofs Theodorich von Metz und des Herzogs Hezilo von Bayern, nach Kräften dem Staatswesen zu Hilfe und richtete mit sorgsamem Nachdenken die Schärfe ihres Geistes und Verstandes auf die Wiederherstellung des Reiches. Die Umstände erfordern es, dass ich einige Namen der bedeutendsten Männer nenne, seien es Bischöfe oder weltliche Fürsten, welche damals in den verschiedenen Teilen des Reiches walteten, und auf deren Rat Franken seine Könige zu wählen pflegt, damit, was ich sagen will, nicht wie zufällig geschehen sich darstelle, sondern damit, was nach Beratung der einsichtsvollsten Männer geschehen erscheint, auch als heilsame und ehrbare und beste Tat erachtet werde. Damals hatte das Mainzer Erzbistum Aribo, ein Noriker, inne, ein edler und weiser und für den Rat des Königs tüchtiger Mann; das Kölner Erzbistum behauptete Pilgrim, ein Verwandter des Erzbischofs Aribo, einsichtig und für ein solches Amt geeignet; auch das Erzbistum Trier verwaltete Poppo, der Bruder des Herzogs Ernst, ein frommer und bescheidener Mann, der damals den Sohn seines Bruders, den Herzog Ernst, (zusammen) mit dem alemannischen Herzogtum in Vormundschaft hatte; den Bischofsstuhl zu Metz hatte Dietrich inne, ein edler und tugendstrenger Mann; dem Straßburger Gemeinwesen stand der edle Bischof Werner vor, voll Eifer in göttlichen wie in weltlichen Pflichten; auf dem Würzburger Stuhle saß Mazelin, weise und treu in seinen geistlichen Würden; das Bamberger Bistum hatte Eberhard inne, der erste Bischof jener Kirche, ein Mann von Geist und Charakter so recht, wie ihn der Staat brauchte; der Kirche zu Konstanz stand Heimo vor, ein Mann voll göttlicher Weisheit, bescheiden und in weltlichen Dingen wohlerfahren; in Augsburg war Bruno Bischof, der Bruder des Kaisers Heinrich, ein brauchbarer Mann und von klarem Verstand, wenn er nur nicht durch seinen Bruderhass, mit dem er dem Kaiser Widerstand leistete, verdunkelt wäre. Die Kirche zu Juvavum, das man gewöhnlich Salzburg nennt, regierte guten Angedenkens Erzbischof Gunther, der Bruder der Grafen Ekkehard und Hermann, milde und gut gegen Gott und Menschen; Bischof der Kirche zu Regensburg war Gebhard, wegen seines Wohlwollens ausgezeichnet; die Kirche zu Freising regierte Bischof Egilbert, ein weiser Lenker des Klerus und seiner Gemeinde. Gleichzeitig mit jenen waren viele andere Bischöfe und Äbte aus denselben Gegenden anwesend, welche einzeln namhaft zu machen ermüden würde. Sachsens Bischöfe lasse ich unerwähnt, weil ich nicht weiß, was über ihr Leben ich ihren Namen beifügen müsste, wiewohl ich für gewiss vernommen habe, dass auch sie (der Regierung) bei den wichtigsten Dingen ratend und helfend zur Seite stehen. Italien übergehe ich, da dessen Fürsten in der kurzen Frist nicht zur Königswahl kommen konnten; sie haben, als sie später in der Stadt Konstanz zugleich mit dem Erzbischof von Mailand und den übrigen Fürsten zum Könige kamen, sich ihm unterworfen und bereitwillig den Eid der Treue geschworen. Die Herzöge aber, welche mit den vorerwähnten Männern gleichzeitig lebten, waren folgende: Benno, Herzog von Sachsen; Adalbero, Herzog von Istrien; Heinrich, Herzog von Bayern; Ernst, Herzog von Alemannien; Friedrich, Herzog der Lothringer; Gozelo, Herzog der Ripuarier; Konrad von Worms, Herzog der Franken; Ulrich, Herzog von Böhmen. Burgund nämlich gehörte damals noch nicht zum römischen Reiche wie jetzt. Dass es aber jetzt untertan geworden ist, ist dem Ruhme dreier Könige zuzuschreiben. Zunächst strebte Kaiser Heinrich II. danach, es zu unterwerfen und beharrte kräftig in diesem Streben. Alsdann verjagte Kaiser Konrad (II.) durch einen beherzten Angriff die Lateinischen Franken auf feindliche Weise aus demselben und eroberte das Land mit Gewalt. Endlich brachte König Heinrich III., der fromme, der friedsame, die Richtschnur der Gerechtigkeit, durch Krieg und Frieden das nämliche Burgund großmütig zur Ruhe; und was dort die göttliche Vorsehung durch Ratschlüsse des Friedens wie des Krieges, durch Beratungen und Versammlungen, denen ich bisweilen selbst beigewohnt habe, vollbracht hat, werde ich ein andermal mitteilen. Jetzt kehre ich zu meiner Aufgabe zurück. Ungarn aber, das derselbe König Heinrich III. durch einen herrlichen und wunderbaren Sieg bezwungen und nach dem Siege durch Weisheit und Klugheit sich und seinen Nachfolgern gesichert hat, ertrug es in der vorgenannten Zeit nicht einmal, auch nur unser Wort zu hören. Da die vorgenannten Bischöfe und Herzöge und die übrigen Großen auf keine andere Art die drohende Gefahr besser und schneller verhüten zu können glaubten, wendeten sie größte Kraft und denkwürdigen Eifer auf, damit der Staat nicht länger ohne Regenten schwanke. Die Ansichten und die Gesinnungen der Einzelnen, wem jemand zustimmte, wem nicht, oder wen er sich zum Herrn wünschte, vermittelte die zweckmäßige Einrichtung von Briefen und Boten, und das war nicht fruchtlos. Denn die Vorsicht erfordert es, dass man daheim vorbereitet, wessen man draußen bedarf, und Überlegung vor dem Handeln ist der Same der künftigen Frucht. Denn umsonst erwartet man von einem anderen Hilfe, wenn man sich über seine Wünsche nicht im Klaren ist. Bei schwierigen Dingen im Geheimen überlegen, allmählich beraten und schnell handeln das wird einen guten Erfolg haben. Schließlich wurde der Tag bestimmt und der Ort bezeichnet, es fand eine öffentliche Versammlung statt, wie ich sie, wenn ich mich recht erinnere, nie zuvor gesehen habe. Was nun in dieser Versammlung erzählenswertes geschah, will ich alsbald berichten.
2. Die Königswahl.
An der Grenze zwischen dem Mainzer und dem Wormser Gebiete liegt ein Platz, der wegen seiner weiten Ausdehnung und ebenen Lage eine sehr große Menschenmenge fasst und infolge der Inselverstecke für geheime Beratungen sicher und geeignet ist; doch über Name und Lage des Ortes genauer zu berichten überlasse ich den Topographen, ich aber kehre zu meiner Aufgabe zurück. Als sich dort alle Großen und sozusagen das Mark und der Kern des Reiches versammelten, schlugen sie hier auf beiden Ufern des Rheines ihr Lager auf. Da dieser Gallien von Deutschland trennt, kamen von deutscher Seite die Sachsen mit den ihnen anwohnenden Slaven, die Ostfranken, die Noriker und die Alamannen zusammen. Von Gallien her aber vereinigten sich die am Rhein wohnenden Franken, die Ripuarier und die Lothringer. Es handelte sich um das Höchste, man schwankte bei der Unsicherheit der Wahl, zwischen Hoffnung und Furcht schwebend fragten Verwandte sich einander nach den verschiedenen Wünschen, und Freunde sich lange Zeit gegenseitig aus. Galt ja doch die Beratung nicht einer Sache von gewöhnlicher Bedeutung, sondern einer solchen, die, wenn sie nicht mit warmem Herzen in größtem Eifer geschmiedet würde, den ganzen Reichskörper ins Verderben zöge. Und um mich eines bekannten Wortes zu bedienen: "Wohl bekommt es dem Munde, dass eine Speise gut gekocht werde, die roh verzehrt Gefahr bringt"; und wie man sagt: "Ein Heilmittel, welches für das Auge bestimmt ist, muss vorsichtig bereitet werden!" Da solchermaßen lange gestritten wurde, wer König sein sollte, und da dem einen bald ein zu unreifes, bald ein zu hohes Alter, dem andern sein noch nicht genügend erprobter Charakter, manchem sein erwiesener Übermut hindernd im Wege stand, wurden unter den vielen wenige ausgewählt, und aus den wenigen nur zwei ausgesondert, bei denen nun die schließliche Entscheidung, nachdem sie von den bedeutendsten Männern mit der größten Sorgfalt lange beraten war, endlich in einheitlicher Wahl zur Ruhe gelangte. Es waren zwei Männer namens Konrad, von denen der eine, weil älter an Jahren, der ältere Konrad genannt wurde, der andere aber der jüngere Konrad hieß, beide in Deutschfranken durch sehr vornehme Herkunft hervorragend, zwei Brüdern entstammend, von denen der eine Heinrich, der andere Konrad hieß. Diese aber waren, wie wir hören, Söhne des Frankenherzogs Otto, mit noch zwei anderen, Bruno und Wilhelm, von denen Bruno, auf den apostolischen Stuhl der Römischen Kirche zum Papste erhoben, mit Änderung seines Namens Gregor hieß; Wilhelm aber, der Bischof von Straßburg wurde, hat diese Kirche zu wunderbarer Blüte erhoben. Während die beiden vorgenannten Konrads, wie gesagt, väterlicherseits von sehr edler Herkunft waren, waren sie von mütterlicher Seite nicht weniger ausgezeichnet. Die Mutter des jüngeren Konrad, Mathilde, stammte von der Tochter Konrads, des Königs von Burgund. Die Mutter des älteren Konrad, Adelheid, war einem sehr vornehmen Geschlecht der Lothringer entsprossen. Diese Adelheid war eine Schwester der Grafen Gerhard und Adalbert, die, in stetigem Kampfe mit Königen und Herzogen liegend, sich schließlich kaum bei der Wahl ihres Verwandten, des Königs Konrad, beruhigten; und ihre Ahnen, so erzählt man, stammten von dem alten Geschlecht der trojanischen Könige ab, welche unter dem seligen Bekenner Remigius das Joch des Glaubens auf sich nahmen. Zwischen diesen beiden, d. h. zwischen dem älteren und dem jüngeren Konrad, schwankte lange der übrige Adel; und obgleich fast alle im geheimen und mit besonderer Vorliebe wegen seiner Mannhaftigkeit und Redlichkeit ihr Augenmerk auf den älteren Konrad richteten, so hielt doch ein jeder wegen der Macht des jüngeren, damit nicht bei dem Streben nach Ehre Zwietracht unter ihnen entstünde, wohlweislich mit seiner Meinung zurück. Schließlich aber geschah es durch die göttliche Vorsehung, dass sie sich in einem bei einer so schwierigen Sache wohlangebrachten Vergleiche einigten, dass nämlich, wenn die Mehrzahl des Volkes einen von ihnen ausrufe, der andere ihm unverzüglich weichen sollte. Ich halte es für meine Pflicht, zu berichten, wie der ältere Konrad seine Gesinnung erkennen ließ, nicht (aber) weil er selbst an seiner Wahl (zum König) zweifelte, da er sah, dass Gottes Wille schon die Herzen der Fürsten dazu geneigt machte, sondern um den Sinn seines Verwandten vor allem Schwanken gegenüber den neuen Ereignissen zu sichern. Mit folgenden trefflichen Worten also redete er denselben an: "Eine dem Glück entsprechende Freude überschreitet weder das Maß der Würde, noch lässt sie irgend jemanden für empfangene Wohltaten undankbar sein; und wie im Unglück verderblicher Kleinmut zum Schlechteren führt, so führt im Glück ehrbare Freude den Menschen zum Besseren; und wenig wert ist die Frucht des erworbenen Glückes, wenn sie nicht mit ruhiger Heiterkeit das Herz des Strebenden erquickt. So fühle ich die Kraft meines Herzens durch große Freude gehoben, weil aus einer so großen Versammlung alle in gleicher Übereinstimmung nur uns beide ausersahen, um den einen oder den anderen auf den Königsthron zu setzen. Denn wir dürfen nicht der Meinung sein, dass wir durch Adel oder Reichtum unsere Verwandten übertreffen, noch dürfen wir uns mit eitlen Worten erheben, als ob wir ein Verdienst hätten, das uns solcher Ehre würdig machte. Unsere Vorfahren haben ihren Ruhm lieber in Taten als in Worten suchen wollen; jedermann wird es geziemen, mit gleicher Lebensstellung unter Seinesgleichen zufrieden zu sein. Was auch immer der Grund sein mag, dass wir im Hinblick auf irgend etwas für geschickter als die anderen gehalten werden, dafür wollen wir Gott dem Schöpfer danken. Wir müssen nun also daran denken, dass wir, die wir durch den einstimmigen Beschluss der übrigen so großer Ehre wert gehalten werden, nicht durch eigenen Verwandtenzwist solcher Huld unwert erscheinen. Denn es ist töricht, eine fremde Macht, als wäre sie die eigene, zu sehr zu missbrauchen. Bei keiner Wahl ist es jemandem erlaubt, über sich selbst zu urteilen; wohl aber über den anderen. Wenn aber jemandem das Urteil über sich selbst gestattet wäre, wie viele âKöniglein' denn Könige kann ich sie nicht nennen bekämen wir dann zu sehen! Es stand nicht in unserer Macht, diese Würde von der Menge auf zwei zu beschränken. Die Wünsche, die Bestrebungen, die Beschlüsse der Franken, der Lothringer, der Sachsen, der Noriker und der Alamannen vereinigten sich in bester Gesinnung auf uns als den Nachwuchs eines Stammes, wie auf ein Haus, wie auf eine unlösliche Sippe; und dass die in so vieler Hinsicht Verbundenen sich in Feindschaft trennen könnten, wird niemand denken. Eintracht geziemt allen, die Mutter Natur verbunden hat, die in Gemeinschaft des Bluts innig die Sippe vereint. Wenn wir nun, was freiwillig von anderen uns geboten wird, infolge irgendeines Hindernisses zurückweisen, d. h. wenn wir untereinander uneins sind, so steht fest, dass das Volk uns dann verlassen und sich einen beliebigen dritten suchen wird; und wir werden uns nicht nur der höchsten Ehre berauben, sondern, was allen gut gesinnten noch schrecklicher als der Tod ist, wir werden in den Verruf der Feigheit und des Neides verfallen, als ob wir den Vorzug einer so großen Herrschaft nicht ertragen könnten und keiner dem anderen, was meines Erachtens zwischen Verwandten ein großes Unrecht ist, an Ehre nachstehen wollte. Die größte Ehre also, die höchste Macht schwebt noch um uns und nähert sich uns so, dass sie, wenn wir nur wollen, auf einem von uns ruhen bleibt. Daher will es mir scheinen, dass, wenn auf dem einen von uns die ganze Fülle der Ehre ruht, der andere auch nicht ohne einen gewissen Anteil an derselben Ehre bleibt. Denn wie sich auf die Verwandten der Könige, obwohl sie ja nicht alle Könige sind, doch ein gewisser Ausfluss der (königlichen) Ehre verbreitet, so werden auch diejenigen, welche ausersehen und zur höchsten Würde in Vorschlag gebracht sind, wenn sie auch nicht wirklich zu derselben gelangen, doch einer gewissen Ehre, die ihnen daraus erwächst, durchaus nicht entbehren, da sie ja als Leute ohne Verdienst für den höchsten Ehrenposten nicht begehrt sein würden. Außerdem, wenn Verwandte von Königen der Könige halber geehrt werden und da alle geneigt sind, sich gegen uns so zu verhalten, wie wir uns gegen einander eines Sinnes zeigen, und so der Vorteil des einen vom andern abhängt, wer wird dann glücklicher sein können als wir, wenn der eine König ist und der andere dem regierenden Könige durch sein Wohlwollen gewissermaßen allein die Herrschaft sichern wird? Seien wir deshalb vorsichtig, ziehen wir nicht dem Verwandten einen Fremden, nicht Ungewisses dem Gewissen vor, damit uns der heutige Tag, bis hierher bei solchem Stande der Entscheidung so froh und angenehm, nicht langjähriges Unheil bringe, wenn wir das von einer so großen Volksmenge uns zuteil gewordene Wohlwollen einander verscherzen. Damit das nicht meinerseits geschehe, will ich, du teuerster von allen meinen Verwandten, sagen, was ich über dich denke. Wenn ich erkenne, dass die Stimme des Volkes dich will, dich zum Herrn und Könige begehrt, so werde ich durch keinerlei Arglist ein solches Wohlwollen von dir abwendig machen, ja um so freudiger denn die anderen dich wählen, als ich hoffe dir angenehmer zu sein denn jene. Wenn aber Gott mich ersehen hat, so zweifle ich nicht, dass du mir gebührender Maßen in gleicher Weise entgegenkommen wirst." Hierauf entgegnete der jüngere Konrad, dass er diesem ganzen Vorschlage beistimme, und er versprach auf das bestimmteste, ihm als seinem geliebten Vetter, wenn man ihn zum Herrscher ausrufe, jede dem Könige gebührende Treue erweisen zu wollen. Bei diesen Worten neigte sich der ältere Konrad im Angesicht der Volksmenge ein wenig und küsste seinen Vetter; und von diesem Kusse entnahm man zuerst, dass beide sich geeinigt hatten. Dadurch ihrer Eintracht gewiss, setzten sich die Fürsten zusammen und das Volk stand in Masse dabei: Da nun freute sich jeder, dass jetzt die Zeit es erlaubte, offen zu sagen und laut, was lange im Herzen verborgen war. Der Mainzer Erzbischof, dessen Stimme den Vorrang vor allen übrigen hatte, rief, vom Volke um seine Meinung gefragt, mit überschwellendem Herzen und freudiger Stimme und wählte den älteren Konrad zu seinem Herrn und König, zum Lenker und Beschützer des Vaterlandes. Diesem Vorschlag schlossen sich die anderen Erzbischöfe und die übrigen Männer geistlichen Standes ohne Bedenken an. Der jüngere Konrad verhandelte ein wenig mit den Lothringern, dann kam er sofort zurück und wählte mit größtem Eifer jenen zum Herrn und König; daraufhin reichte ihm der König die Hand und ließ ihn neben sich Platz nehmen. Dann wiederholten alle aus den einzelnen Teilen des Reiches immer von neuem denselben Wahlspruch: die Menge ruft Beifall, alle waren in der Wahl des Königs mit den Fürsten eines Sinnes, alle verlangten den älteren Konrad; bei ihm verharrten sie, ihn zogen sie ohne Bedenken allen Machthabern vor, und ihn hielten sie für den der Königsherrschaft würdigsten, und verlangten, dass ohne Verzug seine Weihe stattfinde. Die zuvor erwähnte Kaiserin Kunigunde brachte freudig die königlichen Insignien dar, welche ihr Kaiser Heinrich hinterlassen hatte, und bestätigte ihm die Herrschaft, so weit ihr Geschlecht es vermag. Ich glaube nun, dass dieser Wahl die Gunst des Himmels nicht fehlte, da unter so vielen Männern von vorzüglicher Macht, so vielen Herzögen und Markgrafen neidlos und ohne Zwist derjenige gewählt wurde, welcher an Herkunft und Tüchtigkeit und eigenem Besitze niemandem nachstand, vom Reiche aber im Vergleich mit solchen Männern nur wenig Lehen und Amtsgewalt hatte. Der Kölner Erzbischof freilich und der Herzog Friedrich (zusammen) mit einigen anderen Lothringern zogen des jüngeren Konrad wegen, wie das Gerücht ging, vielmehr aber vom Teufel, dem Störenfried, aufgestachelt, unversöhnt von dannen; doch wandten sie sich bald zur Huld des Königs zurück, diejenigen ausgenommen, die das uns gemeinsame Los des Todes vorher hinwegraffte, und nahmen seine Befehle bereitwillig entgegen; und der Erzbischof Pilgrim bat, gleichsam um die frühere Schuld zu sühnen, den König um die Erlaubnis, in der Kirche zu Köln die Königin (Gisela) weihen zu dürfen. Da ich aber von ihr später reden werde, wende ich mich jetzt wieder dem König zu. Wahrhaftig mit Gottes Willen wurde derjenige erwählt, in dem Gott selbst das Zeugnis vorgesehen hatte, welches er als König später von den Menschen empfangen sollte. Denn er war ein Mann von großer Demut, vorsichtig im Rate, wahrhaft in Worten, wacker in Taten, frei von allem Geiz, der freigebigste aller Könige. Über seinen Charakter werde ich später ausführlicher reden; das aber soll an dieser Stelle gesagt werden: Es konnte gar nicht ausbleiben, dass er ein Herrscher würde, und zwar der höchste, da ihm die Kraft größter Tugenden innewohnte. Denn da geschrieben steht: "Dem Ruhme geht die Demut voran", ist er, dem die Königin der Tugenden eigen war, mit Recht den Ruhmreichsten dieser Welt vorangegangen. Nicht also ziemte es sich, dass derjenige einem Lehnsherrn auf Erden hätte dienen sollen, dem der allmächtige Gott vorausbestimmt hatte, über alle zu herrschen.
3. Die Königsweihe.
Als die Wahl beendet war, eilten alle mit größter Freudigkeit den König nach Mainz zu geleiten, damit er dort die hochheilige Salbung empfange. Sie gingen frohes Sinnes, die Geistlichen sangen Hymnen, die Laien stimmten Lieder an, beide auf ihre Art. Solchen Preis hat Gott meines Wissens von den Menschen an einem Tag (und) an einem Ort noch nicht empfangen. Wäre Karl der Große mit seinem Szepter leibhaftig erschienen, so wäre das Volk nicht fröhlicher gewesen und es hätte sich nicht mehr über die Rückkehr eines so großen Mannes freuen können als über das erste Auftreten dieses Königs (Konrad II.). Der König gelangte nach Mainz; dort mit gebührender Ehre empfangen, erwartete er in Demut seine den Wünschen aller entsprechende Weihe. Als am Tage der Geburt der heiligen Maria der Erzbischof (Aribo) von Mainz und der gesamte Klerus sich feierlich zu seiner Einsegnung vorbereiteten, richtete der Erzbischof während der heiligen Amtshandlung der königlichen Salbung folgende Worte an den König: "Alle Macht der vergänglichen Welt fließt aus der einen, der allerreinsten Quelle. Es pflegt aber vorzukommen, dass, da mehrere Gewässer aus demselben Quell entspringen, sie bald trüb, bald klar sind, während die Hauptquelle stets rein bleibt. Ebenso können wir, so weit es in menschlicher Macht steht, den Schöpfer und die Schöpfung miteinander zu vergleichen, über Gott, den unsterblichen König, und die irdischen Könige urteilen. Denn es steht geschrieben: "Alle Obrigkeit geht von Gott aus." Wenn nun dieser allmächtige König der Könige, Schöpfer und Quell aller Ehre, auf irdische Fürsten die Gnade irgendeiner Würde ausgießt, so ist diese der Natur des Urquells entsprechend rein und klar. Wenn sie aber zu solchen kommt, die diese Würde unwürdig tragen und dieselbe mit Hochmut, Neid, Wollust, Habsucht, Zorn, Ungeduld und Grausamkeit beflecken, so werden sie sich und ihren Untertanen, wenn sie sich nicht durch Buße reinigen, den gefährlichen Trank der Sündhaftigkeit einschenken. Es bete und flehe zum Herrn die ganze Gemeinde der Heiligen, dass das Amt, welches heute unserem Herrn und König Konrad hier rein von Gott gegeben wird, von ihm, soweit es in des Menschen Kraft steht, unverletzt bewahrt werde. Mit dir und deinethalben, Herr König, haben wir zu reden. Der Herr selbst, der dich erwählt hat, dass du König seiest über sein Volk, wollte dich zuvor prüfen und dann zum König machen: denn er peitscht jeden, den er aufnimmt; er wollte denjenigen, den er aufnehmen wollte, erst strafen; es hat ihm gefallen denjenigen, den er zu erhöhen sich vorgesetzt hat, erst zu erniedrigen. So versuchte Gott Abraham, seinen Knecht, und nach der Versuchung krönte er ihn mit Ruhm. So ließ er seinen Knecht David König Sauls Zorn, Verfolgung, Kränkung, die Verborgenheit in der Wüste, Flucht und Verbannung erfahren, ihn, den er nachher zum glorreichsten König in Israel machte. Glücklich, wer (prüfende) Anfechtung erduldet, denn er wird die Krone empfangen. Nicht ohne Grund hat Gott dich heimgesucht, die zukünftige Frucht hat er in dir gezeitigt. Er ließ es zu, dass du die Gunst deines Vorgängers, des Kaisers Heinrich, verlorst und dieselbe wiederum zurückerwarbst, damit du nun dich derer zu erbarmen wissest, die deiner Gunst verlustig gehen. Du hast Unrecht gelitten, damit du jetzt dich derer zu erbarmen wissest, die Unrecht erleiden; die göttliche Güte wollte dich nicht ohne Prüfung lassen, damit du nach der himmlischen Züchtigung die Herrschaft des christlichen Reiches erlangtest. Zur höchsten Würde bist du gelangt, du bist der Stellvertreter Christi. Nur wer jenem nachfolgt, ist ein wahrer Herrscher; auf dem Königsthrone hier musst du an die unvergängliche Ehrenkrone denken. Ein großes Glück ist es, auf Erden König zu sein, das größte aber, im Himmel zu triumphieren. Da aber Gott von dir vieles fordert, so verlangt er doch vor allem, dass du für Recht und Gerechtigkeit und den Frieden des Vaterlandes sorgst, das (= das Vaterland) immer auf dich schaut, auf dass du ein Beschützer der Kirchen und ihrer Geistlichen seiest, ein Hort der Witwen und Waisen. Durch solche und andere gute Handlungen wird dein Thron fest begründet für Zeit und Ewigkeit. Und jetzt, Herr König, bittet die ganze heilige Kirche mit uns dich für die, welche bisher gegen dich gefehlt und durch irgendwelche Beleidigung deine Gunst verloren haben. Unter ihnen ist einer namens Otto, ein Mann von edler Herkunft, der dich beleidigte; für ihn und alle anderen bitten wir dich um deine Gnade, dass du ihnen verzeihen mögest um der Liebe Gottes willen, die dich heute in einen neuen Menschen verwandelt und dir Anteil gegeben hat an seiner Macht, gleichwie er selbst dir (verzeihen) möge für alle deine Fehler." Bei diesen Worten seufzte der König von Barmherzigkeit bewegt und brach mehr, als man glauben möchte, in Tränen aus. Sodann verzieh er, wie Bischöfe und Herzöge samt allem Volk begehrten, allen, was sie gegen ihn gefehlt hatten. Das nahm das ganze Volk dankbar entgegen. Alle weinten, da die Milde des Königs offenbar wurde, vor Freude. Eisern wäre der Mann, der nicht hätte weinen können, da so gewaltige Macht schwerwiegende Schuld vergeben hat. Und wiewohl er ihm zugefügtes Unrecht hatte rächen können, selbst wenn er niemals König geworden wäre, so ließ er sich doch durch kein Vertrauen auf so große Gewalt verleiten, etwas zur Ahndung aufzusparen. Als der Gottesdienst und die königliche Weihe mit allem gebührenden Aufwand vollzogen waren, eröffnete der König den Zug. Und wie wir von König Saul lesen, schritt er wie eines Hauptes länger als alles Volk dahin, und wie umgewandelt zu einer Haltung, die man früher nie an ihm gesehen hatte, und so kehrte er mit dem geistlichen Gefolge heiteren Angesichts in würdevollem Schritt in sein Gemach zurück. Sodann wurde er an der Tafel mit königlicher Pracht empfangen und verlebte jenen ersten Tag seiner königlichen Herrlichkeit ganz nach Gebühr.
4. Von der Hofeinrichtung und der Königin.
Wie man nun dem König die Treue schwor, darüber zu sprechen halte ich nicht für besonders nötig, da ja der oft wiederkehrende Brauch zeigt, dass alle Bischöfe, Herzöge und die übrigen Fürsten, die Bannerherrn und die gemeine Ritterschaft, ja sogar alle Freien, wenn sie von einiger Bedeutung sind, den Königen den Eid der Treue leisten; ihm jedoch unterwarfen sich alle durch einen um so aufrichtigeren und bereitwilligeren Schwur. Desgleichen auch bei der Hofordnung: Wen der König zu seinem Hausmeier bestimmte, welche er zu Kammerherrn, welche zu Truchsessen, zu Mundschenken und zu den übrigen Hofbeamten ernannte, dabei brauchen wir nicht länger zu verweilen, da ich mit einem Worte sagen kann, dass ich mich nicht erinnere oder gelesen habe, es sei bei irgendeinem seiner Vorgänger für die Hofämter geschickter und ehrenvoller gesorgt worden. Das meiste tat hierzu der Scharfsinn des Bischofs Bruno von Augsburg und der Rat des Bischofs Werner von Straßburg; so auch der des Werner, eines Kriegsmannes, dessen Vorsicht im Rat und Kühnheit im Krieg der König schon lange vorher durch häufige Erfahrungen schätzen gelernt hatte. Über diesen allen stand Gisela, die geliebte Gemahlin des Königs, mit ihrer Einsicht und Klugheit. Ihr Vater war Hermann, Herzog von Alemannien; ihre Mutter war Gerberga, die Tochter Konrads, des Königs von Burgund, dessen Vorfahren dem Geschlechte Karls des Großen entsprossen waren. Daher hat einer der unseren in einem Büchlein, das er "Tetralog" nannte und später dem König Heinrich III., als er in der Stadt Straßburg das Geburtsfest des Herrn feierte, überreichte, unter anderen (auch) diese zwei Verse geschrieben:
Wenn zu dem zehnten Geschlecht du rechnend das vierte hinzufügst,
Wird von Karl entstammend die Giesel, die Kluge geboren.
Obgleich sie von so hohem Adel und von der anmutigsten Schönheit war, blieb sie frei von aller Überhebung; im Gottesdienst voll Ehrfurcht, beständig im Gebet und im Almosengeben, und das so geheim sie konnte, merkend auf jenes Wort des Evangeliums: "Lasset eure Gerechtigkeit nicht offenbar werden vor den Menschen." (Matthäus 6:1) Denn sie war hohen Sinnes, von vorzüglicher Einsicht, nach Ruhm strebend, nicht nach eitlem Lob, sie liebte die Sittsamkeit, erduldete beharrlich ihren weiblichen Berufe, nie unnützerweise verschwendend spendete sie in ehrbaren und nützlichen Dingen überaus reichlich, sie war reich an Gütern und verstand es die höchsten Ehrenstellen besonnen zu verwalten. Durch den Neid gewisser Menschen, der ja oft von den niederen zu höheren wie Rauch hinaufsteigt, wurde sie einige Tage lang an ihrer Weihe gehindert. Ob sie übrigens jenen Hass mit Recht oder zu Unrecht zu ertragen hatte, ist noch fraglich; jedoch siegte bei der Frau die Tüchtigkeit des Mannes, und auf übereinstimmendes Verlangen der Fürsten geweiht folgte sie als notwendige Gefährtin dem König. Dies habe ich denn inzwischen kurz über die Königin berichtet mit Unterbrechung der Taten des Königs, zu denen ich jetzt zurückkehre.
(...)
24. Der Tod des Bischofs von Augsburg.
Im folgenden Jahr feierte der Kaiser (Konrad II.) zu Regensburg in Bayern das Osterfest. Dort starb Bruno, der Bischof von Augsburg, dessen Leiche die Kaiserin mit ihrem Sohn, dem König Heinrich, bis zu seiner Bischofstadt Augsburg geleitete und dort ehrenvoll bestatten ließ. Es war nämlich selbiger Bischof Bruno von sehr edler Herkunft. Denn da er der Bruder des Kaisers Heinrich (II.) war, war er der Sohn der Mutterschwester (= Tante) von Kaiserin Gisela. Die Schwester (Gisela) desselben Bischofs aber war durch ihre Verheiratung mit Stephan, dem König der Ungarn, die erste Begründerin des Christentums beim Pannonischen Volk. Das Bistum Augsburg aber erhielt Eberhard.
(Übersetzung: Werner Trillmich, überarbeitet von Eike Schmidt)