Poppo, um 978 geboren, stammte aus dem niederlothringischen Raum. Nachdem er einige Jahre am Hof Graf Balduins IV. von Flandern verbracht hatte, trat er 1008 unter Abt Richard in das Kloster St-Vanne bei Verdun ein. Heinrich II. pflegte enge Beziehungen zu diesem Kloster, dessen Abt Richard wichtige diplomatische Verbindungen nach Flandern und Frankreich unterhielt. Poppo konnte des Königs Vertrauen gewinnen, indem er erfolgreich die Aufträge seines Abtes ausführte. 1016 übertrug Richard Poppo das Kloster Beaulieu (Vasloges) zur Reform. Poppos Erfolge überzeugten Heinrich II.: Daher überantworte er ihm 1020 auch das Doppelkloster Stablo-Malmedy und 1023 das Kloster St. Maximin/Trier mit demselben Ziel. Unter Kaiser Konrad II. wurde er schließlich zum führenden Reformer im Reich. Poppo starb im Jahr 1048.
Die Vita Poppos wurde in einer ersten Fassung von einem Mönch namens Onulf verfasst, der wahrscheinlich in Blandigny unter Abt Wichard (1035-1059) lebte. Onulf begann sein Werk wohl nach dem Tod Poppos im Auftrag Abt Everhelms von Hautmont. Everhelm, der 1059 Nachfolger Abt Wichards in Blandigny wurde, war ein Schüler Poppos gewesen. Er überarbeitete die Vita, nachdem Onulf sie ihm überreicht hatte, weil er die Poppo zugeschriebenen Wunder zu wenig berücksichtigt fand. Den Widmungsbrief, den Onulf an ihn gerichtet hatte, ließ er am Anfang des Werkes stehen, fügte aber am Ende der Vita einen Schluss an, in dem er über seinen Anteil Auskunft gibt.
In Kapitel 12 wird die Episode vom "Honigschlecker" erzählt. Poppo, am Hof Heinrichs II. weilend, ermahnt den Herrscher, sich nicht unchristlich daran zu ergötzen, wie ein mit Honig bestrichener Mann von Bären ableckt wird. Der Sinn dieser Erzählung erschließt sich, wenn man sie im Erzählkontext betrachtet: In den vorangegangenen Kapiteln war von einer Pilgerfahrt nach Jerusalem und einer Romreise erzählt worden sowie von Überlegungen Poppos hinsichtlich einer Eheschließung, von der er aber durch eine Vision abgehalten worden und in das Kloster St-Vanne eingetreten sei. Auf die Anekdote am Hof Heinrichs II. folgen Visionen- und Wundererzählungen sowie die Einsetzung zum Abt in Stablo und St. Maximin. Poppo ist zum Zeitpunkt der Handlung also noch Mönch, wird aber nach und nach zum Heiligen stilisiert. Weil Heinrich II. unbedacht handelt, bietet sich für Poppo eine Möglichkeit tätig zu werden, indem er dem Herrscher die Einsicht in die Verwerflichkeit seines Tuns vermittelt. Nicht Heinrich, sondern Poppo ist die Hauptperson und nur auf ihn kommt es an, während der König zum Objekt seines Handelns wird. Onulf und Everhelm haben ihr Werk als Heiligenvita angelegt, demgemäß lässt sich über einen eventuellen Realitätsgehalt dieser Episode kaum eine Aussage treffen.
(Tania Brüsch)