Der Modus oder das Lied, seit Karl Lachmann nach der Hauptfigur "De Heinrico" genannt, schildert wohl das Treffen des Bayernherzogs Heinrichs "des Zänkers" und Kaiser Ottos III. Es ist als Fürstenpreis zu betrachten, in dem der junge Heinrich II. nur am Rande erwähnt wird.
Die Dichtung gliedert sich in acht Strophen, die jeweils drei oder vier sogenannte Otfrid-Verse (insgesamt 27) enthalten; damit wird die seit dem 9. Jahrhundert bekannte binnengereimte Langzeile mit An- und Abvers bezeichnet. De Heinrico gehört zu den wenigen überlieferten Mischdichtungen und stellt mit den durchgängig lateinisch-altdeutsch wechselnden Halbversen ein regelmäßiges Beispiel der makaronischen Form dar, wie es sonst nur aus der frühen altirischen und altenglischen Tradition bekannt ist. Einzelne, meist ungleichmäßigere Mischtexte kommen erst später in den Carmina Burana vor und dann in der eigentlichen Blüte der makaronischen Dichtung der norditalienischen Renaissance.
Der einzige Textzeuge für De Heinrico ist die sogenannte Cambridger Liedersammlung, die mit 83 Stücken das ganze Spektrum von scherzhafter, erotischer und Memorialdichtung präsentiert und wiederum Teil einer größeren Sammelhandschrift ist. Diese Carmina Cantabrigiensia sind vor der Mitte des 11. Jahrhunderts möglicherweise im Rheinland zusammengestellt worden, vielleicht im Umkreis Kaiser Heinrichs III., und dann nach Canterbury gelangt, erst im 17. Jahrhundert nach Cambridge.
Die Dichtung schildert nach einer topischen Einleitung die Ankündigung der Ankunft Heinrichs, dann eine ausführliche Begrüßung: Otto heißt Heinrich und seinen gleichnamigen Sohn willkommen. Es folgt ein gemeinsamer Kirchgang und eine Versammlung, wo Heinrich den Ton angibt und jedem sein Recht widerfahren lässt. Überlegungen zum historischen Kontext haben zu einer Identifizierung der Figuren mit Kaiser Otto III., dem Herzog von Bayern Heinrich II. "dem Zänker" und seinem Sohn (aequivocus), dem späteren König und Kaiser Heinrich II. geführt, der in der Dichtung aber noch als (Mit-)Herzog Heinrich IV. gegenwärtig ist.
Die wohl fiktive Begegnung muss kurz vor dem Tod Heinrichs "des Zänkers" 995 angenommen werden, die Entstehung zwischen 995 und dem Tod Ottos III. 1002.
Die Betonung des consilium und der herausgehobenen Rolle Heinrichs sind mit der Rechtspflege des alten Bayernherzogs etwa in den Ranshofener Konstitutionen in Verbindung gebracht worden und lassen an hochmittelalterliche Formeln vom "Karles reht" (die Rechtsordnung Karls "des Großen") denken. Die Schilderung des coniunxere manus ist als Handgang im Rahmen einer Belehnung Heinrichs gedeutet worden. Ein Verständnis als politische Dichtung im Rahmen der Thronfolgestreitigkeiten im Jahre 1002 ist unwahrscheinlich.
(Jens Schneider)