(24.) Inzwischen hatte sich auch Ernst diesem Aufstand angeschlossen, nicht durch eine Verletzung dazu getrieben, sondern entweder durch jugendlichen Eifer oder durch die Einflüsterungen derer verführt, die durch ihn ihre Vorteile zu mehren suchten. Sogar Herr Bruno, der Bruder des Königs, jung an Jahren und durch seine Jugend leicht zu verführen, verbündete sich mit Heinrich (von Schweinfurt) und Ernst. Und dessen rühmten sich die Treulosen, dass sie auf ihrer Seite den Bruder des Königs hatten.
Je mehr junge und unverständige Männer diese Verschwörung also vereinte, desto schändlicher und kraftloser war sie. Es heißt nämlich: Wo die Unverständigen zusammenkommen, spaltet sich der Rat, und wo der Rat gespalten ist, werden die Taten kraftlos.
(25.) Der König also sammelte einige Lothringer, Franken und Bayern und führte Anfang August das Heer nach Franken gegen Heinrich (von Schweinfurt). Seine Güter verwüstete er, ihn selbst zwang er, sich mit dem Herrn Bruno und Ernst in den Wäldern zu verbergen.
Endlich machte er sich an die Befestigungen der Burgen, von denen weder Heinrich fürchtete noch einer der anderen glaubte, dass sie eingenommen werden könnten. Also riss er im ersten Ansturm Ammerthal (östliche von Nürnberg) nieder und erlaubte den dabei gefangenen Gefolgsleuten Heinrichs auf Vermittlung der Fürsten, gesund und wohlbehalten abzuziehen. Die von Boleslaw (Chrobry) zur Unterstützung geschickten Slaven aber wurden als Knechte an das Heer verteilt.
(26.) Danach belagerte der König Creußen (südlich von Bayreuth), wo sich die Gemahlin (Gerberga) und die Söhne Heinrichs (von Schweinfurt) befanden und alles, was ihm besonders lieb sein konnte. Männer, die bei dieser Belagerung unvorsichtig vor allem nach Proviant ausgingen, wurden von Heinrich und seinen übrigen Helfern verwundet, gefangen und getötet. Als der König dies erfuhr, gab er den Ausziehenden täglich 400 Wachen bei, um diese zu bewachen und auch denen, die ihnen nachstellten, Fallen zu stellen. Als dies Heinrich mit seinen Gefährten hörte, zog er sich in ein Tal zurück, das keinen Eingang hatte außer durch einen einzigen Seitenpfad. Dort schlug er Zelte auf und lebte zwei oder drei Nächte lang so gut wie in Sicherheit von dem, was er den Armen raubte.
Dies erfuhren die Wachen durch einen Bauern. Um die sechste Stunde, als jene wegen des Tages Hitze nachlässiger waren, stiegen sie heimlich in das Tal hinab, gingen um den größten Teil des Ortes herum und suchten sorgfältig nach dem Lager Heinrichs (von Schweinfurt). Endlich begann einer von ihnen, der die Zelte sah, allzu hastig die Gefährten auffordernd "Kyrie eleison" zu rufen, und dies, damit sie schneller kämen, häufig zu wiederholen. Und als dies Heinrich bemerkte, ließ er die Zelte und sogar die Waffen zurück, ergriff die Flucht und entkam knapp den Händen derjenigen, die ihn überrascht hatten.
Auch Herr Bruno ließ ungehörig den kleinen Schild zurück, den er ungeschickt benutzte, und floh schändlich vor denen, welchen er hätte befehlen können, wenn er an der Seite des Bruders geblieben wäre, und er, der Ehre und Zier sein sollte, wurde zum Gespött. Doch dies war die Jugend. Es heißt nämlich: Wer ohne den Zügel des Wissens von der Jugend geleitet wird, gerät oft kopfüber in die Verlegenheiten der Schande. Und dass dies die Jugend war, zeigte später sein reiferes Alter, das ihn sowohl sich selbst nützlicher als auch seinem Bruder treuer machte.
Ernst wurde gefangen und vor den König geführt. Manche flüsterten dem König sogleich ein, dass er an ihm das Todesurteil vollstrecken lasse, so dass durch ihn fortan alle abgeschreckt würden, dass sie nicht grundlos wagten, den Unwillen des Königs zu erregen. Doch der Mainzer Erzbischof (Willigis), der die höchste Stelle innehatte, um irgendetwas beim König durchzusetzen, trat als Vermittler ein, entriss den jungen Mann dem Gesetz und entzog ihn dem Tode.
Schließlich wurde Creußen vom König eingenommen, geschleift und angesteckt. Es wurde der Gemahlin Heinrichs (Gerberga) mit den Ihren erlaubt, abzuziehen. Durch die Vermittlung ihres Bruders Otto (von Hammerstein) wurde ihr dies zugestanden.
(27.) Heinrich (von Schweinfurt) hörte von der Einnahme Creußens, gelangte auf der Flucht zu einer seiner Befestigungen, Kronach genannt, und traf dort einen an der verderbten Verschwörung beteiligten Sachsen Siegfried (von Northeim). Aber da er dort keine Hoffnung hatte, dem Zorn des Königs zu widerstehen, legte er selbst Feuer an die nämliche Befestigung. Und da er sein Elend nicht verbergen konnte, zeigte er, wie groß seine Verzweiflung war. Als der Sachse Siegfried dies erkannte, ließ er von der Hoffnung auf den begonnenen Aufstand ab, und der, der sich im Vertrauen auf Fremde gegen die königliche Majestät erhoben hatte, jammerte von der Härte fremder Schmach getroffen. Er schämte sich also, dorthin gekommen zu sein, und begab sich so schnell er konnte auf seine Besitzungen zurück.
Heinrich (von Schweinfurt) aber floh mit dem Herrn Bruno zu Boleslaw (Chrobry) als der einzigen Zuflucht und lernte, was für einen jeden am schwersten ist, wie ein Bettler von fremdem Brot zu leben.
Inzwischen gelangte der König nach Kronach und fand den Grund seiner Ankunft durch die Hand der Feinde vollführt. Er kam nämlich um es zu zerstören. Doch der Feind hatte es schon zerstört, damit er nichts mehr zum Zerstören finde.
(28.) Nachdem Heinrich (von Schweinfurt) also in die Flucht geschlagen und seine Burgen geschleift worden waren, ging der König nach Bamberg zurück, das er auf einzigartige Weise schätzte, entließ dort das Heer und feierte Maria Geburt (8. September). Von dort kam er in den Spessartwald, der Bayern von Franken trennt, und ging nach den Mühen des Feldzuges den Freuden der Jagd nach. Dort verbrachte er den Herbst, dort gewährte er sich und den Seinen zur Erholung alle Annehmlichkeiten.
Hierauf durchquerte er widerwillig Franken, kam nach Sachsen und kündigte den Thüringern und Sachsen einen bevorstehenden Feldzug nach Milzen an. Daraufhin feierte er in Pöhlde die Geburt des Herrn.
(29.) Im Jahr 1004 nach der Fleischwerdung des Herrn in der 2. Indiktion wurde der König vom Magdeburger Erzbischof eingeladen, der Giselher hieß und seit vielen Jahren von einer Lähmung befallen die Metropolitanstadt nicht verlassen konnte. Von Frömmigkeit geleitet zeigte er sich gehorsam und zog nach Magdeburg, um den Erzbischof zu besuchen.
Als er dort ankam, hatte der Erzbischof schon den Weg allen Fleisches angetreten, und der, der den König erwartete, war zum König der Könige abberufen worden. Zu seinem Nachfolger wurde auf der Stelle der Kapellan des Königs Tagino gewählt und mit der Zustimmung von Klerus und Volk auf den Bischofsstuhl gehoben. Hierauf ging der König weiter nach Merseburg und feierte Maria Lichtmess (2. Februar) mit der gebührenden Ehrerbietung. Dort wurde auch Erzbischof Tagino von seinen Suffraganen geweiht.
(30.) Danach versammelte der König die Thüringer und Sachsen, betrat das Milzener Land und wollte die Befestigungen, die Boleslaw (Chrobry) besetzt hatte, erobern. Aber die Härte des Winters kam nach diesen Anordnungen dazwischen und vereitelte die Ausführung des königlichen Willens, die man im Sommer leicht hätte vollführen können. In Umgehung der Befestigungen verwüstete er also das Gebiet, so den Einwohnern die Schuld zuweisend, da sie, vom Geld verdorben, Boleslaw nicht aus Treue widerstanden hatten.
Von dort kehrte er nach Merseburg zurück und stellte nahe dem Lauf der Elbe Leute aus der Mark auf, die sowohl Sachsen bewachen und Beutezüge Boleslaws verhüten als auch selbst dem Boleslaw durch beständiges Unruhestiften beschwerlich fallen sollten.
(31.) Inzwischen reuten Heinrich (von Schweinfurt) seine Taten und er schämte sich, so lange von fremdem Brot zu leben. Auch war er es überdrüssig, wie ein Verbannter allein unter Fremden umherzuziehen. Er wollte also lieber die Gefahr des Todes auf sich nehmen, als sein Leben so zu führen. Schließlich kehrte er zurück und lieferte sich bei Merseburg durch ausgesuchte Vermittler der königlichen Majestät aus. So gegen den Stachel lockend, fühlte er die Spitze zweifach, da er sowohl seine Güter verlor als auch sich selbst fremder Macht übergab.
Der Herr Bruno aber flüchtete sich, da er bei Boleslaw keinen Trost fand, zu seiner Schwester, der Königin (Gisela) von Ungarn, und sich selbst erkennend erbat er ihre Vermittlung.
(32.) Inzwischen brach der König, der die den Deutschen von den Italienern angetane Beleidigung nicht vergessen hatte, von Sachsen auf und kam nach Bayern. Dort übertrug er am Fest des heiligen Benedikt (21. März) Heinrich, dem Bruder der Königin (Kunigunde), das Herzogtum Bayern.
Als jener endlich nach Augsburg kam, das im Grenzraum zwischen Bayern und Schwaben gelegen ist, kamen ihm die Lothringer, Franken und Schwaben entgegen, gewillt, das den Deutschen zugefügte Unrecht zu rächen, und bereit, mit allen Mitteln der königlichen Ehre zu dienen.
Hierauf marschierte er mit diesen weiter und setzte fest, dass das Heer an einem Thingau (östlich von Kempten in Bayern) genannten Ort vollständig zusammenkommen sollte. Dort kam ihm Herr Bruno zur Versöhnung entgegen, mit ihm Gesandte des ungarischen Königs, die für ihn als Vermittler kamen. Und demütig Verzeihung für seine Vergehen fordernd, bewegte er den Bruder, sein eigenes Fleisch und Blut, und bewog ihn rasch zur Versöhnung. Denn in einem Sprichwort heißt es: Wen des Bruders Tränen nicht bald bewegen, den bewegt das eigene Fleisch und Blut, und die Not des nächsten Verwandten wird zur eigenen Angst. Wie es sich geziemt, nahm er ihn also mit Milde auf und verband sich den Wiederaufgenommenen wie es sein muss durch Vertrautheit.
(33.) Von dort ließ er das Heer vorrücken und kam durch eine unfruchtbare Gegend, durch rauhes Gebirge, durch ausgedehnte Wälder und über schlüpfrige Straßen bis zur Stadt Trient. Dort ließ er die Seinen am Palmsonntag (9. April 1004) lagern, um zu feiern wie es sich gehört. Der unrechtmäßige König Arduin ahnte sein Kommen, schickte Wachen zu den Klausen, von denen er meinte, dass sie ihm treu ergeben seien, und beeilte sich, ein Heer so groß er konnte zu versammeln. Darauf kam er in die Ebene von Verona und hoffte, dass der künftige Ausgang dem ersten gleichen würde.
(34.) Dies erkannte König Heinrich und begab sich auf andere Wege, nicht um dem Gefecht auszuweichen, sondern um sich einen leichteren Zugang zu suchen. Es war nämlich unmöglich, die Etschklausen zu überschreiten, die Arduin mit einer sehr großen Schar gedeckt hatte. Inzwischen schickte er einen seiner Kapelläne, Helmiger mit Namen, zu den Kärntnern voraus. Er gab ihm den Auftrag, dass diese die abseits des direkten Weges gelegenen Klausen (den Brenta-Pass bei Primolano), die Arduin mit weniger Sorgfalt befestigt hatte, schon besetzen sollten. Es konnte nämlich niemand damit rechnen, dass das königliche Heer über so schwierige und enge Wege hinübergehen wolle oder könne.
Die Kärntner gehorchten dem Auftrag des Königs und teilten sich auf Anraten des Helmiger in zwei Gruppen. Die eine ließ die Pferde zurück und besetzte vor Sonnenaufgang heimlich den Berg oberhalb der Klausen. Die andere eilte, als der Morgen schon dämmerte, auf ein Zeichen, das sie von denen auf dem Berg hörten, heran, um die Klausen zu erobern. Die Wachen wussten nichts von denen, die den Berg besetzt hatten, und gingen zur Verteidigung der Klausen gegen die Angreifer vor. Rasch kamen die auf dem Berg Verborgenen heraus und überraschten die Verteidiger der Klausen im ungedeckten Rücken. Als die Wachen erkannten, dass sie verloren waren, wandten sich die einen zur Flucht, die anderen nach dem Abhang, wieder andere den Lauf der Brenta hinab. Nach diesem vollständigen Sieg hielten die Kärntner die Klausen und erwarteten den König.
Durch den von ihm vorausgeschickten Kapellan davon unterrichtet, eilte der König zu den Klausen, ließ den Tross zurück, nahm die Kampfbereiten mit sich und ging unter größten Schwierigkeiten hinüber.
(35.) Als er dann in die Ebene kam, befahl er jenseits des Flusses Brenta die Zelte aufzuschlagen, um dort die Festtage der Karwoche mit der würdigen Hingabe zu feiern. Es erschien ihm nämlich nicht gut, in jenen Tagen, an denen der Urheber für die Erschaffenen, der Schöpfer für die Geschöpfe, der Herr für die Knechte zur Offenbarung seiner Liebe gefangengenommen, gegeißelt, gekreuzigt und begraben werden wollte, irgendeinen Angriff anzusagen, in dem Christenblut gewaltsam vergossen würde.
Dort vollzog also der Kölner Erzbischof (Heribert) die Weihe der Öle, die in jener Gegend damals sehr nötig war. Es gab nämlich in den zwölf Bistümern am Eingang nach Italien an jenem Tag wegen der gegenwärtigen Verwirrung weder Bischof noch geweihtes Öl. Dort wurde vom ganzen Heer in andächtigster Weise des Herrenmahles gedacht. Dort verehrte man den Karfreitag und den heiligen Samstag mit frommer Stimmung. Darüber hinaus feierte man das Osterfest mit würdiger Verehrung und verehrte es auch durch fromme Feier.
Danach wies der König den Pfalzgrafen (von Pavia, Otto von Lomello) an, dass er dem Heer für jede Flucht mit dem königlichen Bann drohte. Er sollte sogar hinzufügen, dass sich das Todesurteil zuziehe, wenn jemand im voraus fliehe. Nachdem das ganze Heer so vom Bann gehört hatte, überschritt der König am dritten Tag der Osterwoche den Fluss und befahl, dort wiederum die Zelte aufzuschlagen, da er die Boten erwartete, die er zur Erkundung der Orte, an denen sich Arduin mit den Seinen aufhielt, vorausgeschickt hatte.
(36.) Inzwischen zerfiel aus mir unbekanntem Grund die Eintracht der Langobarden, und zu uneinig zum Widerstand kehrten alle eilends auf ihre Besitzungen zurück. Ob dies die Furcht oder die Liebe zu König Heinrich oder die Bannung Arduins bewirkte, überlasse ich dem Wissen derer, die dabei waren. Soviel weiß ich, dass seine (d.h. Gottes) Vorsehung nicht fehlte: Einmal gewährt seine Güte dem einem das, was er will, ohne Streit, einmal lässt er wegen der verborgenen Gründe seines Urteils das, was er will, durch den Kampf erkennen. Der Eingang stand König Heinrich also offen. Was er sich von Mühen erhoffte, wurde ihm durch den Frieden von dem, der selbst der Friede ist, zuteil.
Er kam also nach Verona, wurde von den Bürgern empfangen, ausgerufen, mit Zustimmung aufgenommen und gekrönt. Ihm entgegen zogen Markgraf Thedald (von Tuszien) und etliche mehr, den Tiefen des Wütens entrissen und der Hoffnung der Freiheit zurückgegeben. Hierauf rückte er nach Brescia vor und wurde vom Bischof und den Bürgern mit aller Fröhlichkeit empfangen. Dort begegnete ihm der Erzbischof von Ravenna mit den Seinen und seinen Nachbarn und übergab sich mit noch nicht von einem unrechtmäßigen Herrn beschmutzten Händen dem lange erwarteten Lehnsherrn. Von dort kam der König nach Bergamo und empfing den Mailänder Erzbischof mit Handgang und Eid.
Hierauf kam er nach Pavia. Dort wurde er von einer äußerst großen Schar des lombardischen Adels, der zu seiner Anerkennung zusammengekommen war, durch würdige Beifallsbekundungen empfangen und unter dem Jubel der ganzen Stadt zur Kirche des heiligen Michael geführt. Dort riefen der Klerus, die Versammlung der Adligen und das Volk beiderlei Geschlechts Heinrich alle einmütig aus einem Munde zum König aus, bekundeten ihre Zustimmung und bezeichneten ihn dann durch das Erheben der Hände. Nachdem er so beifällig aufgenommen worden war, wurde er gekrönt und gekrönt von allen über Gebühr geehrt. Dann wurde er mit aller Fröhlichkeit zur Pfalz zurückgeführt.
(37.) Der Teufel, Neider des Friedens, Feind der Eintracht, glühender Sämann der Zwietracht, dem verfallen Judas sich nach dem Geheimnis des Leibes und Blutes des Herrn zur Ausführung der unsäglichsten Freveltat erhob und auf dessen Einflüsterungen hin er in die ewigen Qualen dahingerafft wurde dieser erregte, als der Tag endlich schon zur Neige ging, auch die Bürger, die er nach Handgang, Treueversprechen und der Eidesversicherung und durch keine Verletzung, die würdig als Begründung angeführt werden könnte, gezwungen, vom Gift der Trunkenheit beeinflusst, gegen die königliche Majestät aufwiegelte. Daher griffen sie auf diese Einflüsterung hin zu den Waffen, wurden durch diese Anstachelung erregt, eilten unter dieser Führung zur Pfalz und umschlossen unter dieser Leitung das Gebäude. Es waren auch einige Aufwiegler darunter, die durch ihr eigenes Gewissen verwirrt, lieber unter Arduin auf unerlaubten Raub umherstreifen wollten, als unter Heinrich an die Zügel von Recht und Gesetz gebunden zu sein.
Es erhob sich Lärm und Getöse. Man hörte das in der Pfalz sofort, aber weil niemand nach der am selben Tag gelobten Treue solches glauben konnte, begriff man es nur langsam. Der König befahl dennoch zu erkunden, was es gebe. Man berichtete das Wüten der Stadt, man berichtete den Wahnsinn der Verbitterung im Volk. Der Kölner Erzbischof (Heribert), der beim König war, hoffte es eindämmen zu können, schaute durch das Fenster und begann, nach den Ursachen solchen Wütens zu fragen. Doch von Steinen und Pfeilen überrascht war es ihm kaum möglich, die begonnene Rede zu beenden. Um so mehr loderte nämlich die Verbitterung der Langobarden auf und besaß durch den Kriegsausgang gegen Herzog Otto immer noch die Stärke des Hochmuts.
(38.) Die Langobarden drohten also in die Pfalz einzubrechen. Die Bediensteten des Königs, obgleich wenige, leisteten Widerstand. Es waren nämlich Deutsche teils bei den Pferden, teils in Herbergen, teils auf benachbarten Burgen jener Grafschaft.
Der König entflammte auf der Stelle vor Entrüstung im Zorn und wollte zusammen mit denen, die er bei sich hatte, einen Ausfall machen, die Zahl seiner Gefolgsleute durch die Hoffnung auf himmlischen Dank ergänzend. Jedoch hielt der Kölner Erzbischof den König gemeinsam mit den Wohlgesinnten mit aller möglichen Anstrengung zurück, da er wusste, dass für die Glieder keine Hoffnung auf ein Entweichen war, hatte man das Haupt verloren.
Inzwischen liefen die Deutschen mit zunehmendem Geschrei zusammen, strebten vereinigt mit ihren Verbündeten zur Pfalz und hielten die Langobarden für eine kurze Weile vom zügellosen Wüten ab. Schließlich verdichteten sich die Schatten der Nacht und die Stein- und Pfeilgeschosse wurden den Deutschen höchst bedrohlich. Die Notwendigkeit riss die Entscheidung an sich, und man legte zum Schutz vor den Geschossen schnellstens Feuer. Die Deutschen also griffen mit großem Einsatz die Stadtmauern an, mit großer Furcht kämpften die Langobarden um ihr Leben.
(39.) Dann wurde ein junger Mann, Giselbert mit Namen, ein Bruder der Königin (Kunigunde), von den Langobarden verwundet. Die Deutschen wurden durch seine tödliche Verwundung gereizt, und blind für das Wüten der Geschosse erstürmten sie die Stadtmauern, und die Eingedrungenen eilten, für das Blut des jungen Mannes, sozusagen Auslöser des Wütens, Vergeltung zu üben. Einer von ihnen mit stärker entflammtem Sinn, Wolfram mit Namen, warf sich mitten in eine Abteilung Langobarden, zog das Schwert, mit dem er gegürtet war, und rammte es einem mehr als die übrigen wahnsinnigen von ihnen mannhaft von der Helmspitze bis ins Schlüsselbein und zog sich schneller als man es sagen kann unverletzt unter die Seinen zurück.
Die ganze Nacht hindurch wurde also schwer gekämpft, und da der Ausgang ungewiss blieb, machte die Siegeshoffnung bald diese, bald jene wagemutiger und unternehmender als die anderen. Einmal drangen die Deutschen sogar mittels einer aus Schilden zusammengesetzten Schildkröte zur Schar der Ihrigen vor und präsentierten dem König lebend einige von ihnen gemachte Gefangene.
(40.) Inzwischen wurde die Pfalz, die für die einmal ermüdeten Deutschen die einzige Zuflucht war, angezündet und Feuer an sie gelegt. Ihr Fall drohte. Aber die Hoffnung, die Zuflucht zu halten, entflammte ihren Mut mehr und stachelte sie an, die Italiener erneut heftig anzugreifen. Und so war es schon heller Tag, als die Schwaben, die diese Vorgänge später bemerkt hatten, längs der Pfalz die Stadtmauern durchbrachen, und die Lothringer und Franken begannen, die Langobarden vor der Pfalz erneut schwer zu bedrängen und sie bis in ihre eigenen Häuser in die Flucht zu schlagen. Aber wegen der Dichte der von den Dächern kommenden Geschosse vermochten sie nicht lange auszuhalten. Sie zogen sich zusammen, schleuderten Brände in die Häuser und machten mit Feuer und Schwert ein elendes Morden unter den Bürgern.
Endlich war der nicht leicht zu stillende Zorn der Deutschen durch den Tod einer großen Zahl befriedigt und verlegte sich danach, als schon niemand mehr Widerstand leistete, aufs Beutemachen. Doch schon nahm das Feuer allzu sehr zu, da wich der König von der Unbeugsamkeit seines Sinnes ab und von Frömmigkeit bewegt befahl er ihnen, davon abzulassen. Da sie kaum zu bändigen waren und der Brandgestank nicht länger erträglich war, begab er sich zu einem festen Haus, das man als die goldene Kammer des heiligen Petrus bezeichnete.
Die kaum zu Atem gekommenen Bürger aber folgten dem König und baten standhaft, dass er die Trunkenheit vergebe. Sie erhielten Nachlass und Vergebung. Doch leicht ist die Vergebung, nachdem die Strafe über die Schuld hinausgegangen ist. So also machte er die, die der Krieg gegen Otto hochmütig gemacht hatte, von neuem zu Bittenden im Gewand der Bescheidenheit und zu Unterworfenen.
(41.) Die Bezwingung Pavias erschütterte also ganz Italien, und alle Einheimischen strömten unaufgefordert beim König zusammen und befolgten in allem seine Anweisungen. Sogar Städte, zu denen der König nie gekommen war, überstellten aus freien Stücken Geiseln und versprachen durch Eide die gebührende Treue.
Nachdem dies ausgeführt worden war, kam der König an einen Ort, der Pontelungo (nördlich von Pavia) genannt wird. Dort kam eine unzählbare Schar von Langobarden heran und unterwarf sich der königlichen Majestät, um in allem gehorsam zu sein. Dort wurde eine Versammlung abgehalten und die Belange des Reiches geordnet. Anschließend wandte er sich Mailand zu, geführt von der Liebe zum heiligen Ambrosius. Er liebte die Freiheit seiner Sprache und die Außerordentlichkeit seines Charakters. Nachdem er dort seine Fürsprache und die der übrigen Entschlafenen erfleht hatte, kehrte er auf die Wiesen von Pontelungo zurück und tröstete die Langobarden, die seine rasche Abreise beklagten, durch das Versprechen einer schnellen Rückkehr.
Hierauf feierte er, nach Grommo gekommen, das heilige Pfingstfest (4. Juni) mit frommer Herzenshingabe. Die von dort abreisenden Tuszier erschienen vor ihm und übergaben sich der Reihe nach einzeln durch Handgang.
(42.) Danach kehrte der König, der das von Boleslaw (Chrobry) an ihm verübte Unrecht in seinem Geist bewahrt hatte, eilends in die Heimat zurück und eilte über den Monticelli nach Schwaben. Er wusste, dass ein der Herrschaft eines Knaben unterworfenes Gebiet allzu oft lose Zügel besitzt und durch die überhastete Widersprüchlichkeit der eigenen Verfügungen an unterschiedlichen Abgründen entlangstürzt. Schon war nämlich Herzog Hermann (von Schwaben) gestorben und sein Sohn (Herzog Hermann III.) vom König im Herzogtum an seine Stelle gesetzt worden. Er wusste, dass er nicht selbst herrschen würde, weil er noch allzu jung war.
Also hielt der König im Zürich genannten Ort eine Versammlung ab und alle vom Kleinsten bis zum Größten drängte er zu schwören, den Frieden zu schützen und Raubzügen nicht zuzustimmen. Nachdem so ganz Schwaben unter eine Friedensruhe gestellt war, kam er in das Elsaß und feierte in Straßburg die Geburt des heiligen Johannes.
Ich meine etwas nicht übergehen zu können, was man vom Hörensagen erfahren kann: dass viele um eines einzigen willen in Gefahr kommen. Denn während er in dieser Stadt am Vortag von Johanni eine Versammlung mit den Elsässern hielt, brach das Haus, in dem er zur Gesetzgebung und zur Rechtsprechung saß, plötzlich zusammen. Und einem Priester, der mit einer mit dem Kirchenbann belegten Frau zu leben pflegte, zerschlug es die Beine. Nur jener starb, die anderen erlitten nichts als den bloßen Schrecken. Doch durch seinen Untergang lernten sie, was sie oft durch den Psalmisten hörten: Mit den Erwählten wirst du erwählt sein, mit den Verdorbenen verderben. Danach kam der König nach Mainz und beging dort feierlich in gewohnt frommer Stimmung das Apostelfest (29. Juni).
(43.) Dann eilte er durch das östliche Franken nach Sachsen und gedachte, sein von der Last der Entrüstung über Boleslaw (Chrobry) beschwertes Herz durch machtvolle Bestrafung zu erleichtern. Den Sachsen, Bayern und Franken wurde die Unternehmung angekündigt und der Aufbruch für Mitte August festgesetzt, damit nach dann erfolgter Getreideernte das Heer den Überfluss zum Gefährten hätte.
Als es Mitte August wurde, fand in Merseburg die Zusammenkunft der Sachsen statt. Der König aber wollte keinem seiner Vertrauten offenlegen, ob er nach Polen oder nach Böhmen wollte. Er hatte die gewundenen Schliche Boleslaws erkannt, der durch verborgene Freunde sogar die königlichen Geheimnisse zu erkunden pflegte. Doch täuschte er ein bevorstehendes Übersetzen vor und befahl, von Magdeburg bis Zeitz Schiffe zusammenzubringen, als ob er nach Polen wollte. So wie es alle hofften, führte er das Heer rasch nach Böhmen, um zuerst sein Eigentum zurückzuerlangen, und sich dann zur Vergeltung des fremden Gebiets zu bemächtigen, das eigentlich dennoch kein fremdes war, sondern das Joch seiner Herrschaft dulden musste.
(44.) Man mag einfügen, was man vom Hörensagen kennt: Es gibt selten eine Schuld, der nicht die Vergeltung folgt, wenn sie dem nicht durch Buße vorbaut.
Nach dem Tod des älteren Boleslav (II. von Böhmen), das heißt dem Böhmenherzog und Onkel des Boleslaws (Chrobry), um den es nun geht, blieben drei ihn überlebende Söhne. Der Erstgeborene von ihnen, Boleslav (III. von Böhmen) mit Namen, erhielt nach dem Vater das Herzogtum und begann grausamer zu leben, als es jenes Land weder dulden wollte noch konnte.
Als die Einheimischen also jenen wegen seiner allzu großen Grausamkeit verwünschten, begann er zu fürchten, dass er von einem seiner durch die Prager dazu aufgewiegelten Brüder außer Landes gejagt würde. Folglich stachelte ihn vom schlechten Gewissen gepackt der Argwohn zu einem höchst frevelhaften Verbrechen an und er führte die fluchwürdige Tat sogar aus. Denn den einen seiner Brüder (Jaromir) entmannte er, den anderen (Ulrich) versuchte er in den Bädern zu erwürgen. Doch jene, der eine entmannt, der andere halbtot, flohen vom väterlichen Erbe ausgeschlossen nach Bayern. Von solcher Ruchlosigkeit bewegt, verlieh König Heinrich dem Blademar (Vladivoj), über den wir schon gesprochen haben, das Herzogtum Böhmen.
(45.) Als jener (Vladivoij) gestorben war, versuchte Boleslav (III. von Böhmen), der Sohn Boleslavs (II. von Böhmen), das Herzogtum gegen den Willen des Königs zu halten, nachdem er Boleslaw (Chrobry), den Sohn Mieszkos (I. von Polen), in die Gesellschaft der Verschwörer geholt hatte. Zwischen jenen beiden Boleslaws entstand also eine trügerische Freundschaft und hinterlistige Genossenschaft. Oft wurde der eine vom anderen eingeladen, oft lebten sie darüber hinaus zusammen fröhlich im Genuss, dennoch unter der Asche das Feuer verbergend.
Schließlich zog Boleslaw (Chrobry), der Sohn Mieszkos, der versprochenen Freundschaft die Fröhlichkeit Prags und die Annehmlichkeit Böhmens vor, und damit er sich, nachdem sein Verwandter aus irgendeinem Grund hinausgeworfen worden war, des Fürstentums über ein so großes Gebiet bemächtigen könne, durchforschte er die innersten Tiefen seiner Betrügereien. Er lud ihn zu Gelagen und bot ihm verschiedene Arten von Speisen, um ihm zuletzt mit dem Giftbecher zuzutrinken.
Betrunken nämlich übergab er jenen seinen Gefolgsleuten und gab den zu dergleichen Dingen Angeleiteten durch Augenzwinkern Winke, den Zögling zu blenden. Die ruchlosen Befehle wurden vollzogen und die ruchlosen Werke vollbracht. So verdarb der, der den Bruder entmannte, von seinem Blutsverwandten und Genossen verführt, und der, der den Bruder nicht in der Teilhabe am Fürstentum neben sich haben wollte, wurde durch die Strafe des Leidens unschädlich und hilflos gemacht.
Nach der Blendung also bemächtigte sich Boleslaw (Chrobry), der Sohn Mieszkos, wie ich oben gesagt habe, Prags und ganz Böhmens mit gewundenen Betrügereien, mit den ihm immer auf dem Fuß folgenden Schlichen und mit grenzenlosen Versprechungen. Und als er die Herrschaft auf solche Weise erlangt hatte, legte der Aufgeblasene an den dem königlichen Heer im Weg liegenden Stellen sehr starke Burgen an.
(46.) Inzwischen kam der König mit den Sachsen über einen Berg, wo schon Boleslaw (Chrobry?), um sich dem Eingang zu widersetzen, die Befestigung verstärkt hatte, und betrat, nachdem er in der Nacht Leute aus der Mark vorausgeschickt hatte, unter großen Schwierigkeiten Böhmen. Als die Böhmen sein Durchbrechen wahrnahmen, übergaben sie gleichsam entmutigt von der Angst der königlichen Gegenwart die eine Burg (Most) und sich selbst dem König. Diese übertrug der König mit höchstem Wohlwollen sogleich dem entmannten Jaromir, dem Bruder des blinden Boleslav (III.), den er aus Frömmigkeit mit sich in sein Stammland zurückführte.
Daraufhin schob er seinen Weitermarsch auf, durchzog jene Gegend und erwartete die Bayern, die nicht den selben Zugang nach Böhmen wie die Sachsen hatten.
(47.) Doch weil jene ihr Kommen verzögerten, kam der König nur mit den Sachsen zu einer Saaz genannten Stadt. Angesichts seiner Macht gerieten die Bürger in nicht geringe Aufregung und sannen sofort darauf, wie sie um Frieden ersuchen und die Huld des Königs erreichen könnten.
Sie öffneten also auf der Stelle die Stadttore und unter der Bedingung seine Huld zu erlangen warfen sie die Polen hinaus, die Boleslaw (Chrobry) ihnen zum Schutz dieses Ortes beigegeben hatte. Und beim Hinauswerfen verunstalteten sie einige durch Abschneiden von Gliedern, einige stürzten sie von den höchsten Stellen hinab, andere beseitigten sie auch, um die ihm von diesen angetane Beleidigung zu rächen und auch der königlichen Ehre in allem Genüge zu tun.
Schließlich erreichte die Glut dieser Grausamkeit das Herz des Königs und die ihm eigene Frömmigkeit neigte dazu, derartigen Wahnsinn zu untersagen. Schon wurden die Lebenden herausgeführt und erschienen in der Kirche vor dem König. Danach übergab sich die ganze Stadt dem König, versprach wie es sein muss durch Eid die Treue und band sich durch Geiseln.
Inzwischen kam das Gerücht auf, Boleslaw (Chrobry) sei von in einer Verschwörung verbundenen Pragern beseitigt worden. Und obwohl es eine Lüge war, erschreckte es dennoch die Getreuen Boleslaws sehr.
(Übersetzung: Markus Schütz)