(Kunigunde vergabt an die bischhöfliche Kirche zu Freising ihre Güter Ranshofen, Hohenbercha, Ostermiething, Feldkirchen, den Forst Weilhart und ihren Besitz zu Reichenhall, mit Ausnahme von fünf Hufen und einigen Hörigen, unter Vorbehalt des Nießbrauches auf Lebenszeit und erhält dafür zum Nießbrauch auf Lebenszeit die Höfe Isen, Burgrain, Dorfen und Tegernbach. Regensburg 1025.)
Nach dem Tod Heinrichs II. übernahm Kunigunde bis zur Wahl Konrads II. die Regierungsgeschäfte. Nachdem sie Konrad die Insignien ausgehändigt hatte, erledigte sie noch einige weltliche Geschäfte, bevor sie sich in das von ihr gestiftete Kloster Kaufungen zurückzog. Eines ihrer Ziele war es offenbar, Teile ihres Wittums über ihren Tod hinaus für die Sorge um ihr und ihres Mannes Seelenheil nutzbar zu machen. Sie stand dabei vor dem Problem, dass ihr Wittum nach ihrem Ableben von Rechtswegen an das Reich fallen musste. Die Güter zählten nicht zu ihrem Eigentum, sondern standen ihr nur zum Nießbrauch auf Lebenszeit zur Verfügung. Für Tauschgeschäfte, Verkäufe oder Stiftungen bedurfte es der Zustimmung des neuen Königs Konrad II. Kunigunde konnte sich jedoch ausrechnen, dass dieser ihrem Vorhaben im Großen und Ganzen nicht zustimmen würde. Also suchte sie die Hilfe von Männern, die bereit waren, ihre Pläne zu unterstützen.
Kunigunde fand diese Unterstützung unter den Großen Bayerns. In Regensburg scharten sie sich 1025 noch einmal um die Kaiserwitwe. Hier machte sich sicherlich Kunigundes vermittelnde Tätigkeit bezahlt; während ihr Gemahl so manchen Konflikt ausgelöst hatte, war sie eher vermittelnd tätig gewesen und hatte nach einvernehmlichen Lösungen gesucht. Nun halfen die in Regensburg Anwesenden Kunigunde, ihr Wittum vor dem Zugriff Konrads zu schützen zum Teil freilich nicht ganz uneigennützig. Mit der vorliegenden Urkunde überträgt Kunigunde der bischöflichen Kirche zu Freising ihre Güter Ranshofen, Hohenbercha, Ostermiething, Feldkirchen, den Forst Weilhart und ihren Besitz zu Reichenhall. Davon nimmt sie nur fünf Hufen und einige Hörige aus. Außerdem sollen ihr die Güter auf Lebenszeit zum Nießbrauch zur Verfügung stehen. Als Gegenleistung erhält sie dafür ebenfalls zum Nießbrauch auf Lebenszeit die Höfe Isen, Burgrain, Dorfen und Tegernbach.
Die Urkunde, die man wohl eher als Vertrag bezeichnen muss, lässt erkennen, dass Kunigunde die Sorge hatte, dass Konrad die Vereinbarung nicht akzeptieren würde nicht ganz zu Unrecht, wie sich später herausstellen sollte. In der Urkunde heißt es, dass in dem Fall, dass durch Grausamkeiten oder Gewalt irgendeines Königs oder Kaisers, Herzogs oder Bischofs der Vertrag aufgelöst oder gebrochen werde, jeder das zurückerhalten solle, was er in das Geschäft eingebracht habe. Damit sollte wohl vor allem das von der Freisinger Kirche an Kunigunde zur Nutzung übertragene Gut davor geschützt werden, eventuell doch von Konrad II. nach dem Tod Kunigundes zusammen mit ihrem Wittum eingezogen zu werden.
Der Urkunde wurde von einem unbekannten Schreiber geschrieben; ihr lag das in Freising übliche Formular für Prekarienverträge zugrunde. Der Vertrag hat die in dieser Zeit nicht sehr häufige, aber durchaus anerkannte Form eines Chirographs. Beim Chirograph fertigte man den Text in zwei Fassungen auf einem Pergament aus. Die beiden identischen Texte wurden untereinandergesetzt, dazwischen ließ man eine Lücke, in die das Wort cyrographum oder auch andere Wörter beziehungsweise Schriftzeichen eingesetzt wurden. An dieser Stelle schnitt man die Doppelurkunde durch, manchmal mit einem glatten, manchmal auch mit einem gezähnten Schnitt. Jeder Vertragspartner erhielt eine Hälfte. Durch Zusammenfügung konnte man gegebenenfalls die Echtheit der beiden Hälften überprüfen. Vom vorliegenden Vertrag ist nur die Freisinger Hälfte erhalten geblieben, die Kunigundes ging verloren.
(Tania Brüsch)