(Heinrich bestätigt dem Kloster St. Gallen die Immunität, das Inquisitions- und das Wahlrecht, Letzteres jedoch vorbehaltlich der königlichen Mitwirkung bei der Wahl. Zürich 1004 Juni 17.)
Heinrich II. wählte die Klöster, denen er seine besondere Aufmerksamkeit widmete, genau aus. In vielen Fällen entwickelte sich das Verhältnis von König und Reichskloster nach demselben Muster: Zunächst musste sich der Konvent Reformmaßnahmen unterwerfen, die sich am Vorbild des Klosters Gorze orientierten. Oft genug erzwang Heinrich diese Maßnahmen auch gegen des Willen der Mönche. Sobald die Reformen einigermaßen im alltäglichen Leben verankert schienen, setzten Schenkungen und Privilegierungen ein. Dabei handelte es sich fast ausnahmslos um alte Reichsabteien, deren Wurzeln bis in die Karolingerzeit zurückreichten. Nun gab es aber auch eine Reihe von Abteien, die Hersfeld oder Tegernsee bezüglich Ansehen und Alter in nichts nachstanden und dennoch nicht gefördert wurden. Zu diesen gehörte auch das Reichskloster St. Gallen. Warum Heinrich II. St. Gallen von seinen Fördermaßnahmen ausschloss, lässt sich kaum erklären. Man kann nur umgekehrt bei den Abteien, denen seine Aufmerksamkeit zuteil wurde, nach Motiven suchen, die in persönlichen, oft noch aus der Herzogszeit stammenden Bindungen, zentralörtlichen Funktionen oder anderem liegen können.
St. Gallen gehörte also zweifellos zu den Verlierern im Werben um die königliche Gunst. Gerade ein einziges Privileg konnte man in den 22 Regierungsjahren von Heinrich erbitten: Am 17. Juni 1004 stellte der König in Zürich eine Bestätigungsurkunde aus, die wörtlich nach einem Diplom Ottos III. verfasst wurde. Die im Original erhaltene Urkunde unterscheidet sich von der Vorurkunde nur in zwei Punkten: Erstens wird Otto III. wie so oft in Heinrichs Urkunden als senior und antecessor bezeichnet. Zweitens wurde das Recht auf freie Abtswahl dahingehend eingeschränkt, dass die königliche Wahl des Abtes der des Konvents vorgezogen werde müsse. Diese Klausel ist typisch für die Kirchenpolitik Heinrichs II. Zwar nahm er die Einschränkung nicht in allen Fällen vor, aber zumindest bei den meisten großen und einflussreichen Reichsklöstern sowie generell bei Bischofswahlen behielt er sich die Entscheidung über Bischof und Abt vor. Auf diese Weise konnte er eine Reihe von treuen Anhängern in wichtige Positionen bringen. Nicht zuletzt wegen dieses Umgangs mit dem Wahlrecht, das nach kirchlicher Vorstellung eigentlich frei sein musste, sieht man in der Regierungszeit Heinrichs II. einen Höhepunkt der ottonisch-salischen Reichskirche.
(Tania Brüsch)