Frutolf von Michelsberg, Chronik

Über Frutolf ist nur sehr wenig bekannt, er war Mönch und Priester im Kloster Michelsberg/Bamberg, wahrscheinlich Prior und vielleicht Magister. In der Klosterbibliothek haben sich etliche Handschriften von ihm erhalten. Nach der oberdeutschen Schreibweise mancher Namen zu urteilen, muss er bayerischer Herkunft gewesen sein. Aufgrund eines Nekrologeintrags wissen wir, dass er am 17. Januar 1103 verstarb.
Die von ihm verfasste und 1099 abgeschlossene Chronik berichtet von der Erschaffung der Welt bis 1098, die Nachträge reichen bis 1101. Frutolf hat für Berichte bis gegen Ende des 10. Jahrhunderts alle Quellen verarbeitet, die für ihn in Bamberg erreichbar waren; für die Zeit ab 1071 gilt er als ein wichtiger Zeitzeuge. Da sein Ziel eine Chronographie war, legte der Michelsberger Mönch sein Werk streng annalistisch an. Dieses Schema wird nur durchbrochen, um am Beginn der Regierungszeit eines neuen Herrschers einen zusammenfassenden Überblick zu geben. So haben wir auch für Heinrich II. eine Würdigung seiner Taten aus der Bamberger bzw. Michelsberger Perspektive im Abstand von ca. 80 Jahren. Durch weitere ausführlich erzählende Abschnitte gliederte Frutolf die Weltgeschichte nach seinen Vorstellungen.
Das Schwergewicht liegt in der politischen Weltgeschichte und nicht in der Kirchengeschichte ­ falls man diese Unterscheidung für das Mittelalter bis zum Ausklang des Investiturstreits überhaupt machen kann. Frutolf bemüht sich, verschiedene Quellen für die Darlegung desselben Faktums heranzuziehen. Dabei sah er sich mit den oft widersprüchlichen Aussagen konfrontiert. In solchen Fällen zog er es vor, die Aussagen nebeneinander zu stellen und die Entscheidung über ihre Glaubwürdigkeit dem Leser zu überlassen. Generell bleibt seine Kritik immer auf die Sache beschränkt und wird nie zur persönlichen Verurteilung handelnder Personen. Überhaupt berichtet er auffallend nüchtern, polemisiert nicht und ergreift kaum Partei.
Die Chronik liegt als Autograph vor. Es handelt sich um Frutolfs Arbeitsexemplar, das auffällig sauber geschrieben wurde. Vermutlich fertigte er vor der Niederschrift einen Entwurf auf Wachstafeln an. Dass wir es mit einem Original zu tun haben, wurde erst sehr spät erkannt, weil das Autograph von einem Fortsetzer bearbeitet wurde: Ekkehard von Aura war Mönch in Tegernsee und führte ein verhältnismäßig bewegtes Leben, bevor er 1108 Abt des Klosters Aura wurde. 1105 muss er sich im Bamberger Michelskloster aufgehalten haben, wo er die Chronik Frutolfs weiterführte. In diesem Zusammenhang fielen die letzten von Frutolf verfassten Jahresberichte ab 1098 der Rasur Ekkehards zum Opfer. Wir kennen Frutolfs Text allerdings aus einer frühen Abschrift. Frutolfs Chronik wurde nicht eigenständig, sondern nur als Bestandteil der Chronik Ekkehards von Aura überliefert. Durch diesen hat sein Werk dann allerdings weite Verbreitung gefunden.
(Tania Brüsch)

(Quellverweis)