Urkunde Heinrichs II. über die Streitigkeiten zwischen den Leuten der Klöster Fulda und Hersfeld (DH II. 507a)

(Heinrich trifft Bestimmungen über die Abstellung und Bestrafung von Streitigkeiten und Gewalttagen zwischen den Leuten der Klöster Fulda und Hersfeld. Bamberg, 1024 März 9.)

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Heinrich durch die Begünstigung der göttlichen Gnade Kaiser der Römer und Mehrer des Reiches. Wir wollen, dass allen gegenwärtigen und zukünftigen Getreuen bekannt sei, dass beständiges lautes Vortragen unsere Ohren beunruhigte wegen der zahllosen und häufigen Streitigkeiten zwischen der Angehörigen der Grundherrschaft (familia) von Fulda und den Angehörigen der Grundherrschaft (familia) von Hersfeld, die schon so stark geworden sind, dass sogar unzählige Totschläge zwischen ihnen geschahen und daraus beiden Kirchen größter Schaden erwachsen ist. Damit daher die Verwegenheit so beschaffener und so großer Vermessenheit nicht länger ohne würdige Rache bleibe zwischen den beiden familiae, haben wir mit Zustimmung und Rat der Äbte Richard von Fulda und Arnold von Hersfeld und unserer übrigen Getreuen durch Anweisung dieser Urkunde folgende Verordnung aufgerichtet: Dass erstens jede Ungerechtigkeit, die schon seit langer Zeit von beiden Seiten ungebessert bestanden hatte, von ihren Vögten und Verwaltern auf beiden Seiten vollkommen in Ordnung gebracht werde. Und dass in Zukunft, wenn einer aus der familia einer der beiden Kirchen einen Knecht (servum) des heiligen Bonifatius oder des heiligen Wigbert verfolgt, um ihn in vermessenem Wagnis und mit bewaffneter Hand zu töten, oder, um zu plündern, in seinen Hof oder sein Haus eindringt und wenn jener entflohen ist oder zufällig nicht zu Hause war oder sich auf irgendeine Weise aus seiner Gewalt und seinem Angriff sich befreien konnte, jenem der Anführer und Urheber (dux et princeps) dieses Wagnisses und Übergriffes war, Kopfhaut und Haare genommen und er außerdem mit einem dazu angefertigten glühenden Eisen auf beiden Wangen gut (sichtbar) gekennzeichnet und gebrannt werden soll. Wenn er aber dort getötet worden ist, sollen alle, die an diesem Totschlag oder Übergriff teilgenommen haben, der oben genannten Strafe unterliegen. Wenn aber jener, der getötet wurde, und jene, die ihn töteten, zur selben familia gehören, sollen alle ­ jeder für sich ­ das Wehrgeld für den Getöteten und alles Geschuldete, wie sie es bislang getan haben, ihrer eigenen Kirche erlegen. Wenn aber derjenige, der getötet wurde, aus der einen familia stammt und jene, die ihn töteten, aus der anderen, soll allein der Urheber des Totschlages für alle das Wehrgeld erlegen. Und an welchem Ort auch immer jemand aus der einen oder der anderen familia getötet worden ist, soll derjenige, der den Totschlag begangen hat der vorgenannten Strafe unterliegen, es sei denn, er hätte glaubwürdige Zeugen oder wollte durch die Probe des glühenden Eisens beweisen, dass er es aus keinem anderen Grund getan hätte, außer dass er einem Angriff desselben auf andere Weise nicht lebend hätte entkommen können. Wenn er aber dies beweisen kann, soll er nichts erleiden außer dem, was selbige Kirche als Gesetz hat. Diese Festsetzung soll der Vogt, in dessen Vogtei dies vorgefallen ist, mit Wissen beider Äbte in Gegenwart ihrer Beauftragten getreulich erfüllen. Wenn aber der Vogt durch Bestechung veranlasst oder aus Barmherzigkeit mit irgendeiner Schlauheit diese Verordnung abwenden wollte, soll er unsere Huld und seine Vogtei verlieren, wenn er nicht über heiligen Reliquien zu bekräftigen wagt, dass er des Täters nirgendwo habhaft werden konnte. Dennoch soll er ihn (auch danach) so schnell wie möglich ergreifen. Und wenn selbiger, in dessen Vogtei dies geschehen ist, des Schuldigen nicht habhaft werden kann oder will, sollen ihn die Getreuen des anderen Abtes, wenn sie es können, ergreifen und zu vorgenannter Bestrafung in Gegenwart der Beauftragten beider Äbte vorführen. Über die Kämmerer, Schenken und die anderen dienstbaren Amtsträger (servitores honorati) beider Äbte setzen wir fest, dass, wenn einer von ihnen etwas Derartiges getan hat, er nach dem Ermessen (seines) Abtes der vorgenannten Strafe unterliegen oder sich mit 10 Pfund Pfennigen loskaufen soll. Und dies will ich und ordne ich fest an, dass niemand eine Sache, die einmal gut und richtig entschieden worden ist, nochmals oder erneut vorzubringen wage. Wenn aber die vorgenannten Äbte diesen Erlass aufheben wollen, sollen sie mir oder meinem Nachfolger jeder zwei Pfund Gold zahlen oder von ihrem Vorhaben abstehen. Und auf dass diese Festsetzung fest und unverletzt bestehen bleibe, haben wir befohlen, diese Urkunde durch Aufdrücken unseres Siegels auszuzeichnen.
Zeichen des Herrn Heinrich, des unbesiegbarsten Kaisers der Römer und Mehrers des Reiches.
Kanzler Ulrich hat anstelle des Erzkapellans Aribo rekognosziert.
Gegeben im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1024, im 22. Jahr der Königsherrschaft Heinrichs, des Kaisers und Mehrers des Reiches, im 11. Jahr seines Kaisertums, in der 7. Indiktion; gegeben am 7. Tag vor den Iden des März. Glücklich geschehen zu Bamberg.
(Übersetzung: Klaus van Eickels)