Urkunde Heinrichs II. für das Kloster Montecassino (DH II. 474)

(Heinrich schenkt dem Kloster Montecassino das den Feinden entrissene Kastell Rocca d'Evandro. Montecassino 1022.)

Während seiner gesamten Regierungszeit zeigte Heinrich II. kein übermäßig großes Interesse an Italien. Nur wenn keine anderen Lösungen der Probleme möglich schienen, begab er sich selbst über die Alpen, kehrte jedoch so schnell wie möglich zurück. Ingesamt unternahm er drei Italienzüge. Auf seinem letzten besuchte er auch das Kloster des hl. Benedikt, Montecassino. Während dieses Aufenthalts Ende Juni 1022 ließ er die im Original erhaltene Urkunde ausstellen, mit der dem Kloster das Kastell Rocca d'Evandro übertragen wurde.
Zum hl. Benedikt hatte Heinrich II. ein ganz besonderes Verhältnis. Sicherlich spielte die Bedeutung dieses Manne für das abendländisch-zönobitische Mönchtum eine Rolle. Es ist bekannt, dass Heinrich II. sich schon als Herzog mit der Regula Benedicti und verschiedenen consuetudines befasst und sich für die Reform der Klöster interessiert hatte. Klosterreform bedeutete dabei in erster Linie: zurück zu den Bestimmungen der Benediktsregel. Aber noch aus einem anderen Grund verehrte Heinrich II. diesen Heiligen. Es gibt verschiedene Zeugnisse dafür, dass er ihm die Linderung seiner Krankheit zuschrieb. Schon sehr früh litt der Kaiser unter einer Krankheit (vermutlich Nierensteinen), die wiederholt zu heftigen Koliken führte. Die Quellen berichten, wie er deswegen immer wieder einmal für einige Zeit an einem Ort verweilen musste und von wichtigen Vorhaben abgehalten wurde. Dass er diese Attacken überlebt hatte, meinte er dem hl. Benedikt zu verdanken, wie es auch in der Arenga dieser Urkunde heißt.
Sowohl durch diese persönliche Stellungnahme in der Urkunde als auch aufgrund anderer Merkmale hat sich in der Forschung die Meinung gebildet, dass Teile der Urkunde von Heinrich selbst diktiert wurden. Möglicherweise hätte noch ein Notar mit ausdrücklicher Anweisung die Arenga nach den kaiserlichen Vorgaben formulieren können, jedoch dürfte das Eigendiktat für den gebildeten Kaiser einfacher und schneller gewesen sein als lange Erläuterungen. Darüber hinaus gibt es eine auffällige Formulierung in der Urkunde (Quamvis communiter ..., singulariter tamen ...), die in ähnlicher Form nur noch ein zweites Mal, nämlich in einem Diplom für Kaufungen (DH II. 409: Quamvis generaliter ..., specialiter tamen ...) vorkommt. Da die Kaufunger Urkunde aber im Mai 1019 in Magdeburg ausgestellt wurde und es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie während des Aufenthalts im Juni 1022 in Montecassino als Vorlage zur Hand war, liegt der Schluss nahe, dass es sich um denselben Diktator handelt. Keiner der identifizierbaren Notare hat jedoch jemals eine solche Wendung benutzt. Weil sich darüber hinaus der Kaiser für beide Vorgänge in besonderer Weise interessierte, liegt es nahe, dass beide Formulierungen von ihm selbst stammen.
(Tania Brüsch)