3. (...) Als aber der Teufel, der Neider aller Guten, mit Argwohn auf ihre Enthaltsamkeit sah, missgönnte er (es ihnen) fürwahr und härmte sich; und wie ein Schmied die für seine Arbeit notwendige Kohlenglut mehr und mehr anzufachen pflegt, so trachtete der Satan danach, ihre keuschen Herzen durch seine Eingebungen in Begierde entbrennen zu lassen. Als aber der Urheber tausender Schandtaten mit dieser Kunst nichts ausrichtete, versuchte er diejenigen, die er nicht zur Sünde verleiten konnte, mit einem anderen Kunstgriff zu Fall zu bringen. Daher unternahm er es mit der Erlaubnis Gottes, der es zulässt, dass die Seinen sich durch Versuchungen als tüchtig, nicht aber als untüchtig erweisen, die gesegneten Eheleute (Heinrich und Kunigunde), die gleichwohl jungfräulich waren, mit folgender Intrige zu diffamieren. Eines Tages bei Sonnenaufgang, als sich die gesegnete Kunigunde von ihrem unbefleckten Lager erhob, wurde er in all seiner Verschlagenheit hatte er die Gestalt eines Ritters angenommen gesehen, wie er das Schlafgemach der Königin verließ. Die anwesenden Dienerinnen der Kaiserin sahen ihn und mutmaßten, er habe mit der gesegneten Kunigunde das Lager geteilt. Sie wunderten sich, da niemals zuvor ein ähnliches Gerede über sie zu hören war. Und alle flüsterten untereinander über diesen Vorfall; manche empfanden Schmerz ob dieser Schmach, andere hinwieder setzten sie böswillig herab. Doch der Urheber tausender Schandtaten war mit diesem einen Mal nicht zufrieden; auch am darauffolgenden und am dritten Tag spiegelte er vor, das Schlafgemach der überaus schamhaften (kaiserlichen) Gemahlin zu verlassen, wobei ihn deutlich mehr (Zeugen) sahen als am ersten Tag; und auf wundersame Weise schien es allen Anwesenden, als würden sie ihn erkennen, obgleich sie nicht wussten, wer er war.
Augenblicklich gelangte zu den offenen Ohren des Volkes
das schnelle Gerücht; kein Übel gibt es, das schneller ist (als das Gerücht).
In der Folge verleumdeten Männer und Frauen, Greise und Jünglinge, Kleine und Große die ruhmvolle Kaiserin. Allen entstand daraus Gerede, wobei manche ob ihrer mannigfachen Tugenden schmerzlich um sie besorgt waren, andere dahingegen verleumdeten sie böswillig; und sie erlitt Schmähung und Tadel von vielen, denen sie selbst niemals Verdruss gebracht hatte. (...)
(Übersetzung: Eike Schmidt)