Urkunde Heinrichs II. für die Alte Kapelle in Regensburg (DH II. 26)

(Heinrich schenkt der von ihm zur Mutterkirche erhobenen und mit königlicher Freiheit begabten Alten Kapelle zu Regensburg den Ort Eining. Regensburg 1002 November 16.)

Heinrich II. hatte sich 1002 nur mit Mühe als Nachfolger Ottos III. durchsetzen können, indem er mit List, Gewalt, Versprechungen und Überzeugungskraft schneller handelte als seine Gegner. Besonders heftig war die Auseinandersetzung mit Herzog Hermann II. von Schwaben gewesen, der wohl von großen Teilen des Adels favorisiert wurde, sich jedoch im Oktober 1002 unterwerfen musste. Im darauffolgenden November hielt sich Heinrich II. zum ersten Mal seit Februar für einen längeren Zeitraum an einem Ort auf. Er wählte für diesen Aufenthalt Regensburg, das ihm aus seiner Jugend vertraut war, mit St. Emmeram ein bedeutendes Reformkloster barg und zentraler Ort des bayerischen Herzogtums war. Hier zeichnete er viele seiner Anhänger aus, wie es sich für einen König ziemte.
Gleichzeitig begann er umgekehrt seine Gegner zu schädigen und zu demütigen. Unter den ersten, die zu spüren bekamen, dass der neue König ihm zugefügte Schmach nicht vergaß, war Bischof Gebhard von Regensburg. Er war von Otto III. in sein Amt eingesetzt worden, und zwar gegen den ausdrücklichen Wunsch Heinrichs und seines gleichnamigen Vaters, die beide ihren Kapellan Tagino mit dem Bischofsamt betraut wissen wollten. Jetzt nutzte Heinrich II. aus, dass er nun die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Reichsgut in Regensburg hatte. Zielstrebig verlegte er die Königspfalz an ihren ursprünglichen karolingerzeitlichen Platz in unmittelbarer Nähe des Doms. Die Alte Kapelle wurde durch die Einrichtung eines Stifts das geistliche Zentrum und erhielt die königliche Freiheit (libertas regalis); Propst der Neugründung wurde der von Otto III. als Bischof verschmähte Tagino. Durch Schenkungen und Privilegierungen seiner Getreuen rund um den Regensburger Dom kreiste er Bischof Gebhard nach und nach ein, ohne ihn selbst jemals mit einer Schenkungs- oder Bestätigungsurkunde zu bedenken.
Dass Heinrich II. der Alten Kapelle die libertas verliehen hatte, lässt sich nur noch aus der vorliegenden Urkunde erschließen, mit der er der Alten Kapelle den Ort Eining überträgt, da hier diese Privilegierung erwähnt wird. Es ist jedoch nicht weiter verwunderlich, dass das Diplom mit der eigentlichen libertas-Verleihung nicht mehr existiert. Im Jahr 1009 schenkte Heinrich die Alte Kapelle an das neu gegründete Bistum Bamberg (DH II. 196). Bei diesem Vorgang vernichtete man vermutlich die Urkunde, da sie ja ihre Gültigkeit verloren hatte und man in Bamberg verhindern wollte, dass das Stift sich auf diese Verleihung von 1002 berufen konnte.
Viel diskutiert wurde die ebenfalls in DH II. 26 erwähnte Erhebung zur Mutterkirche (in matrem aecclesiam). Da es im Kirchenrecht diesen Begriff nicht gibt, suchte man nach Erklärungen. Die wahrscheinlichste ist die, dass Heinrich II. eine zweite Hauptkirche neben dem Dom schaffen wollte, die dem Zugriff des Regensburger Bischofs entzogen war.
(Tania Brüsch)