(Heinrich schenkt der bischöflichen Kirche zu Novara die Grafschaft im Ossolatal und erstattet ihr die Gemeinde Trecate mit dem Hafen von Bestagno sowie den Hof Gravellona zurück. Dortmund 1014.)
Nachdem Heinrich II. von seinem Italienzug mit der Kaiserkrone zurückgekehrt war, stellte er in Dortmund für die bischöfliche Kirche zu Novara eine Urkunde aus, mit der er ihr die Grafschaft im Ossolatal übertrug und ihr die Gemeinde Trecate mit dem Hafen von Bestagno sowie den Hof Gravellona zurückerstattete. Heinrich war dem Bischof Petrus von Novara verpflichtet, weil dieser von Anfang an gegen Arduin von Ivrea, den Rivalen Heinrichs um die Königskrone in Italien, gekämpft hatte. Der Streit war schon etwas älter. Es ging um die Frage, ob die Bischöfe Güter, die sie verliehen hatten, nach dem Tod des Beliehenen einziehen dürften. Die Bischöfe vertraten diese Ansicht, während Arduin und seine Anhänger, größtenteils deren Lehnsleute, der Auffassung waren, dass ihre Erben ganz selbstverständlich in ihre Lehen eintreten durften. Weil einer der beteiligten Bischöfe ermordet worden war, hatte man Arduin mit Zustimmung Kaiser Ottos III. auf einer Synode 998 verurteilt. Als Otto III. starb und Arduin sich erfolgreich als sein rechtmäßiger Nachfolger in Italien gebärdete, ging er gegen seine bischöflichen Widersacher vor. Petrus von Novara musste sogar an den Hof Heinrichs II. flüchten. Was die Gegner Arduins zu erdulden hatten, wird in einem kurzen Einschub in der Urkunde geschildert: Kirchen wurden ausgeplündert, Burgen niedergerissen, Häuser zerstört, Weinstöcke abgebrochen, die Rinde von den Bäumen geschält, Leute und Höfe von Arduin dessen Anhängern zu Lehen gegeben. Die im Diplom festgehaltene Schenkung und die Rückerstattungen waren wohl als eine Art Entschädigung für die Bischofskirche gedacht, zugleich betonte Heinrich damit aber auch seine neu erworbene Würde, die ihn als Kaiser über Arduin erhob.
Das Original der Urkunde ging verloren, der Text hat sich jedoch als Transsumpt erhalten. Diese Form der Überlieferung ist nicht selten: Man fügte den wesentlichen Urkundeninhalt wortgetreu in ein neues Diplom ein, in diesem Fall handelt es sich um eine Urkunde Kaiser Heinrichs VII. vom 3. April 1311. Eine andere Möglichkeit war das Vidimus: Hier fertigte man eine vollständige Abschrift an und ließ sie beglaubigen. In beiden Fällen verfügen wir aber mit relativ großer Sicherheit über den (fast) vollständigen Urkundentext im Wortlaut des Originals. So konnten die Herausgeber der Edition auch Einiges über die Verfasser ermitteln. Die Narratio wurde von einem Unbekannten verfasst, der nicht der Kanzlei angehörte. An einigen Stellen gibt es Ähnlichkeiten mit einer Bestätigungsurkunde für Novara, die wenige Monate zuvor in Pavia ausgestellt worden war. Demnach half vermutlich ein Notar der Bischofskirche bei der Ausfertigung. Anklänge an ältere ottonische Urkunden weisen auf weitere Vorlagen hin. Möglicherweise benutzte man eine Urkunde Ottos III. als Vorlage, die ihrerseits ein Diplom Ottos I. bestätigte. Ein Indiz hierfür ist die Erwähnung des avunculus noster Otto maior.
(Tania Brüsch)