Adalbold von Utrecht zählt zu den Autoren ottonischer Zeit, über deren Leben zumindest einiges bekannt ist. Aufgrund der belegten Lebensstationen vermutet man seine Geburt um 970. Ausbildet wurde er um 980/90 an der damals vorbildlichen Lütticher Domschule. In den Jahren 1005 und 1006 war er Mitglied der Hofkapelle. Bruno, der Bruder Heinrichs II., holte ihn als Notar in die Kanzlei; in der Edition wird er daher mit der Sigle BA benannt. Ein Jahr darauf ist Adalbold als Archidiakon von St. Lambert in Lüttich nachzuweisen, bevor er 1010 von Heinrich II. das Bistum Utrecht erhielt. Als dessen Bischof starb er am 27. November 1027. Adalbold gilt als außerordentlich gebildet und wissenschaftlich interessiert. Er pflegte Kontakte mit verschiedenen Geistesgrößen seiner Zeit und verfasste neben der Lebensbeschreibung Heinrichs noch mehrere andere Schriften.
Heinrich II. stand Adalbold offensichtlich sehr nahe. Dies lässt zum einen die Vita vermuten, die den König aufgrund seiner Weisheit, Frömmigkeit und Gerechtigkeit geradezu zum Vorbild stilisiert. Zahlreiche Topoi und der Kontrast mit seinen Gegnern, die in Adalbolds Schilderung sehr viel schlechter wegkommen, verstärken diesen Eindruck. Zum anderen sprechen Adalbolds Biographie und einige Vertrauensbeweise Heinrichs II. dafür, darunter die Übertragung des Bistums, aber auch die Überstellung des Böhmenherzogs Jaromir zur Geiselhaft 1012. Zwar fiel es der Forschung nicht ganz leicht, die Identität des Hofkapellans und Notars mit dem Bischof sowie dem Autor der Vita nachzuweisen, jedoch ist die Indizienkette inzwischen sehr dicht geworden. Sie verbindet Lebensstationen, Äußerungen anderer über Adalbold und sein Wirken, überlieferungsgeschichtliche Aspekte, stilkritische Untersuchungen sowie motivische Quellenvergleiche. Letzte Vorbehalte werden sich nicht gänzlich ausräumen lassen, solange allerdings keiner Argumente gegen seine Verfasserschaft vorgebracht werden können, darf man den Utrechter Bischof getrost als Autor der ihm zugeschriebenen Vita nennen.
Die sogenannte Vita Heinrici II imperatoris war bis vor kurzem verhältnismäßig unbekannt, da sie lange Zeit als nicht besonders aussagekräftig galt. Der Grund dafür war ihre Abhängigkeit von der Chronik Thietmars von Merseburg, die der Autor als Vorlage benutzte. Jüngere Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die Vita nicht nur eine stilistische Überarbeitung ist, sondern durchaus eigenständige Züge aufweist. Tatsächlich folgt Adalbold Thietmar nur, was die Reihenfolge der Ereignisse betrifft, gestaltet sie ansonsten aber sehr selbständig, wie er sich ja auch in seiner Vorrede nicht gerade als Kopist zu erkennen gibt. Zahlreiche Abweichungen und Ergänzungen sind ereignisgeschichtlich durchaus nützlich. So fließen einige Kenntnisse aus seiner Kanzleitätigkeit oder aus seinen lothringischen Beziehungen ein. Auch bezüglich der Italienzüge Heinrichs II. muss er über eine unbekannte, aber gut informierte Quelle verfügt haben. Interessanter sind jedoch andere Aspekte, darunter die bereits genannte Stilisierung Heinrichs II. Gerade im Vergleich mit der Chronik Thietmars lassen sich Vorgaben, Möglichkeiten und Mechanismen mittelalterlicher Historiographie sehr deutlich erkennen. Hatte Thietmars Chronik mehrere Zielsetzungen, darunter die, wichtiges Informationsmaterial für seine Nachfolger zu liefern, widmete sich Adalbold allein Heinrich II. Während der Merseburger Bischof aus streng sächsischer Perspektive schreibt, gelingt es seinem Utrechter Amtsbruder, dieselbe völlig auszublenden. So erscheint Heinrich bei ihm nicht als Nachfahre König Heinrichs I. und Mathildes, sondern als Sprössling aus karolingischem Geblüt: Väterlicher- und mütterlicherseits sei Heinrich ein Nachkomme Karls des Großen.
Adalbold selbst hat in seiner Vorrede sein Werk nicht als Vita, sondern als gesta bezeichnet, womit sein Text zweifellos korrekter beschrieben ist. Denn während eine mittelalterliche Vita, orientiert am Vorbild der Heiligenleben, normalerweise mit einigen Bemerkungen zur Familie und einigen Stationen aus der Kindheit beginnt und mit dem Tod (und der einsetzenden Verehrung bei heiligmäßigen Personen) endet, konzentriert sich Adalbold auf die "Taten" Heinrichs II. Er setzt mit seinem Bericht im Jahr 1002 ein; womit er zu enden gedachte oder geendet hat, ist unbekannt, da die Erzählung im Jahr 1004 abbricht. Die Überlieferung lässt keinen Schluss zu, ob Adalbold selbst sein Werk unvollendet ließ oder ob das Ende verloren ging.
Drei Handschriften liegen noch vor. Zwei von ihnen sind nahezu identisch und gehen wohl auf dieselbe Vorlage zurück, die die Vorrede und 47 Kapitel umfasste. Der Schrift nach zu urteilen wurden sie um 1600 am Niederrhein angefertigt, heute werden sie in Halle und Wien aufbewahrt. Die dritte Handschrift entstand zwischen 1462 und 1466 in einem Kölner Kloster und umfasst nur Bruchstücke. Als Lückenfüller zwischen zwei Heiligenlegenden dienten die Auszüge wohl nur als Beispiel für einen gehobenen Schreibstil. Immerhin sind sie ein Hinweis darauf, dass in Köln, das der für Utrecht zuständige Metropolitansitz war, bis ins 16. Jahrhundert eine ältere Handschrift vorhanden gewesen sein muss.
(Tania Brüsch)