Urteil der Goslarer Synode über die Ehe von Klerikern unfreien Standes

Die Synode zu Goslar fand in dem Zeitraum von Mitte Februar bis Mitte März, also in der Fastenzeit, 1019 statt. Den Vorsitz führte sehr wahrscheinlich Bischof Bernward von Hildesheim unter Mitwirkung Heinrichs II. Neben den Teilnehmern, die in der Urkunde erwähnt werden, waren vermutlich auch die Bischöfe Eberhard von Bamberg, Meinwerk von Paderborn, Adalbold von Utrecht, Hildeward von Zeitz und Erich von Havelberg anwesend. Diese Vermutung ist zumindest naheliegend, da die Genannten in zwei Urkunden intervenierten, die am 16. und 22. März in Goslar ausgestellt wurden.
Zwei Themen standen im Mittelpunkt der Verhandlungen. Erstens wurde die Ehe eines Gottschalk mit einer Gertrud getrennt. Möglicherweise handelte es sich um ein Verwandtenehe wie bei Otto und Irmingard von Hammerstein. Die Annahme muss zwar Spekulation bleiben, dafür spricht allerdings, dass dieses Problem von Heinrich II. immer wieder auf die Tagesordnung gebracht wurde. Zweitens ging es um die Frage, ob die Kinder eines unfreien Priesters, der mit einer freien Frau verheiratet sei, dem Rechtsstand des Vaters oder der Mutter folgen. Nach langer Beratung beschloss die Synode auf Drängen Heinrichs II., dass die Kinder ebenso unfrei seien wie ihr Vater. Man glich damit den geistlichen Bereich der weltlichen Rechtsordnung an, in der schon lange Kinder von unebenbürtigen Eltern der "ärgeren Hand" folgten. Bei der Entscheidung spielte sicherlich auch ein Rolle, dass die Priester versuchten, ihre Kinder mit Gütern ihrer Kirche auszustatten. Diesem Missbrauch beugte man nun vor. Hingegen spielte die Frage, ob ein Priester überhaupt heiraten dürfe, keine Rolle. Die Priesterehe wurde Anfang des 11. Jahrhunderts in der Praxis also zweifelsohne akzeptiert.
Die Ergebnisse der Synode wurden in einer Urkunde festgehalten. Diese ist in einem Wolfenbüttler Codex überliefert. Man geht jedoch davon aus, dass sie in der vorliegenden Gestalt frühestens zur Jahrhundertmitte aufgezeichnet wurde. Als Gründe hierfür werden die das falsche Inkarnationsjahr, die merkwürdige Umschreibung der Regierungszeit Heinrichs II. (qui tunc temporis rei publicae monarchiam strennue gubernabat) und die Bezeichnung Bernwards von Hildesheim als piae memoriae antistes genannt. Die im Text angegebene Datierung 1025 kann schon allein wegen des Todesdatums Heinrichs II. nicht stimmen, auch die Todesjahre der Bischöfe Bernward von Hildesheimer, Dietrich von Minden und Dietrich von Münster liegen vor dem angegebenen Zeitpunkt. Als wahrscheinlichste Datierung gilt der März 1019, weil sich Heinrich zu damals urkundlich nachweisbar in Goslar aufhielt. Einen Hinweis geben auch die Hildesheimer Jahrbücher, die für das Jahr 1018 von einer Synode berichten.
(Tania Brüsch)

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