(Heinrich schenkt dem Kloster Tegernsee einen Hof zu Regensburg; Regensburg, 1002 November 12.)
Am 6. Juni 1002 war Heinrich II. in Mainz zum König gekrönt worden. Anschließend versuchte er seinen Rivalen, Herzog Hermann II. von Schwaben, zu unterwerfen und die Huldigung der Thüringer, Sachsen und Lothringer nachzuholen. Als er sich im November für längere Zeit in Regensburg aufhielt länger als an jedem anderen Ort in diesem Jahr , war ihm dies alles gelungen. Nun konnte er beginnen, eigene Pläne und Ziele zu entwickeln und umzusetzen. Zu den ersten Maßnahmen gehörte die Auszeichnung von Anhängern, die ihm in der Phase des Thronkampfes die Treue gehalten hatten. Zu den von ihm besonders geschätzten Institutionen zählte auch das Reichskloster Tegernsee, das ihm als Herzog, wie auch andere Reichsklöster in Bayern, unterstellt gewesen war. Hierhin hatte er enge Kontakte gepflegt und die Reformbestrebungen des Konvents unterstützt. Nun erhielt das Kloster einen Hof in Regensburg geschenkt.
Allerdings verfolgte der König offensichtlich ein zweites Ziel mit dieser Gabe. So wie er seine Anhänger beschenkte, begann er, seine Gegner zu demütigen. Zu diesen zählte Bischof Gebhard von Regensburg. Er war Kapellan Ottos III. gewesen und von diesem zum Bischof erhoben worden. Otto überging damals die Wünsche des verstorbenen Bischofs Wolfgang, Herzog Heinrichs des Zänkers und seines Sohnes, der nun König war. Die drei Männer hatten damals Tagino favorisiert, der 1004 Erzbischof von Magdeburg wurde. Die Zurücksetzung Taginos konnte Heinrich Gebhard, der vielleicht sogar völlig schuldlos war, nie verzeihen. Systematisch begann er schon zu diesem frühen Zeitpunkt seiner Herrschaft, den Regensburger Hirten in seinem Dombezirk mit Kirchen und Höfen einzukreisen, die entweder Heinrich II. unterstellt waren oder seinen Anhängern wie Tegernsee gehörten.
Die Urkunde zeugt von der anfänglichen Überlastung der Kanzlei Heinrichs II., die 1002 nur aus dem Kanzler Egilbert und den Notaren EA und EB bestand. Gerade in dieser frühen Zeit behalf man sich häufiger mit Empfängerausfertigungen. So auch bei dieser Urkunde für das Kloster Tegernsee: Das Protokoll und der Kontext wurden eindeutig außerhalb der Kanzlei verfasst, während das Eschatokoll EB anfertigte. So fällt zum Beispiel die etwas ungewöhnliche Intitulatio auf: Heinricus caelica imperitante clementia rex electus ('Heinrich, durch himmlische Milde befohlen, erwählter König'). Beachtenswert ist auch der in der Arenga ausgeführte Gedanke, dass es allen Sterblichen vor Gott zugestanden sei, nach Gutdünken künftige Schätze anzuhäufen. Dass der Tegernseer Notar diese Idee in der Arenga aufgriff, zeigt, wie man sich in Tegernsee bemühte, den Ansichten des Königs zu entsprechen.
Nach dem Schriftbefund der im Original erhaltenen Urkunde gibt es zwei Möglichkeiten, wie man verfahren sein könnte. Erste Möglichkeit: Man überließ dem Tegernseer Kloster ein Blankett, auf dem das Eschatokoll bereits ausgefertigt, das Tagesdatum aber noch ausgelassen war. In Tegernsee schrieb man den Rest, und am Hof wurde die Urkunde dann besiegelt und das Datum nachgetragen. Zweite Möglichkeit: In Tegernsee hatte man bereits eine Pergament vorbereitet, Protokoll und Kontext verfasst. Am Hof fügte EB das Eschatokoll hinzu, trug das Datum aber erst bei der Besiegelung ein, nachdem er sich beim König oder beim Kanzler rückversichert hatte, dass der Inhalt genehm war.
(Tania Brüsch)