(Heinrich bestätigt der erzbischöflichen Kirche zu Magdeburg den Ort Schieder samt Pertinenzien, unter Verbriefung der Immunität für denselben. Paderborn 1005 Juli 17.)
Nach dem Tod Erzbischof Giselhers im Januar 1004 war es Heinrich II. gelungen, in Magdeburg seinen Kandidaten als Erzbischof durchzusetzen. Zwar bestand er auch in anderen Fällen darauf, dass die Vorsteher von Reichskirchen nur mit seiner Zustimmung ihr Amt antreten durften, in diesem Fall war ihm aber aus zwei Gründen besonders daran gelegen. Giselher, der zuvor Bischof von Merseburg gewesen war, hatte die Wiederherstellung dieses 981 aufgehobenen Bistums beständig verhindert. Mit seinem Tod rückte die Möglichkeit einer Wiedererrichtung, um die Heinrich sehr bemüht war, in greifbare Nähe. Dazu musste der Nachfolger den Wünschen des Königs aufgeschlossen gegenüber stehen. Hier konnte Heinrich II. sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Mit Tagino brachte er einen seiner engsten Vertrauten und langjährigen Mitarbeiter in ein wichtiges Amt. Tagino war Kapellan Heinrichs und Propst des vom König gegründeten Kollegiatstifts in der Alten Kapelle in Regensburg. Ein Versuch Heinrichs und seines gleichnamigen Vaters, Tagino bei Kaiser Otto III. als Bischof von Regensburg durchzusetzen, war seinerzeit gescheitert und hatte für viel Unmut gesorgt. Was sowohl Herzog Heinrich (der "Zänker") als auch sein Sohn und der verschmähte Tagino als Ehrverletzung empfunden haben müssen, wurde nun wettgemacht. Darüber hinaus hatte Heinrich II. einen treuen Verbündeten in der "Krisenregion" Ostsachsen und konnte sich darauf verlassen, Unterstützung nicht nur in seiner Ostpolitik, sondern auch bei seinen Plänen bezüglich Merseburgs zu finden. Heinrichs Rechnung ging auf; soweit Tagino vermochte, war er dem König behilflich. Im Gegenzug wurde die Magdeburger Bischofskirche immer wieder beschenkt und gewürdigt. In diesem Fall bestätigt Heinrich auf Bitten Taginos den Ort Schieder mit allem Zubehör, der von Kaiser Otto III. der Kirche übertragen worden war, als rechtmäßigen Besitz.
Diese Gegenseitigkeit im Verhältnis von König und Reichskirche, das wechselseitige Geben und Nehmen durch Dienste und Schenkungen, war die eine Seite dieses Verhältnisses. Wie sehr Heinrich II. die Fürsorge für die Kirchen aber auch als Aufgabe und Verantwortung empfand, die aus dem von Gott gegebenen Königtum resultierten, geht aus der Arenga der Urkunde für Magdeburg hervor. Sie nennt seine Ziele und Pflichten gegenüber den Kirchen: Heinrich will ihren Reichtum mehren. Was sie von ihm und seinen Vorgängern erhalten haben, wird bestätigt, und dessen sorgsame Verteidigung versprochen. Gerade der Schutz der Kirchen und der Kleriker, die keine Waffen tragen durften, gehörte zu den vornehmsten Aufgaben eines Königs.
Die Urkunde wurde am 17. Juli 1005 in Paderborn ausgestellt und blieb im Original erhalten. Sie wurde von einem der wenigen Notare verfasst, die sich namentlich identifizieren lassen. Bei BA handelt es sich sehr wahrscheinlich um Adalbold von Utrecht, der von Heinrichs Bruder und Kanzler Bruno in die Kanzlei geholt worden war. Adalbold wurde später durch Heinrich Bischof von Utrecht und verfasste eine Art Vita (Vita Heinrici II imperatoris). Zwar berichtet Adalbold in seinem Werk nur über die Jahre 1002 bis 1004 und stützt sich inhaltlich auf die Chronik Thietmars von Merseburg, jedoch handelt es sich um eine wertvolle Quelle, weil Adalbold konsequent eine vorbehaltlos pro-heinricianische Position vertritt. Man darf vermuten, dass ihm diese Grundhaltung in seiner kurzen Zeit als Notar schon eigen war oder dass er sie im Kontakt mit Heinrich II. fortentwickelte. Indem er im Sinne des Königs Urkunden verfasste, die wie die vorliegende in der Arenga auch wesentliche Elemente des königlichen Selbstverständnisses fassen, dürfte er Heinrich II. und seine Ansichten sehr gut kennen und offensichtlich schätzen gelernt haben.
(Tania Brüsch)