Johann Degen: Legendenballade

Vierstimmig ist die Melodie, die Johann Degen zu seiner Legendenballade über das heilige Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde komponierte. Gesangs weiß, so bemerkt der Kaplan und Organist der Bamberger Martinskirche im "Impressum" des Textes, habe er die Legende in teutsche Reimen verfasset. Das Büchlein, bestehend aus 16 Textseiten und einem bedruckten Einzelblatt mit dem Tonsatz, erschien 1626 bei dem Bamberger Drucker Augustin Crines.
Bei dem Heinrichs- und Kunigundenlied handelt es sich um eine Legendenballade, wie sie in der katholischen Kirchenlieddichtung des Barocks häufig begegnet. In 100 Strophen hat Johann Degen alle zu seiner Zeit bekannten Legenden über das Leben der beiden Bistumspatrone versammelt. Als schriftliche Quellen dienten ihm sicher das deutschsprachige Legendar Der Heiligen Leben aus dem 15. Jahrhundert und die Vita des Nonosius Stettfelder von 1511. Gleichzeitig scheint sein Lied von ikonographischen Darstellungen des Kaiserpaares wie zum Beispiel auf dem kaiserlichen Grabmal im Dom beeinflußt: Seine Verse wirken wie Bildbeschreibungen; den Schwerpunkt legt er auf die markanten Hauptmotive der Legenden, die er nur durch knappe Überleitungen miteinander verbunden hat.
Degens Ballade endet mit der Sterbestunde der Kunigunde im Kloster Kaufungen, in das sie nach Heinrichs Tod als Nonne eingetreten war. Doch nicht hier, in dem von ihr gegründeten Konvent, will sie beerdigt werden; statt dessen bittet sie ihre Mitschwestern, sie an der Seite ihres Gemahls Heinrich II. im Bamberger Dom zu bestatten. Zwar wird die feierliche Überführung des Leichnams in das oberfränkische Bistum, die sich die späteren Hagiographen der Kunigunde immer wieder ausgemalt haben, in keiner der zeitgenössischen Quellen aus dem 11. Jahrhundert erwähnt. Doch bis in unser Jahrhundert gelten das Kunigunden-Haupt und die beeindruckende Grabtumba des Kaiserpaares, die der Würzburger Bildhauer Tilman Riemenschneider in den Jahren 1499 bis 1513 schuf, den Pilgern als untrüglicher Beweis für ihre letzte Ruhestätte. Schaut man heute vom Ostchor aus auf die Grabplatte, so sieht man Kunigunde ungewöhnlicherweise auf der heraldisch rechten Seite dargestellt, dem Platz, der bei mittelalterlichen Doppelgräbern traditionell dem Ehemann vorbehalten ist. Riemenschneiders heimliche Bevorzugung der Kaiserin, so zeigt Degens 97. Strophe, hat offensichtlich bereits in der Barockzeit für Erklärungsbedarf gesorgt.
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