18. Aber Gott züchtigt, den er lieb hat, und schickt auch seinen Auserwählten, wie man von vielen liest, zuweilen Trübsal zu, damit sie im Glück sich nicht über Gebühr erheben. So hat auch diesen Bekenner Gottes der Erzbischof Aribo von Mainz noch ehe er ihn weihte, mit verabscheuungswürdiger Ungerechtigkeit angefallen und trotz des Widerspruchs der ganzen katholischen Kirche, so lange sie zusammen lebten, wegen des Gandersheimer Gebietes verfolgt.
Damit nun die Jetztlebenden sowohl als die Nachkommen klar erkennen mögen, dass dasselbe von Rechts wegen bis dahin unter die Hildesheimer Bischöfe gehört habe, den Mainzern aber nie etwas anderes als verdiente Schmach für ihr frevelhaftes Eindringen dort zu Teil geworden sei, so mögen sie den Verlauf dieser Geschichte kurz von Anfang an vernehmen. Sollte aber jemand glauben, ich habe über die vergangenen oder über die neuen Vorgänge lügenhafte Dinge zusammengeschrieben, so nehme ich Gott, die höchste Wahrheit, zum Zeugen, dass ich über die Vergangenheit nur das niederschrieb, was ich durch die Schriften oder den Bericht bewährter, wahrheitsliebender Männer erfahren oder auch, was die letzten Ereignisse betrifft, selbst gesehen habe, und dass ich in dem Folgenden von jeder Schmeichelei mich fern halten werde. Wie es aber ungeziemend und schmählich ist, wenn jemand aus Gunst oder Hass von einem anderen Unwahres sagt, so ist auch jedem Geschichtsschreiber, besonders bei so wichtigen Ereignissen, unerlaubt und gefährlich, aus Furcht oder Liebe irgend eine Wahrheit zu verheimlichen.
(...)
26. Zu Anfang des Jahres der Menschwerdung des Herrn 1023 befand sich der Kaiser zu Paderborn. Das Fest der Reinigung der heiligen Maria feierte er mit seinem geliebten Bischof (Godehard) ruhmvoll zu Hildesheim. Die Fastenzeit brachte er in Goslar zu; Ostern feierte er zu Merseburg. Zu Anfang des folgenden Jahres war er in Bamberg; Ostern in Magdeburg; Pfingsten in Goslar; dann riefen ihn die Reichsgeschäfte in den Westen. Von da kehrte er nach Grone zurück, wurde dort leider von einem heftigen Fieber ergriffen und wehe! wehe! zum unüberwindlichen, ewig tränenvollen Jammer der ganzen Christenheit, ist er im zwölften Jahre seiner kaiserlichen, im zweiundzwanzigsten seiner königlichen Regierung am dreizehnten Juli (1024) gestorben. Obgleich aber sein bejammernswertes Hinscheiden alle seine Getreuen mit gleichem Schmerz erfüllte, so erfreute und erfreut uns noch jetzt der eine Trost, dass vor dem Angesichte Gottes der Tod seiner Heiligen kostbar ist. Wir glauben fest, dass in ihrer Gemeinschaft seine Seele verweile, und hoffen, dass er mit ihnen häufig für die heilige Kirche Gottes bitte, welche er mit so großer Gewissenhaftigkeit heimlich und öffentlich zu fördern suchte. Denn keine Tugend ging ihm ab, die in der Brust eines Sterblichen geistlicher Eifer in dieser Zeitlichkeit entzünden kann.
Zwei Monate nach seinem Tode fassten die Hirten der Kirche auf Eingebung des heiligen Geistes den heilsamsten Entschluss und erwählten einstimmig den Herrn Konrad zum König. Am 8. September (1024) erteilten sie ihm mit Gottes Gnade die heilige Salbung und Erzbischof Aribo (von Mainz) weihte ihn. Er hielt nun nach königlicher Sitte seinen Umzug durch die Länder und Provinzen; feierte das Weihnachtsfest im Jahr 1025 zu Minden; die Weihnachtsoktave zu Paderborn und die Erscheinung des Herrn zu Corvey. Von da ging er nach Hildesheim, wo ihn unser Bischof (Godehard) mit gebührender Verehrung aufnahm und ihm den schuldigen Dienst erwies, wie es der königlichen Macht und der bischöflichen Würde ziemte.
Aber auf Anstiften des Teufels, der immer alles Gute beneidet, entstand dort zwischen den Unsrigen und den Gästen ein gefährlicher Aufruhr. Jedoch wurde er nach Gottes Gnade durch Vermittlung weiser Männer sogleich beschwichtigt, und weil nichts Verderbliches daraus erfolgte, scheint es unnötig, noch weiter darüber zu reden. Als schon der Zug des Königs für seine Abreise sich ordnete, war auch der Mainzer Erzbischof (Aribo) zugegen und begann noch einmal den Streit über Gandersheim, den er schon so oft verloren und wieder aufgegeben hatte. Weil aber damals für solche Verhandlungen keine Zeit war, wurde die Entscheidung verschoben, bis man nach Goslar gekommen wäre. Hier fing man an zu verhandeln, ohne jedoch zu einem Ende zu kommen, das schicklich hier erwähnt würde. Der König zog von da nach Gandersheim, und unser Herr war kraft seines bischöflichen Rechtes beim Empfange zugegen, was den Erzbischof, wie sich später herausstellte, tiefer schmerzte, als wir damals vermuteten. Denn als unser Bischof am folgenden Tage am Hauptaltar der Kirche die Messe feiern wollte, vertrieb ihn der Erzbischof mit unziemlichen, heftigen Schmähreden vom Altar. Jener ertrug dieses mit Geduld und feierte das Messopfer in einer abgelegenen Kapelle im Beisein des Königs. Der andere wollte öffentlich die Messe feiern, wurde jedoch durch die Nonnen und die dort verweilenden Geistlichen daran gehindert. Als aber der König nach der Messe in sein Gemach zurückging, trat der Bischof Godehard in seinem bischöflichen Gewande, wie er vor dem Altare gestanden hatte, vor ihn hin und klagte dem Könige und den Mitbischöfen und den übrigen Fürsten unter Tränen die ihm angetane Beleidigung. Auch der König und die Fürsten waren darüber äußerst ungehalten; jedoch wurde auf ihren Rat beschlossen, die Entscheidung der Sache zu verschieben, bis man nach Grone gekommen sei.
Am festgesetzten Tag kam man dort zusammen. Vor dem König versammelten sich die Bischöfe Bruno von Augsburg, Eberhard von Bamberg, Meginhard von Würzburg, Meinwerk von Paderborn, Adalbold von Utrecht mit frommen Laien und redeten über diese Sache viel hin und her, bis endlich der König auf ihren einstimmigen Rat das Recht unseres Bischofs auf das Gandersheimer Gebiet anerkannte und ihm befahl, seine bischöflichen Amtsbefugnisse dort so lange auszuüben, bis sie ihm von einer allgemeinen Synode rechtmäßig genommen würden. Nachdem so alles in Frieden beigelegt war, zieht der König weiter, um die Reichsgeschäfte zu ordnen, und unser Bischof kehrt nach Hause zurück.
(...)
31. Im folgenden Jahre der Menschwerdung des Herrn, 1027, empfing der König Konrad (II.) mit seiner Gemahlin Gisela in Rom die Kaiserkrone, verließ dann Italien und feierte zu Regensburg die Geburt des heiligen Johannes des Täufers. Dort wurde auch nach dem Tode Wolframs, der dem Herrn Godehard in Altaich gefolgt war, dem Herrn Ratmund vom Kaiser die Regierung dieses Klosters übertragen und vom Bischof Bernward von Passau die Weihe erteilt.
In demselben Jahr am (23.) September versammelte sich eine allgemeine Synode von Bischöfen der Mainzer Provinz und noch anderer in Gegenwart des neuen Kaisers zu Frankfurt, zu welcher wiederum unser Bischof (Godehard) eingeladen wurde, um wegen der oft erwähnten Angelegenheit Rede zu stehen. Seinem Rechte schon mehr und mehr vertrauend, fand er sich mit geziemendem Gefolge von Geistlichen und Rittern alsbald ein, entschlossen, nach dem Urteil des Kaisers und seiner Mitbrüder jede gerechte Genugtuung zu leisten, möge er nun gewinnen, oder wenn es sein müsse, verlieren. Auch die Herrin Sophie, welche das rechtswidrige Entweichen ihrer Schafe von Tag zu Tag schmerzlicher empfand, stellte sich dort ein, in der Hoffnung, dieselben wieder zu erhalten, was auch geschah.
Als man am festgesetzten Tag zur Synode zusammenkam, wurde zuerst nach den Vorschriften der Kirchengesetze der Platz eines jeden ehrenvoll bestimmt. Denn der Erzbischof Aribo, dem der Vorrang gebührte, saß von seinen Suffraganen umgeben, auf den Stufen des Hochaltars, zu seiner Rechten Werner von Straßburg, Eberhard von Bamberg, Meginhard von Würzburg, Godehard von Hildesheim, Hazecho von Worms, zur Linken aber Bruno von Augsburg, Meinwerk von Paderborn, Wigger von Verden, Branthag von Halberstadt. Unser neuer Kaiser thronte im westlichen Teil des Chores auf einem erhabenen Stuhl; ihm zur Rechten der Erzbischof Pilgrim von Köln mit seinen Suffraganen Sigibert von Minden, Siegfried von Münster, Benno von Utrecht; zur Linken schlossen Erzbischof Hunfrid von Magdeburg und seine Suffraganen Hildeward von Zeitz, Bruno von Merseburg, Liuzo von Brandenburg und Dietrich von Meißen sich an. An der Südseite des Chores saßen die aus anderen Provinzen eingeladenen Bischöfe, Rambert von Verdun, Hiltolf von Mantua, Reinold von Oldenburg, Rudolf von Schleswig, und an der Nordseite schlossen die Äbte Richard von Fulda, Arnold von Hersfeld, Gerward von Mainz, Iko von Bleidenstadt, Wolfher von Schwarzach und Willimund von Würzburg den Ring.
Innerhalb dieses Kreises saßen Mönche, königliche Kapelläne und bischöfliche Kleriker, die diese Auszeichnung verdienten; andere standen hinter den Bischöfen. Von Laien war niemand zugegen, mit Ausnahme des Herzogs Adalbero von Kärnten, der als Schwertträger des Kaisers ihm zu Füßen saß; als aber die Zeit kam, dass sie hereintreten durften, fanden sie Platz hinter dem Rücken des Kaisers.
Am ersten Tag wurde die Synode mit Psalmen, Litaneien, Gebeten und Lobgesängen eröffnet, dann wurde das Evangelium nebst passenden Abschnitten aus den Beschlüssen der Päpste verlesen und endlich die Synode mit Beistimmung aller Bischöfe durch den Bann des Erzbischofs Aribo für rechtmäßig eröffnet erklärt. Am ersten Tag wurden einige notwendige Angelegenheiten unter den Geistlichen verhandelt, auch in Betreff der erwähnten Nonnen einige Gesetzesstellen zur Verteidigung des Erzbischofs vorgelesen, die wohl früher schon angeführt, jetzt aber nach seinem Gutdünken ausgelegt wurden. Dieses und anderes, was von unserer Seite bei der Synode angebracht wurde, verschob man jedoch auf den folgenden Tag, um noch eine Ausgleichung zu versuchen. Gegen Otto von Hammerstein und seine Gattin Irmingard wurde in Folge ihrer widerrechtlichen Verbindung ein Synodalverfahren eröffnet, aber auf Bitten des Kaisers unterbrochen. Auch gegen eine vornehme Frau namens Gudrun, auf deren Betreiben der Graf Siegfried von Sachsen getötet sein sollte, wurde das Synodalverfahren öffentlich eingeleitet; ferner gegen eine andere namens Willekuma, die Witwe des Grafen Gebhard, welche man beschuldigte, sie habe ihrem Sohne nach dem Leben getrachtet. Weil es aber nicht zu einer festen Entscheidung führte, will ich es hier nicht weiter erörtern. Auch der Bruder des Kaisers namens Gebhard, ein schon waffenfähiger Jüngling, der als Knabe aus dem Würzburger Kloster entflohen war, wurde durch die Synode gezwungen, die Tonsur und das geistliche Kleid zu empfangen.
32. Am folgenden Tag, der ein Sonntag war, versammelten sich alle Kirchenfürsten vor dem Kaiser und verwandten einen nicht geringen Teil des Tages dazu, einen Vergleich herbeizuführen. Weil dies aber nicht gelang, ging man von da zur Synode. Schon wollte aber der Erzbischof für seine früheren übermäßigen Ansprüche nicht mehr einstehen und wünschte nur, dass die ganze Angelegenheit mit Stillschweigen übergangen würde. Da erhob sich der Herr Godehard, demütigte sich zuerst vor den Bischöfen nach Art des Onias, verneigte sich dann bis zu den Füßen des Kaisers und sprach, in der Mitte des Chores stehend, mit klagender Stimme folgende Worte: "Weil mir, o ehrwürdigster Kaiser, das Glück zu Teil wird, euch innerhalb des Kreises meiner Mitbrüder auf diesem heiligen Konzil zu erblicken, was ich, wie Gott weiß, am heißesten wünschte, danke ich dem Herrn, der alles mit Gerechtigkeit beurteilt und regiert. Durch denselben bitte ich eure Majestät und ermahne den Herrn Erzbischof (Aribo) und die umher sitzenden Brüder, dass jetzt in eurer Gegenwart der schon zu lange dauernde Streit durch gerechten Richterspruch beendet werde. Denn so oft ich auf euren oder meiner Mitbrüder Befehl zur Synode kam, habe ich stets im Angesichte des Konzils die vielfachen Unbilden beweint, die mir von Seiten des Herrn Erzbischofs zugefügt wurden, und die ich nicht aufzählen will, weil sie euch allen bekannt sind. Er aber verspottete und verlachte sogleich meine Klage und verteidigte sich durch klug ersonnene Redekünste, und so musste ich immer abziehen und erlitt nachher nur noch größere Beleidigungen. Deshalb hätte ich, wie ihr alle wisst, vor hinreichender Genugtuung, weder jetzt noch jemals wieder auf seine Synode kommen müssen, hätte ich es gewagt, eurem Befehle und der Botschaft meiner Mitbischöfe zuwider zu handeln. Aber ich will alles dieses gerne übergehen, ich will es gerne vergessen, wenn ihr nur diese eine Hauptsache mit Gerechtigkeit entscheiden wollt. Denn ich bin alt und krank und meiner Kräfte beraubt; ich glaube nicht, dass ich wieder auf ein solches Konzil werde kommen können. Zu jeder gerechten Genugtuung, die eurer Versammlung gefällt, bin ich sofort bereit, möge ich nun verlieren oder gewinnen."
Als der Erzbischof dieses hörte, bat er um Erlaubnis, sich entfernen und mit den Bischöfen beraten zu dürfen, und versprach, er würde wegen alles ihm Vorgeworfenen sich entschuldigen, für das Übrige nach dem Rat der Bischöfe Genugtuung leisten. Als sie nun draußen versammelt waren, versuchte der Erzbischof nochmals einen Vergleich oder schlimmstenfalls einen Aufschub von unserem Bischof zu erwirken. Unser Herr wurde zu ihm hinaus gerufen, während der Kaiser am Ort der Synode blieb, und von allen gebeten, entweder einem Vergleich zuzustimmen oder dem Erzbischof eine Frist zu gewähren. Er erklärte sich hierzu gern bereit, wenn nur die Seinigen diesem Rat beistimmten, ohne welche er sich nicht endgültig entscheiden dürfe. So wurden nun unsere Ersten, der Propst Wigger und der Dekan Tadilo, nebst dem Osdag und einigen andern insgeheim beiseite gerufen und wegen ihrer Zustimmung auf ihr Gewissen gefragt. Sie warfen sich aber sogleich bei den Bischöfen zu Füßen und flehten einstimmig bei dem Namen Christi, dass man gleich dort durch gerechten Richterspruch der Synode den Streit entscheiden möge; sie legten unserem Bischof ans Herz, es könne ihm in dieser Sache nichts Erwünschteres begegnen, als wenn er einen so fluchtwürdigen Streit im Angesicht des Herrn Kaisers und einer solchen Menge von Bischöfen beenden und entweder rechtmäßig gewinnen oder, falls es so gerechter sei, verlieren dürfe. Er habe ja selbst kurz vorher öffentlich gestanden, dass er sich nicht zutraue, noch ferner ein solches Konzil besuchen zu können. Deshalb sei des auch jenen allen und ihren Nachfolgern von Nutzen, wenn jetzt durch den einmütigen Spruch eines allgemeinen Konzils der Anlass solcher Streitigkeiten beurteilt und für die Zukunft beseitigt würde.
Endlich um die zehnte Stunde des Tages kehrten sie zur Synode zurück und jeder setzte sich auf seinen vorher angegebenen Platz. Da stellte sich unser Bischof in die Mitte des Chores, bediente sich wieder des Herrn Bruno als Fürsprecher und begann seine Verteidigung da, wo er auf der früheren Synode aus den angegebenen Gründen hatte abbrechen müssen. Er forderte nämlich, die Synode sollte entscheiden, ob irgendeine Anzahl von Geistlichen oder Laien das Zeugnis von Bischöfen überbieten dürfe. Aber der Erzbischof, der wohl erkannte, wie unsere Sache gewann und die seine sich immer schlechter stellte, hoffte noch, er können einen Aufschub sich erwirken. Er erhob sich von seinem Sitze, verneigte sich bis zu den Füßen unseres Bischofs und beschwor ihn bei ihrer besonders engen Verbindung, er möge ihm nur bis zu einer anderen Synode Aufschub gewähren. Aber von unserem Herrn, der seine Schlauheit recht wohl durchschaute, konnte er nichts erlangen, sondern erregte noch dazu ein ungeheueres Gelächter unter den Bischöfen und den Übrigen. Da stand er inmitten der Synode eine Zeit lang still und sann nach, was er tun solle. Und als ihn die Brüder baten, er möge zu seinem Platz zurückkehren und die Synode ihren Fortgang nehmen lassen, antwortete er folgendermaßen: "So lange mir von seiner Seite mein Wunsch nicht gewährt wird, so lange wird ihm von meiner Seite sein Recht nicht ausgefertigt." Dieses Wort missfiel allen, die es hörten, doch ließen sie es aus Ehrfurcht vor ihm nicht merken.
33. Aber der Bischof Wigger von Verden fühlte sich in seinem Eifer für die Gerechtigkeit schmerzlicher getroffen, und während alle lange schwiegen, brach er in folgenden Worte aus: "Ich weiß, dass ich die Synode meines Erzbischofs besuchen muss, so oft es der Gemeinschaft unserer Mitbrüder gefällt, und dass ich ihm dort nach kirchlichem Recht in allem zu gehorchen habe, was er billig fordern kann. Weil aber unser Vorsitzender selbst gesteht, er wolle dem Recht nicht seinen Lauf lassen, so wisse die kaiserliche Majestät und die ganze Versammlung, dass ich in seiner Synode nicht länger bleiben will und kann, und zwar nicht aus Ungehorsam, sondern wegen seines leidenschaftlichen Verfahrens." Und mit diesen Worten ging er hinaus.
Durch eine solche Rüge getroffen, nahm der Erzbischof (Aribo) seinen Platz wieder ein und forderte endlich seine Suffragane bei der brüderlichen Liebe, wie es Sitte ist, zu dem Verlangten Urteilsspruch auf. Es wurde nun von dem Bischof Werner von Straßburg, dem kraft seines Vorrangs diese Ehre gebührte, die Entscheidung gegeben, kein Zeugnis der Geistlichkeit oder des Volkes könne das Zeugnis von drei oder auch nur zwei Bischöfen überbieten. Dann bat er (= Godehard) den Erzbischof, die Bischöfe, auf deren Zeugnis er vertraute, zu ermahnen, dass sie der Wahrheit gemäß aussagten, was sie wissen müssten; denn gewiss hätten sie gesehen und gehört, dass der Erzbischof Willigis von Mainz dem Bischof Bernward von Hildesheim die bischöflichen Rechte über das Gandersheimer Gebiet dort in Gegenwart des Königs und der Bischöfe, im Beisein der Geistlichkeit und des Volkes, durch Übergabe des bischöflichen Stabes rechtsgültig überlassen habe, und dass unser Bischof an jenem Ort sogleich bei der Weihe der Kirche, der Feier der Messe, der Einkleidung der Jungfrauen, der Berufung des Sendgerichts, vor dem Könige und den Bischöfen alle bischöflichen Amtsbefugnisse ohne Widerspruch irgend jemandes ausgeübt habe.
Da wagte der Erzbischof, so leid es ihm war, doch nicht länger der Billigkeit sich zu widersetzen, befragte die vorgenannten Bischöfe und forderte sie auf, vor Christus und der Kirche die Wahrheit zu gestehen. Von ihnen antwortete zuerst Bruno von Augsburg folgendermaßen: "Bei der brüderlichen Liebe, die ich in Christus euch allen schulde, sage ich mit Wahrheit, dass ich gehört und gesehen habe, wie der Bischof Willigis von Mainz dem Bernward von Hildesheim in Gandersheim vor dem Haupteingang der Kirche das bis dahin bestrittene bischöfliche Recht über jenen Ort im Angesichte des Königs und der Bischöfe, im Beisein der Geistlichkeit und des Volkes durch öffentliche Übergabe des bischöflichen Stabes überlassen hat, und dass dieser sogleich an jenem Orte alle bischöflichen Amtsbefugnisse bei der Einweihung der Kirche, der Einkleidung der Jungfrauen und jeder anderen Vornahme ohne Widerstand irgend jemandes öffentlich ausgeübt hat." Er fügte hinzu: "Auch ich habe auf seine Bitte und Erlaubnis dort mitten in der Kirche den Altar des heiligen Kreuzes geweiht und am folgenden Tag das Nonnenkloster eingesegnet." Die Übrigen wurden alle der Reihe nach einzeln gefragt, bekannten fast mit denselben Worten, sie hätten dasselbe gesehen und gehört, und wenn sie dort zu jener Zeit ein bischöfliches Amtsrecht ausgeübt hatten, so fügten sie auch dies zur Bestätigung ihrer Aussage hinzu.
Als darauf der Herr Godehard fragte, was er nun tun solle, und der Erzbischof mehr aus Pflicht als aus gutem Willen zur Entscheidung aufforderte, sprach der vorgenannte Bischof Werner (von Straßburg) das Urteil: Der Einfall der Mainzer müsse für nichtig erklärt und unserm Bischof auf das Zeugnis der Bischöfe sein Besitz erneuert werden. So möge er in Frieden nach Hause gehen und seines Eigentums sicher und ruhig genießen, bis er zu gesetzmäßiger Zeit mit seiner und aller seiner Mitbischöfe Einwilligung zur Synode berufen und jenes Gebiet durch ein Synodalurteil ihm abgesprochen würde.
34. Nachdem dies, Gott sei Dank, solchermaßen geendigt war, trat die Herrin Sophie hervor und führte wohlbegründete Klage vor dem Kaiser und der ganzen Versammlung wegen der ungerechten Entziehung ihrer Nonnen. Sie bat unseren Herrn um Hilfe, die er ihr von Rechts wegen schuldig war, und die Umhersitzenden um die Entscheidung, dass sie jene zurückerhalten müsse. Der Erzbischof (Aribo), der schon durch den guten Fortgang unserer Angelegenheiten lange erbittert war, fuhr sie heftiger an, als sich geziemte, machte ihr die bittersten Vorwürfe und behauptete, gerade sie habe das Verlangen nach dem Gandersheimer Gebiet zuerst in ihm wachgerufen. Jene stellte dies mit den passenden Worten und besonders durch das öffentliche Zeugnis derjenigen in Abrede, die es selbst nach der Aussage des Erzbischofs wissen mussten, insbesondere des Wigger, unseres Propstes. Er wollte darauf noch vieles gegen sie vorbringen, wurde aber vom Kaiser ermahnt, er möge vorher bedenken, wer er selbst sei, und wer sie sei, worauf er endlich schwieg. So wurde jene Synode geendigt und die Angelegenheit der Nonnen auf den folgenden Tag verschoben. Der Erzbischof versprach jedoch, sie nach zwei Tagen zurückzugeben, was er auch tat.
Nachdem dies so geendigt war kehrte der Herr Godehard erfreut Gott sei Dank! mit der Frau Äbtissin nach Hause zurück und übte seitdem und jetzt seine bischöfliche Gewalt mit Festigkeit. Auch jene so mühsam zurückerhaltenen Nonnen versetzte er nach dem Rat seiner Mitbischöfe in das Nonnenkloster zu Gandersheim und befahl ihnen bei dem schuldigen Gehorsam, dort ihrem Gelübde gemäß der Ordensregel nachzuleben. Jene blieben dort einige Monate und lebten mehr nach ihren Lüsten als nach ihren Pflichten. Dann wurden sie von einigen Menschen, welche Gott kennt, zur Nachtzeit entführt, und wenn sie auch nicht mit Wissen des Erzbischofs nach Mainz gebracht wurden, so verblieben sie doch in der erzbischöflichen Stadt mit seiner Einwilligung. Unser Bischof stellte von da an keine Forderungen mehr, denn gegen eine solche Unvernunft wusste er nichts weiter auszurichten; nur setzte er ihnen und ihren Entführern eine dreimalige Frist, sich wieder einzustellen, sprach alsdann den Bannfluch gegen sie aus und zeigte dies dem Erzbischofe, wie es Recht war, schriftlich an.
35. Zwei Jahre nachher, als der Kaiser nach dem Feste des heiligen Michael eine Zeit lang zu Pöhlde verweilte, beriet der Erzbischof (Aribo von Mainz) sich mit den Bischöfen, die gerade damals im Dienste des Königs bei Hofe waren, versammelte dann so gut er konnte eine Synode und wusste durchzusetzen, dass der Herr Godehard mehr auf Befehl des Kaisers und der Mitbrüder als auf Grund eines kirchliches Gesetzes berufen wurde. Es waren nämlich dort am sechsten Oktober, einem Sonntag, folgende Bischöfe: Aribo von Mainz, Hunfrid von Magdeburg, Meinwerk von Paderborn, Meginhard von Würzburg, Godehard von Hildesheim, Branthag von Halberstadt, Sigibert von Minden, Gozmar von Osnabrück, Reinold von Oldenburg, Dietrich von Meißen, ein Römer und ein Grieche zur Synode versammelt.
Da regte der Erzbischof gewohnter weise die Klage über Gandersheim wieder an und bat, man möge für ihn entscheiden, wie er den Besitz jenes Gebietes, der durch die Fahrlässigkeit seiner Vorgänger veräußert worden sei, wieder zurückfordern müsse. Alles was auf der Synode zu Frankfurt als Recht erfunden und beschlossen sei, habe er geduldig ertragen und nachher ein ganzes Jahr hindurch und länger gewartet; nun aber könne er es nicht über sein Gewissen bringen, länger zu schweigen, denn er dürfe nicht den Schein auf sich laden, als wisse er nichts von dem Rechte seiner Kirche oder könne oder wolle es nicht verteidigen. Er würde der gegenwärtigen Synode in allem gehorchen und dem Streite über jenes ihm zustehende Grenzgebiet durch das eidliche Zeugnis von Bischöfen, Geistlichen und Laien nach dem Gutdünken des Kaisers und der Bischöfe eine Ende machen. Dagegen erwiderte unser Bischof (Godehard), er glaube, es sei hier nichts weiter zu verhandeln, denn man habe ja zu Frankfurt endgültig entschieden; wenn es aber durchaus sein müsse, so würde er gerne dem Rat des Kaisers und der Brüder gehorchen, noch lieber aber, wenn es geschehen könne, die Anwesenheit aller derjenigen Bischöfe erwarten, die der früheren Synode beigewohnt hätten. Nun entstand unter den Bischöfen eine große Meinungsverschiedenheit, weil der eine sofortige Entscheidung, der andere einen Aufschub wünschte.
Da erhob sich unser Propst Wigger, erinnerte den Kaiser und die Bischöfe demütig daran, wie unumstößlich, wie wohlerwogen diese Angelegenheit in Frankfurt entschieden worden sei, setzte klar auseinander, wie oft man sie zur Zeit der früheren Bischöfe sowohl im Angesichte der römischen Päpste als der Kaiser beendigt und wie viele und feste schriftliche Zeugnisse unser Bischof aufgewiesen habe. Während viele auf der anderen Seite gegen ihn murmelten und das, was er Wahres gesagt hatte, zu entkräften suchten, trat der Bischof Sigibert von Minden offen mit der Ansicht hervor, er würde den Besitz des Gandersheimer Gebietes dem Erzbischof zuerkennen, weil unser Bischof die Sache hinhalten wolle. Doch der Bischof Meginhard von Würzburg frommen Andenkens erwiderte, er und seine Mitbrüder hätten durch ihr Urteil jenes Gebiet dem Herrn Godehard zugesprochen und nur durch das Urteil dieser Selbigen dürfe und könne es ihm wieder entzogen werden; er und seine Meinungsgenossen Meinwerk (von Paderborn) und Branthag (von Halberstadt) müssten die Abwesenheit der Übrigen beklagen; deshalb stellte er den Antrag, die Synode bis zu ihrer Anwesenheit zu verschieben. Weil er nun so frei und ehrlich die Wahrheit sprach, verdiente er sich den offenen Beifall des ganzen Konzils. Jener andere aber, der mehr die Gunst als die Billigkeit im Auge hatte, errötete und verstummte, weil sein eigenes Gewissen ihm Vorwürfe machte. Als nun der Erzbischof sah, dass er hierbei wenig gewinnen würde, bemühte er sich wieder mit Hilfe des Kaisers und der Fürsten, den so oft versuchten Vergleich herbeizuführen. Unser Herr aber, der nicht länger widerstehen konnte, versprach denn auch allem, was der Kaiser mit den Bischöfen beschließen würde, gern zuzustimmen, wenn es nur seinen Geistlichen und Rittern genehm sei.
Der Kaiser mit den übrigen Fürsten entschied endlich, dem Herrn Godehard solle das Gandersheimer Kloster ehrenhalber verbleiben, die umliegenden Ortschaften möchten zwischen beiden Bischöfen um des Friedens willen geteilt werden. Aber dieser Rat blieb ohne Erfolg, weil ihm die Unsrigen gegen die feste Entscheidung der früheren Synode nicht beistimmen mochten. Als der Erzbischof dieses hörte, schloss er die Synode und hörte nun ganz auf, noch weitere Ansprüche zu machen.
36. Im folgenden Jahr, als der Kaiser im Sommer einen Hoftag zu Merseburg hielt, kamen auch der Erzbischof (Aribo) von Mainz und unser Bischof (Godehard) zusammen und begrüßten sich demütig am ersten Tage ihrer Zusammenkunft. An einem Morgen trat der Erzbischof selbst in aller Frühe unvermutet in das Schlafgemach unseres Bischofs und hatte, nachdem alle sich entfernt hatten, mit ihm allein eine lange Unterredung. Da bekannte er, wie es unser Bischof noch bei Lebzeiten des Erzbischofs seinen Getreuen erzählte, er habe bei seinen Ansprüchen auf das Gandersheimer Gebiet zum Teil aus Unwissenheit gefehlt, zum Teil durch Böswilligkeit sich versündigt. Er bat deshalb um Verzeihung, versprach, der heiligen Maria und dem Bischof stets durch würdige Buße Genugtuung zu leisten, und nahm Christus und die Kirche zu Zeugen, dass er über diese Angelegenheit für immer schweigen wolle.
Im folgenden Jahr der Menschwerdung des Herrn 1031, im zwölften seiner Weihe, begab sich aber jener Erzbischof nach dem Weihnachtsfeste nach Rom, wurde wehe! wehe! auf der Rückkehr vom unvorhergesehenen Tod überrascht und starb am 6. April. Jenes Bekenntnis, das er ablegte, glaubte ich deshalb hier einschalten zu müssen, weil ich häufig zuhörte, wie der Herr Godehard nach seinem Tode öffentlich davon sprach, wenn er von der Kanzel dem Volk während der Messe predigte. Dabei erteilte er ihm für dieses und anderes mit aufrichtigem Herzen Verzeihung und forderte die Umstehenden auf, ein Gleiches zu tun.
Es folgte in Mainz ein Fuldaer Dekan namens Bardo, der in demselben Jahr der Abtei Werden vorgesetzt und später in Hersfeld nach der Absetzung des Abtes Arnold auch in dessen Würde eingesetzt war. Dieser suchte den früheren Streit und Hader gegen unsere Kirche ganz und gar zu beseitigen. Auch führte er die vorerwähnten Nonnen, nachdem er von dem Banne Kenntnis erhalten hatte, mit Ausnahme der Sophia, die schon als die erste von ihnen in Mainz gestorben war, mit sich nach Nörten (bei Göttingen), und gab dort zwei derselben der Herrin Sophie, die ihm mit unserm Propst und Dekan entgegen gekommen war, zurück. Die beiden anderen behielt er auf sein demütiges Bitten, und war für diese Wohltat dem Herrn Godehard immer in Ehrfurcht und Liebe ergeben. Von denen, welche zurückgenommen waren, setzte unser Bischof die Ältere, nämlich jene Ida, die Nichte der Herrin Sophia, nach dem Tod der Äbtissin Reinburg dem Kloster zu Gandersheim vor und übte dort seitdem alle bischöflichen Amtsbefugnisse ohne Widerspruch irgend jemandes.
(Übersetzung: Hermann Hüffer)