Lantbert von Deutz, Vita sancti Heriberti (Lebensbeschreibung des heiligen Heribert)

Heribert, dem die Vita gewidmet ist, wurde um 970 geboren, sein Vater Hugo war Graf im mittelrheinischen Einrichgau. Heribert wurde an der Wormser Domschule und im Kloster Gorze ausgebildet. Sein Förderer, Bischof Hildibald von Worms, machte in zum Propst seiner Kirche. Da Hildibald zugleich Kanzler war, vermittelte er Heribert in die königliche Kapelle. Mit Kaiser Otto III. verband den Kapellan bald eine enge Freundschaft, was ihm zu einer bemerkenswerten und schnellen Karriere verhalf. Otto ernannte ihn 994 zum Kanzler von Italien. Das Bistum Würzburg, das er Heribert im darauffolgenden Jahr anbot, übernahm an dessen Stelle sein Bruder Heinrich. Auf dieser Art und Weise konnte Heribert sein Talent als Kanzler unter Beweis stellen und wurde einer der wichtigsten Berater Ottos III. Die politischen Fähigkeiten Heriberts schätzte der Kaiser derart, dass er ihm 998 neben der deutschen auch die italienische Kanzlei übertrug. Ein Jahr später setzte Otto ihn als Erzbischof von Köln ein.
Als Otto III. 1002 in Paterno starb, begleitete Heribert den Leichnam über die Alpen zurück. Da der Tod des Kaisers sehr überraschend gekommen war und Otto keine Söhne hatte, gab es zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Überlegungen im Reich, wer sein Nachfolger werden könnte. Heribert strebte eine allgemeine Wahlversammlung an, weil er vermutlich eine breiten Konsens erreichen wollte. Herzog Heinrich von Bayern durchkreuzte jedoch seine Pläne und nahm die Insignien, die Heribert verwahrt hatte, an sich. Vielleicht war es dieser Gewaltakt, der Heribert gegen Heinrich aufbrachte, vielleicht wollte Heribert auch lieber seinen Verwandten Herzog Hermann II. von Schwaben als König sehen oder hielt zumindest Heinrich für ungeeignet. Jedenfalls stellte er sich so offen gegen den künftigen König, dass ihr Verhältnis zeitlebens gespannt blieb und er das Amt des Kanzlers verlor. Zwar wurde er immer wieder einmal als Vermittler tätig oder für bestimmte Aufgaben in die Reichspolitik einbezogen, zu einer wirklichen Aussöhnung kam es jedoch erst 1020/21, also kurz vor Heriberts Tod am 16. März 1021. Da er nur so wenige Aufgaben hatte, blieb ihm während seines Pontifikats ausreichend Zeit, seine Fähigkeiten der Verwaltung und Organisation seiner Diözese zugute kommen zu lassen. Um die Armenfürsorge kümmert er sich in besonderer Weise. Das von ihm 1002/03 gegründete Kloster Deutz richtete er an den Idealen der Gorzer Reform aus. Deutz wurde seine Grablege.
Der Autor seiner Vita, Lantbert, lebte seit seiner Jugend als Mönche im Lütticher Kloster St-Laurent, dem sein Onkel Stephan als Abt vorstand. So wurde Lantbert in einem der produktivsten literarisch-geistigen Zentren seiner Zeit ausgebildet. Zu Beginn der 1040er Jahre verließ er seinen Lütticher Konvent und zog in das Kloster Deutz bei Köln, das mit St-Laurent eng verbunden war. In Deutz hatte bereits kurz nach Heriberts Tod seine Verehrung als Heiliger eingesetzt. Ihm widmete Lantbert einen großen Teil seiner Schaffenskraft. Neben einer Vita, schrieb er Mirakelberichte und verschiedene liturgische Texte zur Ehre des Erzbischofs. Als dann Lantberts Onkel Stephan starb, kehrte er nach St-Laurent zurück und wurde Abt des Klosters. Lantbert starb am 26. September 1069.
Die Vita Heriberti ist als Heiligenlob konzipiert. Lantbert selbst erklärt, dass er Details über Heriberts politisches Wirken, insbesondere in der Italienpolitik Ottos III., absichtlich ausgelassen habe, da sie eher in eine Königschronik gehörten. Die Vita gliedert sich in zwölf lectiones, die von einem Prolog eingeleitet und von einem Nachwort des Autors beschlossen werden. In lectio 10, die im folgenden wiedergegeben ist, geht es um die Aussöhnung zwischen Kaiser Heinrich II. und Heribert, die mit einem Friedenskuss besiegelt wird.
Die Handschrift, die den besten Text überliefert, liegt heute in London. Sie enthält die von Lantbert bekannten Texte zu Heribert. Die Schrift und weitere Indizien lassen vermuten, dass es sich um eine Art "gesammelte Werke" handelt, die in ihrem Kernbestand unter der Aufsicht des Autors im Kloster Deutz angefertigt wurden. Zusätze des 11. und 12. Jahrhunderts weisen daraufhin, dass die Handschrift ihren Standort gewechselt haben muss, denn Ergänzungen scheinen sowohl aus Deutz als auch aus St-Laurent zu stammen.
(Tania Brüsch)

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