Froumund von Tegernsee, Briefsammlung

Brief 25: Abt Gozpert an Herzog Heinrich IV. Herbst 996

(Da nach dem ersten Satz im zweiten Absatz der Zug nach Italien und die Rückkehr in dasselbe Jahr fallen, ist es der erste Romzug (Frühjahr bis September 996). Der Brief ist also im Herbst 996 geschrieben.)
Dem Herrn Herzog Heinrich, dem höchst edlen Sohn alter Könige, entbieten Gozpert, Abt des Klosters St. Quirin, und die ihm untergebene Brüdergemeinschaft eifriges und ergebenes Gebet und Heil in Christus, dem Erlöser.
Obwohl wir im gegenwärtigen Jahr durch eure Abwesenheit betrübt wurden, als ihr euer Heer nach Italien führtet, freuten wir uns umso mehr über eure wohlbehaltene Rückkehr, da ihr das erhabene Gefolge eures Volkes durch die Niederwerfung der Stolzen erhöht habt. Ruhm und Namen eurer Würde ließ Gott mit der blühenden Jugend wachsen. Auch beim König und den Fürsten der übrigen Gebiete habt ihr mit Zustimmung Gottes Lob und Ehre erworben. Über all dies hatten wir uns, wie es sich ziemt, sehr gefreut. Unlängst aber verbreiteten irgendwelche Feinde Christi das schlimme Gerücht, ihr wäret verstorben, und erfüllten unsere Seelen mit der Bitterkeit des Todes. Zurecht nämlich beklagten wir gleichsam entseelt, dass der Stützpfeiler der Kirche Gottes, unser Leben und unsere einzige Hoffnung nächst Gott dahingesunken sei. Gott sei Dank, vernahmen wir von Menschen besserer Botschaft, dass ihr lebt, genesen seid und es euch gut geht. Daher genasen, weil ihr überlebtet, auch wir, die wir lange gleichsam lebendig tot gewesen waren. Inzwischen, während ihr in Rom wart, haben wir für eure glückliche Rückkehr zugleich gemeinschaftlich Tag und Nacht gebetet; außerdem wurden seit damals bis vor kurzem von den Brüdern eigens 150 Messen gefeiert und sieben Psalter gebetet, damit Gott zum Schutz und Frieden seiner Kirche und zum Trost aller Mittellosen euer Leben glücklich zu verlängern geruhe. Zurecht nämlich beten wir für euch, weil eure Verwandten, die höchst frommen Kaiser, die alle höchstchristliche Frömmigkeit liebten, während sie das zeitliche Reich mit königlichen Gesetzen löblich lenkten, Ort und Kloster des heiligen Quirin mit Mitteln und allen Dingen ausgestattet haben und durch erbliches Gesetz um der Aussicht auf das himmlische Leben willen festlegten, dass die dort Lebenden allein Gott dienen sollten. Für ihre glücklichen Seelen haben wir gleichermaßen 150 Messen abgehalten und acht Psalter gebetet. Als eure niedrigsten Diener bitten wir auf dem Boden hingestreckt, dass ihr euch mit dem selben Herzblut der Frömmigkeit, mit dem sich eure vorgenannten Verwandten unser erbarmten, (unser) zu erbarmen geruht und ihr niemals duldet, dass die Hausgemeinschaft des heiligen Quirin, die (eure Verwandten) um ihres Seelenheils willen (ob elemosinam sui) stets mit eigenem Schutz verteidigt haben, vom Dienst für irgendjemanden bedrückt wird außer dem für euch. Lebt wohl!
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)

Brief Br. 49: Brief des Tegernseer Konvents an Herzog Heinrich IV. von Bayern

Unserem Herrn Herzog Heinrich (entbietet) die Mönchsgemeinschaft des Klosters des heiligen Quirin als kleine Arme, die euch Almosen gibt, die Beständigkeit ihres Gebets für eure Wohlbehaltenheit Tag und Nacht.
Unser seliger Vater Gozpert hat sich am 21. Januar zum Schlaf des Friedens im Herrn zur Ruhe gelegt; darüber könnten wir Elenden in keiner Weise Trost finden, wenn nicht ihr, wie ihr uns der einzige Herr nach Gott seid, so auch mit der Innigkeit frommer Väterlichkeit unser euch zu erbarmen geruhtet. Erstens erflehen wir zu euren Füßen auf dem Boden hingestreckt in demütiger Bitte, dass ihr Ort und Kloster des heiligen Quirinus niemals irgendeiner anderen Gewalt als der euren übergebt, auf dass nicht wir und unsere Nachfolger, weil wir sehen, dass zu euren Zeiten die Dinge, die euer Vater (Herzog Heinrich II. von Bayern) und eure übrigen Verwandten um ihres Seelenheils willen (ob elemosinam sui) diesem Kloster anvertraut haben, von irgendwelchen Leuten abspenstig gemacht oder verschleudert werden, für alle Zeit Schmerz über diese Schäden empfinden (müssen).
Was ihr uns hinsichtlich der Wahl versprochen habt, als wir bei euch wegen der Krankheit unseres Abtes vorstellig wurden, halten wir als gleichsam aus dem Munde Gottes hervorgebracht noch fest und bitten erneut bei der Liebe Gottes und des heiligen Quirin, dass ihr nicht ohne unsere Bitte irgendjemanden als Abt für uns einsetzt. Wenn ihr schließlich glücklich heimkehrend in das Vaterland kommt, wählen wir vor euch versammelt auf euren Befehl und mit eurer Erlaubnis denjenigen, der unserer Meinung nach die Regeltreue bewahrt und des Dienstes an euch, soviel es ausreicht, in jeder Weise eingedenk ist.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)

Gedicht XX (nach der Rückkehr Herzog Heinrichs IV. vom Italienzug im Frühjahr 1001)

Heil dir, Spross der erhabenen (Kaiser), Fürst der Völker,
schöner Sohn der Kirche und selbst ihr Vater,
(...)
Herzog, Zierde und Friede des Vaterlandes, Vater der Kirche.
Du sollst stets heil sein und heil sein soll dein ganzes Heer,
Heil dir mit deinem Volk, das dich begleitet,
und mit deinem Bruder, Fürst Bruno,
schön von Gesicht und edel von Geschlecht.
Heil dir, Herzog Heinrich, geliebt von deinen Völkern,
du Nachkomme von Königen, auch du führst das Szepter.
Keiner der irdischen Könige wird dich je übertreffen,
an Kräften bist du ihr Gefährte, edel und fromm,
mild von Charakter, bist du im ganzen Tun auch stark.
Der Herr wird geben, dass du der Seine sein kannst.
Dem Herrn, der regiert, sei Lob für unseren Fürsten,
zu seinem eigenen Wohnsitz hatte er ihn unversehrt geführt.
Ein jeder trete mit seinem Gedicht wohlfeil ein in den eifrigen Wettstreit,
jegliche Liebe werde in den Herzen getragen, jegliche Ehrung von der Stimme.
Länger als das Licht die Nächte übersteige er selbst die Tage,
auf dass alle Zeit mit hymnischen Weisen ihn besinge.
Lasst uns Tage und Nächte damit hinbringen, Loblieder zu singen,
die Menschen sollen Worte ertönen lassen, die geschlagenen Instrumente Klänge.
Die gewaltige Masse der Erde erzittert vom Tönen,
das die Völker und die anmutigen Chöre verbreiten.
Von überall her strömt das Volk zahlreich zusammen, auch die Alten,
die sich über deine Heimkehr ins Vaterland freuen.
Die fränkischen Bürger erblicken dich, (sie sind) milde von Herzen
und wagemutig an Kräften, denn sie sind dir verwandt.
Der treulose Feind zieht ab aus unseren Gebieten,
der Wolf zieht sich in die Wälder zurück und verlässt den Hinterhalt.
Keiner deiner Untergebenen fürchtet mehr die barbarischen Völker,
die Bauern preisen (dich), was gefällt, das tun sie.
Die Waffen sind abgelegt, die Schilde schweigen, unter deiner Herrschaft herrscht Frieden,
niemand stellt uns aus widrigem Hinterhalt nach.
Wir wünschen uns auch, Nachkommenschaft süßer Abstammung von dir zu sehen,
den Unsren als machtvolle Hoffnung, dem barbarischen Volke zur Flucht.
Unter deiner Herrschaft sei deine Nachkommenschaft unser Fürst,
Besitzer des Thrones und Lenker des Reiches. ­
Bis hierher habe ich, o Herzog, mein Herr, euch mit Freuden besungen,
wir haben uns die Zeit vertrieben mit Gesängen und Dichtungen aller Art.
Sieh da, unverhofft stürzte (auf uns) nieder wie der Donner, der aus dem Äther geschickt worden ist,
ein ungeduldiger Bote, der unheilvolle Botschaften brachte.
Er sagte, ihr seid stark gegen uns erzürnt,
wie das Ergebnis beweist. Weh mir, was tun wir?
Die zitternde Hand nämlich wurde getroffen vom Zorn des Blitzes,
er versetzte die Kinder in Schrecken, er streckte selbst die Greise zu Boden.
Im Feuer deines Wütens werden wir fürwahr zu sehr geröstet.
Wer könnte mit seinen Worten diese (Dinge) aufzählen.
Es zerkochte die Elenden, die ihres eigenen Verbrechens wegen ergriffen wurden,
und untersuchte genau das Gebrechen des Körpers und die Seele.
Wir Schwachen werden erfasst vom Hauch eines sehr großen Verbrechens,
doch es weht nicht die Gewalt der Winde, sondern die schlechte Gewalt der Menschen.
Welche Schuld aber deiner Knechte war so groß,
dass es (ihnen) nicht freistand, sich für einen zu entscheiden, den sie wollten.
Das Unrecht hätte vielleicht auch ein einziger entschuldigen können:
Warum fällt zugleich eine unzählbar große Herde der Schandtat anheim?
Erbarme dich doch endlich der Deinen, schone schon die Armseligen,
erbarme dich doch deiner unwürdigen Diener.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)

Brief 68: Abt Eberhard an König Heinrich II. (vor 1009)

Heinrich, dem des königlichen Thrones höchst Würdigen, (entbietet) Eberhard, als Abt des Klosters Tegernsee durch eure Gnade eingesetzt, was auch immer ein zu königlichen Diensten (eingesetzter) Knecht (zu tun verpflichtet ist).
Da wir von allen Seiten durch die Nachstellungen unserer Feinde bedrängt werden, hoffen wir in all diesen Dingen nächst Gott auf keine Zuflucht außer auf euch. Daher mühen wir uns und scheitern in allem, weil wir niemanden haben, von dem wir treulich die Güter der Kirche verteidigt sehen. O wie groß ist die königliche Macht! Sie sagt nur "Es geschehe!", und es ist vollbracht. Diese eure Kraft kaiserlichen Einflusses möge, so bitten wir, bis zu uns reichen.
Es gibt einen Ort oberhalb des Tegernsees, den Poppo, sein Bruder Pilgrim und zugleich ihre Mutter unrechtmäßigerweise dem Haus Gottes zu ihrer erblichen Nutzung zu entziehen versuchen. Wir aber bitten, dass ihr durch euren kaiserlichen Befehl dies verbietet, damit er (= der Ort) nicht durch falsche oder mit Geld bestochene Richter dem Haus Gottes entzogen werde, bevor darüber in eurer Gegenwart ein Urteil gesprochen wird.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)

Gedicht XXXVIII (gerichtet an Kaiser Heinrich IV. oder Heinrich II.)
Goldene Nachkommenschaft, stammend aus kaiserlichem Samen,
sei gegrüßt, Kaiser Heinrich, du Zierde des Erdkreises!
Unterpfand der Tugend, der du der Welt zur einzigen Hoffnung auf Heil gereichst,
schön bist du durch väterlichen und zugleich eigenen Ruhm.
Dich verehrt mit geneigtem Nacken heiter die Welt,
bereit zur Gefolgschaft, geneigt zur Herrschaft.
Sieh da, dein Namen weist voraus als Vorzeichen der Tugend,
wie gut passend zum Kaisertitel.
Eine seiner Silben besteht aus einer vierfältigen Zahl
und zeigt die Gestalt der vierteiligen Tugend (= die vier Kardinaltugenden).
Das Schriftbild aber besteht aus zwei mal vier Zeichen,
und (dies) ergibt die acht Zeichen des seligmachenden Lebens.
Du weißt auch sicher die Talgründe der Dinge zu erkennen,
was nämlich fromm ist und was davon verschieden.
Tapfer überwindest du jegliche Wendepunkte des Schicksals,
nichts außer dem Schändlichen fürchtend und dies stets meidend.
Die segenspendende Lehre des Lehrers Christus mäßigt dich,
so dass du die Laster durch (entsprechende) Heilung zu besiegen vermagst.
Du schwenkst gleiche Waagschalen mit ausgeglichenem Zünglein,
seinen Lohn gibst du jedem nach seinen Verdiensten.
Mit ausgebreiteten Schwingen schützt du als Verteidiger die Unschuldigen,
auf dass du nach den Reichen der Erde die Reiche des Himmels erlangest.
Die schwachen Waisen spürten dich als großzügigen Vater,
frommer Schutzherr bist du den Witwen und Elenden,
um des Namens Christi willen spendest Du Trost den Betrübten,
bist den Erschöpften Hafen und ersehnte Ruhe.
Auf deine Schultern haben die Greise (die Last) ihres Alters gelegt,
in dir atmen sie auf, du erwärmst die Erkalteten aufs Neue.
Du erhebst die, die in Lumpen gehen, und wirfst die Hochmütigen herab,
durch das Beispiel des himmlischen Königs unterwiesen.
Du glättest auch unversöhnliche Streitigkeiten durch einträchtige Vermittlung,
weil du der friedenstiftende Sohn Gottes sein willst.
Solange die Welt dich hat, herrschen Frieden und Eintracht
und mit ihrer Schwester zugleich auch Glaube und Hoffnung.
Petrus, der Fels der Kirche, gebe dir deinen Platz im Himmelsglanz
und reihe dich durch seine Fürsprache ein in die ewigen Versammlungen.
Jeder Drohende soll fern sein, dein dauerhafter Ruhm stehe fest;
dies bereite dir durch ihre Fürsprache die heilige Maria.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)