Die beiden Texte sind in drei Codices des 11. Jahrhunderts überliefert, die alle einmal in Bamberg lagen. Die heute in der Wiener Nationalbibliothek aufbewahrte Handschrift ist die älteste, ihr folgt der hier wiedergegebene lateinische Text. Der nach seinem Aufbewahrungsort als "W" bezeichnete Codex wurde im Aribonenkloster Seeon für den Bamberger Dom angefertigt. Der Schreiber lässt sich auch in anderen, dort entstandenen Arbeiten nachweisen, die alle in das erste Drittel des 11. Jahrhunderts zu datieren sind. Es ist daher nicht gänzlich auszuschließen, dass die Heinrichs- und Kunigundenmessen noch zu Lebezeiten Heinrichs II. vielleicht als Auftragsarbeit entstanden. Allerdings gibt es bisher keine Beispiele für Totenmessen aus dieser Zeit, die bereits zu Lebzeiten der Commemorierten entworfen wurden. Vermutlich fertigte man die Messen also kurz nach dem Tod Kunigundes (1033) an.
Damit ist eine ältere Interpretation hinfällig, sie beruhte auf der Annahme, dass die Texte der Messen erst in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstanden seien. Verleitet durch diese Datierung und den später in Bamberg nachzuweisenden Heinrichs- und Kunigundenkult, hatte man der Jahrtagsmesse mit Eigenoffizium fast schon den Charakter einer Festmesse für einen Heiligen zugebilligt. Jedoch kann man aus einem eigenen Messformular für den Todestag von Kaiser und Kaiserin noch nicht auf einen Kult schließen. Dass es sich eindeutig um Totenmessen handelt, zeigt die Tatsache, dass das Bamberger Formular als wörtliche Vorlage für die Memoria Herzog Heinrichs des Löwen von Sachsen und Bayern (gest. 1195) im spätmittelalterlichen Braunschweig diente. Zudem sind die Gebete Fürbitten und keine Bitten um Vermittlung, wie man sie an Heilige richtete.
(Tania Brüsch)