18. In der Zwischenzeit trafen der Erzbischof (Willigis) und Sophie sorgfältig alle erforderlichen Vorbereitungen zur Einweihung der neuen Kirche. Den Bischof Bernward fragten sie nicht. Nur (die Äbtissin) Gerburg hätte ihn gerne hinzugezogen, aber sie fürchtete den Erzbischof und wagte nicht, sich seinen Wünschen zu widersetzen. Außerdem erschien der Erzbischof am Vigiltag des heiligen Matthäus in Begleitung der Bischöfe Rethar von Paderborn und Berengar von Verden sowie des Herzogs Bernhard (I. von Sachsen) und vieler anderer im Kloster, um Tags darauf die Kirche einzuweihen. Man sandte auch Boten an den Bischof Bernward, um ihn zur Feier der Kirchweihe einzuladen. Am andern Tag, in aller Morgenfrühe, traf der ehrwürdige Bischof Ekkehard (von Schleswig) als Stellvertreter unseres Herrn zusammen mit den Ältesten unseres Kapitels und einigen Würdenträgern unseres Stiftes ein. Nachdem man ihnen verstattet hatte, das Wort zu ergreifen, begrüßten sie den Erzbischof pflichtschuldigst mit aller Ehrerbietung im Namen ihres Bischofs Bernward; dieser sei durch Kaiserdienst am Erscheinen verhindert; er sei jedoch im höchsten Maß verwundert, dass in seiner Diözese, in einer Kirche, die seine Vorgänger jederzeit unwidersprochen besessen hätten, ohne sein Einverständnis eine Kirchweihe angesetzt worden sei; er bitte daher den Erzbischof in brüderlicher Liebe von einem solchen Eingriff Abstand zu nehmen und sich nicht mehr einzuschalten, als es die kirchlichen Gesetze erlaubten; wenn er glaube, seine Ansprüche auf ein bestimmtes Privileg stützen zu können, so wolle er selbst nicht ermangeln, an jedwedem Ort, der ihm benannt werde, mit den Brüdern darüber zu beraten und ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Der Erzbischof aber, noch mehr in bitterer Wut entflammt, befahl, Bernward solle in der Morgenfrühe des folgenden Tages, der ein Sonntag war, unverzüglich zur Weihe der Kirche erscheinen; käme er nicht, so werde er dessen ungeachtet die Kirche einweihen. Der Grund aber, warum der Erzbischof so voller Feindschaft gegen unsern ehrwürdigen Bischof war, lag vor allem darin, dass der Kaiser (Otto III.) unsern Bischof mit ganz besonderer Liebe und mehr Vertraulichkeit als andere behandelte. Denn durch seinen glühenden Diensteifer hatte sich Bernward das Herz des Kaisers erobert, da er mit größter Aufmerksamkeit alles tat, wovon er wusste, dass es dem Kaiser zum Segen gereichte. Und eben dadurch hatte er bei vielen Menschen Hass und Neid erregt, ganz besonders beim Erzbischof (Willigis) von Mainz, der es nicht ertragen konnte, dass er seine Vertrauensstellung beim Kaiser mit einem andern teilen musste. In der Morgenfrühe des Sonntag erschienen also der erwähnte Bischof Ekkehard (von Schleswig) und die ehrwürdigen Ältesten unseres Kapitels in Stellvertretung unseres Herrn Bischofs und traten unter Berufung auf das kanonische Recht und das alte Herkommen der Väter dem Vorhaben des Erzbischofs kraftvoll entgegen. Und so vereitelten sie die Einweihung der Kirche. Während der heiligen Messe aber hielt der Bischof eine Ansprache an das Volk und gebot unter Strafe des Bannes eine Synode, die zwei Tage vor dem Fest des heiligen Andreas stattfinden sollte. Dann ging er zum Altar zurück, setzte sich auf den Bischofsstuhl und ließ einige bis dahin unbekannte Privilegien verlesen; sie beinhalteten, dass niemand dieser Kirche von ihren Rechten, seien es Zehnten, Güter oder sonstige Besitztümer, etwas abnehmen dürfe. Auch das bekräftigte er mit seinem Bann. Dann ging man auseinander. Die Bischöfe aber, die zugegen waren, beklagten sich bitter über die anmaßende Art des Erzbischofs und ließen ihrem bischöflichen Mitbruder durch uns ausrichten, sie sähen sich nicht in der Lage, dem hartnäckigen und anmaßenden Vorgehen dieses Mannes Einhalt zu gebieten; es bleibe nur übrig, dass er sich an Papst und Kaiser wende; die Sache Bernwards sei auch die ihre, und sie wollten nicht ermangeln, hierüber an beide Herren, den Papst und den Kaiser, zu schreiben.

19. Unser ehrwürdiger Vater Bernward sah es mit überaus großer Besorgnis, dass eine ­ wenn auch noch so kleine ­ Spaltung in der Kirche herrschte. Es war ihm auch klar, dass das eingedrungene Gift nurmehr durch päpstliches und kaiserliches Gegengift auszutreiben war. Und daher scheute er, obwohl er häufig unter ernster Krankheit litt, ohne Rücksicht auf seinen Zustand auch vor einer großen Reise nicht zurück, auch wenn sie seinem geschwächten Körper in jeder Hinsicht schaden musste. Galt es doch, den Frieden wiederherzustellen. Auch hatte er schon seit langem den sehnlichen Wunsch, seinen einzig geliebten Herrn und Kaiser wiederzusehen. Man traf also die nötigen Vorbereitungen für die große Reise und beschloss, durch das Tal von Trient zu ziehen, da dieser Weg als der bequemste galt. Von allen Bischöfen diesseits der Alpen hatte er Briefe bei sich. Im Jahr 1000 nach der Geburt des Herrn, am 2. November, verließ er zum großen Schmerz des ganzen Kapitels und Volkes das Münster, und alle gaben ihm mit großer Anteilnahme das Geleit. Von Gottes Gnade begleitet, betrat er, nachdem alles wunschgemäß verlaufen war, am 4. Januar den Boden Roms. Als der fromme und demütige Kaiser (Otto III.) das vernahm, konnte er es vor Sehnsucht nicht mehr abwarten, bis er seinen geliebten Lehrer zu Gesicht bekäme. Weil er ihn aber nicht mehr zu sich bemühen wollte, zog er ihm selber eilends fast zwei Meilen weit bis zur Kirche des heiligen Petrus entgegen, empfing ihn mit größter Liebe, umarmte und küsste ihn wie seinen besten Freund und begleitete ihn in seine Herberge. Dort sprach er noch lange mit ihm und bat ihn, am nächsten Tag in den Palast zu kommen. Und er gab nicht zu, dass der Bischof seinen Unterhalt auch nur zum kleinsten Teil aus der eigenen Tasche bestritt, vielmehr ließ er ihn und sein Gefolge sechs Wochen lang, so lange er bei ihm weilte, reichlich mit allem versorgen, was sie nur brauchten. Am andern Morgen lud der Kaiser den Herrn Papst (Silvester II.) ein, um den geliebten Gast zu empfangen. Als dieser sich nahte, traten ihm die beiden in der Vorhalle entgegen und hießen ihn herzlich willkommen. Auch ließ man ihn nicht mehr in die Herberge zurückkehren, sondern der Kaiser stellte ihm unmittelbar neben seinen eigenen Gemächern eine großartige Wohnung zur Verfügung. Dann saßen sie beieinander, bald im Gemach des Kaisers, bald in dem des Bischofs, und sprachen über gerichtliche Streitfälle und über die Anliegen des Staates. Denn über den Erzbischof (Willigis) und die Gandersheimer Ereignisse brauchte er sich nicht mehr des langen und breiten auszulassen, da die Kunde davon schon vorausgeeilt, und schon vor seiner Ankunft alles bekannt geworden war. Daher brauchte er nur mehr in Kürze auf einige wenige Fragen des Kaisers zu antworten.

20. Der Erzbischof (Willigis) aber verwirklichte, was er sich vorgenommen hatte. Denn bestimmte böse Menschen ließen ihm keine Ruhe, und erst recht Sophie setzte ihm beständig zu. Er kam also zwei Tage vor dem Fest des heiligen Andreas nach Gandersheim, um die angekündigte Synode zu halten. In seiner Begleitung waren der ehrwürdige Bischof Rethar (von Paderborn), dann auch einige Auswärtige, nämlich aus Thüringen und Hessen, die das alles gar nichts anging, aber auch einige Leute aus den sächsischen Teilen seiner Diözese. Zu Beginn der Verhandlungen forderte der ehrwürdige Bischof Ekkehard (von Schleswig) den Erzbischof auf, die Synode zu unterlassen und sich in einer fremden Kirche nicht etwas derartiges herauszunehmen, sintemalen der Herr Bischof (Bernward), dem diese Kirche gehöre, abwesend sei und sich gerade bei den Herren Papst (Silvester II.) und Kaiser (Otto III.) aufhalte. Bei diesen Worten geriet der Erzbischof in unvorstellbare Wut und hieß mit grimmig drohenden Blicken den Bischof schweigen: Diese Sache gehe ihn nichts an; er solle sich um seine eigene Kirche kümmern und die regieren. Darauf gab Ekkehard zur Antwort: "Um unserer Sünden willen ist mein Bistum durch wilde Barbarenhorden entvölkert worden, meine Stadt ist verlassen, meine Kirche verödet, ich habe keinen Bischofssitz mehr, ich bekenne mich als Diener der heiligen Maria und der Hildesheimer Kirche und will in allem nach bestem Vermögen dieser heiligen Stätte nützlich sein." Hierauf ließ der Erzbischof einige Männer vorstellen, die er selber mitgebracht hatte, und fragte die Bischöfe, ob es erlaubt sei, diese Männer unter Strafe des Bannes eidlich aussagen zu lassen, zu welcher Diözese dieses Kloster gehöre. Und obwohl sich die Bischöfe vor ihm fürchteten, gaben sie doch zur Antwort, das könne rechtens nicht geschehen, da Bischof Bernward nicht zugegen sei. Darauf baten Bischof Ekkehard und unsere Brüder wie auch das Volk inständig, von der Befragung abzusehen. Durch diese Einmütigkeit von Geistlichkeit und Volk aufgebracht, drohte der Erzbischof dem Bischof Ekkehard, er werde ihn mit Schimpf und Schande hinauswerfen, wenn er nicht schweige. Das empörte viele der Anwesenden, selbst einige von denen, die im Gefolge des Erzbischofs gekommen waren; fast kam es zu einem Tumult. Bischof Ekkehard verließ auf Bitten der Bischöfe die Versammlung und gebot allen Gandersheimern und allen, die zur Diözese Hildesheim gehörten, unter Strafe des Bannes eine eigene Synode. Hierauf gingen alle einmütig hinaus und folgten ihm. Beim Erzbischof blieben nur diejenigen Leute zurück, die er selbst mitgebracht hatte. Als sie nun unter Eid über die Diözese befragt wurden, nannten die einen als Grenze des Bistums Hildesheim den Ederfluß, an dem Fritzlar liegt, indem sie ihn mit der Ederna verwechselten, die an Gandersheim vorüberfließt, die andern erklärten, sie wüssten nichts mit Sicherheit, sondern alles nur vom Hörensagen. Keiner brachte etwas hervor, was auch nur der Rede wert wäre. Dennoch tat der Erzbischof so, als ob alles klipp und klar erwiesen sei, und bedrohte jeden mit seinem Bann, der ihm das Kloster entzöge. So gingen sie mit der gewünschten Selbsttäuschung auseinander. Das Volk aber erzeigte in allen Dingen den Anweisungen der Hildesheimer Ältesten Gehorsam.

21. Unterdessen war ein Bote nach Rom zum Herrn Bischof (Bernward) abgegangen, um über diese Vorfälle zu berichten. Zugleich überbrachte er Briefe an Papst (Silvester II.) und Kaiser (Otto III.), in denen man sich bitterlich beklagte. Der Papst, der Kaiser und alle Römer waren schwer empört: Das sei eine Verletzung der Kirchengesetze und der Tradition der Väter; dieses eigenmächtige Vorgehen bedeute eine ungeheuerliche Missachtung des Römischen Stuhles, des Papstes und des Kaisers; aus dieser Anmaßung könne der Kirche ein gefährliches Ärgernis erwachsen; ein solches Gift müsse man gründlich beseitigen.

22. Zu dieser Zeit (Januar 1001) weilte Herr Heinrich, die unvergleichliche Zierde des Reiches, beim Kaiser. Er war damals Herzog von großer Macht, bald darauf aber durch Gottes Güte König, ein Mann, dem der Herr alle Schätze der göttlichen und menschlichen Weisheit verliehen hat. Er hatte schon immer unter dem Streit, der sich um Gandersheim erhoben hatte, schwer gelitten und trat mit glühendem Eifer dafür ein, den kirchlichen Frieden wiederherzustellen und die Liebe und Eintracht zwischen denen, die gemeinsam unter dem Zeichen Christi dienten, zu erneuern. Auf seinen wie auch der Geistlichen und des Volkes Vorschlag trat eine Synode von zwanzig Bischöfen aus der Umgebung Roms zusammen, auch einige weitere Bischöfe aus Italien und der Toskana waren zugegen. Von den unsrigen waren anwesend: Siegfried von Augsburg, Heinrich von Würzburg und Hugo der Jüngere von Zeitz. Den Vorsitz führte Papst Gerbert (= Silvester II.) gemeinsam mit dem Kaiser (Otto III.) in der Vorhalle der Kirche des heiligen Martyrers Sebastian. Aber auch der hochverdiente Herr Heinrich, der Herzog und Friedensstifter, und verschiedene Äbte waren zugegen, und Priester, Diakone und römische Dignitäre aller Art umstanden die Versammlung. Bevor die Verhandlungen begannen, wurden das Evangelium und einige Kapitel aus den Vätern verlesen. Dann wurde der Segen erteilt und man nahm die Plätze ein. Als Stille eingetreten war, trat der ehrwürdige Bischof Bernward von seinem Platz aus ein wenig nach vorn und trug in Demut dem Papst, dem Kaiser, dem Herzog Heinrich und der ganzen Versammlung in wohldurchdachter Rede die Sache seiner Kirche vor. Alle waren von seiner Klage tief beeindruckt. Hierauf fragte der weise Papst die Versammlung, ob man das als Synode auffassen und bezeichnen dürfe, was der Erzbischof mit den Leuten, die er selber mitgebracht hatte, in einer Kirche, die stets den Bischöfen von Hildesheim gehörte, und überdies in Abwesenheit des Bischofs veranstaltet habe, während dieser gerade wegen der nämlichen Frage den Römischen Stuhl aufgesucht habe, ­ oder wie man eine solche Zusammenkunft sonst nennen müsse. Darauf bat die heilige Versammlung, sich zurückziehen zu dürfen, um geheim darüber zu beraten. Das gewährte der fromme Papst. Daraufhin zogen sich allein die römischen Bischöfe zurück. Als sie nach einer Weile zurückkehrten und ihre Plätze wieder eingenommen hatten, fragte der weise Papst: "Was beschließt ihr, Brüder, über jene Synode?" Das heilige Konzil gab ihm zur Antwort: "In einer fremden Kirche, die einem andern gehörte, hatte er kein Recht; er konnte dort auch keine kanonisch gültige Synode halten noch irgendetwas verfügen, und daher wird man nach dem Kirchenrecht unter keinen Umständen von einer Synode sprechen können." Nun fragte der weise Papst: "Wie soll man sie also richtig nennen?" Die heilige Versammlung erwiderte: "Eine Spaltung, die Zwietracht stiftet." Der weise Papst fuhr fort: "Ist also zu verwerfen, was dort verhandelt wurde?" Die heilige Versammlung gab zur Antwort: "Kraft der Bestimmungen des Kanon und der heiligen Väter ist zu verwerfen, was dort erfunden und beschlossen wurde." Hierauf erklärte der weise Papst: "Kraft apostolischer Vollmacht und unter Berufung auf die heiligen Väter verwerfen, verurteilen und annullieren wir, was in Abwesenheit unseres Bruders und Mitbischofs Bernward zu Gandersheim in seiner Diözese von Erzbischof Willigis und seinen Helfern erfunden und mit Eiden festgelegt worden ist." Dann fuhr er fort: "Unser Bruder und Mitbischof Bernward bittet, ihm von neuem das Besitzrecht zu übertragen, das ihm der Erzbischof entzogen hat. Was beschließt ihr, Brüder?" Die heilige Versammlung entgegnete: "Es ist nicht nötig, ihm das Besitzrecht wiederzugeben, weil es ihm der Erzbischof gar nicht entziehen konnte. Wenn er aber selber darum bittet, möge ihm, so es dem Kaiser gefällt, das Besitzrecht mit eurem apostolischen Stab nochmals gegeben und bestätigt werden." Der weise Papst erwiderte: "Es geschehe, wie ihr beschlossen habt." Darauf überreichte er ihm den apostolischen Stab mit den Worten: "Ich erneuere und bestätige dein Recht auf das Kloster Gandersheim mit seinen benachbarten Dörfern und Ländereien und verbiete in Vollmacht der heiligen Apostel Petrus und Paulus, dass dich irgend jemand darin behindere, es sei denn, die kanonischen Satzungen erlauben es. Als das geschehen war, fragte der Papst die Versammlung, was jetzt zu tun sei. Er bekam zur Antwort, man solle ­ so es den beiden Oberhäuptern gefalle ­ dem Erzbischof eine schriftliche Rüge erteilen, dass er in seinem hohen Amt ein so verwegenes und im Widerspruch zu den Bestimmungen des Kanon und der Väter stehendes Ziel verfolgt habe; gleichzeitig solle man ihn auffordern, künftig von diesem Streit abzulassen und sich jeder unberechtigten Einmischung zu enthalten. Darüber hinaus solle man den Bischöfen Sachsens eine Synode ansagen und einen Stellvertreter von Seiten des Papstes entsenden, der den Vorsitz führen solle. Das wurde gebilligt. Als Ort der Synode wurde Pöhlde, und als Tag der 21. Juni bestimmt. Zum Stellvertreter des Papstes wurde Friedrich, Kardinalpriester der heiligen Römischen Kirche, gewählt. Er wurde später Erzbischof von Ravenna, war von Geburt Sachse, noch jugendlichen Alters, seinem Lebenswandel nach aber ein gereifter Mann. Er wurde entsandt im Schmuck päpstlicher Gewänder und Insignien, nicht anders als ob der Papst selber käme.
(...)
28. Unterdessen traf der Kardinalpriester Friedrich ein, den der Papst (Silvester II.) und der Kaiser (Otto III.) als Stellvertreter des Papstes entsandt hatten. Er war mit allen päpstlichen Insignien geschmückt, so als ob der Papst selber käme. Sein Sattel war wie der des Papstes nach römischem Brauch mit Purpur bedeckt. Gleichzeitig ergingen päpstliche und kaiserliche Schreiben an die Bischöfe und an die anderen Fürsten mit der Aufforderung, den römischen Legaten mit geziemenden Ehren zu empfangen und seiner Botschaft ausnahmslos uneingeschränkten Gehorsam zu erweisen, nicht anders als ob sie den Papst selber vor sich sähen. So kam man also gemäß dem Befehl des Papstes am 22. Juni in Pöhlde zur Synode zusammen. Den Legaten empfing man mit unterschiedlicher Gesinnung. Der Erzbischof und seine Partei zeigten ihm ihre Geringschätzung in unglaublicher Weise durch Äußerungen des Unwillens und Verwünschungen. Bischof Bernward dagegen, Erzbischof Liawizo von Hamburg und noch viele andere behandelten ihn mit Hochachtung und erwiesen ihm besondere Ehre. Als man sich nun versammelt hatte, kam es zu schier unbeschreiblichem Streit und Tumult. Denn dem Stellvertreter des Papstes gestand man nicht einmal einen angemessenen Sitzplatz zu. Ein fürchterlicher Lärm brach aus, Recht und Gesetz wurden missachtet, jegliche kanonische Ordnung hörte auf. Der Stellvertreter des Papstes, zwischen den Bischöfen Liawizo und Bernward sitzend, verkündete, dass er ein Schreiben des Papstes und eine Botschaft an die Bischöfe bei sich habe, und bat, sich seines Auftrags entledigen zu dürfen. Als endlich Stille eingetreten war, mahnte der Legat die Bischöfe mit sanften Worten zu Friede, Liebe und Eintracht. Dann zog er das Schreiben des Papstes an den Erzbischof (Willigis) hervor und bat, es öffentlich vor aller Ohren zu verlesen. Der Erzbischof wies mit Entrüstung von sich, das Schreiben entgegenzunehmen oder auch nur anzuschauen. Daraufhin wurde es auf Beschluss der Bischöfe öffentlich verlesen. In dem Schreiben wurde der Erzbischof offen getadelt und zu brüderlicher Eintracht und zum Gehorsam ermahnt. Der Legat gab sich zwar die größte Mühe, den Erzbischof nicht zu reizen; gleichwohl forderte er ihn kraft seiner apostolischen Vollmacht in sanftem Ton auf, in allen ihm zur Last gelegten Punkten gemäß dem Urteil der Brüder gehorsam Genugtuung zu leisten. Hierüber fragte der Erzbischof seine Mitbrüder und namentlich den Erzbischof Liawizo um Rat. Liawizo gab ihm zur Antwort, da der verletzte Mitbruder die Hilfe unserer höchsten Herrn, des Papstes und des Kaisers, in Anspruch genommen habe, so scheine es ihm gut, wenn er vor ihrem Stellvertreter gemäß dem Urteil der Bischöfe Genugtuung leiste. Inzwischen wurden die Türen der Kirche aufgerissen, Laien drangen ein, ein fürchterlicher Lärm und Durcheinander brach aus. Die Mainzer riefen trotzig nach Waffen und stießen unerhörte Drohungen gegen den Stellvertreter des Papstes und gegen Bischof Bernward aus. Der Legat aber und Bischof Bernward ließen sich weder durch den Tumult aus der Fassung bringen, noch durch die Drohungen einschüchtern. Obwohl sie über die größere Zahl von Rittern verfügten, riefen sie nicht nach Waffen, sondern versuchten die Erregung zu dämpfen. Die Bischöfe aber gaben den Rat, die Verhandlung auf den kommenden Tag zu verschieben, und verbürgten sich, dass der Erzbischof erscheinen und gehorsam der Gerechtigkeit genügen werde.

29. Inzwischen hatte der Erzbischof (Willigis), bebend vor Wut, die Versammlung verlassen. Der Legat, dicht umringt von den Bischöfen, folgte ihm nach und gebot ihm bei Strafe des päpstlichen Bannes, am nächsten Morgen in der gleichen Kirche zur Synode zu erscheinen. So endete die Sitzung. In der Morgenfrühe aber reiste der Erzbischof mit seinen Leuten heimlich ab, ohne dass irgend jemand davon wusste. Am andern Tag eröffnete der Stellvertreter des Papstes die zweite Sitzung der Synode. Zu Beginn der Verhandlungen rief er den Erzbischof auf. Da dieser nicht zugegen war, suspendierte er ihn von allen bischöflichen Amtshandlungen, bis er persönlich vor dem Papst erscheine. Den Bischöfen aber gebot er kraft apostolischer Vollmacht eine Synode, die an Weihnachten vor dem Papst stattfinden sollte. Dem Erzbischof aber schickte er folgendes Schreiben: "Du hast dich der Synode entzogen und bist gegen die Befehle des Römischen Oberhirten ungehorsam gewesen. Daher wisse, dass du kraft der Machtvollkommenheit der heiligen Apostel Petrus und Paulus und ihres Stellvertreters, des Papstes Silvester (II.), von allen priesterlichen Amtshandlungen suspendiert bist, solange bis du vor dem Papst erscheinst." So endete die zweite Sitzung.
(Übersetzung: Hatto Kallfelz)

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