Urkunde Heinrichs II. für die bischöfliche Kirche zu Straßburg (DH II. 277)

(Heinrich schenkt der bischöflichen Kirche zu Straßburg die Abtei Schwarzach. Pavia 1013 oder 1014 Januar 17.)

1013/14 schenkte Heinrich II. die Reichsabtei Schwarzach (Ortenau) an die bischöfliche Kirche zu Straßburg. Zwar handelt es sich dabei keineswegs um einen Einzelfall, denn Heinrich vergab im Laufe seiner Regierungszeit recht häufig Reichsklöster an Bistümer, wovon vor allem seine Gründung Bamberg profitierte. Die Besonderheit der in Pavia ausgestellten Urkunde besteht in der Rechtfertigung, die Heinrich II. in der Arenga gibt. In einer Kopf-Glieder-Metapher setzt er die Organisation des menschlichen Körpers und seiner Funktionsweise mit der Ordnung der Kirchen im Reich gleich. Beim Körper seien die kleineren Glieder dem Kopf untergeordnet, der sie wie ein militärischer Führer lenke. Da dies nach der vernunftmäßigen Ordnung Gottes so geschaffen sei, könne Gott auch nichts dagegen haben, wenn der König die Kirchen seines Reiches nach diesem Vorbild organisiere.
Dieser Passus, der als einer der frühen urkundlichen Belege für eine organologische Staatsauffassung gilt, ist in der Tat so außergewöhnlich, dass der Herausgeber der Urkunden Heinrichs II. von einer Anfertigung außerhalb der königlichen Kanzlei ausging. Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, dass diese interessante Erläuterung sehr wahrscheinlich auf das Eigendiktat des Kaisers zurückgeht, wodurch der Aussage eine noch größere Authentizität zukommt.
Das Diplom ist nur in einer Abschrift des 11. Jahrhunderts überliefert, die im Archiv des Klosters Schwarzach aufbewahrt und bis in neuere Zeiten dort als Original angesehen wurde. Für die Anfertigung nahm die königliche Kanzlei eine Urkunde zur Hilfe, die 1003 ­ ebenfalls für Straßburg ­ ausgestellt worden war. Damals hatte die bischöfliche Kirche das Nonnenkloster St. Stephan in Straßburg erhalten. Während die Arenga also das Diktat Heinrichs ist, entstammen weitere Teile dem DH II. 34, das ebenfalls passagenweise auf Eigendiktat Heinrichs zurückgeht. Aus diesem Grund konnte man auch die letzten Sätze des älteren Diploms, die wahrscheinlich im 12. Jahrhundert durch Rasur und Korrektur verändert worden waren, wieder rekonstruieren.
In DH II. 277 bleibt die Datierung etwas rätselhaft. Ausstellungsort ist Pavia. Unter den Intervenienten wird Erzbischof Heribert von Köln genannt, der jedoch Heinrich II. nicht auf den zweiten Italienzug begleitete. Folglich muss die Schenkung schon früher zustande gekommen sein. Geht man nach dem Ausstellungsort, müsste die Urkunde in den letzten Tagen des Dezember 1013 oder in den ersten Tagen des Januar 1014 ausgestellt worden sein. Fasst man jedoch die Angaben XVI. kal. februarii, feria III, luna III zusammen, kommt als möglicher Tag für den Vollzug des Diploms erst der 17. Januar 1016 in Frage.
(Tania Brüsch)