Brief des Patriarchen von Aquileia, Johannes' IV., an Bischof Heinrich von Würzburg (1007).

Im Jahr 1007 ging Heinrich II. daran, den schon früh gefassten Plan zu vollenden und in Bamberg ein Bistum zu gründen. Einer der Betroffenen war Bischof Heinrich von Würzburg, der Teile seiner Diözese abtreten sollte. Er hatte das Vorhaben zunächst unterstützt, musste dann aber erkennen, dass die von ihm erhofften Vorteile für die Würzburger Kirche ausbleiben würden. Als die Bistumsgründung in der zweiten Jahreshälfte in die entscheidende Phase trat, zog der Bischof seine Zustimmung zurück. Der Gründungssynode im November 1007 in Frankfurt blieb er aus Protest und zum Zeichen seiner Ablehnung fern. Zwar trug sein Kapellan in Vertretung die Würzburger Rechte vor, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Aus der Zeit nach dem Gründungsakt liegen zwei Briefe an Bischof Heinrich vor. Der eine soll von Bischof Arnulf von Halberstadt stammen, der seinen Amtsbruder an die Pflichten eines Reichsbischofs erinnert, um ihn doch noch umzustimmen. Der zweite ­ hier vorliegende ­ Brief nennt den Patriarchen Johannes von Aquileia als Absender. Er lobt die Taten König Heinrichs und stellt die Bistumsgründung als gottgefälliges Werk dar. Der Brief verweist unter anderem auf die Slavenmission, die auch in dem Synodalprotokoll als ein Motiv für die Errichtung des Bistums genannt wird, in der Praxis allerdings ­ soweit erkennbar ­ keine nennenswerte Rolle spielte. Auch andere Indizien weisen darauf hin, dass der Verfasser recht gut informiert war, zum Beispiel verweist er darauf, dass Heinrich sein väterliches Erbe in die Stiftung eingebracht hat. Dennoch bleiben mit Blick auf die Aussagekraft des Briefs für die Ereignisse von 1007 einige quellenkritische Fragezeichen stehen.
Der Brief des Patriarchen ist im sogenannten Codex Udalrici, einer der berühmten hochmittelalterlichen Briefsammlungen, überliefert. Der Codex Udalrici wurde um 1125 von einem Bamberger Geistlichen mit Namen Udalrich zusammengestellt und in der Folgezeit bis 1134 erweitert. Die Sammlung umfasst 20 Gedichte, über 120 Urkunden und 250 Briefe, die vor allem aus der Zeit der Salierkaiser Heinrich III. und Heinrich IV. stammen. Udalrich sammelte sein Material vorwiegend in Bamberger Beständen. Bisher ungeklärt ist die Frage, ob und wieweit der Codex Udalrici Stilübungen enthält. Er diente aber zweifellos Unterrichtszwecken. Vor allem Notare sollten daran geschult werden; es lässt sich nachweisen, dass Bamberger Urkundenschreiber diese Texte als Vorlagen benutzten. Ebenso konnte man aufzeigen, dass Udalrich seine eigenen Vorlagen bearbeitet hat. Damit lassen sich aber gerade für die frühen Stücke, die aus der Zeit vor dem Investiturstreit stammen und ausschließlich in dieser Sammlung überliefert sind, Überarbeitungen nicht ausschließen. Sollte eine solche Zusammenstellung zweckmäßig sein, mussten unzeitgemäße Passagen getilgt oder den damals modernen Sichtweisen angepasst werden. Ohne genaue Prüfung kann man den Brief des Patriarchen also ebenso wenig als Quelle für die Verhältnisse zu Anfang des 11. Jahrhunderts heranziehen wie den Brief Bischof Arnulfs von Halberstadt. Auffällig ist vor allem, dass beide Briefe letzten Endes im Sinne der Bamberger Kirche abgefasst sind. Bedenklich mag außerdem stimmen, dass beide an den Würzburger Bischof gerichtet sind und damit ihr Weg in die Bamberger Briefsammlung nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist.
(Tania Brüsch)

(Quellverweis)