Heinrich II. und das Papsttum

Sieben Päpste amtierten während der Herrschaft Heinrichs II.: Silvester II., der bereits 1003 verstarb, Johannes XVII., dessen Pontifikat nur wenige Monate dauerte, Johannes XVIII., der Heinrich die Gründung des Bistums Bamberg gestattete, Sergius IV. mit dem Beinamen 'Schweinsmaul', Gregor (IV.), der von Heinrich II. nicht anerkannt wurde, Benedikt VIII., der den König zum Kaiser krönte, und Johannes XIX., der erst knapp drei Monate vor dem Tod des Kaisers erhoben wurde. Zu Beginn seiner Herrschaft hatte Heinrich II. noch keinen engen Kontakt mit dem Papst gesucht, was möglicherweise aus Rücksicht auf Erzbischof Willigis von Mainz geschah, der Heinrichs Königtum vom ersten Augenblick an aktiv unterstützt hatte. Da Willigis seine Vorrangstellung im Reich durch zu großen päpstlichen Einfluss bedroht sah, suchte Heinrich erst die päpstliche Unterstützung, als sie erforderlich wurde. Zunächst ließ er sich von Johannes VIII. die Wiederherstellung des Bistums Merseburg im Jahr 1004 bestätigen. Noch wichtiger wurde für ihn der Beistand des Papstes im Jahr 1007: Um die Widerstände im Reichsepiskopat gegen die Gründung des Bistums Bamberg zu überwinden, erbat und erhielt er von Johannes XVIII. im Juni dieses Jahres eine Urkunde, mit der der Papst das neue Bistum und seine Besitzungen bestätigte und ihm den Papstschutz verlieh.
Weitergehende Kontakte nach Rom wurden erst einige Jahre später notwendig. In Italien hatte Heinrich II. zunächst seinem Rivalen um die italische Königskrone das Feld überlassen. So konnte Arduin von Ivrea seine Herrschaft zunächst festigen. Wollte Heinrich II. dessen Königtum auf legitime Weise beseitigen, so konnte das nur über die Erlangung der Kaiserwürde geschehen. Hierzu war es unumgänglich, Kontakt mit dem Papst in Rom aufzunehmen. Eine Gelegenheit ergab sich, als Papst Sergius IV. starb. In Rom kämpften zwei Patrizierfamilien um die Bereitstellung des Nachfolgers. Den Crescentiern gelang es zunächst, Gregor (IV.) durchzusetzen, der jedoch bald dem Kandidaten der Tuskulaner, Benedikt VIII., weichen musste. Heinrich II. war dadurch in der günstigen Situation, nicht als Bittsteller einem fest etablierten Papst gegenübertreten zu müssen. Vielmehr konnte er aus seiner zu der Zeit stärkeren Position heraus die Gewogenheit Benedikts erlangen, indem er sich klar auf dessen Seite stellte.
Der abgesetzte Gregor hatte ihn nämlich Weihnachten 1012 in Pöhlde aufgesucht, um seine Hilfe zu erbitten. Heinrich empfing zwar den Crescentierpapst, der im vollem Ornat auftrat, untersagte ihm jedoch jegliche Amtshandlung und versprach ihm, er werde die Angelegenheit nach römischem Rechtsbrauch schlichten, sobald er nach Rom käme. Zur selben Zeit hatte der König jedoch schon Kontakt mit Benedikt aufgenommen und ihn um die Bestätigung des Bistums Bamberg gebeten. Der Papst kam am 21. Januar 1013 dieser Bitte nach. Damit hatten sich Papst und König gegenseitig ihre Anerkennung zu verstehen gegeben.
Kurz darauf, im April 1013, trafen die Großen des Reiches in Grone zusammen. Vermutlich hier bot Papst Benedikt Heinrich II. durch seinen Gesandten Bischof Azzo II. von Ostia die Kaiserkrone an. Man begann sofort mit den Vorbereitungen für die Romfahrt. Im August 1013 sammelte sich das Heer bei Augsburg und zog mit König und Königin über den Brenner nach Italien.
Von Weihnachten bis Mitte Januar hielt sich der Hof in Pavia auf. In der zweiten Januarhälfte 1014 nahm Heinrich II. an einer Synode in Ravenna teil. Dort setzte der König seinen Halbbruder Arnulf, der seinem Kontrahenten Adalbert hatte weichen müssen, mit Zustimmung Benedikts wieder als Erzbischof von Ravenna ein. Außerdem beschloss man ordnende Maßnahmen für Italien, die vor allem gegen Arduin gerichtet waren. Am 14. Februar 1014 kamen König und Königin in Rom an, wo sie feierlich von Papst, römischem Klerus und Volk eingeholt wurden. Benedikt VIII. überreichte Heinrich eine eigens zu diesem Zweck angefertigte Sphaira. Der Globus sollte die Idee der kaiserlichen Weltherrschaft und des christlichen Universums symbolisieren. Die anschließende Krönung Heinrichs und Kunigundes zu Kaiser und Kaiserin durch den Papst in St. Peter ist uns in einer detailreichen Schilderung Thietmars von Merseburg überliefert.
Direkt im Anschluss an die Kaiserkrönung fand eine weitere Synode statt, die eine Woche dauerte. Hier in Rom wurden einige der Themen, die man bereits im Januar in Ravenna verhandelt hatte, wieder aufgenommen, so auch das Problem des Erzbistums Ravenna. Der abgesetzte Erzbischof Adalbert erhielt als Entschädigung das Bistum Arezzo, und Heinrichs Halbbruder Arnulf wurde vom Papst persönlich geweiht. Obwohl von manchen Anwesenden Heinrichs Entscheidungen als zu eigenmächtig kritisiert wurden, griff er, der sich seiner neuen Würde offenbar sehr bewusst war, in kirchenrechtliche Belange und sogar in die römische Liturgie ein.
Seine hervorragende Bildung versetzte ihn in die Lage, sein Wissen um die durch die Kaiserkrönung erworbene Verantwortung für die Gesamtkirche unter Beweis zu stellen. So forderte er die strikte Einhaltung der Altersbestimmungen bei Priester- und Bischofsweihen und bestätigte das Simonieverbot. Noch weiter ging sein Eingriff in die Liturgie: Er verlangte, dass künftig auch in Rom, so wie nördlich der Alpen üblich, bei der Messe das Credo gesungen werde. Obendrein sollte im Credo das "filioque" eingefügt werden, das Bekenntnis, dass der Heilige Geist vom Vater 'und vom Sohn' ausgegangen sei. Die Ostkirche hatte dies bisher abgelehnt und auch die Päpste hatten diese Frage bisher eher zurückhaltend behandelt. Obgleich der römische Klerus indigniert reagierte, konnte sich Heinrich II., nunmehr Kaiser, durchsetzen.
Von den Maßnahmen auf den beiden Synoden abgesehen, blieb Heinrichs Einflussnahme in Italien verhältnismäßig beschränkt. Er feierte Ostern in Pavia und nahm im Mai an einer weiteren Synode in Verona teil, wo er den Wünschen der Mönche aus Bobbio entgegenkam, indem er sich für die Erhöhung ihres Klosters zum Bistum einsetzte. Neben Merseburg und Bamberg war dies das dritte Bistum, das seine Existenz diesem in kirchlichen Fragen so aktiven Kaiser verdankte. Unmittelbar darauf zog Heinrich wieder über die Alpen und befand sich bereits zu Pfingsten (13. Juni 1014) wieder in Bamberg.
War im Vorfeld der Kaiserkrönung eher Heinrich II. die treibende Kraft in den Beziehungen zum Papst in einem insgesamt relativ ausgeglichenen Verhältnis gewesen, so kehrte sich dies in den folgenden Jahren um, weil Benedikt VIII. zunehmend unter Druck geriet. Auf der Synode in Rom hatte man sich auch mit den Crescentiern befasst, deren Einfluss bis dahin recht groß gewesen war. Sie konnten es nur schwer verwinden, dass mit Benedikt ein Kandidat der aufstrebenden Tuskulaner die Kathedra Petri bestiegen hatte. Am Ende der Synode war es zu einem Aufstand in Rom gekommen, der von den Crescentiern und anderen unzufriedenen Adligen angeführt wurde. Die Niederschlagung gelang nur mit Mühe, die Crescentier kehrten bald aus dem Exil zurück und gewannen ihren alten Einfluss in Rom wieder. Zur selben Zeit musste Benedikt die Sarazenen zurückschlagen, die aus Sizilien und Sardinien einfielen und das Patrimonium Petri bedrohten. Das größte Spannungspotential bestand jedoch in Süditalien. Dort versuchte der byzantinische Kaiser Basileios II. seine Macht auszubauen. 1017 hatte Melus (Ismahel) aus Bari einen Aufstand gegen die Expansionsbestrebungen der Griechen angezettelt, war jedoch im Oktober 1018 vernichtend geschlagen worden. Da es nicht zuletzt um das Verhältnis von Ost- und Westkaisertum ging, waren auch Heinrichs Selbstverständnis und Herrschaft betroffen. Eine Demonstration seines Kaisertums sollte daraufhin ein Zeichen setzen. Zu diesem Zweck lud er Papst Benedikt VIII. ein. Dieser folgte der Einladung im März/April 1020 und suchte den Kaiser in Bamberg auf.
Der Bamberger Diakon Bebo, der Augenzeuge des Geschehens war, hat uns einen ausführlichen Bericht hinterlassen. Es muss ein beeindruckendes Ereignis gewesen sein, dergleichen den Zeitgenossen aus keinem der früheren Jahrhunderte bekannt war ­so die Quedlinburger Annalen zu 1020. Ein weiterer zeremonieller Höhepunkt des Papstbesuchs war die Weihe der Stiftskirche St. Stephan in Bamberg. Der sehr viel später schreibende Autor der Vita Meinwerci behauptet, 40 Bischöfen hätten dem Akt beigewohnt. Die Zahl dürfte zu hoch gegriffen sein, aber immerhin 20 dieser kirchlichen Würdenträger lassen sich nachweisen. Für Bamberg, das sich als zentraler Ort damals noch in seiner Auf- und Ausbauphase befunden haben muss, war dies eine außergewöhnliche Ehrung, zumal der Papst auch noch die Thomaskapelle in der Bamberger Pfalz weihte.
Aber auch Benedikt wurde nicht nur durch das Zeremoniell, sondern auch durch eine Prachturkunde geehrt, wie sie nur sehr selten unter den ottonischen Königen ausgefertigt wurde. Das sogenannte Heinricianum wurde mit Goldtinktur auf einem Purpurpergament ausgefertigt und mit einer goldenen Bulle besiegelt. Es bestätigte die päpstlichen Rechte und Besitzungen. Heinrich II. sicherte der römischen Kirche den ihr zustehenden kaiserlichen Schutz zu. Da unter den Besitzbestätigungen auch Süditalien und Sizilien aufgeführt werden, war diese Urkunde zugleich gegen Byzanz gerichtet. Benedikt durfte sich also der Unterstützung des Kaisers gegen die griechischen Expansionsversuche sicher sein.
Welchen Stellenwert die Ausstellung dieser Urkunde hatte, macht nicht allein ihre hochwertige Ausfertigung deutlich. Heinrich übernahm darin wortgetreu die Zusicherungen, die 962 Otto I. zusammen mit seinem Sohn Otto II. der römischen Kirche gemacht hatte. Die dem Papst damals zugestandenen Rechte und Besitzungen waren so weitgehend gewesen, dass Otto III., der dadurch seine kaiserlichen Ansprüche auf Rom zu sehr eingeschränkt sah, eine Erneuerung verweigerte. Nicht so Heinrich II., der sogar noch eine Gebietsschenkung in Italien hinzufügte und das Diplom um die päpstlichen Rechte an Fulda und Bamberg erweiterte. Der mühsame Weg über die Alpen hatte sich für Benedikt, der im Mai 1020 "glücklich, reich und wohlbehalten" (Quedlinburger Jahrbücher, a. 1020) nach Rom zurückkehrte, also gelohnt.
In Anbetracht des ehrenvollen Ereignisses, das auf ihn, den Kaiser, und seine Lieblingsgründung Bamberg soviel Glanz warf, hatte Heinrich II. dem Papst offenbar einen Feldzug nach Süditalien versprochen, den er im Herbst 1021 auch begann. Vorübergehend konnte er in Süditalien Fuß fassen und durchgreifen. Ähnlich wie bei seinen früheren Italienbesuchen zog er sich auch jetzt wieder sehr schnell nach Norden zurück. Er konnte dabei nicht verhindern, dass sein Heer durch Krankheiten erhebliche Verluste erlitt. Auf dem Rückzug demonstrierte er Anfang August auf einer Synode in Pavia zusammen mit Papst Benedikt VIII. noch einmal die enge Gemeinschaft von Kaiser und Papst im Wirken für das Wohl der Christenheit. Anschließend zog er unverzüglich über Cluny nach Hause zurück. So blieb der Papstbesuch von 1020 in Bamberg für Heinrich II. der Höhepunkt in seinen Beziehungen zum Papsttum.
(Tania Brüsch)

Quellen:


Papst Johannes XVIII. Urkunde über die Gründung des Bistums Bamberg.


Quedlinburger Jahrbücher, a. 1013 Heinrich II. zieht im Winter 1013/14 nach Italien.
Quedlinburger Jahrbücher, a. 1014 Synode von Ravenna und Kaiserkrönung in Rom.
Quedlinburger Jahrbücher, a. 1020 Der Besuch Papst Benedikts VIII. bei Heinrich II.
Quedlinburger Jahrbücher, a. 1022 (Dritter) Italienzug Heinrichs II. und verlustreiche Rückkehr.


Thietmar VI/100 Thietmar berichtet über die Päpste Silvester II. und Johannes XVIII., der die Wiederherstellung des Bistums Merseburg bestätigte.
Thietmar VI/101 Heinrich II. empfängt den abgesetzten Papst Gregor (VI.) in Pöhlde, unterstützt ihn jedoch nicht und wird selbst von Papst Benedikt VIII. in Rom empfangen.
Thietmar VII/Prolog Preisgedicht auf Heinrich II., der zusammen mit Kunigunde das Kaisertum erringt.
Thietmar VII/1 Kaiserkrönung Heinrichs II. und Kunigundes. Aufstand der Crescentier.
Thietmar VII/2 Synode in Rom. Rückkehr aus Italien. Eroberung.


Vita Bischof Meinwerks, c. 21 Auf der Fürstenversammlung in Grone (April 1013).
Vita Bischof Meinwerks, c. 26 Vom Papst habe der Kaiser alles erreicht, was er verlangt habe.
Vita Bischof Meinwerks, c. 165 Papst Benedikt VIII. weiht St. Stephan in Bamberg.


Radulfus Glaber I/23 Papst Benedikt VIII. überreicht Heinrich II. anlässlich der Kaiserkrönung eine eigens angefertigte Sphaira.


Bebo Bericht über den Besuch Papst Benedikts VIII. in Bamberg.


DH II. 427, "Heinricianum" Heinrich erneuert dem Papst Benedikt VIII. das von Otto I. mit der römischen Kirche abgeschlossene pactum, bestätigt ihm das Kloster Fulda sowie alle anderen Klöster und Besitzungen des heiligen Petrus diesseits der Alpen mit Ausnahme der gegen ein Gebiet zwischen Narni, Teramo und Spoleto eingetauschten Höfe Andiesenhofen, Winhöring und Uuillinbach und verleiht ihm das Bistum Bamberg.

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