Urkunde Heinrichs II. für das Kloster Burtscheid (DH II. 380)

(Heinrich verleiht dem Kloster Burtscheid die Ländereien in einem um den Ort gelegenen Bezirk mit angegebenen Grenzen. Frankfurt 1018 Januar 21.)

Das Kloster Burtscheid, südlich von Aachen gelegen, war kurz vor der Jahrtausendwende von Kaiser Otto III. gegründet worden. Wahrscheinlich bedurfte die Neugründung noch der weiteren Ausstattung, denn Heinrich II. übertrug ihr mit der vorliegenden Urkunde vom 21. Januar 1018 einen zusammenhängenden Komplex von Ländereien, die rund um den Ort lagen. Auffällig ist die genaue Beschreibung der Grenze des Gebietes. Es wird eine Reihe von markanten Orten genannt; verfolgt man sie von Punkt zu Punkt, ergibt sich daraus eine Grenzlinie. Derartige Beschreibungen sind in dieser Zeit noch etwas eher Seltenes; man findet sie fast ausschließlich im kirchlichen Bereich bei Sprengel- und Bistumsgrenzen sowie manchmal bei Besitzungen vor. Eine Abgrenzung von politischen Einheiten kommt hingegen so gut wie gar nicht vor, da der herrschaftliche Zugriff weniger über die Ortszugehörigkeit geschah, sondern noch sehr stark auf die Menschen bezogen war.
Die Urkunde ist aber noch aus einem anderen Grund interessant. Von Heinrich II. ist bekannt, dass er sich sehr für das klösterliche Leben interessierte. Er kannte nicht nur die Regula Benedicti, sondern befasste sich auch mit den Unterschieden, die von Kloster zu Kloster bestanden und in den sogenannten consuetudines festgehalten wurden. Während sein Vorgänger Otto III. eine gewisse Vorliebe für das griechisch-eremitische Mönchtum gepflegt hatte, setzte Heinrich II. mehr auf die zönobitisch, d.h. in der Gemeinschaft lebenden Konvente. Ob und wie weit er sich über die Ansichten Ottos III. im Klaren war, lässt sich kaum mehr klären. Es liegt aber nahe, dass die Vettern, beide sehr gebildet, gelegentlich über solche Fragen diskutierten.
In jedem Fall war Burtscheid von Otto trotz seiner Sympathie für das Eremitentum als benediktinisches Kloster gegründet worden. Dabei war sicherlich entscheidend, dass sich gerade nördlich der Alpen das gemeinschaftliche Zusammenleben als die übliche Form des Mönchtums durchgesetzt hatte. In der Urkunde wird der Sachverhalt, dass die Mönche in Burtscheid sub regula sancti Benedicti lebten, betont. Obendrein fällt die Arenga so sehr aus dem Rahmen des Üblichen, dass in der Forschung wohl zu Recht vermutet wurde, Heinrich selbst habe sie diktiert. Tatsächlich scheint sie geradezu ein Bekenntnis zu sein. Es heißt darin, dass die Disziplin der zönobitischen Mönche ihren Anfang in der Zeit der apostolischen Predigt nahm, über die in der Apostelgeschichte geschrieben stehe: "Die Menge der Gläubigen war ein Herz und eine Seele" (Apostelgeschichte 4,32). Im Anschluss daran wird die Schenkung damit begründet, dass Heinrich diese Lebensweise ganz besonders hoch schätze und der Mönchsgemeinschaft irdische Güter schenke, damit sie die himmlischen einst mit ihm teilen werde (Disciplina caenobitarum a tempore predicationis apostolicae sumpsit exordium, de qua ita scribitur in actibus apostolorum: "multitudinis autem credentium erat cor unum et anima una". Hanc vero adprime diligentes terrestria his largimur, ut et celestia nobiscum partiantur.). Da Heinrich in den Arengen häufiger seine Verantwortung für die Kirchen oder auch deren Pflichten ihm gegenüber herausstellt, ist also nicht auszuschließen, dass der Kaiser hier nicht nur seines Vorgängers gedachte, sondern sich auch an damalige Meinungsverschiedenheiten erinnerte. Immerhin steht das Bekenntnis zum zönobitischen Mönchtum gerade in einer Urkunde für eine von Otto gegründete Abtei.
(Tania Brüsch)

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