Nonosius Stettfelder, Dye legend vnd leben des heyligen sandt keyser Heinrichs (...)

(Es war) zu der Zeit, als die heilige Jungfrau Sankt Kunigunde an dieser oben genannten Sankt-Stephans-Kirche noch baute, und auch viele Arbeiter beschäftigte. Wenn der Abend kam und jeder der Tagelöhner seinen Lohn erhalten sollte, den er verdient hatte ­ denn etliche kamen zeitig, etliche spät ­, da nahm Sankt Kunigunde eine Kristall-Schüssel aus kostbar geschliffenem Kristall ­ die noch heute in Bamberg im Sankt-Michaels-Kloster auf dem Mönchsberg mitten in der Kirche auf dem Altar des Heiligen Kreuzes prächtig und ehrenvoll aufbewahrt wird und von jedermann täglich gesehen werden kann ­ und setzte sich nieder. Sie hielt die mit Pfennigen gefüllte Schüssel auf ihrem Schoß, und die Tagelöhner gingen einer nach dem anderen zu der heiligen Jungfrau und jeder griff in die Schüssel, um seinen Tagelohn daraus zu nehmen. Und er empfing nicht mehr, als er wirklich verdient und sich erarbeitet hatte. Wer früh gekommen war, der konnte so viel nehmen, wie er verdient hatte. Genauso griff auch der, der spät gekommen oder langsam war, nicht mehr heraus, als ihm zustand. Diese Gnade war der heiligen Jungfrau Sankt Kunigunde von Gott verliehen worden für die außergewöhnlichen Verdienste ihrer Keuschheit, Frömmigkeit und Heiligkeit. An das Wunderzeichen erinnert noch heute eine Darstellung in der Sankt-Stephans-Kirche in Bamberg an der Mauer, wo sie mit oben genannter Schüssel gesessen war. Und genau dort ist diese Geschichte über den Altar des heiligen Eberhard gemalt. Es ist eine besondere Andachtsstätte, für deren Besuch viele Päpste große Gnaden und Ablässe sowie Vergebung der Sünden gewährt haben.
(Übersetzung: Carla Meyer)