Nonosius Stettfelder: Dye legend vnd leben des heyligen sandt keyser Heinrichs (...)

Sie haben die schonen schussel, die parilla ist gewest, auf dem Munnichperck, die der heiligen Kunigunden ist gewest, zu kleinen stucklein zuhiben, berichtete die Äbtissin des Bamberger Klarissenklosters in einem Brief vom 25. Oktober 1525, nachdem die Aufständischen im Bauerkrieg das Kloster St. Michael auf dem "Mönchsberg" gestürmt hatten. Die kostbare Kristallschale, deren Zerstörung die Äbtissin beklagt, war der besondere Stolz der Bamberger Benediktiner: Aus ihr soll die heilige Kunigunde beim Bau der Bamberger Stephanskirche persönlich den Lohn an die Arbeiter ausgezahlt haben.
Ein Michelsberger Mönch war der Erste, der die Legende vom sogenannten "Pfennigwunder" der Kunigunde niederschrieb. Nonosius Stettfelder, zwischen 1470 und 1529 als Mitglied des Benediktinerkonvents bezeugt, nahm die Episode in seine volkssprachliche Vita des Kaiserpaares von 1511 auf. Der Custer auff dem Monchperg, also Klosterpfarrer, so bezeichnet er sich selbst im Schlussparagraph seines Werks, hatte bei seiner Schilderung jedoch nicht nur die Schale aus seiner Klosterkirche vor Augen. Ausdrücklich verweist er am Ende der Erzählung auf ein Wandgemälde, das sich in der im 17. Jahrhundert abgebrochenen Stephanskirche befand. Die Stelle in der Mauer, an der das Wunder stattgefunden haben soll, galt als bekannter Wallfahrtsort, für dessen Besuch die Pilger Ablässe erwerben konnten. Das kirchlich autorisierte Ablasswesen hatte in der Religiösität des Spätmittelalters einen enormen Stellenwert, versprach es doch einen "prophylaktischen" Nachlass der Strafen, die den Gläubigen für seine auf Erden begangenen Sünden im Jenseits erwarteten.
Kurz geraten scheint Stettfelders Version des "Pfennigwunders", vergleicht man sie mit den anderen Kapiteln seiner groß angelegten Lebensbeschreibung des Kaiserpaares. Bei den schon oft tradierten Episoden tat er sich weniger schwer, konnte er sich doch auf die Formulierungen und Schilderungen seiner hagiographischen Vorgänger stützen. Er hat sie in der umfangreichen Klosterbibliothek des Michelsberges nachgelesen, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1529 viele Stunden beim Abschreiben zahlreicher Codices und als Sekretär des Reformabts Andreas Lang verbrachte. Stettfelders Vita, die im Jahr 1511 von dem Bamberger Drucker Hans Pfeyll verlegt wurde, traf offenbar den Nerv der Zeit: Angeregt durch das Jubiläum der Kunigundenkanonisation im Jahr 1500 erlebte der Kult um das Kaiserpaar im frühen 16. Jahrhundert eine neue Blütezeit. Steingewordenes Zeugnis für ihren Erfolg ist auch das Grab von Tilman Riemenschneider, das 1513 im Dom enthüllt wurde. Es zeigt die bis heute bekannteste Darstellung des "Pfennigwunders".
(Carla Meyer)

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