3. (3.) Zum König gesalbt beschloss der glückseligste Diener Gottes (= Heinrich II.), mit der Enge zeitlicher Königsherrschaft nicht zufrieden, für den höchsten König, dem zu dienen herrschen heißt, zu streiten, um die Krone der Unsterblichkeit zu erlangen. Größte Sorgfalt verwandte er auf den Ausbau der Pflege der Gottesfurcht. Er begann, die Kirchen mit Besitzungen auszustatten und mit gewaltigem Zierat zu mehren. Die Bischofssitze von Hildesheim, wo er von Kindesbeinen an erzogen und in den Wissenschaften unterwiesen worden war, Magdeburg, Straßburg, Meißen und Merseburg, die durch die barbarische Wildheit der benachbarten Slaven verwüstet waren, stellte er wieder her; sowohl ihnen als auch anderen Bistümern im ganzen Reich ließ er unzählige (Schenkungen) an Besitzungen und Zierrat zukommen. (Mit der Leitung der Hildesheimer Kirche aber betraute er von göttlicher Eingebung belehrt den heiligen Godehard.) Was er aber der Merseburger Kirche im Besonderen vor anderen übertrug, wollen wir der Liebe der Zukünftigen im einzelnen mitteilen. Diese Kirche nämlich war zur Zeit Ottos des Großen jenes (Herrschers), der am Lech unter dem heiligen Bekenner Ulrich die Ungarn schlug und ihre Könige Lelius und Assur gemäß einem in Regensburg gefällten Urteil der Fürsten am Galgen hängte aufgrund ständiger Einfälle und feindlicher Verwüstung durch die Slaven gänzlich vernichtet worden. Weil sie den Gewalttaten der benachbarten Völker nicht widerstehen konnte, begann sie ganz und gar an Besitz, Gottesdienst und allem, was zur bischöflichen Würde gehörte, abzufallen. Es geschah aber, dass zur gleichen Zeit der Erzbischof der Magdeburger Kirche den Weg allen Fleisches ging und der Merseburger Bischof (Giselher) wegen der ihm von Gott verliehenen Weisheit und wegen vieler Tugenden, die ihn zierten und deretwegen er auch bei Otto dem Großen in höchster Gunst gestanden hatte , durch Eingreifen des vorgenannten Königs auf den Magdeburger Bischofsstuhl gesetzt wurde. Das Bistum Merseburg aber wurde gänzlich zerstört; was die Kirche an besseren Güteren, Dienstleuten oder Zierrat besaß, wurde als Ausstattung der Magdeburger Kirche übertragen und aus gewissen übrigen Besitzungen, die ihn Merseburg verblieben waren, dort eine Abtei errichtet. Dieser Zustand blieb bis zur Zeit Heinrichs, des frommen Bekenners Christi, unverändert bestehen. Als aber selbiger König die Fürsten seines Reiches in Quedlinburg zu einem Hoftag zusammengerufen hatte, beschloss er mit Zustimmung aller (Anwesenden), Polen, Böhmen und die übrigen benachbarten Gebiete der Slaven, die die Grenzgebiete seines Reiches verwüsteten, zu unterwerfen.
4. (4.) Nachdem er (= Heinrich II.) sein Heer versammelt hatte, zog er gegen die genannten Völker; er nahm seinen Weg über Walbeck (bei Hettstedt) und empfing dort das Schwert des heiligen Märtyrers Adrian, das dort seit langem als Reliquie aufbewahrt wurde. Dieses legte er an und aus ganzem Herzen rief er "Richte, Herr, die mich schädigen; unterwirf, die gegen mich kämpfen; ergreife Waffen und Schild und erhebe dich, um mir zu beizustehen" (Ps. 34,1 f.). Von dort zog er weiter und schlug sein Lager auf dem Feld auf, wo die Merseburger Kirche gelegen ist; als er den verlassenen und vernichteten Ort sah, seufzte er und sagte: "Heiliger Laurentius, Märtyrer Christi, wenn ich durch dein Eingreifen diese barbarischen Völker, zu denen ich ziehe, dem Römischen Reich und der christlichen Religion unterworfen haben werde, werde ich diesen verlassenen Ort, der deinem Namen geweiht ist, mit dem Beistand der göttlichen Gnade wieder in den Stand der früheren Würde zurückversetzen." Als aber die Fürsten Polens und Böhmens und die Großen der übrigen slavischen Völker erfuhren, dass der römische Kaiser mit einem Heer heranrückte, um sie zu unterwerfen, sammelten sie eine unzählige Menge Barbaren und zogen ihm in den Krieg entgegen. Dies wurde dem frommen König rasch durch Späher bekannt und, wie er es in allen Schwierigkeiten zu tun pflegte, nahm er seine Zuflucht zu den Waffen des Gebetes. Er rief den Namen des Herrn auf sich herab und überantwortete sich und sein Heer dem Schutz der heiligen Märtyrer Laurentius, Georg und Adrian. Nachdem alle durch den Empfang des Leibes und Blutes des Herrn gestärkt worden waren, kamen sie an den Ort der Schlacht. Als dort der glückselige König mit anfeuernden Worten, mannhaft zu handeln, alle aufgerichtet hatte und die unzählige Menge der Gegner sah, rief er zum Herrn und sagte: "Gott, der du von Anfang an die Kriege zertrittst, erhebe deinen Arm über die Völker, die auf Schlechtes gegen deine Diener sinnen (Judith 9,10f.). Zerstreue sie in deiner Tugend und zerstöre sie, mein Beschützer (Ps. 58,12). Mache sie zu einem Rad und zu einem Halm im Wind (Ps. 82,14)." Als er dies sagte, wurden ihm die Augen geöffnet und er sah die glorreichen Märtyrer Georg, Laurentius und Adrian mit einem kämpfenden Engel (= Erzengel Michael; vgl. 2 Kge. 24,16) seinem Heer voranziehen und die Schlachtreihen der Feinde in die Flucht schlagen. So wie das Heer des Sennacherib (2 Kge. 19,35) vom kämpfenden Engel aufgerieben wurde und zugrunde ging, so wurde diese gesamte Menge von Barbaren (2 Makk. 2,22) durch das tatkräftige Eingreifen Gottes aufgerieben, warf die Waffen weg und suchte, ohne dass christliches Blut vergossen worden wäre, ihr Heil in der Flucht (Judith 15,1). Als der heilige König dies sah, pries er den Gott des Himmels mit zum Himmel erhobenen Augen und Händen (Deut. 4, 19; Dan. 2,19) und sagte: "Ich preise dich, König des Himmels und der Erde, der du den Hochmütigen widerstehst und den Demütigen deine Huld gewährst, der du schirmst, die dich lieben, und gerühmt wirst bei den Völkern wegen des uns vom Himmel geschenkten Sieges" (Tob. 11,17; 1 Esdr. 5,11; 1 Petr. 5,5; Jak. 4,6; Ps. 144,20; Ps. 85,9; 2 Makk. 15,8). Nachdem die Barbaren besiegt und die Dinge, die dem zukünftigen Frieden nützen konnten, durch höchst feste Vereinbarung gesichert worden waren, kehrte der glückselige Mann mit den Seinen in sein (Reich) zurück, und sie ehrten und lobten mit Frieden Gott, der diejenigen rettet, die auf ihn hoffen (Exod. 18,23; 1 Kge. 14,22; Apg. 21,6; Luk. 2,20; Dan. 13,60).
5. (5.) Als der allerchristlichste König (Heinrich II.) sich Polen, Böhmen und Mähren tributpflichtig gemacht hatte, begann er aus Ehrfurcht vor dem heiligen Märtyrer Laurentius die Zerstörung und Vernichtung der Merseburger Kirche mit frommem Blick der Barmherzigkeit und Frömmigkeit zu betrachten und strebte danach, sie, die gänzlich vernichtete, an Gebäuden, Dienstleuten, weltlichen Besitzungen und kirchlichem Zierrat wieder in den früheren Zustand der bischöflichen Würde zu versetzen, wie er es Gott und dem heiligen Laurentius gelobt hatte. Und er ließ nicht von den Werken der Barmherzigkeit ab, ehe er sie in den alten Stand der Würde und die frühere Ehre des Gottesdienstes vollständig zurückgeführt hatte.
6. (6.) Schließlich gründete er das Bistum Bamberg vollständig auf seinem Eigengut, nachdem er das Gebiet von den angrenzenden Bistümern durch gesetzmäßigen Tausch erworben hatte. Dieses Bistum aber, das den Apostelfürsten Petrus und Paulus und dem höchst wertvollen Märtyrer Georg geweiht worden war, übertrug er zu besonderem Recht der heiligen römischen Kirche, um auf göttliche Eingebung dem ersten Bischofssitz die geschuldete Ehre zu erweisen und seine Gründung durch einen so mächtigen Schutz umso stärker zu befestigen. Im südlichen Teil der Stadt errichtete er ein Kloster zu Ehren des heiligen Erzmärtyrers Stephan nach der Ordnung der Kanoniker (d.h. ein Stift), im anderen, d.h. im nördlichen (Teil), ein weiteres Kloster nach mönchischer Regel zu Ehren des heiligen Erzengels Michael und des heiligen Abtes Benedikt; so schuf er sich und seiner auf dem Felsen apostolischer Festigkeit gegründeten und durch die Mauer und die Bollwerke der Verdienste des heiligen Georg und der anderen Heiligen befestigten und gezierten Bischofstadt gegen die drängenden Angriffe der Laster den Turm der Tapferkeit in Stephan und gegen das kalte Blasen desjenigen, der im Norden, von wo alles Übel ausgeht, seinen Sitz zu nehmen beschlossen hat, eine sichere Zuflucht im Schutz des Engels, auf dass der Täuscher (= der Teufel) in keiner Weise Macht über sie gewinnen könne, weil sie zur Rechten und zur Linken durch die Waffen der Gerechtigkeit gesichert ist (Hoheslied 8,9; Ps. 60,4; Jer. 1,14; 2 Makk. 11,5; 2 Kor. 6,7). Im Hinblick auf die Gründung und Bestätigung der heiligen Bamberger Kirche mögen, nachdem wir die Gelegenheit (dies darzutun) wahrgenommen haben (accepta occasione), diese Worte von unserer Seite genügen; nun aber wollen wir unseren Geist und Griffel dem begonnenen Bericht von den Taten des heiligen Mannes zuwenden.
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8. (18.) Wie groß seine (= Heinrich II.) Bereitschaft zu schenken, wie groß seine Freigebigkeit gegen Gott, sowohl in jener Bamberger Kirche wie auch an recht vielen anderen Orten, beweisen die offensichtlichen Zeichen seiner Werke. Gott allein fürwahr erwählte er sich als Erben, auf dass auch selbiger geruhe ihn in die Gemeinschaft des ewigen Erbes aufzunehmen. Weder nämlich hatte er Kinder nach dem Fleisch noch erwartete er welche, da ja fürwahr auf das sicherste erwiesen ist, dass er jene, die er als Ehefrau zu haben schien, Kunigunde, niemals erkannte, sondern gleichsam wie eine Schwester liebte. Wie dies aber bekannt wurde, darf zur allgemeinen Erbauung nicht übergangen werden, auf dass wir sowohl durch Beispiele der Keuschheit gebildet werden als auch durch die Bewunderung der göttlichen Geheimnisse bewegt werden und erkennen, wie sehr den Gott Fürchtenden alle Dinge zum guten zusammenwirken. So großen und so gearteten guten Menschen konnte nämlich die Versuchung nicht fehlen. Als nämlich der auf alle Guten neidische Teufel das unbefleckte Ehebett nicht zu verletzen vermochte, sann er darauf, es durch den Neid der Eifersucht zu beschmutzen und wenigstens den Ruf desjenigen zu schädigen, dem er die Wunde der Verderbnis nicht beibringen konnte. Vom Teufel veranlasst wurde also jene verdächtig eines Verbrechens gemacht, die den Makel der Verderbnis nicht kannte. Weil aber grausam ist, wer seinen Ruf vernachlässigt, wählte sie sich um der Reinigung willen jenes Urteil mit glühenden Pflugscharen, das bekanntlich wegen der Hartherzigkeit der Menschen eingeführt worden ist. Als aber die von Gott Geliebte wie ein Schaf zur Schlachtbank zu diesem Urteil geführt wurde, seufzte sie und sagte: "Herr Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde, der du Nieren und Herzen prüfst, sprich richtend mein Urteil und erlöse mich; dich nämlich rufe ich heute zum Zeugen und Richter an, dass ich weder diesen gegenwärtigen Heinrich noch irgendeinen anderen Mann jemals in fleischlichem Verkehr erkannt habe." Nachdem sie dies gesagt hatte, schritt sie unter Staunen und Weinen aller Anwesenden barfuß über die glühenden Pflugscharen und gelangte ohne Beschwerde der Verbrennung hinüber. So bewahrte der allmächtige Gott das Band der keuschen Liebe, bewies ihre Unschuld und gewährte Schutz der Vollkommenheit der Demut.
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10. (20.) Nachdem er (= Heinrich II.) durch die Städte Apuliens gezogen war und in ihnen höchst umsichtig angeordnet hatte, was zu Nutzen und Ehre des Reiches gehörte, begann er an der Krankheit des Steines zu leiden. Die Beschwerlichkeit dieser Krankheit erduldete der heilige Mann mit so großer Geduld, dass er sagte, die Leiden des Fleisches seien ihm zum Schutz seiner Demut von Gott auferlegt und die Geißel der Züchtigung sei das sicherste Zeichen väterlicher Liebe. Dennoch ließ er Linderungs- und Heilmittel anwenden, aber keine Feinsinnigkeit der Ärzte konnte ihn vollständig erlösen. Als der Schmerz schlimmer wurde, stieg er nach Montecassino hinauf, um zu erbitten, dass ihm durch die Fürsprache des heiligen Benedikt und der heiligen Scholastica von Gott ein Heilmittel für seine Gesundheit gewährt werde. Als er aber an den Ort kam, wo die Überreste der Heiligen bewahrt wurden, ergoss sich seine Seele im Anblick des Allerhöchsten und durch die Fürbitte der Heiligen, Benedikts nämlich und Scholasticas, erflehte unter Bitten und Tränen, dass Gott ihm Heil des Körpers und der Seele gewähre. Und es erfüllte sich, was der Prophet sagt: Ich bat den Herrn, und er hat mich erhört und mich aus allen Bedrängnissen entrissen. Denn er bat und wurde erhört. Er klopfte beständig an die Tür barmherzigen Macht und wurde eingelassen. Inzwischen begann der König zu bedenken, was er über die Überführung des heiligen Benedikt gehört hatten und dass seinen Reliquien angeblich heimlich entwendet und an einen anderen Ort überführt worden waren; daher zweifelte der heilige Mann an seiner körperlichen Gegenwart.
11. (21.) Nachdem er (= Heinrich II.) sein Gebet vollendet hatte, begab sich daher der Mann Gottes in das Gästehaus und legte sich erschöpft und geschwächt in sein Bett. In diesem einschlafend sah er den heiligen Benedikt, wie er ihm beistand und ein für medizinische Schnitte geeignetes Schneidemesser in der Hand hielt. Dieser sprach zu ihm: "Weil du auf Gott und seine Heiligen gehofft hast, bin ich von Gott gesandt, damit du durch meine Heilkunde von deiner Krankheit befreit werdest. Sieh da, ich, dessen Gebeine wie du meinst heimlich entwendet worden sind, zeige dir meine Gegenwart und werde zum Beweis der Wahrheit deine Leiden heilen." Dies sagend, öffnete er jenen Teil des Körpers, wo der Stein festsaß, mit dem medizinischen Messer, das er (in der Hand) hielt, und, nachdem er gewaltlos den Stein herausgerissen hatte, stellte er die klaffende Wunde durch plötzliche Heilung wieder her und legte den Stein, den er entnommen hatte, in die Hand des schlafenden Königs. Nachdem dies geschehen war, erwachte der allerchristlichste Kaiser und, als er bei sich bedachte, was an ihm durch den Bekenner Christi gehandelt worden war, und den Stein, den er in der Hand hielt, erblickte, rief er sein Gefolge, das ihm nach königlichem Brauch immer beistand, und sagte zu ihnen: "Ruft die Bischöfe und Fürsten unseres Reiches zu mir, damit sie erkennen und sehen die Wunder Gottes, die seine unaussprechliche Barmherzigkeit und seine unbeschreibbare Macht an mir getan haben." Diese aber trugen in eiligem Lauf die Aufträge des Königs zu den Fürsten und führten sie zum König. Der König grüßte sie, wurde von ihnen wiedergegrüßt und redete sie so an: "Meine Brüder und Mitstreiter, erhebt mit mir den Herrn und lasst uns seinen Namen darin erhöhen, da der Herr selbst groß ist und allzu lobenswert und seiner Größe kein Ende ist. Er selbst durchstößt und heilt, er geißelt die Sünder und erbarmt sich der Büßer. 'Er erniedrigt diesen und erhöht jenen. Denn der Herr hat einen Becher in der Hand, mit starkem Wein voll eingeschenkt' (Ps. 74/75, 8f.). Ich fürwahr, der ich gestern dem Tode nahe war, erscheine euch heute durch die Barmherzigkeit Gottes gesund und ich zeige euren Augen sichtbar heute den Stachel des Todes, den ich gestern eingeschlossen in meinem Körper trug. Dies sagend, zeigte er den Stein, den er in der Hand hielt, und, indem er die Narbe der Wunde zeigte, erzählte er der Reihe nach alles, was der heilige Benedikt an ihm getan hatte, sämtlichen Zuhörern. Jene aber, die die Wunder Gottes sahen und hörten, wurden mehr, als man glauben kann, in Staunen versetzt; und indem sie Gott priesen und lange zu seinem Lob anriefen, freuten sie sich über die Gesundung des Königs. Wiederum sprach der König zu ihnen: "Welchen Dank oder welche solcher Wohltaten würdige Geschenke können wir unserem Arzt Benedikt abstatten?" Alle aber urteilten, dass er der königlichen Freigebigkeit würdig sei. Also übertrug der König nach dem Rat seiner Fürsten der Kirche des heiligen Benedikt gewaltige Geschenke an Landgütern, an Gold, Silber und sehr vielen Schmuckstücken und zog, indem er den Brüdern, die selbiger Kirche vorstanden, Lebewohl sagte, froh und gesund von Montecassino ab. Von dieser Zeit an aber und fürderhin suchte er durch besondere Ergebenheit und Liebe dem heiligen Benedikt und allen Pflegern der klösterlichen Hingabe an Gott zu dienen und ihnen durch den Schutz kirchlicher Güter ein gütiger und ergebener Vater zu sein. Diese Dinge sind in Montecassino schriftlich niedergelegt zu finden, auf dass die Gegenwärtigen die Wundertaten Gottes im Gedächtnis halten und sie bei den Späteren nicht durch das Alter der Zeit in Vergessenheit geraten.
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17. (29.) Nachdem er (= Heinrich II.) schließlich höchst glorreich die Leiden dieses Lebens hinter sich gebracht und den Geruch guter Meinung weit und breit verströmt und den von ihm geliebten Ort wie auch andere Klöster zur Vollendung gebracht hatte, indem er sie ausstattete, schmückte und ausbaute, wurde er vom Herrn aus dem Kerker des Fleisches zum Empfang der unvergänglichen Krone geladen. Als er erkannte, dass der Tag seines Todes nahte, rief er diejenigen, die mit der glückseligsten Kaiserin Kunigunde in männlicher und weiblicher Linie verwandt waren, zu sich, auch einige Große des Reiches, und vertraute sie, indem er sie bei der Hand nahm, ihnen mit derartigen denkwürdigen Worten an: "Seht da", sagte er, "diese (Frau), die mir von euch, ja fürwahr von Christus bestimmt worden ist, gebe ich unserem Herrn Christus selbst und euch als eure Jungfrau zurück".
18. (30.) Bei seinem (= Heinrich II.) Dahinscheiden aber weinte die Erde, der Himmel aber jauchzte, wie der Herr durch seine Gnade zu enthüllen geruhte. Zur Stunde seines Todes selbst nämlich soll einem Diener Gottes, der in Einsamkeit lebte, der Teufel in menschlicher Gestalt erschienen sein. Diesen erkannte der Mann Gottes durch die Unterscheidung der Geister sogleich und sagte: "Wohin gehst du?" Ihm (antwortete) jener: "Zum Totengedächtnis des Fürsten (= Kaisers) ziehe ich." Jener aber entgegnete: "Geh und erfülle deine Aufgabe, soweit der Herr es dir gestattet. Wenn du aber deine Pflicht erfüllt hast, kehre beschworen durch den lebendigen Gott zu mir zurück, damit ich durch dich den Ausgang der Sache erfahre." Nach kurzer Zeit kehrte er zurück, stellte sich seufzend neben den Diener Gottes und sagte mit klagender Stimme unter gewaltigem Geheul: "Weh! Weh! Betrogen sind wir, vergeblich haben wir uns gemüht, da wir doch von den Engeln Gottes in die Flucht geschlagen abziehen mussten. Als nämlich auf der einen Seite wir, auf der anderen aber die englischen Geister (= die Geister der Engel) standen, wurden die Verdienste der gerechten Seele an die Waage gehängt; und da die Bündel der Sünden sie niederdrückten, hatte unsere Seite schon fast das Übergewicht gewonnen. Da kam plötzlich ein Verbrannter (= hl. Laurentius) hinzu und belastete mit einer goldenen Brotschale die rechte Zunge; diese überwog auf wunderbare Weise unsere Seite so sehr, dass der zu Boden gefallenen Schale selbst der Sturz das Zeichen des Zusammenstoßes eindrückte. Daher führten die Engel als Sieger froh die Seele, die sie uns entrissen hatten, in ihre Gemeinschaft fort." Obwohl diese Dinge als körperlich geschehen berichtet werden, ist es dennoch notwendig, dass sie als durch die geistliche Tugend erfüllt verstanden werden. Geistliche Dinge nämlich werden durch körperliche Bilder ausgedrückt und wenn das eine äußerlich geschieht oder gesagt wird, bedeutet es, dass etwas anderes innerlich sich vollzieht. Der vorgenannte und häufig gedachte Diener Gottes hatte einen goldenen Kelch zur Ehre Gottes und zum Gedächtnis des heiligen Märtyrers Laurentius der Kirche von Merseburg geschenkt, dessen besonderer Schutz ihm bei Gott half und ihn in der Stunde seines Todes selbst befreite. Aller Verehrung und Bewunderung aber würdig scheint es zu sein, dass in derselben Stunde der Kelch in sicherem Gewahrsam verschlossen war und dennoch das materielle Zeichen des vorgenannten Zusammenpralls empfing.
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29. (41.) Außer diesen wurden viele andere Beweise und Erfahrungen der Heiligkeit am selben Ort gesehen: Schwache wurden geheilt, Blinden wurde das Augenlicht gegeben, Dämonen wurden sichtbar aus den Körpern der Besessenen ausgetrieben, viele wurden von verschiedenen Krankheiten dort sehr häufig befreit; so zeigte der Herr, wie groß der Ruhm der Heiligen im Himmel ist, denen er zugesteht, dass sie durch so große Wundertaten auf Erden glänzen, damit von den Menschen nicht diejenigen geringgeachtet werden, die bei Gott aufgrund ihrer Verdienste erwiesenermaßen in hohem Ansehen stehen. Als nämlich der Herr durch das Zeugnis der Wunder die Heiligkeit seines Bekenners offenbarte, begaben sich hohe Geistliche der Bamberger Kirche, während die Zeichen weiter zunahmen, mit Urkunden und Briefen König (Konrads III.) und der Fürsten nach Rom, und meldeten dem Papst (Eugen III.) und der römischen Kurie, welch große Wunder Gott durch seinen Bekenner wirkte. Diese aber freuten sich, rühmten Gott für die süße Wonne so großer Kunde und begannen, eifrig und sorgfältig über die Heiligsprechung des heiligen Königs Heinrich untereinander zu beraten, dass er (nämlich) in das Verzeichnis der Heiligen eingeschrieben werde als einer, dessen Aufnahme in das Himmelreich durch Wunder und Zeichen erwiesen ist. Dieser Heiligsprechung begann sich ein gewisser Kardinal (Johannes mit Namen) heftig zu widersetzen und unter Hintansetzung der Furcht vor Gott scheute er sich nicht, in welcher Hinsicht er es nur vermochte, den vorgenannten Bekenner Christi herabzusetzen. Die göttliche Rache aber wies den Verleumder durch himmlische Züchtigung unverhofft in seine Schranken und, während er den Ruf des glückseligen Mannes zerriss, beraubte ihn die Macht Gottes des Augenlichts. Jener aber, so sehr geschlagen und gedemütigt durch die Beschwerde der Blindheit, begann sowohl durch das Bewusstsein seiner Schuld gequält zu werden als auch öffentlich laut zu bekennen, er habe diesen Schlag verdient, weil er sich gegen den Bekenner Christi versündigt habe. Auf wunderbare Weise erhob er nun denjenigen bis zu den Sternen, den er zuvor mit den Zähnen der Herabsetzung (PL 26, 821C; PL 193, 1678D) zerrissen hatte. Also zu rascher Reue bekehrt, erlangte er Verzeihung und er erlangte sein Augenlicht wieder zurück durch die Fürsprache desjenigen Bekenners Christi, um dessen Rächung willen er durch das gerechte Urteil Gottes geblendet worden war.
30. (42.) In ähnlicher Weise begann in Bamberg, wo der genannte Bekenner begraben worden war, ein Geistlicher, als sich dort die Kunde von seiner Heiligsprechung verbreitete, an den Zeichen, die durch ihn geschahen, zu zweifeln und innerlich Schmerz über die Erhebung der Gebeine, die an dessen Todestag feierlich begangen wurde, zu empfinden. Dieser wurde bald mit Verdunkelung der Augen so sehr geschlagen, auf dass er später durch den Bekenner Christi gesund gemacht bei seiner eigenen Heilung erlebe, wie viel seine Heiligkeit bei Gott vermag. Es ist sehr verwunderlich, dass irgendjemand an der Heiligkeit eines so großen Mannes zweifeln konnte, zumal er bis zum Ende seines Lebens mit größter Hingabe seinen heiligen Lebenswandel, seine unversehrte Keuschheit, sein großzügiges Almosengeben, seine strenge Demut und alle Werke der Gerechtigkeit bewahrte. Aber wie geschrieben steht: "Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterland" (Luk 4,23). Der genannte Mann also nahm, durch das Versagen seines Augenlichtes beschwert, Zuflucht zum Schutz der Heiligen und fehlte, dass ihm durch ihre Fürsprache die Gesundheit seiner Augen zurückgegeben werde. Als er vor Schmerz, Anstrengung und das ständige Beugen der Knie ermüdet war, stellte er seinen ermatteten Körper durch Schlaf wieder her. Während er schlief, erschien ihm der heilige Wolfgang, weil er ihm in seinen Gebeten vertraut war, und sagte: "Bete zum Bekenner Christi Heinrich und er wird dich befreien, denn, weil du seine Heiligkeit abgestritten hast, deshalb ist diese Züchtigung der Blindheit über dich gekommen!" Nach dieser Erscheinung erwachte er und erzitterte, als ihm sein Vergehen bewusst wurde; er eilte mit fliegendem Schritt und demütigem Geist zum Grab des Bekenners Christi, warf sich zu Boden und bat den Bekenner Christi mit Tränen und Flehen um Verzeihung für seine Übertretungen. Sogleich wurde er erhört und in den früheren Zustand der Gesundheit zurückversetzt; er dankte Gott und dem heiligen Heinrich und erzählte die Großtaten Gottes, die Gott an ihm vollbracht hatte, selbst den Geistlichen, die es uns berichteten.
31. (43.) Es mögen sich also die Bewohner der Welt hüten, die Knechte Gottes und die Bürger der (Gemeinschaft der) Heiligen herabzusetzen, da diejenigen, die den guten Werken der Heiligen zu widersprechen pflegen und neidisch auf sie sind, notwendigerweise hier und in Ewigkeit zugrunde gehen. Obwohl also jetzt keine Zeit für Wunder ist Zeichen nämlich werden nicht den Gläubigen, sondern den Ungläubigen geschuldet (1 Kor. 14,22) sind sie dennoch, wenn irgendwelche außerhalb des gewöhnlichen Laufs und der gewöhnlichen Ordnung der Natur uns widerfahren, mit aller Ehrfurcht zu ergreifen, damit er selbst, der wunderbar ist in seinen Heiligen, geehrt werde, und unsere Trägheit durch solche Wunder zum Besseren entzündet werde, so es unser Herr Jesus Christus gewährt, der mit Gott dem Vater und dem Heiligen Geist lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)