Als inhaltliche Ergänzung und erzählerische Ausgestaltung der rund 50 Jahre früher entstandenen Heinrichsvita schien das titellose Werk gedacht, das ein Kleriker aus dem Umfeld des Bamberger Domkapitels in den letzten Jahren des 12. Jahrhunderts verfasste. Daher verlieh ihm der Editor Georg Heinrich Waitz im 19. Jahrhundert die bis heute gebräuchliche Überschrift: Additamentum Vitae Heinrici.
Doch nicht der Kaiser war der Grund, weshalb der anonyme Autor zur Feder griff. Die heimliche Protagonistin seines Textes ist vielmehr Kunigunde: Durch die ambitionierten Pläne des Bamberger Bistums um 1200, ihre Kanonisation vor der Kurie in Rom zu betreiben, war sie schlagartig in den Mittelpunkt des hagiographischen Interesses gerückt. Über die historische Kaiserin wusste man im Bamberg des 12. Jahrhunderts zwar nur noch wenig. Doch das tragische Schicksal ihrer Kinderlosigkeit, das in der hagiographischen Tradition um Heinrich bereits in den Entschluss des Kaiserpaares zu einer gottgefälligen Josephsehe umgedeutet worden war, bot sich auch für Kunigunde als Angelpunkt ihrer Legendenbiographie an. Mit den Quellen aus ihrer Lebenszeit, dem 11. Jahrhundert, hat sie nichts mehr gemein, wie schon die bis heute bekannteste Kunigunden-Episode der Pflugscharprobe belegt: Sie ist eine Fiktion des 12. Jahrhunderts ohne historischen Kern, erstmals niedergeschrieben in der Vita Heinrici.
Der Autor des Additamentum an der Wende zum 13. Jahrhundert ist der Erste, der das erzählerische Potential dieser Legende erkannte. Während die Episode in der Heinrichsvita noch in einen Absatz passte, so wird sie im Additamentum bereits bis in allen Einzelheiten ausgemalt und um viele Spannungsmomente bereichert, so dass das Thema rasch zum beliebtesten Motiv der Maler und Bildhauer avancierte. Doch die dramatisierte Schilderung genügte dem Autor des Additamentum noch nicht; er interessierte sich vor allem auch für die Vorgeschichte des Ordals: Wie nur konnte die heiligenmäßige Kaiserin so ins Gerede geraten und des Ehebruchs bezichtigt werden? Die Antwort, die er auf diese Frage fand, ist von allen späteren Hagiographen begeistert übernommen worden: Ein solch dämonischer Plan war nur dem Teufel zuzutrauen.
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