Humbert von Silva Candida, Adversus simonicos (Gegen die Simonisten)

Humbert stammte wohl aus Burgund und wurde von seinen Eltern als Oblate in das Kloster Moyenmoutier gegeben, wo er den Grundstock seiner beachtlichen Literaturkenntnisse erwarb. Der zuständige Diözesanbischof Bruno von Toul kümmerte sich in besonderer Weise um dieses Kloster, das er nach dem Vorbild von Gorze reformieren ließ. Humbert wurde so mit reformerischem Gedankengut vertraut. Es ist anzunehmen, dass er bereits in dem lothringischen Vogesenkloster schriftstellerisch tätig wurde, seine Jugendwerke sind allerdings kaum zu bestimmen. In jedem Fall muss Bischof Bruno auf den Mönch aufmerksam geworden sein, ihn kennen und schätzen gelernt haben. Als nämlich Kaiser Heinrich III. Bruno im Jahr 1048 zum Papst berief, holte dieser einige Vertraute nach Rom: neben den späteren Päpsten Stephan IX. und Gregor VII. auch die Reformer Hugo Candidus und Humbert. Aus ihnen formte der neue Papst, der den Namen Leo IX. annahm, den Kern eines neuen Kardinalkollegiums. Gemeinsam widmeten sie sich zentralen reformerischen Zielen: Die Klerikerehe sollte abgeschafft, die Simonie überwunden und die Laienrechte innerhalb der Kirche zurückgedrängt werden.
Humbert erhielt 1050 den Titel eines Erzbischofs von Sizilien übertragen, das zu dieser Zeit noch in arabischer Hand war, und wurde bald darauf zum Kardinal von Silva Candida ernannt. Kurz vor seinem Tod am 27. April 1061 wurde Humbert von Papst Stephan IX. als Kanzler und Bibliothekar der Römischen Kirche eingesetzt. Er war nicht nur einer der engsten Berater mehrerer Päpste, die er auf wichtigen Reisen begleitete und für die er als Legat verhandelte, er verfasste auch zahlreiche Schriften im Sinne der neuen reformerischen Bestrebungen an der Kurie. Sein wichtigstes Werk sind die "Drei Bücher gegen die Simonisten". Heftig, geradezu polemisch wendet er sich gegen jede Form von Simonie, die Käuflichkeit geistlicher Ämter. Der Begriff "Simonie" geht auf eine Begebenheit der Apostelgeschichte (8, 18 ff.) zurück: Als der Magier Simon sah, wie der Heilige Geist über die Menschen kam, wenn die Apostel ihnen die Hände auflegten, versuchte er, jenen diese Fähigkeit mit Geld abzukaufen. Sein Ansinnen wurde von Petrus heftig zurückgewiesen, da man nicht kaufen könne, was Gott schenke.
Humbert verwarf jedoch nicht nur die Simonie als Häresie, sondern lehnte auch die Gültigkeit von Amtshandlungen ab, die von Simonisten vorgenommen worden waren, das galt insbesondere für die von ihnen gespendeten Weihen. Im dritten Buch weitet Humbert seine Kritik aus und richtet sein Zorn ganz allgemein auf den Einfluss der Laien in kirchlichen Angelegenheiten. Er kannte die Praxis der ottonischen (und salischen) Kaiser, die die Bischöfe des Reiches auswählten, mit Ring und Stab investierten und an Synoden teilnahmen. Dabei gerät besonders Heinrich II. in sein Blickfeld, dessen Regierungszeit auch nach heutiger Ansicht einen Höhepunkt in der Ausformung der ottonisch-salischen Reichskirche bildete. Neben Heinrich II. wird aber auch Kaiser Otto I. von Humbert heftigst getadelt. Er wirft den Kaisern vor, sich mit Magdeburg und Bamberg nicht nur die Gründung von Kirchen angemaßt, sondern sie nur zum Schein dem Apostel Petrus unterstellt zu haben, um dann unter Missachtung der päpstlichen Rechte doch die Herrschaft über die Bistümer auszuüben.
Humbert behandelt in seinem Werk zentrale Probleme, die bald darauf zum sogenannten Investiturstreit führten. Wie groß seine unmittelbare Einfluss auf die kirchliche Politik war, ist nur schwer zu beurteilen, weil die Libri tres adversus simoniacos offensichtlich kaum wahrgenommen wurden. Nur wenige Spuren einer Rezeption haben sich erhalten. Noch weniger nachzuweisen, wohl aber anzunehmen ist Humberts persönlicher Einfluss im Kreis der Reformer an der Kurie.
(Tania Brüsch)

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