Urkunde Heinrichs II. für das Kloster St. Michael zu Hildesheim (DH II. 260)

(Heinrich nimmt das Kloster St. Michaelis zu Hildesheim mit seinen Besitzungen in den königlichen Schutz und verleiht ihm die Immunität sowie das Recht der Wahl des Abtes und des Vogtes. Werla.)

Bernward von Hildesheim gehört zu den interessanten Bischofsgestalten um die Jahrtausendwende. Sein Schaffen war vielfältig und umfangreich und hinterließ sichtbare Spuren in Hildesheim, wo man sich 1192, also 170 Jahre nach seinem Tod, erfolgreich um seine Heiligsprechung bemühte. Zu Bernwards Lebenswerken zählt die Gründung des Benediktinerklosters St. Michael, das er als seine Grablege mit Besitz und Kunstwerken reichhaltig ausstattete. Der Plan zur Klostergründung war wohl älter, die Grundsteinlegung erfolgte jedoch erst 1010. Noch bevor der Bau abgeschlossen war, zogen bereits Mönche ein und wurden einzelne Abschnitte geweiht. Kurz vor seinem Tod Ende 1022 bemühte Bernward sich, seine noch nicht abgeschlossene Gründung durch entsprechende Rechtsakte zu sichern. Dabei ist es durchaus möglich, dass er bereits einige Jahre vorher um eine königliche Bestätigungsurkunde bei Heinrich II. nachgesucht hatte.
Bei DH II. 260 handelt es sich um einen äußerst komplizierten Fall. Die vorliegende Urkunde wurde mit ziemlicher Sicherheit im 12. Jahrhundert im Kloster St. Michael angefertigt. In solchen Fällen interessiert vor allem zweierlei: Gehen ­ erstens ­ vielleicht einzelne Bestandteile auf (verlorene) Originalurkunden zurück, und welches Ziel verfolgte ­ zweitens ­ der Fälscher? Scharfsinnige Beobachtungen haben die Herausgeber der Urkundenedition zu der Annahme geführt, dass für DH II. 260 ein verlorenes Diplom von 1013, ein erhaltenes von 1022 und ein Güterverzeichnis benutzt wurden. Als Zweck der "Fälschung" nehmen sie an, dass man in St. Michael zum einen den Besitzstand durch eine Königsurkunde gesichert wissen wollte, und dass man zum anderen durch Auslassung der entsprechenden Bestimmung den bischöflichen Einfluss bei den Abtswahlen auszuschalten suchte. Da die Analyse der Textgrundlagen an sich schon sehr kompliziert ist, darüber hinaus die Königsurkunden für Hildesheim, die nach einem Dombrand erneuert werden mussten, sowieso nicht immer über jeden Verfälschungsverdacht erhaben sind und die Vita Bernwardi, die in die Argumentation einbezogen wurde, in ihrer Datierung inzwischen umstritten ist, wird man je nach Fragestellung die Aussagekraft der Urkunde erneut überprüfen müssen.
(Tania Brüsch)

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