(Heinrich verleiht der bischöflichen Kirche zu Paderborn die Grafschaft des verstorbenen Grafen Hahold. Trebur 1011 April 10.)
Am 10. April 1011 schenkte Heinrich II. der bischöflichen Kirche zu Paderborn die Grafschaft des Grafen Hahold. In der Arenga begründet er seine Schenkung damit, dass Gott, der ihn zum König gemacht habe, durch seine Herrschaft die Kirchen unterstützen wolle. Dieses Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Reichskirchen findet man häufig in den Urkunden Heinrichs II. Zu der Paderborner Bischofskirche hatte er aber darüber hinaus ein besonders gutes Verhältnis, sie gehörte zu den Kirchen, die Heinrich II. aus verschiedenen Gründen ganz besonders förderte: Bischof Rethar hatte 1002 Heinrich II. auf dem Weg zum Königtum unterstützt, in Paderborn war Kunigunde gekrönt worden, und hier hatte Heinrich nach Rethars Tod seinen ehemaligen Mitschüler, dessen Fähigkeiten er gut kannte, zum Bischof gemacht, um der Kirche, die im Jahr 1000 durch einen Brand schwer geschädigt worden war, zu helfen. Warum die Schenkung 1016 noch einmal wiederholt wurde, ist nicht ganz klar (vgl. DH II. 344).
Dass ganze Grafschaften an Bischofskirchen verschenkt wurden, kam unter Heinrich II. häufiger vor. Indes ist sich die Forschung über die Hintergründe und den Nutzen solcher Schenkungen nicht ganz im Klaren. Sicher ist, dass ein Bischof nur ausnahmsweise darüber entscheiden konnte, wer als Graf eingesetzt werden sollte. Vorhandene Grafen blieben im Amt, und nach ihrem Tod folgte wenn vorhanden ein Sohn, denn die Grafschaften hatten zwar den Charakter eines Lehens, waren faktisch aber erblich geworden. So wurde die These aufgestellt, dass es sich um eine Maßnahme handelte, die die Grafen zu einem friedfertigen Verhalten gegenüber den Bischöfen zwingen sollte, was plausibel erscheint, da Thietmar von Merseburg an einer Stelle seiner Chronik über die Schädigungen und Leiden klagt, die seine Amtsbrüder durch den Laienadel zu erdulden hätten. So mochten die Grafen in Streitfällen vielleicht gegen ihren bischöflichen Nachbarn vorgehen, das Vergehen war aber deutlich schwerer, wenn es sich dabei gleichzeitig um ihren Lehnsherrn handelte. Jedoch scheinen die Grafen den Wechsel vom König zum Bischof als Lehnsherrn aber nicht als Einschränkung empfunden zu haben, denn es gab keinerlei Widerstände gegen diese Schenkungen. Kurzum: In der Mehrzahl der bekannten Fälle standen König, Bischof und Graf der Übertragung positiv gegenüber, niemand scheint also einen Nachteil davongetragen zu haben. Die Gründe für diese Akzeptanz lassen sich teilweise nur vermuten. Der König ehrte den Bischof durch eine Grafschaftsschenkung, die wahrscheinlich finanzielle Einnahmen brachte, aber kaum mehr Macht bedeutete. Für die Bischöfe sind also zumindest Gewinn und ehrenvolle Auszeichnung, für den König die Herrschertugend der Freigebigkeit als Motive zu vermuten. Bei den Grafen ist es schwieriger: Vielleicht lagen die Vorteile für sie in einer geringeren Belastung im Heeresaufgebot, oder sie profitierten von den effektiveren Verwaltungsstrukturen der kirchlichen Organisation. Die Annahmen bleiben aber Spekulation aus den Verhältnissen der Zeit zwar denkbar, jedoch nicht durch Quellenaussagen belegbar.
(Tania Brüsch)