(Heinrich schenkt dem Kloster Hersfeld das Kloster Memleben. Frankfurt 1015 Februar 5.)
Die im Original erhaltene Urkunde gehörte zu einer Serie von insgesamt drei beziehungsweise vier Urkunden, die zwischen dem 26. Januar und dem 5. Februar 1015 in Frankfurt ausgestellt wurden. Damals verhandelte Heinrich II. mit dem Kloster Hersfeld um einen Austausch von Gütern. Sein Ziel war offenbar die Schenkung der vier Höfe Rodheim (Mittelfranken), Welbhausen (Mittelfranken), Schnackenwerth (bei Schweinfurt/Unterfranken) und Wonfurt (bei Haßfurt/Unterfranken) an das von ihm gegründete Bistum Bamberg (DH II. 332). Am Anfang stand ein Diplom über den Tausch von sechs Litenhufen zu Beuna gegen eine Besitzung zu Riestedt (DH II. 329). Dieser Tauschhandel scheint keine Probleme verursacht zu haben. Die Schwierigkeiten begannen mit den anschließenden Geschäften. Noch am selben Tag wie DH II. 329 wurde eine weitere Urkunde ausgestellt (DH II. 330). Mit ihr wurde ein Tausch zwischen Hersfeld und Otto II. rückgängig gemacht, in dem das Kloster seine alten Zehntrechte im thüringischen Friesenfeld und Hassegau zurückerhielt und dafür Heinrich II. die Güter Muffendorf (bei Bad Godesberg/Bonn) und Klobikau (bei Halle) abtrat.
Die Dorsualnotizen auf zwei der vier Urkunden (DDH II. 330 und 332a) verraten, dass man in Hersfeld mit den in Frankfurt vollzogenen Tauschgeschäften oder den Umständen, unter denen sie zustande kamen, nicht ganz zufrieden war. Daher liegt es nahe anzunehmen, dass mit dem vorliegenden Diplom Hersfeld eine Entschädigung für den aufgezwungenen Gütertausch bekommen sollte: So erhielt die altehrwürdige Reichsabtei das noch recht junge Reichskloster Memleben.
Diese Schenkung, wie überhaupt die Geschäfte von Januar/Februar 1015 in Frankfurt, war von langer Hand vorbereitet. Heinrich II. hatte zunächst einmal das von Otto II. gegründete Kloster Memleben, dem er 1002 noch sämtliche Rechte und Besitzungen bestätigt hatte (DH II. 25), mehr oder weniger handlungsunfähig gemacht, indem er Abt Reginold absetzte. Anschließend entzog er dem Kloster seine wichtigste Einnahmequelle: die Zehntrechte im Friesenfeld und Hassegau, die er an Hersfeld zurückgab. In der Urkunde ließ er dann ausführen, dass er um seines Seelenheils und des Zustands des Reiches Willen für die Kirchen Sorge trage. Aus diesem Grund habe er über die Armut der Abtei Memleben die ja erst kurz zuvor durch ihn arm gemacht worden war nachgedacht und beschlossen, sie dem rührigen Abt Arnold von Hersfeld zu unterstellen. Für das Memlebener Kloster, das fortan nur noch eine unselbständige Hersfelder Propstei war, muss Heinrichs Entschluss einer Katastrophe gleichgekommen sein. Aus der Sicht des Kaisers war diese Entscheidung jedoch vernünftig: Memleben hatte für ihn keinerlei Funktion, während für die langfristige Sicherung seiner Stiftung Bamberg jede Schenkung hochwillkommen und notwendig war, wenn es ihr nicht so ergehen sollte wie dem von Otto II. aufgehobenen Bistum Merseburg.
Auch das Kloster Hersfeld kam aufs Ganze gesehen nicht allzu schlecht weg, denn kaum einem anderen Kloster wurde soviel Aufmerksamkeit in Form von Reformbestrebungen und Schenkungen zuteil wie dieser Reichsabtei. Dennoch wollte man in Frankfurt dem Kaiser keine Zugeständnisse machen. Vermutlich waren die Verhandlungen nach der Ausstellung der ersten beiden Urkunden am 26. Januar (DDH II. 329 und 330) ins Stocken geraten, denn die folgenden Urkunden wurden erst zehn Tage später fertiggestellt. Es gibt ein weiteres Indiz, dass Heinrich II. den Gütertausch frühzeitig vorbereitet hatte. Die Urkunden DDH II. 330 bis 332 wurden nämlich auf dafür vorgefertigte Blanketts geschrieben. Man ging also offenbar davon aus, dass das Tauschgeschäft um Zehntrechte, Muffendorf und die Güter für Bamberg zustande kommen würde, nur die Modalitäten waren noch unklar und konnten je nach Verhandlungsergebnis in den Urkunden ausformuliert werden.
(Tania Brüsch)