38. In dieser Gegend lebt als ein König Göttrik, der im Kloster zu Verden unter dem dortigen Bischof Erp als Geistlicher erzogen worden ist und trotz seiner Unwürdigkeit den Grad eines Diakons erlangt hat. Aber nach dem Tode des Bischofs ist er entflohen, hat als ein zweiter Julian Namen und Stand von sich geworfen und sich in vielen Dingen ganz anders gezeigt, da er das Christentum nur äußerlich bekannt hatte. Sobald ihn die Seinen erkannten, nahmen sie ihn auf und erhöhten ihn so zu der ererbten Würde. Was Gott missfällt, darf niemand loben oder nachmachen. Gegenwärtigen Erfolg soll man aus Furcht vor der Zukunft gering achten. Auch dieser König, ein Knecht der Sünde, ein Kind des Todes, herrscht nicht, wie er glaubt, sondern beschwert sich täglich mit Lasten. Von ihm sagt der Herr durch Isaias: "Söhne habe ich aufgezogen und erhöht, sie aber haben mich verschmäht". Um seine und seiner Gefährten Umkehr, ausreichende Buße und Standhaftigkeit möge die ganze Christenheit beten und Gott darum bitten, dass sie fürderhin an ihren Gliedern nichts Ähnliches zu leiden braucht. Das beziehe ich zwar nur auf ihn allein, aber es gibt leider auch andere, die unter dem gleichen Spruch stehen, denn sie achten das Wort des Paulus nicht: "Besser ist es, den Weg der Bekehrung nicht zu erkennen, als nach dieser Erkenntnis von ihm abzuweichen".
39. Doch keiner vermag die mannigfachen Erscheinungen des Nordlandes zu begreifen, wie sie die Natur dort besonders seltsam hervorbringt, auch nicht die grausamen Bluttaten dieses Volkes; so gehe ich darüber hinweg. Nur kurz will ich noch etwas über die Schlangenbrut sagen, die Söhne Svens des Verfolgers. Sie hatte ihm die Tochter Herzog Mieszkos (I.) geboren, die Schwester seines Nachfolgers und Sohnes Boleslaw (Chrobry). Lange Zeit lebte sie von ihrem Gatten verstoßen und musste wie alle anderen nicht geringes Leid erdulden. Ihre Söhne gleichen in allem gar sehr dem Erzeuger. Unter Tränen übernahmen sie die Leiche ihres lieben Vaters nach der Überführung und wölbten den Hügel über ihr; dann rüsteten sie Schiffe und sannen auf Rache für alle Schande, die die Angeln ihrem Vater hatten antun wollen. Ihre zahlreichen an diesen verübten Untaten übergehe ich, da ich sie nicht kenne; nur was mir einer aus zuverlässiger Kenntnis mitgeteilt hat, soll meine Feder kurz berichten.
40. Im Jahre 1016 der Fleischwerdung des Herrn verstarb der Angelnkönig Aethelstan. Im Monat Juli aber landeten die Brüder Harald und Knut mit ihrem Jarl Thurkil und 340 Schiffen, um die Burg London zu belagern, in deren Schutz sich die über den Tod ihres Gatten und Schützers trauernde Königin mit ihren Söhnen Aethelstan und Edmund, mit zwei Bischöfen und den übrigen Großen befand. Auf der Themse brachten sie ihre Schiffe heran, deren jedes 80 Männer trug, und stürmten 6 Monate lang an. Dann entsandte die des ständigen Kampfes müde Königin Unterhändler, die sie um Frieden bitten und ihre Forderungen an sie genau erkunden sollten. Die unersättlichen Feinde gaben ihnen zur Antwort: Die Königin müsse ihre Söhne zum Tode ausliefern und sich selbst lösen mit 15000, die Bischöfe mit 12000 Pfund Silber und allen Panzern, deren unwahrscheinliche Zahl 24000 betrug; nur wenn sie in dieser Absicht 300 erlesene Geiseln stellen wolle, könne sie für sich und ihre Gefährten Frieden und Leben retten. Andernfalls würden sie ausnahmslos durch das Schwert umkommen; das verkündeten alle dreimal. Die ehrwürdige Königin und die Ihren waren tief entsetzt über diese Botschaft. Aber nach langen, bewegten Überlegungen gelobte sie, sich fügen zu wollen, und verbürgte sich durch die genannten Ritter.
41. Währenddessen entrannen die beiden Brüder in stiller Nacht dem verheißenen Verderben in einem Nachen und zogen zur Verteidigung ihres Landes und zur Befreiung der Mutter alle verfügbaren Truppen zusammen, ohne dass der Feind zunächst etwas davon merkte. Aber als eines Tages der Seeräuberjarl Thurkil mit vielen Männern landete, um in der Nachbarschaft zu heeren, hatte er eine unvermutete Begegnung mit den Feinden; er sprach seinen Leuten Mut zu, als er sie von weitem sah, und griff mannhaft an. Da fielen Edmund, Thurkil und eine große Zahl auf beiden Seiten. Weder die einen noch die anderen hatten Aussicht auf den erhofften Sieg, und so gingen sie mit Wunden bedeckt freiwillig auseinander, voller Trauer nur darüber, dass es der Zufall so gefügt hatte. Uns aber verbietet die Schrift zu glauben, dass es ein Schicksal oder einen Zufall gibt. Die Dänen kehrten, wenn auch geschwächt, auf die befreundeten Schiffe zurück, und als sie erkannten, dass der überlebende Aethelstan und die nahenden Briten der Burg Hilfe brachten, machten sie die Geiseln nieder und flohen. Gott, der da schützet, die auf ihn hoffen, vernichte und verderbe sie, dass sie niemals wieder diesen oder anderen Gläubigen in ihrer Weise schaden können! Über die Rettung der Stadt wollen wir uns freuen, über das andere aber trauern.
42. Auch habe ich durch den Bericht des Sewald, den ich oben erwähnte, von einem beklagenswerten und insofern denkwürdigen Ereignis erfahren; eine ungläubige Normannenschar unter der Führung des Thurkil hatte neben anderen Dunstan, den erlauchten Bischof der Stadt Canterbury, gefangen und hielt sie in ihrer ruchlosen Art gefesselt, hungernd und unter unsäglichen Leiden fest. Da versprach er ihnen, von menschlicher Schwäche überwältigt, Geld und setzte einen Termin für die Aufbringung, um sich währenddessen wie ein lebendiges Schlachtopfer für den Herrn durch häufige Bußübungen zu reinigen für den Fall, dass er in dieser Frist nicht durch ein annehmbares Lösegeld dem zeitlichen Tode entrinnen könne. Als dann die vereinbarte Zeit verstrichen war, ließ die gierige Charybdis dieser Elstern den Diener Gottes kommen und verlangte drohend die sofortige Auszahlung des versprochenen Tributs. Er aber erklärte sanft wie ein Lamm: "Hier bin ich, bereit zu allem, was ihr mit mir tun wollt. Durch Christi Liebe habe ich heute keine Furcht, wenn ich ein Beispiel für seine Diener werden darf. Dass ich euch wortbrüchig erscheine, daran ist nicht mein Wollen schuld, sondern meine bittere Armut. Meinen schuldigen Leib hier, den ich in diesem Elend zu sehr geliebt habe, biete ich euch dar; ich weiß wohl, dass es in eurer Macht liegt, mit ihm zu tun, was ihr wollt. Meine sündige Seele aber vertraue ich in Demut dem Schöpfer aller Dinge an; mit ihr habt ihr nichts zu schaffen."
43. Während dieser Worte umringte ihn ein Haufen der Ungläubigen und zückte allerlei Waffen, um ihn zu töten. Als das ihr Jarl Thurkil von ferne sah, eilte er herbei und rief: "Bitte lasst das! Gern will ich euch allen mit Ausnahme des Schiffes Gold, Silber und alles andere geben, was ich hier besitze oder irgendwie gewinnen kann; nur versündigt euch nicht an einem Gesalbten des Herrn!" Aber solch gemäßigter Zuspruch konnte den unbändigen Hass nicht erweichen, der härter war als Eisen und Stein; er ließ sich nur durch unschuldig vergossenes Blut besänftigen, und das ließen sie sogleich gemeinsam fließen durch Rinderschädel, einen Steinhagel und Knüppelschläge. Von so vielen Tobenden angefallen gewann er die Freuden des Himmels, wie alsbald ein wirksames Zeichen bestätigte. Einer der Anführer nämlich wurde an seinen Gliedern gelähmt und erkannte an sich selbst, dass er sich an einem Erwählten Christi vergangen hatte, wie geschrieben steht: "Mein ist die Rache. Ich will vergelten, spricht der Herr". Dieser Sieg des Streiters Christi überwand seine elenden Verfolger; verloren haben sie Gottes Gnade, das ihnen von ihrem Führer gebotene Geld und schließlich auch ihre Seele, wenn sie nicht Buße tun und in sich gehen. Er aber versöhnte Gottes Angesicht mit seiner Stola, die bis dahin weiß war durch seine Makellosigkeit an Seele und Leib, nun aber im Blute sich rot färbte. Um seine Fürbitte wollen wir Sünder ständig im Gebet bitten und daran glauben, dass er vor Gottes Majestät viel gilt.
44. Nicht ohne tiefe Trauer kann ich das Unglück schildern, das im Verlaufe des dargestellten Jahres der Schalttag zur Strafe für unsere Sünden gebracht hat. Markgraf Bernhard (von der sächsischen Nordmark) griff mit einer großen Schar in der Nacht Magdeburg an; dabei wurde ein schuldloser Vasall des Erzbischofs gefangen und ein zweiter verwundet. Am Freitage, dem 10. Februar, vernahm man als Zeichen kommenden Unheils im Morgendämmern furchtbare Donnerschläge mit Blitzen und heftigen Stürmen, die an verschiedenen Orten Schäden anrichteten. Manche kamen dabei um, denn das heftige Unwetter ließ Häuser einstürzen; andere entrannen verletzt nur mit Mühe dem Tode. Auch die Wälder erlitten durch Windbruch schweren Schaden. Pfalzgraf Burkhard wurde vom Schlage getroffen. In der Landschaft Hassegau sammelten die 4 Brüder Aelli, Burkhard, Dietrich und Poppo einen Haufen Leute, überfielen den edlen Bern, einen tüchtigen Ritter, der sie oft mit Geringschätzung behandelt hatte, und erschlugen ihn, obwohl er nicht weniger als 100 Bewaffnete bei sich hatte; auf beiden Seiten fielen einige.
45. In der Lombardei landeten Sarazenen und eroberten die Stadt Luna, deren Bischof entkommen konnte; dann blieben sie gewalttätig und unbehelligt dort im Lande sitzen und missbrauchten die Frauen der Einwohner. Als der Herr Papst Benedikt (VIII.) hiervon Kunde erhalten hatte, rief er alle Lenker und Schützer der hl. Mutter Kirche zusammen und bat und gebot, mit ihm zusammen mannhaft diese dreisten Feinde Christi anzugreifen, um sie mit Hilfe des Herrn zu vernichten. Zudem sandte er heimlich eine gewaltige Flotte voraus, um ihnen die Rückzugsmöglichkeit abzuschneiden. Als der Sarazenenkönig davon Wind bekam, ergrimmte er zunächst, dann aber entfloh er mit wenigen Begleitern auf einem Boot der drohenden Gefahr. Doch die Seinen sammelten sich alle, griffen die nahenden Feinde zuerst an, schlugen sie schnell in die Flucht und mordeten, es ist kläglich zu sagen, 3 Tage und Nächte lang. Schließlich ließ sich Gott durch die Klagen der Frommen versöhnen, jagte seine Hasser auseinander und machte den Sieg so vollständig, dass nicht ein einziger von ihnen übrig blieb und die Sieger die Menge der Erschlagenen und der Waffenbeute nicht zu zählen vermochten. Dabei wurde auch ihre Königin gefangen und wegen der Freveltaten ihres Gemahls enthauptet. Ihren goldenen, ringsum mit Edelsteinen gezierten Kopfschmuck nahm der Papst vor den Anderen an sich und übersandte ihn später dem Kaiser als seinen Anteil, den man auf 1000 Pfund schätzte. Nach Verteilung der Beute kehrte das siegreiche Heer froh in die Heimat zurück und sang Loblieder zu Ehren des Siegers Christus. Der durch den Tod seiner Gemahlin und seiner Gefährten aufs äußerste aufgebrachte König aber übersandte unserem obersten Priester einen Sack voll Kastanien und ließ durch den Überbringer ankündigen, er werde ihm im nächsten Sommer ebenso viele Krieger bringen. Nach Empfang dieser Botschaft gab der Papst dem Gesandten den gleichen Sack voll Hirse zurück mit den Worten: Wenn er von der schweren Schädigung des apostolischen Gutes noch nicht genug habe, möge er wiederkommen; so viele und noch mehr geharnischte Krieger werde er antreffen, dessen könne er sicher sein. Der Mensch denkt und redet, Gott entscheidet. Ihn sollte in Demut jeder Gläubige darum bitten, dass er barmherzig solches Unheil abwende und uns in Gnade die notwendige Ruhe des lieben Friedens schenke.
46. Bei der Insel Reichenau gingen am 16. Oktober 9 mit Menschen beiderlei Geschlechts vollbeladene Boote unter.
Im Westen wurde der bei vielen verhasste Lambert, ein Sohn Reginars, mit den Seinen durch seinen Feind Gottfried (Herzog von Niederlothringen) besiegt und fiel. Es gab damals dort im Lande keinen Schlimmeren als ihn; viele Menschen hat er in den Kirchen am Glockenstrang aufgeknüpft. Niemand kann aufzählen, wie vielen er ihren Besitz nahm, wie viele er erschlug. Niemals dachte er daran, für die verübten Missetaten Buße zu tun. Mit seinem Bruder Reginar zusammen hat er auch Werner und seinen Bruder Reginald erschlagen. Sein Vater war von Otto (I.) nach Böhmen verbannt worden und dort gestorben. Ihr eigenes Land hatte gelitten, solange sie lebten; ihr Tod rief große Freude hervor. Nur eins müssen wir beklagen: dass an jenem Tage wegen des einen Schuldigen so viele schuldlose Kämpfer auf beiden Seiten gefallen sind. Auch noch andere Bluttaten ereigneten sich leider damals in dieser Gegend. Im Reiche des friedfertigen und äußerst ehrfurchtgebietenden Königs Robert (II. von Frankreich) kämpften die Einwohner untereinander, und mehr als 3000 Menschen kamen ums Leben.
Auch den darauf folgenden unersetzlichen Verlust darf ich nicht übergehen. Graf Heinrich, mein vor Christus und in dieser Welt sehr angesehener Oheim, entrichtete am 2. Oktober unserer Doppelnatur seinen Zoll; wegen seiner Rechtschaffenheit bis ins Alter und seines seligen Endes darf man ihn glücklich preisen.
47. Auch Graf Wichmann (= Billunger), ein für das Land äußerst wertvoller Mann, kam durch einen dreisten Knecht elendiglich um, und zwar auf Veranlassung einer zweiten Herodias. Mein Trauerbericht soll darlegen, wie es dazu kam. Zwischen ihm und Graf Balderich herrschte lange Fehde, die dem im wechselseitigen Kampfe oft besiegten Balderich soviel Unehre eingebracht hatte, dass ihm die übrigen Großen mit tiefer Verachtung begegneten. Wichmann dagegen trug sein Glück mit Gleichmut, schrieb es Gottes Gnade zu und gedachte, den lange wütenden Streit durch einen Vergleich aus der Welt zu schaffen; er lud seinen Gegner freundlich in sein Haus und suchte ihn durch Bewirtung und Gastgeschenke zu versöhnen. Zur Bestätigung des angeknüpften Freundschaftsbandes erhielt auch er eine Einladung von ihm, doch über sein Weib flüsterte diesem die alte Schlange ein, er möge ihn wenigstens im Netz seiner Verschlagenheit fangen, da er mit Gewalt niemals seiner habe Herr werden können. So willigte die lobenswerte Einfalt edlen Sinnes in das freundlich erlogene Verlangen des falschen Freundes. Man nahm ihn zunächst sehr gut auf, aber bald wurde ihm von einem vergifteten Trank übel. Nun wurden seine heftigen Schmerzen immer schlimmer, so dass er kaum den folgenden Tag dort abwartete. Als er dann wohlbeschenkt und freundlich entlassen aufbrach, hielt man seine Ritter dort durch eine List zurück, er aber wurde hinterrücks durch einen Knecht erschlagen; Balderich, dessen Herr, war dabei, ohne es zu sühnen. Jedoch wurde einer seiner Begleiter, der den ruchlosen Mörder niederstreckte, gleich darauf getötet.
48. Als Balderich dann flüchtete und dadurch sein schlechtes Gewissen zeigte, machte das Gerücht die klägliche Geschichte weithin bekannt. Als erster kam Dietrich, der Bischof der hl. Kirche von Münster, ein Sohn meiner Mutterschwester; er hatte in der Nähe gewartet; in untröstlichem Schmerz beklagte er den Tod seines lieben Freundes, geleitete die Leiche nach der Burg Vreden und war sorgfältig bemüht, ihn bei seinen Vätern beizusetzen. Dann sandte er Boten durch das ganze Land und rief selbst seine Landsleute und Verwandten zur Rache auf, belagerte mit starken Kräften die feindliche Burg Uflach und heerte und brannte in ihrer Umgebung. Endlich kam mein Vetter, Herzog Bernhard (II. von Sachsen), der rechtliche Vormund des noch unmündigen Grafensohnes und der ganzen Erbschaft, und trat als Rächer des ruchlosen Verbrechens auf. Er tröstete die trauernden Vasallen, so gut er konnte, und setzte der Burg mit seinen übrigen Anhängern bei Tag und Nacht zu.
49. Währenddessen verließ der Kaiser Burgund, wo er einen großen Teil des Sommers verbracht hatte; sobald er vom Verlauf der ganzen Angelegenheit erfuhr, trat er schleunigst zu Schiff die Reise dorthin an. Auf dieser Fahrt verstarb mein Vetter Gebhard, Graf Heriberts Sohn, so der bei des Königs Majestät damals viel galt und sich durch große Rechtlichkeit auszeichnete; er ließ den Kaiser und alle seine Landsleute in großer Trauer zurück. Erzbischof Heribert von Köln aber war sehr um seinen Ritter Balderich besorgt und ging den Kaiser mehrfach an, er möge doch die lange belagerte Burg seiner Gewalt unterstellen. Der Kaiser gab auch seinen standhaften Bitten nach und willigte ein. Doch nachdem des Caesars Feind abgezogen war, wurde Burg Uflach völlig zerstört. Die Gräfin aber, die sich in Unruhe noch länger dort aufgehalten hatte, blieb leider mit allem, was sie besaß, unversehrt. Mögen alle Verwünschungen, die der selige Job gegen sich aussprach, dieses Weib treffen; sie hat es verdient. So viel Leiden soll sie in dieser Welt erfahren, dass sie wenigstens in der Zukunft auf Vergebung hoffen darf! Alle, die ihr je in dieser Sache geholfen haben, mögen sich zu Gott bekehren, ihre schweren Sünden bekennen und schleunigst aufrichtig Buße tun! Denn dieser Giftnatter Gezisch hat der Kirche einen großen Schirmer genommen.
Im gleichen Jahre verwüsteten Bischof Dietrich (von Münster) und Graf Hermann (von Werl), der Sohn der Gerberga, im Streit um eine unbedeutende Sache gegenseitig ihre Besitzungen. Schließlich gaben beide auf den Rat von Freunden und besonders auf kaiserliches Gebot hin Ruhe und warteten auf das Eintreffen des Caesars.
50. Am 1. Januar des Jahres 1017 der Fleischwerdung des Herrn empfing auf Befehl des Kaisers Erzbischof Gero (von Magdeburg) den Markgrafen Bernhard (von der sächsischen Nordmark), der ihm barfüßig Buße gelobte, und nahm ihn nach Lösung aller von ihm verhängten Bannsprüche wieder in die Kirche auf. Der Kaiser verbrachte nach dem Aufbruch von Pöhlde, wo er das Geburtsfest des Herrn gefeiert hatte, die Erscheinung des Herrn festlich in Allstedt. In dieser hl. Nacht verschied der Christus und seinem Herrn getreue Graf Friedrich in seiner Burg Eilenburg. Der kluge Mann hatte sein nahes Lebensende gespürt und daher seine Burg an Dietrich, einen Sohn seines Bruders, übergeben unter der Bedingung, dass er mit dessen Einwilligung war er doch sein Erbe seinen 3 Töchtern allen übrigen Landbesitz übertragen dürfe; auf andere Weise wäre es rechtlich nicht möglich gewesen. Dieser Dietrich erhielt später durch Verleihung des Kaisers auch seine Grafschaft und die Gewalt über den Gau Siusuli.
In Allstedt fand ein allgemeiner Fürstentag statt. Der Rechtsstreit zwischen Markgraf Bernhard und den Söhnen meines Vaterbruders wurde durch eine ihm genehme Buße und Eidesleistung geschlichtet. Die seit langem herrschende Feindschaft zwischen Bischof Dietrich (von Münster) und Graf Hermann (von Werl) und der Hass zwischen Ekkehard und seinen Brüdern, den Söhnen Herrn Udos, wurde vom Kaiser bis zum 29. September beigelegt. Auch versprach hier Markgraf Bernhard dem Erzbischof Gero die Zahlung von 500 Pfund Silber als Ersatz für erlittene Verluste. Lauter treffliche Entscheidungen fällte der Kaiser dort während seines langen Aufenthalts. Friede kehrte wieder zwischen den Grafen Gebhard und Wilhelm (von Querfurt). Gesandte aus Italien fanden sich ein, wünschten Glück und kehrten zurück. Die geplante Reise des Kaisers nach Westen wurde wegen schlechter Wegeverhältnisse aufgeschoben. Boleslaws (Chrobry) Wünsche billigte der Kaiser: Seine Fürsten seien bei ihm versammelt; wenn er ihm etwas Ersprießliches vorschlagen wolle, werde er es nach Rücksprache mit ihnen gern entgegennehmen. Gesandtschaften gingen hin und her, und ein Waffenstillstand kam zustande.
51. Währenddessen reiste der Caesar nach Merseburg und wartete dort auf den Abschluss dieser Angelegenheit. Hier wurden damals viele Straßenräuber durch den Strang gerichtet, nachdem sie im Zweikampf von Fechtern überführt worden waren. Die beiden Erzbischöfe Erkanbald (von Mainz) und Gero (von Magdeburg), Bischof Arnulf (von Halberstadt), die Grafen Siegfried und Bernhard (von der sächsischen Nordmark) und andere Fürsten lagerten 14 Tage lang an der Mulde und baten Boleslaw (Chrobry) durch Unterhändler, zu der von ihm so lange gewünschten Unterredung an die Elbe zu kommen. Der weilte damals in Zützen und erklärte nach Entgegennahme der Botschaft, aus Furcht vor seinen Feinden könne er es keinesfalls wagen, dort zu erscheinen. Darauf fragten die Boten: "Was tust du, wenn unsere Herren an die Schwarze Elster kommen?" und er erwiderte: "Ich werde auch diese Brücke nicht überschreiten." Mit solchem Bescheid kehrten sie zurück und unterrichteten ihre Herren von allem. Der Kaiser aber feierte bei uns noch die Reinigung der hl. Gottesmutter (2. Februar 1017). Dann trafen die Bischöfe und Grafen ein, empört über die Geringschätzung, mit der Boleslaw sie getäuscht hatte, und suchten den Kaiser durch die Schilderung ihrer Gesandtschaften zum Durchgreifen zu veranlassen. Jetzt verhandelte man hier über den bevorstehenden Feldzug, und jeder Getreue erhielt die Weisung, sich dafür zu rüsten; dann verbot der Kaiser streng, zwischen uns und dem Staatsfeind weiterhin Botschaften auszutauschen, und es wurde genau untersucht, wer das bisher zu tun gewagt hatte.
52. Nach seiner Abreise von uns begab sich der Kaiser nach Magdeburg, wo man ihn unter hohen Ehren empfing. Am nächsten Morgen, einem Sonntage, begann er sich des Fleisches zu enthalten, weil die 70tägige Bußzeit begann. Am Montage weihte der Erzbischof in Anwesenheit des Kaisers die nördliche Kapelle. Am folgenden Tage entstand ein Streit unter den Leuten des Erzbischofs und Markgraf Bernhards, der aber mühelos beigelegt wurde und für den Bischof ehrenvoll ausging. Auch brachte man auf des Kaisers Befehl hierher Diebe; im Zweikampf besiegt, verfielen sie dem Strick. Hier wurden viele Fragen zum Nutzen des Landes geregelt. Von hier ging der Konverse Gunther aus, um den Liutizen zu predigen. Als ich aber vor dem Kaiser immer wieder allerlei Klagen um meiner Diözese von der Meißner Kirche widerrechtlich genommene Besitzungen führte, deren Rückgabe schriftlich zugesagt war, und als ich mir davon Vorteile erhoffte, musste ich erleben, dass es ganz anders kam, als ich gemeint hatte. An St. Petri Stuhlfeier, am 22. Februar, hielt der Kaiser eine Sitzung ab; die Bischöfe Gero (von Magdeburg), Meinwerk (von Paderborn), Wigo (von Brandenburg), Erich (von Havelberg) und Eilward (von Meißen) waren zugegen; da erhob ich mich und trug meine Beschwerde vor. Daraufhin befahlen mir der Kaiser und die Erzbischöfe, von denen ich Hilfe erwartete, Gott weiß, dass es gegen meinen Willen geschah, doch ich wagte ihnen nicht zu widersprechen! , eine auf dem Ostufer der Mulde liegende Pfarrei in den Burgwarden Püchen und Wurzen an Eilward abzutreten; er solle mir die seine am westlichen Ufer überlassen, die ich gar nicht haben wollte. Diesen Tausch bestätigten wir durch einen Austausch unserer Bischofsstäbe. Ich bezeuge bei Gott und allen seinen Heiligen: Auf das übrige habe ich damals in keiner Weise Verzicht geleistet. Auch gebot der Kaiser dem Markgrafen Hermann, drei Dörfer, die dem Meißner Bischof unterstanden, entweder eidlich als Eigentum dieser Kirche zu erweisen oder mir zurückzugeben.
53. Am gleichen Tage ehrte Erzbischof Gero (von Magdeburg) den Kaiser und seine Gemahlin (Kunigunde) durch reiche Geschenke. Am folgenden Tage reisten sie ab und erreichten tags darauf, am Sonntage, Halberstadt. Dort empfing sie Bischof Arnulf mit großer Pracht und behielt sie zwei Nächte zu Gast. Am Dienstag ritten sie nach Quedlinburg, wo sie die ehrwürdigste Äbtissin Adelheid durch nicht geringeren Glanz auszeichnete. Am Mittwoch, dem 27. Februar, weihte Bischof Arnulf in Gegenwart des Kaisers das Kloster auf dem westlichen Berge, wo fromme Frauen in Klostertracht dem himmlischen Bräutigam dienen (= Marienkloster auf dem Münzenberg); Erzbischof Gero und andere Mitbrüder assistierten ihm dabei. Dann schenkte der Kaiser ein Pfund Gold für den Altar. Nachdem ihm seine Base so große Liebe erwiesen hatte, reiste er nach seinem Hofe Goslar, wo er sich 4 Wochen lang aufhielt. Er hat ihn damals beträchtlich verschönert. Und weil Fastenzeit war, suchte er zu erfüllen, was er Christus schuldig und was für die Welt so sehr notwendig war.
Berthold, der Sohn Liuthars, mit seinen Anhängern drang dann am 1. April bei Tagesanbruch in die Burg Monreberg ein, nachdem er die Wache bestochen hatte; er erschlug Balderich, einen tüchtigen Vasallen des Grafen Wichmann, obwohl er mit seinen Gefährten lange Widerstand leistete, und setzte sich als Sieger fest.
Am Tage zuvor kam ich zum Wachdienst nach Meißen.
54. In dieser Woche kamen unsere Großen auf Befehl des Caesars in Goslar zusammen; hier wurde damals meinem Oheim Siegfried die Grafschaft (Stade) seines Bruders Heinrich verliehen, der Feldzug für unser Gebiet angeordnet, sowie über andere dem gefährdeten Lande nützliche und dringliche Fragen verhandelt. Nach seiner Abreise erst erfuhr der Kaiser von dem eben erwähnten, unglücklichen Ereignis und war sehr besorgt über die drohenden Wirren. In diesem Frühling wurde im Bereich des Markgrafen Bernhard (von der sächsischen Nordmark) ein Schaf mit 5 Beinen geworfen. Obwohl Vollmond war, sahen am 8. April viele den Mond wie bei Neumond, um die 3. Tagesstunde schimmerte er lange rötlich. Das Palmenfest (14. April 1017) feierte der König in Mainz, Ostern in Ingelheim, und niemals ging es in dieser Gegend prächtiger und glänzender her. Weil nun aber wegen des hohen Festes die wichtigsten Verhandlungen dort keinen Abschluss hatten finden können, wurde eine Fürstenversammlung in Aachen anberaumt, und dort stellte er, unterstützt von Erzbischof Heribert (von Köln), Bischof Dietrich von Metz und seinen Bruder Heinrich zufrieden. Die Königin (Kunigunde)jedoch hatte sich in Frankfurt vom Caesar getrennt; bei der Ankunft in Kaufungen erkrankte sie, und hier gelobte sie damals Gott, sie werde zu seinem Preis ein Kloster errichten.
55. Doch es wird nicht unpassend sein, hier einzufügen, was währenddessen geschah. In der Stadt Magdeburg lebten zwei Schwestern, die ältere hieß Alfrad, die jüngere Irmgard. Beide weihten Christus und seiner lieben Mutter ihres lobenswerten Lebenswandels eifrige Dienste, nicht in Gemeinschaft mit anderen Nonnen, sondern allein in der runden Kirche. Auch als die jüngere das Licht ihrer leiblichen Augen verloren hatte, erfreute sie sich mit innerlichem Blick der ewigen Klarheit, und bald darauf ging sie am 8. Februar in die stets ersehnte Heimat hinüber. Ihre ältere Schwester fand eine Stütze an ihrer Base Friderun; aber dauernde Schmerzen über den Verlust der Schwester und infolge ständigen Siechtums zehrten an ihrer Kraft, so dass sie nur 14 Wochen und 3 Tage länger lebte. Am Tage, bevor sie die Schuld des Fleisches zahlen musste, wurde sie im Geiste vor die hl. Gottesmutter entrückt; hier wurde sie der Ehre teilhaftig, dass ihr die in hohen Ehren strahlenden Erzbischöfe Tagino und Walthard (von Magdeburg) sowie Bischof Eid (von Meißen) die Kommunion reichten. Auch erkannte sie dort Erzbischof Geros Tanten Mireswind, Emnild und Eddila; die eine hatte ihre Abtei verlassen und sich aus Liebe zu Christus beim Kloster des Heidenlehrers Paulus in Rom eingeschlossen; ferner sah sie Odda; und alle sangen des Psalmisten Lied: "Ich will dem Herrn gefallen im Lande der Lebendigen". Währenddessen schien sie allen Anwesenden tot zu sein. Dann erwachte sie, öffnete die Augen und schilderte allen ihr Gesicht mit den Worten: "Bis heute weilte ich gern unter euch; doch nachdem ich jetzt viel Besseres gesehen habe, will ich nicht länger in dieser schmutzigen Behausung bleiben. Ich sage euch in Wahrheit, morgen werde ich euch verlassen und den mir durch Gottes Gnade bestimmten Platz einnehmen." So geschah es auch. Glücklich in Christus ging ihre Seele am 22. Mai hinüber. Glaubt mir, liebe Brüder in Christus, so ist es wirklich gewesen, und seid überzeugt, dass solche Helferinnen unserer Kirche sehr wertvoll sind. In ihre heiligen Gebete haben sie mich Sünder eingeschlossen, obwohl sie doch von mir leider niemals etwas Gutes empfangen haben.
(Übersetzung: Werner Trillmich)