Für den November des Jahres 1215 berief Papst Innozenz III. ein großes Konzil nach Rom. Eingeladen waren alle Bischöfe und Äbte der Kirchen, Prioren, die Kapitel der Kirchen und der Orden, die Könige und weltlichen Herrscher Europas. Innozenz lud damit weit über den üblichen Kreis hinaus ein und forderte sogar die Eingeladenen und die Legaten, die in seinem Auftrag einen Kreuzzug predigten, ausdrücklich auf, Themenvorschläge zu unterbreiten.
Am 11. November 1215 traten in der Lateranbasilika über 400 Bischöfe, dazu mehr als 800 Vertreter der übrigen geladenen Gruppen zum Konzil zusammen. Es sollte beraten und beschließen, wie man Missstände abschaffen, Laster ausrotten, Reformen auf den Weg bringen und gegen Häresien vorgehen könne. Der Verlauf wurde von dem Streit zwischen dem Staufer Friedrich II. und dem Welfen Otto IV. überschattet; er führte vor dem Konzil zu heftigen Auseinandersetzungen. Dennoch rühmten die Gelehrten ihrer Zeit das Vierte Laterankonzil. In 71 Konstitutionen, die in ihren Inhalten und ihrer Tendenz deutlich erkennbar auf Innozenz zurückgehen, wurden die Ergebnisse festgehalten.
Darunter befindet sich auch ein Beschluss, der sich mit den Verwandtschaftsgraden befasst, die eine Eheschließung verboten. Der Streit um die Verwandtschaftsgrade zog sich seit langem hin. Bereits unter Heinrich II. hatte man harte Debatten um das Thema geführt. Zur Diskussion stand inzwischen sogar, ob Mann und Frau, die im siebten Grad miteinander verwandt waren, heiraten dürften. Durch die Art und Weise, wie man diese Verwandtschaftsgrade berechnete, war der Kreis der jeweiligen Verwandten so groß geworden, dass das Verbot in der Praxis nicht mehr durchzusetzen war. Das Vierte Laterankonzil legte nun den vierten Grad fest und schuf damit nach Jahrhunderten eine handhabbare Vorgabe.
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