15. König Heinrich, der Kaiser Otto III. als König, aber noch nicht als Kaiser in ganz Germanien, das jenseits des Rheines liegt, und im Reich Lothars (= Lotharingien), das diesseits des Rheins liegt, nachgefolgt war, berief eine Versammlung und Synode ein (1003 in Diedenhofen). Dort vereinigte er fast alle Spitzen der Geistlichkeit seines Reiches und, indem er aus unterschiedlichen Gründen unterschiedliche Dinge strittig erörterte, griff er im Streitgespräch selbige Geistlichen auf das schärfste an, warum sie nämlich in ihren Diözesen und bei ihren Diözesanen die Dinge, die mit der synodalen und dadurch mit der geistlichen Sichel abzuschneiden waren, nicht zurückschnitten und warum sie es versäumten, mit dem Schwert des Heiligen Geistes das Faule und Ungesunde von den Gliedmaßen der Gläubigen abzuschneiden. Als sich alle wunderten, welche Absicht hinter den so sehr gestrengen Worten des Königs stand und worauf sie zielten, ließ es sich der König angelegen sein, sie von ihrem Staunen zu erlösen und machte offenbar, was er beabsichtigte.
16. Unter vielen Dingen, sagte er, die in unserem Reich und euren Zuständigkeitsbereichen zu bessern sind, verbinden sich eng mit einander Verwandte so zu Ehe dass sie ohne Furcht vor Gott und ohne Ehrerbietung gegenüber den (Satzungen der) Menschen, sogar Verwandtschaft des dritten Grades, was zu sagen gegen göttliches Recht verstößt, zur Verbindung anzunehmen sich nicht scheuen und nicht davor zurückschrecken, die Abstammungslinie, die die Bestimmungen der heiligen Sätze des Kirchenrechts (canones) bis zur siebten Generation unbefleckt zu bewahren gebieten, in den unmittelbaren Anfängen ihrer (Person) unglücklicher als die Juden und Heiden abzubrechen. Die Bischöfe von hier und von dort saßen und schwiegen lange; ein Teil wusste ganz und gar nicht, was sie auf die königlichen Worte entgegnen sollten, weil sie nicht wussten, von dem die Rede war, ein Teil, weil sie die Person (dessen), von dem die Rede war, sehr liebten oder fürchteten. Der Geist, der sich schlecht bewusst ist, wird, wenn er gezwungenermaßen hört, was er nicht will, vom Staunen gelähmt, die Stimme flieht, die Worte entgleiten und vor einen Weisen gestellt scheint es ihm ehrbarer zu sein, zu schweigen als zu sprechen. Der König aber, den niemand täuschen konnte, denn er war ein vorzüglich von Bildung durchtränkter Mann war, sehr gewandt durch seine Redekunst und aus Gottesfurcht sehr lebhaft von der Herrschaft in Anspruch genommen. Die Erregung seines Herzens durch Geduld zügelnd, war er der Auffassung, es sei ehrenvoller, sie durch biblische Beispiele anzugreifen: "Seht", sagte er, "ihr seid fürwahr Stellvertreter der heiligen Priester (des Alten Bundes) und sitzt auf einem besseren Stuhl als Moses, da ihr nämlich (euer Amt) anstelle des Herrn innehabt. Die ihr gute Wachhunde und heilige Widder um des Verdienstes des Lebens genannt zu werden verdient hattet, seit nun durch Wandlung ins Gegenteil und Verkehrung der Ordnung stumme Hunde geworden, die nicht bellen können. Selbst mit Blindheit geschlagen, während ihr den (euch) Unterstellten Führung geben müsst, fallt ihr gemeinsam, Führer und Gefolgschaft in die Grube." "Seht", sprach er, "Konrad, der Herzog der Austrasier, durch Verwandtschaft uns und allen bedeutenderen Adligen im ganzen Vaterland verbunden, hat eine ihm so eng, so äußerst nah verwandte Frau geheiratet, dass wie wir fürchten nicht nur ihm, sondern dem ganzen Vaterland der Unwille Gottes schnellstens und, wie man sagt, vor der Tür zu stehen scheint und ein nur wenig kleinerer Vorwurf uns Schweigenden gemacht wird, als ihm, der selbiges Verbrechen waghalsig und ohne Abschätzung der Sünde begangen zu haben überführt wird.
17. Der ehrwürdige Bischof Adalbero von Metz, durch Blutsverwandtschaft dem König nahestehend und allen, die aus dem Geschlecht des großen Heinrich abstammten vorzüglich verbunden, nahm an dieser heiligen Synode teil; in dem Maße, wie er edler und erhabener war als alle Mitpriester, so ragte er durch einen edleren und erhabeneren Sitz unter ihnen hervor. Dieser wollte die Tadel des Königs nicht länger ertragen und hielt es für ehrlos, länger zu schweigen. "Inzwischen", sagte er, "geben uns Vorrang des Alters, der Heiligkeit und der Bildung Raum, mit unseren Brüdern zu sprechen, und erweisen die Ehre des Hundes dem Alter und dem göttlichen Gebot, in dem es heißt 'Vor dem Hund erhebe dein Haupt', weil wir sehen, dass die Macht eurer Majestät, mein Herr (und) König, zur Schande unseres Standes, dem Tadel und dem Angriff mehr und mehr Worte geben: Ferner zu schweigen wir sprechen wahr und das Richtige nicht zu sagen, erklären wir nicht nur für Dummheit, sondern, was mehr ist, für eine Schande. Herzog Otto, der Vater des ehrwürdigen Herzogs Konrad, der hier bei uns sitzt, ist geboren aus einer Tochter des großen Otto, dessen Schwester Gerberga ihre Tochter Konrad, dem König der Burgunder, zur Frau gab. Diesem Konrad aber wurde als Tochter Mathilde geboren, die Ehefrau dieses hier sitzenden Konrad. Diese Ordnung der Abstammung vermag, da Bruder und Schwester in der Berechnung nicht zählen, die Blutsverwandtschaft der beiden nicht mehr als bis zum zweiten Grad auseinander zu rücken. Indem der heilige Mann so sprach, löste er so gewaltige Zornausbrüche und Streitigkeiten in der Synode aus, dass wäre nicht der Adel gewesen, durch den am Himmel, auf der Erde, im Meer und jenseits des Meeres der Erhabene erstrahlt, Herzog Konrad, über den verhandelt wurde, und alle, die auf seiner Seite standen, ohne Rücksicht auf Gott oder die königliche Majestät und ohne irgendeine Ehrerbietung für die die Priester, von denen eine sehr große und höchst ehrbare Menge anwesend war, Waffen und Rasen zerrissen und zur gänzlichen Stillung ihrer rasenden Wut, nicht ausgelassen hätten, was ihre Hand und Kraft an Schlechtem hätte zufügen können.
(Übersetzung: Klaus van Eickels)