7. (...) Als sich König (Otto III.) in diesem Jahr (1001) in Teilen Italiens aufhielt, geriet er in Todesgefahr; fürwahr wäre dies nicht geschehen, wenn er den Ermahnungen des Kölner Erzbischofs Heribert hätte Folge leisten wollen. Anlass für seinen Tod aber war folgender: Vor fünf Jahren nämlich, im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 996, kam der König nach Rom, um den wütenden Crescentius zu beschwichtigen. Nachdem der ausgebrochene Aufruhr geziemend beigelegt und Papst Bruno (= Johannes XV.) gestorben war, setzte er Bruno, der mit Beinamen Gregor (V.) genannt wurde, den Sohn Herzog Ottos (von Schwaben), auf seinem Stuhl und empfing von ihm die Salbung zum Kaiser.
Als aber der Kaiser Rom verlassen hatte, nahm im folgenden Jahr (997) auf Anraten des Crescentius Bischof Johannes Placentius (= Gegenpapst Johannes XVI.) den apostolischen Stuhl gegen den Willen des Kaisers widerrechtlich in Besitz. Daher kam der Kaiser wiederum nach Rom und setzte im folgenden Jahr (998) den vorgenannten Eindringling (invasorem) Johannes ab, den man geblendet und dessen Nase man abgeschnitten hatte. Crescentius aber ließ er zusammen mit zwölf seiner Anhänger enthaupten und vor der Stadt aufhängen. Bruno aber, der auch Gregor (V.) genannt wurde, wurde von ihm wieder eingesetzt. Doch nach seinem Wegzug wurde er von den Römern vertrieben und später vergiftet; er starb, nachdem er beinahe zwei Jahre und neun Monate lang die römische Kirche gelenkt hatte, am 12. März (999). Zu seinem Nachfolger wählte man Gerbert, der auch Silvester (II.) genannt wurde.
Nachdem der König also mit diesem Papst Silvester (II.) Weihnachten in Todi (südlich von Perugia) gefeiert und einen Aufruhr sowohl in der Kirche des heiligen Petrus als auch im Staat geziemend beigelegt hatte, verfiel er der Hinterlist einer schlechten Frau, derjenigen nämlich, deren Mann Crescentius er hinzurichten befohlen hatte, nachdem er sich gegen ihn erhoben hatte und gefangen genommen worden war. Weil sie von sehr schöner Gestalt war, nahm er sie allzu leichtsinnig als Bettgenossin. Obwohl ihn der heilige Mann Heribert recht oft ermahnt hatte, nahm er sich nicht vor ihr in Acht und wurde, während er in seinem Schlafgemach schlief, vergiftet. Am folgenden Tag bekannte er dem heiligen Heribert die Vergiftung, die er erlitten hatte, und da er spürte, dass er sterben würde, bat er ihn, seinen Leichnam zur Bestattung nach Aachen zu bringen. So nach Paterno (nördlich von Rom) gelangt, starb er unter dem allgemeinen Schmerz aller am 24. Januar (1002).
Bevor ihm aber der künftige Herrscher nachfolgte, geriet das Reich allzu sehr in Aufruhr, und unter den Fürsten tobte ein Sturm gewaltiger Erregung aufgrund ihres Strebens nach eitler Herrschaft (= aufgrund ihres eitlen Strebens nach der Herrschaft). Von diesen starb Markgraf Ekkehard (I. von Meißen), der sich die Königsherrschaft angemaßt hatte, in Pöhlde durch Mord. Konrad, einer der Großen, wurde des Reiches verwiesen und musste eine Zeit in der Verbannung leben. Auch Hermann, der Herzog von Schwaben, war an solch großer Zwietracht nicht unbeteiligt. Solange er selbst herrschen wollte, versuchte er, eine allgemeine Wahl zu verhindern. Auch ein gewisser Fürst namens Bruno wollte die höchste Würde im Reich erlangen. Er hatte jedoch keinen Erfolg und fügte daher vielen, die seine Wünsche nicht unterstützten und vor allem Bischof Bernward von Hildesheim seligen Angedenkens (durch Angriffe) auf seine Leute und Besitzungen viel Schlechtes zu.
Doch durch den heiteren (Segen) des Allerhöchsten und durch Vermittlung des Mainzer Erzbischofs Willigis wurde der bayerische Herzog Heinrich (IV.) gewählt, nach weltlichem Ansehen reich begütert, im Studium der Wissenschaften nicht wenig unterwiesen und, was mehr wert ist als dies, ein in jeder kirchlichen Vervollkommnung hervorragender Mann. Nachdem Erzbischof Heribert von Köln, der bei der Wahl nicht dabei war, weil ihn die Bestattung des verstorbenen Kaisers (= Otto III.) in Anspruch nahm, die königlichen Insignien zurückgegeben hatte, wurde er am Sonntag nach Pfingsten (7. Juni 1002) zu Mainz durch Willigis, den Erzbischof dieser Stadt, (zum König) geweiht.
8. Im selben Jahr, als der neue König das Fest des heiligen Laurentius in Paderborn feierte, erhielt auch die Frau Kunigunde seine Gemahlin, wie man glaubte, in Wahrheit aber aufgrund ihres Strebens nach Keuschheit (nur) seine Schwester vom vorgenannten Mainzer Erzbischof Willigis dort die Weihe zur königlichen Herrschaft (regie consecrationis dominium); dies gereichte dieser Kirche durch die Barmherzigkeit Gottes zur Steigerung ihrer Ehre und zur Förderung ihrer großen Zierde.
9. Meinwerk aber, der dem neuen König sowohl durch die leibliche Verwandtschaft als auch durch seinen rechtschaffenen Lebenswandel schon lange sehr gut bekannt war, wurde vom Geschätzten zum Hochgeschätzten und ward (dem König) ein unzertrennlichen Begleiter in öffentlichen und privaten Dingen. Der König aber, der keine Kinder hatte und keine zu haben plante, ließ sich beständig wachsam die Erhöhung der Kirchen Gottes angelegen sein. Brennend vor Sehnsucht nach dem ewigen Leben, teilte er ihnen mit freigebiger Hand weltliche Güter aus, um ewige (Güter) zu erwerben. (...)
(...)
21. Im folgenden Jahr (1013) beabsichtigte König (Heinrich II.), auf Heerfahrt nach Italien zu gehen, um vom Papst (a domno apostolico) die Weihe zum Kaiser zu empfangen. (Daher) ließ er die Fürsten in der Pfalz namens Grone zusammenkommen und verhandelte dort mit ihnen am 24. April (alles) Notwendige im Hinblick auf die Lage des Reiches. Bischof Meinwerk aber, der mit dem König auf Heerfahrt zu gehen beabsichtigte, beklagte die Not seiner Kirche und bat inständig um eine seinem Reiseaufwand entsprechende Entschädigung und erhielt auf Vermittlung Königin Kunigundes, des Kölner Erzbischofs Heribert sowie der (Bischöfe) Adalbold von Utrecht, Dietrich von Münster, Dietrich von Metz, Wigger von Verden, Bernward von Hildesheim, Thietmar von Osnabrück und Erich von Havelberg das im Liesgau gelegene Bernshausen in der Grafschaft des Grafen Udo (von Katlenburg). Zugleich (cum eo) wurde Meinwerk und seiner Kirche eine derartige Verfügung diesbezüglich (de eo) übergeben, dass jeder, der es sich anmaße, den Bischof selbst oder einen seiner Nachfolger deswegen (super eo) zu belästigen, zu beunruhigen oder zu berauben, mit dauerhaftem Kirchenbann belegt 100 Pfund (Gold) Strafe zu zahlen habe, 50 an die königliche Schatzkammer, 50 an nämliche Kirche.
(...)
26. Als aber Bischof (Meinwerk), der sich zusammen mit dem König eine Zeitlang dort (= in Rom) aufhielt, wegen einer äußerst tödlichen Seuche, die das Heer auf entsetzlichste Weise heimsuchte, betrübt war, da kam ein Römer zu ihm und riet ihm, er solle für die Unversehrtheit der Seinen dem heiligen Alexius geloben, (ihm) eine Verehrungsstätte in seinem (Heimat)land zu errichten. Dieser erhob auf der Stelle Hände und Augen zum Himmel und gelobte aufrichtig, ein der Ehre und Liebe (des heiligen Alexius) angemessenes Kloster zu errichten, wenn er durch seine Bitten von Gott die Unversehrtheit der Seinen erlange. Und dass er aufgrund der Verdienste (des heiligen Alexius) von Gott erhört wurde, stellte er glaubhaft unter Beweis, da all seine Lasttiere und Männer ihre Gesundheit wieder erlangten und bewahrten.
Der neue Kaiser aber erreichte beim Papst (a domno apostolico) alles, was er wollte; durch dessen Trost und Segen im Herrn gestärkt, überquerte er den Apennin, kehrte nach Pavia zurück und feierte dort das heilige Osterfest (25. April 1014).
(...)
165. Im folgenden Jahr (1020) zog der Kaiser mit dem Heer gegen Herzog Bernhard (II.) von Sachsen zur Schalksburg und ordnete dort durch Vermittlung Bischof Meinwerks und seiner Freunde alles friedlich.
Am 16. März (1020) aber kam der Kaiser nach Goslar und übertrug auf Vermittlung und Ersuchen der erhabenen Kaiserin Kunigunde, der Bischöfe Adalbold von Utrecht, Meinwerk von Paderborn, Eberhard von Bamberg sowie des Herzogs Gottfried die im Gau Dreini (zwischen Lippe und Ems) gelegene Abtei Liesborn in der Grafschaft des Grafen Hermann (II. von Werl) dem Bischof der Münsteraner Kirche, Dietrich, und seinen Nachfolgern mit solcher Maßgabe, dass die Bischöfe dieser Kirche kraft kaiserlicher Autorität an besagtem Ort fortan die freie Möglichkeit besaßen, den Gottesdienst gemäß göttlicher Liebe und Gottesfurcht zu ordnen, und an besagtem Ort durch Vögte nach ihrem Willen die Vogtei über ihre Dienstleute, gemäß dem, was ihnen besser zu sein schiene, zum Nutzen der Liesborner Kirche ausübten und ordneten.
Ebenda schenkte (der Kaiser) im selben Jahr (1020), am folgenden 20. März, dem Samstag vor dem Palmsonntag, auf Vermittlung der Kaiserin Kunigunde, der Bischöfe Gero (von Magdeburg), Unwan (von Hamburg), Arnulf (von Halberstadt), Dietrich (von Minden), Hildiward (von Zeitz) und Erich (von Havelberg) sowie der Großen des Reiches Herzog Bernhard (II. von Sachsen), Graf Siegfried, Graf Hermann und Graf Ekkehard dem Bischof Meinwerk nach Erörterung im Rat die im Wesigau gelegene Abtei Schildesche in der Grafschaft des Grafen Friedrich.
Am folgenden Osterfest (17. April 1020) wurde Papst Benedikt (VIII.) vom Kaiser und allen Fürsten überaus ruhmvoll zu Bamberg empfangen; gemäß seinem Versprechen besuchte er den jungen Setzling (novellam plantationem) dieser Kirche, weihte am 24. April den Dom zu Ehren des heiligen Erzmärtyrers Stephan und stattete ihn mit gar kostbaren Reliquien aus, die daselbst aufbewahrt werden. Dort setzte er während der Messfeier (inter missarum sollempnia) von 40 Bischöfen (in der Liturgie) unterstützt und auf einmütige Zustimmung der Fürsten fest, dass dieses Bistum frei sei von jeder weltlichen Macht, und bestätigte alles, was der bischöflichen Würde und dem bischöflichen Nutzen angemessen war, durch die Autorität seiner Anwesenheit, das Zeugnis des (von ihm) erteilten Privilegs und die feste Gültigkeit seines Bannes.
Bischof Meinwerk aber, der wünschte, dass der Papst Anteil habe an seiner Freude im Herrn über die Förderung der ihm anvertrauten Kirche, verkündete, welch große Güter der Kaiser ihm verliehen habe und bat inständig, er möge es auf Vermittlung (des Papstes) hin verdienen, weiteres zu empfangen. Die ihm zugesagte Gewährung väterlicher Huld (cui annuens paterne pietatis devotio) war ihm beim Kaiser im Hinblick auf seine Bitten eine sehr große Hilfe, wie die freigebige Gewährung umfangreicher Güter kurze Zeit später bewies. (...)
(...)
180. Bischof Meinwerk aber beschleunigte die Fertigstellung des begonnenen Klosters und lud, nachdem (der als) Sanctuarium (bezeichnete abgesetzte Altarraum) eingedeckt war, den Kaiser zu Weihnachten (1022) nach Paderborn ein; er beabsichtigte, dieses (Heiligtum) in dessen Gegenwart zu weihen, weil er hoffte, (Kaiser Heinrich II.) werde mit kaiserlicher Großzügigkeit einige Güter (für das Kloster) geben. Unverhofft aber brach das Sanctuarium (= der Altarraum) in sich zusammen und zeigte so den bevorstehenden Einsturz der Kirche selbst an. Und so bliebt, weil der Bischof zu Hause und auswärts durch die Geschäfte des Reiches vielfältig in Anspruch genommen war, dieses Kloster bis zum Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1031 ungeweiht.
181. Auf diese Einladung hin kündigte der Kaiser dem Bischof (Meinwerk) seine Ankunft an und trug ihm auf, alles Notwendige für sein Bad vorzubereiten. Der Bischof aber ließ in all seinen Herrenhöfen die trächtigen Schafe schlachten und aus dem Vlies der Lämmer, die man in ihrem Leib fand, einen Pelzmantel (pelles) fertigen. Mit diesem in neues Tuch gehüllten und ringsum mit Marderfellstücken (gulis martherinis) verzierten (Mantel) bekleidete er den Kaiser nach dem Bad am Vortag des Festes. Die Großen des Reiches aber, die in großer Zahl zugegen waren, traten hinzu, musterten den Umhang und meldeten, als sie erkannten, dass die Sache sich ihrem Verdacht entsprechend verhielt, dies dem Kaiser. Dieser rief den Bischof zu sich, fragte ihn, warum er ihm Schaffelle gegeben habe, und erklärte, dass er der Ehrerbietung und Liebe unkundig sei und die Würde des römischen Reiches vergessen habe.
Der Bischof aber versicherte, er habe ein außerordentlich gutes Kleidungsstück, passend für jeden Stand, jede Stellung und jede Würde, gegeben. Er rief Kaufleute herbei und, nachdem sie bereitwillig in dieser Sache Auskunft gegeben hatten, bewies er durch ihr Zeugnis die Wahrheit dessen, was er gesagt hatte. Er trat an den Kaiser heran und sagte: "Heinrich, ich habe um deinen sterblichen Körper zu bekleiden das arme Bistum der heiligen ewigen Jungfrau Maria, das du mir übertragen hast, geplündert; seine Kanoniker, Meier und Bettler, die durch die Felle der getöteten Schafe zu wärmen und von der Menge ihrer Milch und die Ernährung mit unterschiedlicher Speise zu unterhalten waren, habe ich betrogen und beraubt; vor Gott wirst du für diese schlechte Tat verantwortlich sein, wenn du nicht rasch und in vollem Umfang das der Kirche Geraubte zurückerstattest." Der Kaiser aber entgegnete lachend: "Wenn ich jemanden betrogen habe oder weiß, dass er um meinetwillen betrogen worden ist, will ich vierfache Erstattung leisten." Und so übertrug er ihm als Ersatz dieses Schadens ein Gut in Steinen.
182. Als aber am Heiligen Abend die Vesper gesungen war, sandte der Kaiser dem Bischof seinen wunderbar gearbeiteten Trinkbecher (gefüllt) mit Obstwein. Als er (diesen Becher) dem Boten anvertraute, trug er ihm auf, er solle nicht erneut ohne den Trinkbecher vor sein Angesicht treten. Der Bischof aber nahm das Gesandte mit angemessener Danksagung an, gab aber, nach langem und wechselvollem Wortgefecht mit dem Überbringer und (entsprechender) Verzögerung den Trinkbecher nicht zurück. Nachdem (der Bote) endlich gegangen war, verriegelte er hinter ihm fest die Türen, holte seine Goldschmiede, Brunhard und dessen Sohn Erpho, herbei und befahl ihnen, noch in der heiligen Nacht aus dem Becher einen (Mess)kelch zu machen.
Nachdem im neuen Kloster (Abdinghof) die Matutin in Anwesenheit des Kaisers feierlich begangen worden war, weihte der Bischof während des Evangeliums der nachfolgenden Mette (Messe in der Nacht) den fertiggestellten Kelch und ordnete an, ihn den (Mess)dienern zu übergeben, damit sogleich die göttlichen Geheimnisse in ihm gefeiert würden. Der Kapellan des Kaisers aber, der bei dieser Messe den Dienst des Subdiakons versah, las die Inschriften des Kelches und legte das Gelesene dem Kaiser zum Lesen vor. Nachdem auch der Kaiser sie gelesen hatte, trat er an den Bischof heran und beschuldigte ihn des Diebstahls und sagte, Gott verabscheue diesen Raub beim Opfer (Jes 61,8). Der Bischof (aber) sagte: "Ich habe keinen Raub, sondern die Habsucht deiner Eitelkeit dem Gottesdienst überantwortet. Wenn du es wagst, nimm Gott zur Mehrung deiner Verdammnis die Gabe meiner Gottesfurcht weg!" "Ich", entgegnete der Kaiser, "werde Gott nicht wegnehmen, was ihm überantwortet worden ist, sondern ihm demütig darbringen, was mir gehört. Du ehre mit deinen gerechten Mühen den Herrn, der in dieser Nacht für das Heil aller geboren zu werden geruhte." Alsbald brachte, nachdem der Opferungsgesang (bei der heiligen Messe) begonnen hatte, der Kaiser den Kelch feierlich zum Altar; der Bischof wünschte ihm glückliches Gedeihen an Leib und Seele und sagte ihm über die Maßen Dank. (...)
(...)
186. Bischof (Meinwerk) aber wünschte des öfteren, ein bestimmtes Kleidungsstück des Kaisers, einen Mantel von ausnehmender Zierde und wunderbarer Kunstfertigkeit, in seinen Besitz zu bringen, jedoch ohne Erfolg, bis er ihn dem Kaiser, der mit vielen Dingen befasst war, eines Tages durch einen glücklichen Zufall wegnahm. Der Kaiser aber bezichtigte den Bischof des Raubs und sagte, er werde zur rechten Zeit den Schaden gebührend vergelten. Jener aber bekräftigte, dieser Mantel hänge passender im Tempel des Herrn als dass er seine sterblichen Glieder bedecke, und sagte, er messe den Drohungen (des Kaisers) nur wenig Wert bei (vili pendere).
Der Kaiser aber wusste, dass der auf vielfältige Weise mit weltlichen Geschäften befasste Bischof sowohl beim Sprechen als auch beim Lesen des Lateinischen mehr als einmal den Fehlern eines Sprachschnitzers verfiel, und tilgte zusammen mit seinem Kapellan aus dem Messbuch in einem Gebet (collecta) für die Verstorbenen die (Silbe) âfa' bei den Wörtern âfamulis' (Diener) und âfamulabus' (Dienerinnen); (sodann) bat er Bischof (Meinwerk), für den Seelenfrieden seines Vaters und seiner Mutter eine Messe zu feiern. Der Bischof also eilte sich, unversehens die Messe zu feiern, und sagte, wie er es geschrieben fand, 'mulis' (Maulesel) und 'mulabus' (Mauleselinnen); doch er erkannte seinen Fehler und wiederholte die Worte, wobei er verbesserte, was er verkehrt gesagt hatte.
Nach der Messe beschimpfte der Kaiser den Bischof und sprach: "Ich bat darum, für meinen Vater und meine Mutter eine Messe zu feiern, nicht für meine Maulesel und Mauleselinnen." Jener aber entgegnete ihm: "Bei der Mutter des Herrn, in gewohnter Weise hast du mich erneut verspottet, und nicht irgendwie, sondern beim Dienst für unseren Gott. Dafür werde ich mich rächen, siehe, dies verspricht mein Zeigefinger (index; vielleicht ist iudex = âRichter' zu lesen). / Denn das ihm Angetane wird nicht ungestraft vorübergehen (oder: Denn er wird das ihm Angetane nicht ungestraft übergehen)."
Nachdem er auf der Stelle die Kanoniker im Kapitelsaal (capitolium) der Domkirche zusammengerufen hatte, ließ er den Kapellan des Kaisers, der von dieser Angelegenheit gewusst hatte, auf das Heftigste mit Hieben züchtigen und sandte ihn nach seiner Züchtigung mit neuen Gewändern bekleidet zum Kaiser zurück, um zu berichten, was vorgefallen war.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)