Fundatio monasterii Brunwilarensis (Die Gründungsgeschichte des Klosters Brauweiler)

11. (...) Während Erzbischof Heribert von Köln, schon längst wunderbarer Wirker der Tugenden Christi, auf dessen Rat der ganze kaiserliche Hof hörte, ihm recht vertraut zur Seite stand, starb (Kaiser Otto III.) dort (= in Italien). Und bald ­ wie es von ihm selbst angeordnet worden war ­ wurde er, als wäre er lebendig, in Purpur gehüllt auf einem Pferd, als wolle er in den Krieg ziehen, kunstvoll aufgerichtet. So blieb sein Tod den Römern, von denen er einige durch die Tötung des Crescentius schwer beleidigt hatte, verborgen und er wurde diesseits der Alpen nach Schwaben gebracht. Nachdem seine Eingeweide in Augsburg bestattet worden waren, brachte man seinen Leib nach Franken; (dort) wurde er in der Mitte der Marienkapelle zu Aachen ehrenvoll von selbigem heiligen Erzbischof begraben, weil er selbigen Ort mit größtem Aufwand erneuert und, indem er dort auch andere Klöster für Mönche und Kanoniker errichtete, ihn herrlicher, als er bis dahin war, gemacht hatte. Er hatte ein Mönchskloster namens Burtscheid zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers und des heiligen Erzbischofs Nikolaus von Myra errichtet, weil er aus mütterlichem Blut Grieche war; (außerdem) ein Kanonikerkloster zu Ehren des heiligen Bischofs und Märtyrers Adalbert, weil dieser ­ aus Böhmen stammend ­ zu seiner Zeit Mönch und Märtyrer wurde und durch Tugenden hell erstrahlte. Er (Adalbert) wurde Bischof von Prag. Als er (jedoch) dem Volk der Pruzzen das Wort des Lebens predigte, durchbohrten ihn die Heiden siebenmal und schlugen ihm den Kopf ab; (da) wurde er drei Tage lang von einem Adler bewacht. Zunächst wurde er bei den Polen begraben; später aber brachte ihn Herzog Boleslav mit höchster Ehre an seinen Bischofssitz Prag zurück.

12. Als aber der genannte Bischof (Heribert) auch die kaiserlichen Insignien mit sich aus Italien brachte, geriet er einen Hinterhalt. Diesen hatte Heinrich, der Herzog der Bayern, der schon lange nach der Kaiserherrschaft gestrebt hatte, in den Alpen gelegt. Von einer recht großen Schar Bewaffneter bedrängt, verlor er die Insignien und erlitt vielfältiges Unrecht. Deswegen erlitt im Gegenzug auch jener selbst, der sich der Königsherrschaft bemächtigte, durch das gerechte Urteil Gottes zahlreiche Mühen, bevor er zum Kaisertum gelangte. Weil aber wegen der kaiserlichen Insignien, die er zurückgehalten hatte, recht viele der Großen des Reiches sich mit Wohlwollen bei ihm versammelten, herrschte dieser Heinrich (II.). Bald aber schon beanspruchte er sehr viele Güter des öfter erwähnten Pfalzgrafen (Ezzo), die dieser aus dem Erbe seiner sehr edlen Gemahlin (Mathilde) besessen hatte, für das Königtum und beraubte sich so der freundschaftlichen Gefühle desjenigen, an dessen Besitz er sich bereicherte. Dass diese bedeutender waren als alle Reichtümer, beweist leicht jegliche Schrecklichkeit der drohenden Gefahr. Denn Herr Ezzo wurde durch solche Ungerechtigkeiten zur gerechten Rache seines Zornes angestachelt. Gestützt auf starken bewaffneten Schutz der Seinen, leistete er hochherzig Widerstand dagegen, dass er sich der Ehre des königlichen Sitzes bemächtige. Sich dieses zu bemächtigen war für den einen gänzlich unmöglich, weil die Macht des anderen in ganz Lothringen, wo der königliche Sitz lag, in solchem Maße vorherrschte. Zehn Jahre lang nämlich verweigerten alle Lothringer ­ sei es durch die Großherzigkeit des Pfalzgrafen, sei es aufgrund öffentlicher, durch von ihm veranlasste Eide bekräftigter Treue ­ selbigem Herrscher jede königliche Ehre. Dieser gab die Hoffnung auf, einem so großen Mann irgendeinen Schaden zufügen zu können, und lud ihn (daher) zu einem Gespräch. Gleichzeitig hielt er in Mainz eine gut besuchte Versammlung der Großen ab und behandelte dort mit ihrem Rat seine Beleidigung. Diese waren ­ sei es aus Gunst, sei es aus Furcht ­ dem Kaiser zu Willen. Gemäß dem, was durch Wunsch und Meinung vorher festgesetzt worden war, entschieden sie über den König milde, gegen jenen aber fällten sie, voreingenommen durch seine Ehre oder seinen Reichtum, durch den er sie alle überragte, ein hartes Urteil. Weil er den Hochmut ihrer Drohungen als unwürdig empfand, eilte er rasch vom Hof weg und zog sich zum Dorf Odernheim (bei Alzey) zurück, wo er auf der Wiese seine Zelte aufschlug und mit sehr starken Bollwerken ein Lager befestigte. Der entflammte Zorn des Königs wurde noch gewaltiger: Bei den Anwesenden beklagte er sich nachdrücklich über die ihm angetanen Beleidigungen und zugleich erfragte er, was an Trost sie zur Beruhigung dieser prekären Lage brächten. Dietrich, der damals als Herzog an der Mosel herrschte, erwarb die höchste Macht (= den größten Einfluss) bei ihm, und damit sein Eifer für dessen (= des Königs) Ruhm umso glänzender sei, versprach er, wenn ihn nur außer seinen eigenen Leuten auch eine Schar, die er selbst von der Seite des Königs auswählte, militärisch unterstützte, den Pfalzgrafen so schnell wie möglich als einen seiner selbst nicht Mächtigen vor das Angesicht des Königs zu bringen. Welche Leute er dazu begehrte, gewährte der Herrscher ihm. Mit diesen eilte jener, als seien ihm Flügel gewachsen, froh nach Odernheim, doch sollte er dort gewiss die kriegerischen Flügel verlieren, die er angelegt hatte. Der Pfalzgraf nämlich, der durch Kundschafter gewarnt und daher besser vorbereitet war, als der Herzog gehofft hatte, stellte sich mit den hochherzigen Seinen, vor allem aber mit seinem leiblichen Bruder Graf Hezelin und dessen Söhnen, deren Wagemut er oft erprobt hatte, zur Schlacht. Der Kampf kam in Gang, der Lärm der Waffen wurde zum Himmel getragen, dem Hagel gleich prasselten die Geschosse aufeinander. Also setzte niemand mehr Hoffnung auf einen anderen als auf sich selbst. Jeder suchte eifriger den anderen zu verwunden als sich selbst zu schützen. Der gleiche Wille zum Sieg erfasste beide Seiten, doch ungleiche Tapferkeit brachte den Siegenden Ruhm, den Unterlegenen aber die Schmach ihrer Niederlage. Denn fast das gesamte Heer des Herzogs fiel, wurde hingestreckt und in die Flucht geschlagen und, was die höchste Form des Sieges ist, der Herzog selbst wurde mit sehr vielen seiner Leute gefangen genommen. Ohne Waffen und gefesselt wurde er auf ein gemeines Zugtier gesetzt und zur Bewachung auf die Tomburg (südlich von Rheinbach), eine Burg des Pfalzgrafen, gebracht. Ein solches Blutbad aber wurde am vorgenannten Ort unter den Soldaten des feindlichen Heeres angerichtet, dass bis heute Freunde ­ die Grausamkeit dieses Gemetzels verfluchend ­ sich gegenseitig sprichwörtlich wünschen, es solle ihnen nie geschehen, nach Odernheim zu kommen.

13. Daher hielt es der König für klüger, den hervorragenden Mann (Pfalzgraf Ezzo) mit Wohltaten zu besänftigen, statt ihn weiter mit Belästigungen anzugreifen. Um den Herzog (Dietrich von Oberlothringen) und seine Mitgefangenen aus ihrer misslichen Lage zu befreien, rief er ihn herbei, verzieh ihm seine Beleidigungen und erbat Freundschaft und Treue; und damit er bei ihm nicht geringere Huld (gratia) der verdienten Vertraulichkeit (familiaritas) und Ehre (honor) erlangte als bei seinen Vorfahren, gewährte er ihm und seinen Kindern die Rheininsel des heiligen Suitbert (= Kaiserswerth bei Düsseldorf) mit allem Zubehör, auch Duisburg und Saalfeld, nicht geringe Hilfsmittel des Reiches, als ewigen Erbbesitz. Zu wenig würde ich gesagt haben, wenn (ich sagte, dass nur) im römischen Erdkreis und nicht auch bei den auswärtigen und barbarischen Völkern die höchste Meinung über diesen Mann herrschte. Denn zur selben Zeit sandte Mieszko (II.), König der Polen, Werber mit unterschiedlichen, der Person des Königs aber angemessenen Arten von Geschenken und er erbat durch die Vermittlung (interventum) des vorgenannten Herrschers die Ehe mit dessen erstgeborener Tochter Richeza. Die Verlobungsfeier für dieses Mädchen wurde, wie er es wünschte, mit geziemendem Schmuck und den Gunstbezeugungen vieler ausgerichtet, da viele nicht grundlos hofften, dass durch diese Ehe das Reich der Slaven und das Reich der Deutschen verbunden würden. Daher (konnte) der König wenig später unbesorgt über den Zustand seiner Angelegenheiten, deren sichere Grundlage ohne Zweifel der hervorragende Mann war, nach Rom aufbrechen und wurde zum Kaiser erhoben.
(Übersetzung: Klaus van Eickels / Eike Schmidt)