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Die Deutschen shoppen gerne im Internet - aber ungefähr jedes sechste Paket wurde in Deutschland im Jahr 2018 an Online-Händler zurückgeschickt.

Universität Bamberg

Björn Asdecker (r.) und Lehrstuhlinhaber Eric Sucky untersuchen die Rücksendungen im Online-Handel.

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Die Umweltwirkung der Retouren beläuft sich 2018 geschätzt auf 238.000 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e).

  • Wissenschaft & Praxis
- Patricia Achter

Deutsche schicken jedes sechste Paket zurück

Retouren im Onlinehandel – Ergebnisse von Bamberger Betriebswirtschaftlern

Die Deutschen shoppen gerne im Internet. Das hat zur Folge, dass etwa 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel im Jahr 2018 in Deutschland an Onlinehändler zurückgeschickt wurden, also ungefähr jedes sechste ausgelieferte Paket. Diese Zahlen hat die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Universität Bamberg im zweiten Retourentacho erhoben und nun veröffentlicht. Eine erste Erhebung fand 2014 statt. „Durch die zweite Durchführung haben wir viele weitere Daten erhalten, was eine bessere Einschätzung der aktuellen Lage erlaubt“, sagt Dr. Björn Asdecker, Leiter der Forschungsgruppe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Produktion und Logistik. „Die festgestellten Retourenquoten haben sich seit 2014 kaum verändert und hängen weiterhin deutlich mit der Warengruppe zusammen.“

Retourenquote im Modebereich am höchsten

Besonders häufig werden Schuhe und Kleidungsstücke zurückgeschickt: rund 46 Prozent, also jedes zweite Paket. Asdecker nennt eine mögliche Begründung: „Gerade bei Kleidungsstücken spielt der individuelle Wohlfühlfaktor eine große Rolle. Da sich der Körper laufend ändert und es sich bei Textilien um Handarbeit handelt und auch die Händler bewusst Impulskaufreize stimulieren, kommt es besonders häufig zu Rücksendungen.“ Deutlich weniger werde in den Bereichen elektronische Geräte sowie Medien und Bücher zurückgesandt. Bei diesen Produktgruppen liegt die Retourenquote im niedrigen einstelligen Prozentbereich. „Eine Erklärung dafür könnte neben der besseren Vergleichbarkeit sein, dass sich die Verbraucher vorab viel intensiver über das Produkt, wie beispielsweise eine Digitalkamera, informieren als bei Kleidung.“

Was viele Verbraucher nicht wissen: Retouren kosten Geld. „Ein retournierter Artikel verursacht im Durchschnitt Kosten in Höhe von rund 11 Euro, inklusive Porto und Bearbeitungsgebühr. Dieses Geld ist bereits im Verkaufspreis miteinkalkuliert“, erklärt Asdecker. „Der Käufer bezahlt somit die Retouren der anderen.“ Insgesamt entstünden den Onlinehändlern durch Rücksendungen Kosten in Höhe von über 5 Milliarden Euro.

Weiterverkauf der meisten Retouren

Die vielen Rücksendungen wirken sich außerdem auf die Umwelt aus. Rund 238.000 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e) berechnet Asdecker für das Jahr 2018: „Dies entspricht in etwa der Umweltwirkung von täglich 2.200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau.“ Der Anteil der Retouren am Gesamtausstoß in Deutschland sei trotzdem sehr gering: Er liege bei 0,02 Prozent.

Der aktuelle Retourentacho zeigt auch: „Mehrere Medien, zum Beispiel das ZDF, haben im Juni 2018 berichtet, dass der Onlinehändler Amazon massenhaft Retouren vernichte. Das deckt sich nicht mit unseren Daten, wenn man diese in das Gesamtbild einordnet“, so Asdecker. Die meisten Rücksendungen würden weiterverkauft: insgesamt 92 Prozent. Entsorgt oder verschrottet würden nur knapp 4 Prozent der Artikel.

Befragung unter Onlinehändlern

Die Forschungsgruppe Retourenmanagement hat die Daten mithilfe einer Online-Befragung im November und Dezember 2018 in einer Trendstudie, einer sogenannten Longitudinalstudie, erhoben. An der Umfrage nahmen 68 deutsche Onlinehändler teil. „Die Teilnahmebereitschaft war gegenüber 2014 leider deutlich rückläufig“, meint Asdecker. Damals hätten sich 143 Händler beteiligt. Um trotzdem Aussagen über den Gesamtmarkt treffen zu können, teilten die Forscher die Waren in fünf Gruppen ein, unter anderem Fashion und Unterhaltung. Anschließend errechneten sie den prozentualen Anteil, den sie am Gesamtumsatz im deutschen Onlinehandel haben. Beispielsweise gab es im Bereich „Fashion“ knapp 17 Milliarden Euro Umsatz. Das ist ungefähr ein Viertel des deutschen Onlinehandel-Gesamtumsatzes.

Das Phänomen des Zurückschickens untersucht Asdecker seit 2011. Er gründete die Forschungsgruppe Retourenmanagement, die sich als erste im deutschsprachigen Raum wissenschaftlich mit dem Thema Retouren und deren Management befasst hat. Sein Team geht folgenden Fragestellungen nach: Wie können Retouren effizient bearbeitet werden? Welche Folgen haben die vermehrten Rücksendungen? Und wie können Retouren vermieden werden? Die Forschungsergebnisse kommen auch der Wirtschaft zugute. Beispielsweise erhalten alle Onlinehändler, die am Retourentacho 2018 teilgenommen haben, eine Detailauswertung.