Während die Eltern in der Vorlesung sitzen, kann das Kind im "Dschungelcamp" spielen (Bilder: Katharina Hübel)

Paradiesisches Ambiente, aber ein schwieriger Weg zu finanzieller Sicherheit: Die Gründerin des Kinderparadieses Jutta Wolter (links)

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- Katharina Hübel

Paradiesisches Dschungelcamp

Kooperation der Universität mit Betreuungseinrichtung für Vorschulkinder

Während Mama und Papa in der Vorlesung sitzen, toben die Kleinen im „Kinderparadies“: In den Theatergassen in Bamberg gibt es für Kinder von zwei bis sieben Jahren eine flexible Stundenbetreuung – die Universität hat mit dem „Kinderparadies“ kürzlich einen Kooperationsvertrag geschlossen.

Eingerahmt von aufgepinseltem Dschungelgestrüpp, Geparden in Ölfarbe und von der Decke baumelnden Pappaffen lädt die Gründerin des Kinderparadieses, Jutta Wolter, zum Pressegespräch auf Kinderstühlen ein. Das Ambiente spricht für die fast zehnjährige Erfolgsgeschichte des „Kinderparadies e. V.“: Alles selbst gemacht, mit Hingabe, auch wenn’s oft unbequem wird. So hat der Verein trotz reger Nachfrage von Seiten der Eltern bislang wenig grundsätzliche Unterstützung in Bamberg erfahren – finanzielles Überleben in freier Wildbahn, das ist das ganz und gar nicht paradiesische Motto des freundlichen „Dschungelcamps“.

Bamberg bundesweit Vorreitermodell

Ein flexibles Kinderbetreuungsangebot mit einer ausgebildeten Erzieherin – das ist einmalig in der Stadt. Und nicht nur da: In der gesamten Bundesrepublik ist dieses Modell nur 20 Mal zu finden. Bamberg ist mit seiner langjährigen Erfahrung Vorbild für andere Betreuungseinrichtungen – so riefen bereits Interessenten bei Jutta Wolter an, die andernorts Ähnliches aufbauen wollten. „Die Frage, die immer ziemlich schnell kommt, ist die nach der Finanzierung – und das ist das große Problem“, sagt Jutta Wolter. Diese Sorge begleitet sie, seit es das Kinderparadies gibt. 1997 gründete sie es zusammen mit sieben anderen Frauen, die „am eigenen Leib“ erfahren hatten, wie es ist, Kinder zu haben, aber kein zuverlässiges Betreuungsangebot für Notfälle.

Von Montag bis Samstag hat das Kinderparadies inzwischen geöffnet, von 9 bis 17 Uhr, auch während der Schulferien. Im Schnitt kommen täglich zehn Kinder einige Stunden. Die einzige Auflage der Stadt Bamberg, die Jutta Wolter beachten muss: Ihr Paradies darf nicht zum Kinderhort werden, dieselben Kinder nicht öfter als zwei, drei Mal in der Woche kommen. „Bedarf ist definitiv da“, fasst Erzieherin Petra Nüßlein zusammen. In den vergangenen Jahren hat sie deshalb personelle Unterstützung bekommen. Doch einen regelmäßigen Sponsor oder Geldgeber hat das Kinderparadies noch nicht gefunden. „Auf die Eltern wollen wir steigende Miete und Personalkosten unter keinen Umständen umlegen“, erklärt Jutta Wolter die seit Jahren unveränderten Preise von 3 Euro pro Stunde beziehungsweise ermäßigt 1,90 Euro. Außeneinsätze wie Spielstraßen oder Kindergeburtstage halten das Kinderparadies knapp über Wasser.

Otto-Friedrich-Universität 2008 offiziell „familiengerecht“?

Daher freut sich die engagierte Kinderfreundin nun außerordentlich über den unlängst geschlossenen Kooperationsvertrag mit der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Zwar ist hier kein Geld im Spiel, dafür Unterstützung und Aufmerksamkeit. Marianna Jakob, die in der Projektgruppe „Auditierung familiengerechte Hochschule“ mitarbeitet, erklärt das Zustandekommen der Kooperation: „Seit einem Jahr unternimmt die Hochschule Verschiedenes, um familiengerechter zu werden. So hatten wir einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben, Wickelstuben und Stillzimmer in der Teilbibliothek 4 und der Feldkirchenstraße eingerichtet und Gleitzeit bei den Angestellten der Universität eingeführt.“

Ende 2008 möchte sich die Otto-Friedrich-Universität offiziell „familiengerechte Hochschule“ nennen können – wie es die Initiative „berufundfamilie“ der Hertie-Stiftung, die dieses Zertifikat vergibt, vorsieht. Die Grundzertifizierung ist im November erfolgt. Die Projektgruppe in Bamberg wird geleitet von Dr. Günter Erning, Akademischer Direktor am Lehrstuhl für Elementar- und Familienpädagogik, und Maria Steger, Leiterin des Eltern-Service-Büros sowie Leiterin der Studentenkanzlei. In Bayern nimmt außer der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt keine weitere Hochschule daran teil; bundesweit kann sich bislang gerade mal die Universität Kiel „familiengerecht“ nennen.

Studierende und Angestellte mit Kind unterstützen

Die Zusammenarbeit mit dem „Kinderparadies“ ist für die Otto-Friedrich-Universität ein weiterer Meilenstein im Auditierungsprozess. So bietet die Universität dem Verein Unterstützung beim Qualitätsmanagement an – seit fünf Jahren werden am Lehrstuhl für Elementar- und Familienpädagogik Studierende nach der KES-R („Kindergartenskala“) zu Qualitätsmanagern ausgebildet, die im „Kinderparadies“ helfen könnten. Außerdem soll das Angebot des Vereins bekannter gemacht werden, da es beispielsweise als flexible Stundenbetreuung eine gute Ergänzung zu der studentischen Kinderkrippe „Krabbelmonster e. V.“ darstellt. „Unseren Angestellten und Studierenden kann es nur helfen“, findet Marianna Jakob. In der Tat: Denn die Bedarfsanalyse, die die Studentin derzeit im Rahmen ihrer Diplomarbeit zur Einrichtung eines Kinderhauses an der Universität durchführt, stellt sie vor ein Problem: Wie soll der Bedarf an Kinderbetreuungsangeboten unter Studierenden ermittelt werden, wenn diese aus Mangel daran bislang ihr Studium womöglich abbrechen müssen?