Ivana Peric/Universität Bamberg

Im Rahmen von „Kult(ur)-Kids“ besuchen Mentorin Lisa (rechts) und Mentee Roua das Tierheim in Bamberg.

Ivana Peric/Universität Bamberg

Im Tagebuch wird jedes Treffen des Tandems festgehalten.

  • Lehre & Studium
- Ivana Peric

Cool, cooler, Kul(tur)-Kids?

Kulturelles Mentoring für Kinder mit Migrationshintergrund

Erwartungsvoll steht Roua inmitten des runden Raums im Bamberger Tierheim. „Auf jeder Tür steht der Name der Katzen und Kater, das Gewicht und das Geburtsdatum“, erklärt Mentorin Lisa Jakisch dem 14-jährigen Mädchen den kreisförmigen Aufbau und die sich hinter den Türen befindenden Katzenzimmer. Lisa ist eine von elf Lehramtsstudierenden an der Universität Bamberg, die dieses Semester am Projekt Kul(tur)-Kids teilnehmen. 

Durch kulturelle und soziale Aktivitäten bringen die Mentorinnen und Mentoren ihren Mentees in wöchentlichen Treffen von circa zwei bis drei Stunden die deutsche Sprache näher. Voraussetzung für eine Teilnahme am Projekt ist von Studierendenseite das Studium der Didaktik des Deutschen als Zweitsprache und der Deutschdidaktik. Das Programm ist konzipiert für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund der Klassen 2 bis 7 einer Grund- und Mittelschule, die zuvor noch nicht am Mentoringprogramm teilgenommen haben. Projektleiter Sebastian Tatzel vom Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur kooperiert mit der Volksschule Gaustadt, der Hugo-von-Trimberg Grund- und Mittelschule sowie mit der Heidelsteig-Schule, die die aus Aleppo stammende Roua derzeit besucht.  

Mit- und voneinander Lernen

Lächelnd kniet sie im Katzenzimmer, streckt den Arm aus und wartet darauf, dass sich ihr eines der Tiere vorsichtig nähert. „Hier drinnen gibt es alles, was ihr Herz begehrt“, erklärt Studentin Lisa und deutet auf den Katzenbaum. „Und draußen ist ein Areal, wo sie sich auch aufhalten können“, erklärt sie weiter, grinst und verbessert sich dann selbst. „Also ein Gehege“. Manchmal ertappe sie sich dabei, dass sie beim Sprachgebrauch noch darauf achten müsse, sich präziser auszudrücken. Aber sie habe mit ihrem Mentee ausgemacht, dass sie gegenseitige Missverständnisse sofort aufklären. 

Nach jedem Treffen halten die Mentees ihre gemeinsamen Unternehmungen in einem Tagebuch fest, das die Aktivität beschreibt. Bisher waren Roua und Lisa zusammen auf dem Weihnachtsmarkt, haben Pizza gebacken und Gesellschaftsspiele gespielt. „Roua hat uns auch ein Spiel aus ihrer Heimat gezeigt“, erzählt die Lehramtsstudentin für die Mittelschule. Das Geld für gemeinsame Unternehmungen wie Kino rührt von Spenden her, die sich in diesem Semester auf 50 Euro für alle Tandems belaufen. 

Lerneffekt auf mehreren Ebenen – nicht nur für die Schülerinnen und Schüler

Bei den gemeinsamen Unternehmungen findet der Lernprozess auf beiden Seiten statt. „Wir möchten unseren Mentees vorrangig den Alltag näher bringen, sprich das Ankommen erleichtern“, beschreibt Lisa das Ziel des Projekts. Indem sie Deutsch auch im außerschulischen Kontext anwenden, erweitern die Schülerinnen und Schüler ihr Vokabular und lernen Bamberg durch die persönliche Betreuung ihrer jeweiligen Mentorin oder ihres jeweiligen Mentors von einer anderen Seite kennen. „Die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer erlernen frühzeitig den sprachlichen und interkulturellen Umgang mit Kindern nicht-deutscher Muttersprache“, erklärt Sebastian Tatzel den Lerneffekt für die Studierenden. „Das Tagebuchschreiben fördert dabei die Ausdrucksfähigkeit der Kinder und zeigt den Mentorinnen und Mentoren zugleich, wo die Schreibfähigkeit der Schülerinnen und Schüler auf Grenzen stößt.“ Durch die begleitende Lehrveranstaltung an der Universität reflektieren und evaluieren die Studierenden ihre pädagogischen Kompetenzen und sprechen über Schwierigkeiten und Herausforderungen. „Das Projekt Kul(tur)-Kids gibt ihnen Einblicke in die Lebenswelt ihrer künftigen Schülerinnen und Schüler“, so Tatzel weiter. Gleichzeitig werde ihnen der Zusammenhang von Migrationsforschung, Spracherwerbstheorien, interkultureller Pädagogik und Deutsch-als-Zweitsprache-Lernen deutlich.

Das Mentoring-Programm läuft jeweils ein Schuljahr. Die nächsten Tandems werden im September 2017 gebildet. Sebastian Tatzel und das Organisationsteam des Projekts Kul(tur)-Kids freuen sich über Sponsorinnen und Sponsoren, die sich an den Kosten für die gemeinsamen Unternehmungen der Mentorinnen und Mentoren und ihren Mentees beteiligen. 

Weitere Informationen zu diesem Projekt und zu den Fördermöglichkeiten erhalten Sie bei Sebastian Tatzel: sebastian.tatzel(at)uni-bamberg.de