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Konzilsakten: So kommunizierte man in der Antike

ERC Starting Grant ermöglicht Forschung zu spätantiken Konzilsakten

Medien verkünden heutzutage Entscheidungen des Bundestags. Und in der Antike? Für die damaligen Bischofskirchen waren Konzilien eine wichtige Methode der Entscheidungsfindung, und die Kommunikation der Verhandlungsergebnisse fand mittels Konzilsakten statt. Einige dieser Akten – die zu einem großen Teil aus Protokollen bestehen – sind erhalten. Eine wahre Fundgrube für Forschende: „Die Konzilsakten stellen in vielerlei Hinsicht eine Schatzkiste dar, sie sind bislang aber jenseits der theologischen Aspekte kaum erforscht“, stellt Historiker Dr. Dr. Dr. Peter Riedlberger von der Universität Bamberg fest. Er erhielt 2015 einen ERC Starting Grant, die international bedeutendste Auszeichnung für exzellente Nachwuchswissenschaftler. Von den rund 1,5 Millionen Euro des Europäischen Forschungsrats (ERC) stellte er ein internationales Team zusammen, um das umfangreiche Material interdisziplinär zu untersuchen. Erste Ergebnisse stellt das Team nun vor.

Interessierte Öffentlichkeit erfuhr Entscheidungen durch Konzilsakten

Konzilien waren Bischofsversammlungen, die theologische und andere kirchliche Streitfragen verbindlich klärten. Derlei Fragen hatten in der Spätantike besondere Bedeutung, denn in dieser Zeit bildete sich das Christentum mit tatkräftiger Unterstützung der kaiserlichen Zentrale als dominierende Religion des Römischen Reiches heraus. „Damals zirkulierten Konzilsakten, um einer interessierten Öffentlichkeit mitzuteilen, wie die Entscheidungen der Beteiligten zustande gekommen waren“, erklärt Historiker Prof. Dr. Peter Van Nuffelen von der Universität Gent, der seit Anfang 2019 im Forschungsteam mitarbeitet.

Konzilsakten umfassen insbesondere ausführliche Protokolle der Verhandlungen. Riedlberger führt aus: „Zur damaligen Zeit war die Bedeutung von Protokollen enorm. Mitunter zitiert ein Bischof in einer Predigt vor seiner Gemeinde unmittelbar aus einem Protokoll.“ Die wichtigsten erhaltenen Akten stammen von den drei Ökumenischen Konzilien von Ephesus (431 n. Chr.), Chalcedon (451 n. Chr.) und Konstantinopel (553 n. Chr.) sowie von der Synode von Jerusalem/Konstantinopel (536 n. Chr.). Diese Texte edierte der Philologe Eduard Schwartz Anfang des 20. Jahrhunderts in seinem monumentalen Werk „Acta conciliorum oecumenicorum“, das Riedlbergers Team als Arbeitsgrundlage verwendet.

Ein neues Verständnis der Akten

Der Forschergruppe um Riedlberger sind bereits entscheidende Durchbrüche gelungen. Dank einer sorgfältigen Analyse der Konzilsprotokolle, bei der auch statistische Methoden zum Einsatz kamen, ließen sich Unterschiede zwischen Sprech- und Schreibstil einzelner Akteure bestimmen. „Dabei gelang es Dr. Tommaso Mari sogar, Sprachticks von Individuen herauszuarbeiten“, so Riedlberger. Die Forschungen von Dr. Maria Constantinou zur Herkunft der Archivalien haben einen ganz neuen Einblick in die Genese der Konzilsakten ermöglicht. Dr. Luisa Andriollo ist dabei, die nur bruchstückhaft dokumentierte Vorgeschichte staatlicher Protokollierung in der Hohen Kaiserzeit aufzuarbeiten. „Wir liegen gut im Zeitplan. Am Ende des Projekts wird ein ganz neues Verständnis der komplexen Konzilsakten stehen“, betont Riedlberger.

Mit antiken Debatten beschäftigt sich auch Van Nuffelen, der als einer der weltweit angesehensten Spezialisten für die antike Kirchengeschichtsschreibung einen zusätzlichen Blickwinkel beisteuert. Prof. Dr. Lieve Van Hoof von der Universität Gent ist ebenfalls zur Forschungsgruppe gestoßen, was unter anderem durch ein Alexander-von-Humboldt-Stipendium ermöglicht wurde. Die Historikerin erforscht die Korrespondenz im Umfeld der Konzilien mit einem besonderen Interesse an antikem Lobbyismus. Das gesamte Forschungsprojekt läuft bis 2021.

Weitere Informationen zum ERC Starting Grant:
www.uni-bamberg.de/news/artikel/erc_starting_grant 
www.uni-bamberg.de/en/erc-stg-aco/theproject 

Bild: Gemeinsam erforschen sie die Konzilsakten (v.l.n.r.)(2.0 MB): Maria Constantinou, Luisa Andriollo, Peter Van Nuffelen, Peter Riedlberger und Lieve Van Hoof. Es fehlt: Tommaso Mari.
Quelle: Patricia Achter/Universität Bamberg

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