Lesen, lesen, lesen - aber welches Medium soll ich wählen? Das E-Book oder doch das gute alte gedruckte Buch? (Bild: Photocase)

Leeren sich die Bibliothekssäle, wenn immer mehr Studierende zuhause am Rechner lesen? (Bild: Michael Meyer)

Vermittelt zwischen traditionellen und modernen Medien: Bibliotheksdirektor Fabian Franke (Bild: Pressestelle)

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- Michael Meyer

Schauen Bücherwürmer bald in die Röhre?

5000 neue E-Books verbessern das Literaturangebot der Universitätsbibliothek

Die romantische Vorstellung vom Studiosus, der eine dicke Schwarte wälzt, lässt sich nur noch bedingt aufrechterhalten. Die Erweiterung des E-Book-Bestandes der Universitätsbibliothek lockt die Studierenden noch mehr als zuvor vor den Bildschirm. Ganz ersetzen können die elektronischen Bücher ihre gedruckten Verwandten allerdings nicht.

Ob für Prüfungen, Hausarbeiten, Referate oder aus Interesse. Das studentische Leben wird zu einem großen Teil von Büchern und Fachzeitschriften geprägt. Allgegenwärtig ist das Bild gefüllter Lesesäle auch in den Bibliotheksräumen der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Gerade zu Prüfungszeiten kommt es in den Räumlichkeiten sogar teilweise zu Kapazitätsengpässen, und die Suche nach einem freien Leseplatz und freien Buchexemplaren wird zu einem eigenen kleinen Wettbewerb.Hier bahnt sich jetzt eine Verbesserung an: Denn ab Semesterbeginn stehen den Studierenden der Universität Bamberg vorerst knapp 5.000 Bücher eines großen deutschen Wissenschaftsverlags in elektronischer Form zur Verfügung. „Durch den Kauf dieses Pakets des Springer-Verlags können wir eine 24-Stunden-Verfügbarkeit der Texte gewährleisten“, zeigt Dr. Fabian Franke, Direktor der Bamberger Universitätsbibliothek, einen großen Vorteil der E-Books auf. „Die E-Books können unbegrenzt online gelesen und für den eigenen Gebrauch herunter geladen oder ausgedruckt werden“, erläutert Franke.Wie auch bei der schon vorhandenen „Elektronischen Zeitschriftenbibliothek“ und anderen Angeboten des „Datenbank Info-Systems“ (DBIS) stehen die E-Books im Datennetz der Universität frei zur Verfügung. Zudem können sich alle Bamberger Studierenden über den Internet-Auftritt der Universität für das „Virtuelle Private Netzwerk“ (VPN) anmelden und das Angebot auch vom heimischen Rechner aus wahrnehmen. Die Literaturrecherche erfolgt ganz normal über den „Bamberger Katalog“, von dem der Nutzer durch einen Link auf den Volltext des Buchs weitergeleitet wird. Sollen nur E-Books als Rechercheergebnis angezeigt werden, kann die Suche auf die „Erscheinungsform: E-Books“ eingeschränkt werden. Eine Liste der verfügbaren E-Books kann auch auf den Webseiten der UB abgerufen werden.

Momentanes Angebot als Probelauf

Der Kauf elektronischer Bücher aus Bibliotheksmitteln beschränkt sich zunächst auf die Fachgebiete Wirtschaftswissenschaften und Informatik und stellt laut Franke eine Art Probelauf dar: „Bei positiven Rückmeldungen und einer entsprechenden Nutzung werden wir das Angebot im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten auch auf weitere Fachgebiete auszuweiten versuchen.“ Darüber hinaus stehen aber bereits jetzt den Nutzern der UB mehr als 250.000 E-Books im Rahmen der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Nationallizenzen zur Verfügung, zum Beispiel die „Early English Books“ und die „Eighteenth Century Collection“ mit englischsprachigen Büchern des 17. und 18. Jahrhunderts.

Die gedruckten Bücher bleiben alle in den Regalen der Bibliothek erhalten. Auch die Öffnungszeiten der Teilbibliotheken sollen nicht berührt werden. Jedoch werden die Exemplare, welche als E-Book zur Verfügung stehen, zunächst nicht in gebundener Form bestellt, da das Budget dies momentan nicht zulässt. Eine solche doppelte Anschaffung könnte aber eventuell der Reaktion auf das Angebot angepasst werden.

Durch die „Ressource E-Book“ kann neben der besseren Verfügbarkeit der Texte ein weiteres Problem behoben, beziehungsweise gemindert werden: das Platzproblem. So entfällt für die Bibliotheksverwaltung die Suche nach Räumen für Regale, aber auch für Magazine und Archive.

Gute Argumente gegen kritische Stimmen

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen zu der Einführung der E-Books. So wird von studentischer Seite des Öfteren das Argument hervorgebracht, dass das Lesen von Texten am Bildschirm auf Dauer sehr anstrengend ist und die Konzentration auf die Inhalte nicht immer problemlos aufrechterhalten werden kann. „Dies ist zugegebenermaßen nicht von der Hand zu weisen“, so Franke, „aber wir glauben, dass sich die Lesegewohnheiten zukünftig auch ändern können und die Vorteile der elektronischen Recherche überwiegen.“ Durch eine Verlinkung der Textinhalte könne demnach das zeit- und konzentrationsaufwendige Lesen ganzer Texte durch eine schnellere Quer-Recherche ersetzt werden. Des Weiteren beinhalten bereits einige elektronische Bücher multimediale Elemente, wie bewegliche Modelle oder Schemata, die einem besseren Verständnis dienen sollen. Bei Texten im Format einer PDF-Datei, sei es den Lesern auch möglich, Anmerkungen oder Notizen zu den untersuchten Textpassagen anzubringen.

Trotz aller Vorteile der elektronischen Bücher muss das Service-Angebot der Universität ausgeweitet werden, um eine gleiche Verfügbarkeit der Literatur für alle Studierenden zu gewährleisten.

Service-Ausweitung notwendig

Leider ist es bis heute nicht in allen Bereichen der Bibliotheksräumlichkeiten möglich, mit dem WLAN-Netzwerk der Universität zu arbeiten, also auf das elektronische Angebot der Texte zurückzugreifen. Die Bibliothek wird wohl auch in Zukunft der primäre Raum für die Literaturrecherche bleiben, so dass das Studieren der notwendigen Bücher auch im gleichen räumlichen Umfang wie bisher möglich sein sollte.
„Diesem Problem sind wir uns natürlich bewusst. Die Reichweite des WLAN-Netzwerkes soll und wird daher auch im Laufe des Jahres auf alle Bereiche der Bibliotheksräumlichkeiten ausgeweitet werden“, kann Franke aber auch diesen Bedenken entgegentreten.
Darüber hinaus soll es in naher Zukunft ermöglicht werden, in den einzelnen Teilbibliotheken die erforderlichen Bücher oder Textpassagen der elektronischen Ressourcen auszudrucken, sobald die einheitliche Chip-Karte der Universität realisiert wurde.

Ob sich das studentische Lern-, Lese- und Rechercheverhalten durch die E-Books entscheidend verändern wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall aber wird den Studierenden eine weitere Möglichkeit zur Literaturrecherche und -verarbeitung zur Verfügung gestellt.
Es bleibt zu hoffen, dass die vielleicht altmodische oder romantische Vorstellung vieler studentischer Bücherwürmer vom Blättern in „dicken Wälzern“ und „alten Schinken“ trotz alledem erhalten bleibt und man sich auch weiterhin über die kleinen Bleistiftkritzeleien und persönlichen Notizen an den Rändern des gebundenen Literaturbestandes ärgern und amüsieren kann.