Marcel Reich-Ranicki sprach auch bei der Festveranstaltung zur Verleihung seiner Ehrendoktorwürde vor großem Publikum. Fotos: Pressestelle

Sie freuten sich, Marcel Reich-Ranicki (Mitte) die Ehrendoktorwürde zu verleihen (v.l.): Alfred Hierold (damals Rektor der Universität), Literaturvermittler Thomas Anz, Rolf Bergmann (damals Dekan der Fakultät Sprach- und Literaturwissenschaften) und Wulf Segebrecht (damaliger Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)

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Gedenken an Bamberger Ehrendoktor

Marcel Reich-Ranicki ist am 18. September 2013 verstorben

Wann immer Honorarprofessor Dr. Dr. phil. h. c. mult. Marcel Reich-Ranicki an der Universität Bamberg gastierte, war eines gewiss: Das Audimax in der Feldkirchenstraße 21 reichte nie aus, um all den interessierten Besuchern, die zu seinen Vorträgen gekommen waren, einen ordentlichen Sitzplatz anzubieten. Fußboden und Treppenstufen mussten herhalten und zur Not tat es auch ein Stehplatz am Saaleingang.

Während der wohl bekannteste Literaturkritiker Deutschlands einem großen Radio- und Fernsehpublikum zumeist für seine spektakulären Buchbesprechungen bekannt war, zeigte er sich in Bamberg von einer für viele etwas unbekannteren Seite: Er reflektierte vornehmlich über seinen Berufsstand. Sei es durch Vorträge im Rahmen der Reihe „Literatur in der Universität“ zu außergewöhnlichen Literaturkritikern aus vergangenen Jahrhunderten wie Friedrich Nicolai und Friedrich Schlegel oder durch ein öffentliches Gespräch zum Thema „Literaturkritik als Beruf – gestern und heute“, das auf Initiative des Bamberger Germanistenclubs zustande kam.

Dass Reich-Ranicki in Bamberg speziell diese Themen fokussierte, kam nicht von ungefähr. Denn in den 1990er Jahren gab es in der Bamberger Germanistik den Schwerpunkt Literaturvermittlung, in dem Berufsfelder vorgestellt wurden, die sich mit der Herstellung, Vermarktung oder der Rezeption von Literatur beschäftigen. Auch heute noch sind Lehrveranstaltungen zur Literaturkritik essentieller Bestandteil im Masterstudium Literaturwissenschaft und Literaturvermittlung. Der damalige Professor für Literaturvermittlung, Dr. Thomas Anz, knüpfte die Verbindung zu Reich-Ranicki, um seinen Studierenden praxisnahe Einblicke in dieses Arbeitsfeld zu ermöglichen.

Für seine „herausragenden Verdienste bei der engagierten Vermittlung von Literatur“, so Gutachter und Laudator Thomas Anz, verlieh die damalige Fakultät Sprach- und Literaturwissenschaften dem berühmtesten Mitglied des „Literarischen Quartetts“ am 2. Juni 1992 die Ehrendoktorwürde. „In allen Publikationen ist Reich-Ranicki ein ‚Literaturkritiker‘ im emphatischen Sinne dieses Wortes: ein engagierter Verteidiger der Kritik gegenüber allen, denen diese genuin aufklärerische Tätigkeit suspekt ist“, heißt es im Gutachten weiter. Zu den besonderen Qualitäten dieses Kritikers gehöre es dabei, dass er die historischen und gegenwärtigen Grundlagen der Literaturkritik immer wieder reflektiere. 

Marcel Reich-Ranicki starb am 18. September 2013 im Alter von 93 Jahren in Frankfurt am Main. Die Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften wird sich seiner immer dankbar erinnern. „Sein Verdienst wird im Gedächtnis derer, denen die deutsche Literatur am Herzen liegt, weiterleben“, so der amtierende Dekan der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften Prof. Dr. Lorenz Korn.

Hinweis

Diesen Text verfasste Tanja Eisenach für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

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