Neuer Artikel in West European Politics

Lukas Hohendorf und Ulrich Sieberer zeigen gemeinsam mit Thomas Saalfeld, dass Bundesregierung und Opposition im Bundestag häufiger gemeinsam abstimmen, wenn die Bundesregierung im Bundesrat keine Mehrheit hat. Oppositionelle Vetomacht begünstigt also Kooperation zwischen Regierung und Opposition und führt nicht zwangsläufig zu Politikblockade.

Einige berühmte und markante Beispiele zeigen, dass die Opposition ihre Vetomacht in der zweiten Kammer dazu nutzen kann, die Regierung als handlungsunfähig dastehen zu lassen (wie zum Beispiel die SPD zum Ende der Regierung Kohl 1996-98). Unsere Ergebnisse legen jedoch nahe, dass in der Regel Regierung und Oppositionsparteien bereits zu Beginn des Gesetzgebungsprozesses nach Kompromissen suchen und dass Konflikte häufig bereits in der ersten Kammer gelöst werden.

In unserem Artikel argumentieren wir, dass institutionelle Vetomacht der Opposition (z.B. durch eine zweite Kammer) die Kooperation zwischen Regierung und Oppositionsparteien im Parlament fördern kann. Diese theoretische Annahme wird im Artikel durch Daten zu allen namentlichen Abstimmungen im Deutschen Bundestag 1949-2013 untermauert. In unserem Modell kontrollieren wir auf die inhaltlicher Nähe zwischen den Wahlprogrammen von Regierung und Opposition und weitere Faktoren, die sich auf die Konflikthaftigkeit der Abstimmungen auswirken. Die statistische Analyse zeigt, dass Oppositions- und Regierungsparteien bei zustimmungspflichtigen Gesetzen im Bundestag mit höherer Wahrscheinlichkeit gemeinsam abstimmen, wenn die Opposition über eine Mehrheit im Bundesrat verfügt. Insgesamt ist festzuhalten, dass oppositionelle Vetomacht nicht unbedingt zu mehr öffentlichen Konflikten und Politikstillstand führt, sondern ceteris paribus sogar zu mehr Kooperation.

Hohendorf, Lukas; Saalfeld, Thomas und Ulrich Sieberer (2020): Veto power fosters cooperative behaviour: How institutional incentives affect voting agreement between government and opposition parties in the German Bundestag. West European Politics, online first, DOI: 10.1080/01402382.2020.1739868 Link