legacy4reuse - Kriterien und Methoden für das Upcycling von Sozial- und Wirtschaftshistorischen Datensammlungen

Online Workshop, 22. – 24. November 2023

Organisation:

Prof. Dr. Werner Scheltjens, Professur für Digitale Geschichtswissenschaften, Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Prof. Dr. Mark Spoerer, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Regensburg

Call for Papers – Deadline 31.05.2023 [hier downloaden(773.7 KB)]

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse beruhen häufig auf der Wieder- oder Weiterverwendung von bereits vorhandenen gedruckten, digitalisierten oder genuin digitalen Datensammlungen. Disziplinen wie die Archäologie oder die Linguistik verwenden diesbezüglich den Begriff Legacy Collections. So deuten sie an, dass solche Datensammlungen aus dem historischen Erbe der jeweiligen Disziplin stammen, in der Regel nicht den heutigen wissenschaftlichen Standards entsprechen und häufig schlecht dokumentiert sind. Legacy Collections sind problematisch, aber kaum ersetzbar. Sie erhalten einzigartige Daten. Manchmal sind diese Daten nicht mehr anderweitig verfügbar; manchmal sind sie das Ergebnis von jahrelanger, nicht wiederholbarer Forschungstätigkeit.

Die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte zieht oft Legacy Collections heran, auch wenn sie ihre historischen Datensammlungen in aller Regel nicht als solche kennzeichnet. Bekannte Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum sind etwa Harald Witthöfts Handbuch der Historischen Metrologie (Witthöft 1991–2007), die Hamburger Admiralitäts-, Convoy- und Einnahmebücher (Schneider, Krawehl & Denzel 2001), Moritz Elsas’ Umriss einer Geschichte der Preise und Löhne in Deutschland (Elsas 1936-1949), oder Lesnikovs Edition der Handelsbücher des Hansischen Kaufmanns Veckinchusen (Lesnikov 1973). Die Wieder- und Weiterverwendung dieser und weiterer Legacy Collections in der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte bleibt bis heute stark personen- und projektgebunden und entspricht nicht, oder nur beschränkt, den Prinzipien von FAIR Data (Wilkinson et.al. 2016). Die heutige Forschungspraxis verhindert so einen nachhaltigen Umgang mit Legacy Collections in der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte.

Um Nachhaltigkeit zu erzielen, sollte die Wieder- und Weiterverwendung der jeweiligen historischen Datensammlungen im Rahmen eines Upcycling stattfinden (Scheltjens 2023). Die Digitalisierung einer Quelle bildet dabei lediglich den Startpunkt. Ziel des Upcycling ist die digitale Aufwertung der historischen Datensammlung. Dabei werden sowohl die ursprüngliche Datengenese als auch die technischen Herausforderungen und epistemologischen Anforderungen für deren Wieder- oder Weiterverwendung kritisch betrachtet und systematisch dokumentiert. So können neu konfigurierte, aufgewertete Datensammlungen entstehen, die den FAIR Data Prinzipien entsprechen und nachhaltig wiederverwendbar sind.

Der Workshop legacy4reuse setzt sich zum Ziel, das in der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vorhandene Fachwissen über Legacy Collections zu bündeln, um so eine Antwort auf vier mit dem Gebot der Nachhaltigkeit einhergehende Fragen zu finden:

  1. Für welche Legacy Collections ist Upcycling besonders dringlich? Hier sind sowohl Überlegungen zu einzelnen Datensammlungen als auch Einschätzungen aus der Perspektive von Teildisziplinen oder Spezialgebieten der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte gefragt.
  2. Mit welchen Mitteln und Methoden wurden und werden Legacy Collections wieder- und weiterverwendet, und inwiefern können diese als Best Practice Beispiele fungieren?
  3. Mit welchen technischen Herausforderungen ist beim Upcycling historischer Datensammlungen zu rechnen und wie könnte man diesen Herausforderungen gerecht werden? Hier sind sowohl konzeptionelle Überlegungen als auch Praxislösungen und Beispiele erfolgreicher Umsetzung gefragt.
  4. Welche erkenntnistheoretischen Anforderungen stellt die Wieder- und Weiterverwendung von Legacy Collections an die Forschung? Hier sind methodologische und theoretische Überlegungen basierend auf Praxisbeispielen gefragt.

Vorschläge können bis zum 31.05.2023 auf Deutsch oder auf Englisch in einer PDF-Datei eingereicht werden. Zu jedem Beitrag werden folgende Informationen erbeten: Titel, Zusammenfassung (max. 300 Wörter), Autor:innen, Kontaktinformationen für alle Autor:innen.

Die Vorschläge bitten wir einzureichen an: digihist at uni-bamberg dot de

Rückmeldung erfolgt bis zum 30.06.2023.

 

Quellen

Elsas, M.J.: Umriss einer Geschichte der Preise und Löhne in Deutschland. Vom ausgehenden Mittelalter bis zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts. Leiden 1936–1949. https://resolver.kb.nl/resolve?urn=MMKB06:000003330:00009

Lesnikov, M.P.: Die Handelsbücher des Hansischen Kaufmannes Veckinchusen. Berlin 1973.

Scheltjens, W.: „Upcycling historical data collections. A paradigm for digital history?“, Journal of Documentation, Vol. ahead-of-print No. ahead-of-print, 2023. https://doi.org/10.1108/JD-12-2022-0271

Schneider, Jürgen, Otto-Ernst Krawehl and Markus A. Denzel (Eds): Statistik des Hamburger seewärtigen Einfuhrhandels im 18. Jahrhundert. Nach den Admiralitäts- und Convoygeld-Einnahmebüchern. St. Katharinen 2001.

Wilkinson, M., et al.: The FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship, Scientific Data, Vol. 3, 2016. https://doi.org/10.1038/sdata.2016.18

Witthöft, Harald: Handbuch der historischen Metrologie (8 vols.), St. Katharinen 1991–2007.