Partizipatorischer Erbeschutz in internationaler und interdisziplinärer Perspektive

Internationale und zwischenstaatliche Organisationen wie UNESCO, ICCROM, die UN und die EU stellen den Menschen, „Communities“ und die auf die Gegenwart bezogenen gesellschaftlichen Einflüsse des kulturellen Erbes verstärkt in den Fokus ihrer Betrachtung, ihrer Strategien und in die Narrative „nachhaltiger Entwicklung“. Der „Wert des Kulturerbes“ (Faro Rahmenkonvention des Europarats) wird so in Beziehung gesetzt mit übergeordneten Zielen wie sozialer Kohäsion, Demokratieförderung, gegenseitiger Wertschätzung in der kulturellen Vielfalt und „Well-being“. In demselben Impetus wurde 2018 auch das Europäische Kulturerbejahr begangen.
Auch in den Kultur- und Sozialwissenschaften, wurde der dynamische, gesellschaftsbildende Charakter von kulturellem Erbe und die Möglichkeit, materielle und immaterielle Werte als kulturelles Erbe zu definieren, reflektiert – ebenso aber auch die darin verhaftete Möglichkeit der (politische) Instrumentalisierung.
Sowohl in der strategischen Perspektive auf die „Ressource Kulturerbe“, als auch in der kritischen Beschäftigung mit dieser, werden lokalen Akteuren und bürgerlichen oder gesellschaftlichen Gruppierungen, die sich eines Kulturerbes annehmen und es in dieser Weise symbolisch in Wert setzen, zu Schlüsselfiguren. Mit ihnen soll „kulturelles Erbe“ identifiziert, ausgehandelt, erhalten und gemanagt werden. Werden diese Aushandlungsprozesse staatlich gelenkt, spricht man von „Governance“.
Die Institutionen und Behörden des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Deutschland beziehen sich maßgeblich auf ihren gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag, der in den deutschen Bundesländern in den 70ern und 80ern festgeschrieben wurde. Partizipatorische Ansätze und Fragen der Bürgerbeteiligung haben daher in den Denkmalwissenschaften bisher wenig Aufmerksamkeit, geschweige denn eine systematische Analyse, erfahren.
Eine Synthese verschiedener Perspektiven auf partizipatorische Ansätze im Erbeschutz und deren möglicher Bedeutung innerhalb des deutschen und bayerischen Kontexts soll ein Teilaspekt der am KDWT und dem Graduiertenkolleg 2227 „Identität und Erbe“ angesiedelten Dissertation von Lisa Marie Selitz werden.