Ringvorlesung "Soziale Netzwerke" im Sommersemester 2015

Experten der Universität Bamberg diskutieren Online- und Offline-Netzwerke vor dem Hintergrund ihrer Forschung und praktischen Erfahrungen.

Zum Thema der Ringvorlesung

Seitdem unzählige Menschen sich über Facebook, LinkedIn oder andere Netzwerke miteinander verlinken, ist vielen bewusst geworden, wie sehr unsere modernen Gesellschaften in Netzwerken funktionieren. 

Doch auch lange vor dem Einzug elektronischer Medien in unseren Alltag haben sich Menschen in Netzwerken miteinander verbunden, als Familien, Freunde, Bekannte, Kollegen, Geschäftspartner, Politiker usw.

Also: Online oder offline, Netzwerke sind unsere Lebensrealität. Doch:

  • Welche Regeln herrschen in Netzwerken?
  • Welche Chancen und Gefahren bergen sie?
  • Wie kann man Netzwerke analysieren, steuern und planen?
  • Welche sichtbaren und auch unsichtbaren Netzwerke bestimmen wirtschaftliche oder politische Vorgänge?

Solchen Fragen geht die Ringvorlesung "Soziale Netzwerke" der Universität Bamberg im Sommer 2015 nach. Netzwerk-Forscher verschiedener Fakultäten referieren und diskutieren mit den Studierenden, aber auch mit allen interessierten Gästen aus Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

An jedem Termin wird ein Schlaglicht auf ein anderes Thema der riesigen Welt der Netzwerke gerichtet. Sie sind herzlich eingeladen!

Direkte Links

Referenten

Behmer, Markus (Institut für Kommunikationswissenschaft)

Fischbach, Kai (Fachgruppe Wirtschaftsinformatik)

Fliaster, Alexander (Fachgruppe Betriebswirtschaft)

Ivens, Björn Sven (Fachgruppe Betriebswirtschaft)

Kneidinger, Bernadette  (Fachgruppe Soziologie)

Leischnig, Alexander  (Fachgruppe Betriebswirtschaft)

Pflaum, Alexander  (Fachgruppe Betriebswirtschaft)

Wolstein, Jörg (Institut für Psychologie)

Vorausblick auf die Vorträge

 

Die Referenten haben uns ein kurzes Resümee ihrer Vorträge zur Verfügung gestellt:

Prof. Dr. Kai Fischbach: Aktuelle Themenfelder der Analyse sozialer Netzwerke

Der Begriff soziales Netzwerk bezeichnet ein Geflecht sozialer Beziehungen, in das Einzelne, Gruppen, kollektive oder korporative Akteure eingebettet sind. Die Methoden und Techniken, die in verschiedenen Disziplinen verwendet werden, um die Strukturen dieser Netzwerke aufzudecken und Rückschlüsse auf die Funktion und Qualität der Netzwerke erlauben, werden gemeinhin unter dem Begriff Analyse sozialer Netzwerke (social network analysis, SNA) zusammengefasst. Die zentrale Idee der SNA besteht darin, die statistischen Eigenschaften eines formalen Graphen, der als Abbild eines sozialen Netzwerks fungiert, mit dem tatsächlichen Verhalten der realen Akteure in Beziehung zu setzen. Welcher Typ von Interaktion betrachtet wird und ob die Akteure Individuen, Gruppen oder Organisationen sind, variiert in Abhängigkeit von Disziplin und Untersuchungsgegenstand. Die Wurzeln der SNA liegen in der Anthropologie, der Soziologie, Psychologie und Organisationstheorie. Mittlerweile hat sie sich Disziplinen übergreifend etabliert und verfügt über ein fortgeschrittenes und reichhaltiges Spektrum an qualitativen und quantitativen Methoden. Häufig untersuchte Beziehungen sind Informations- und Kommunikationsbeziehungen, Transfer oder Tausch von Ressourcen und Weisungsbeziehungen im Rahmen von Unter- und Überordnungsverhältnissen. Entsprechende Arbeiten beschäftigen sich unter anderem mit den Auswirkungen von Netzwerkstrukturen auf die Leistung von Individuen, Gruppen und Organisationen. Befördert wird die Forschung zu sozialen Netzwerken dadurch, dass die Erhebung von Daten infolge der zunehmenden Verlagerung formeller und informeller Kommunikation auf elektronische Wege einfacher und kostengünstiger geworden ist. Das schafft die Grundlage für eine umfängliche Auswertung der Interaktionsstrukturen von Individuen und Gruppen – innerhalb und über Unternehmensgrenzen hinweg.

Der Vortrag bietet Einblicke in die aktuellen Forschungsfelder der SNA und schafft damit einen Rahmen, in den sich die einzelnen Veranstaltungen der Ringvorlesung einbetten.

Prof. Dr. Bernadette Kneidinger: Beziehungspflege 2.0 - Die Rolle von Social Media für den Aufbau und Erhalt von Sozialkapital

Der Begriff der "sozialen Netzwerke" wird in der öffentlichen Diskussion oftmals synonym für Social Media Plattformen verwendet. Soziale Netzwerke existierten jedoch lange vor Facebook und Co. Sie stehen für das soziale Beziehungsgefüge von Individuen, das sowohl offline als auch online aufgebaut und gepflegt wird. Im gesellschaftlichen Miteinander stellen diese interpersonalen Beziehungen eine Form des Kapitals dar, indem sie dem Einzelnen Zugang zu Ressourcen unterschiedlichster Art eröffnen, sei es in materieller, finanzieller oder auch emotionaler Form. Durch die zunehmende technische Vernetzung gewinnen Social Media Plattformen für den Aufbau und die Pflege dieses "Sozialkapitals" (Bourdieu) an Bedeutung. Im Rahmen des Vortrags werden Unterschiede und Parallelen von sozialen Netzwerken im Online und Offline Kontext aufgezeigt und die Frage diskutiert, inwiefern sich die Nutzung von Social Media auf das individuelle Sozialkapital auswirken kann.

Prof. Dr. Jörg Wolstein: Peer-gestützte Prävention des dysfunktionalen Mediengebrauchs im Kindes- und Jugendalter: Das Projekt Netzgänger

Die Nutzung von Sozialen Netzwerken ist mittlerweile in allen Altersstufen weit verbreitet; neben vielen Vorteilen gibt es aber auch eine Reihe von Risiken, die besonders junge Menschen betreffen.  Darunter fallen Themen wie mangelnde Privatheit, Cybermobbing oder exzessiver Gebrauch. Um Kindern rechtzeitig eine risikoarme Nutzung zu vermitteln, bietet sich der Einsatz von Peer-Mentoren an: Ältere Schülerinnen und Schüler werden entsprechend ausgebildet und geben ihr Wissen und ihre Kompetenzen innerhalb ihrer Schule an Kinder der unteren Jahrgangsstufen weiter.  Im Projekt Netzgänger werden auf diese Weise jährlich etwa 4000 Schülerinnen und Schüler in ganz Bayern erreicht. Die Evaluation des Projektes zeigt eine Verbesserung der Selbstwirksamkeit und der Handlungskompetenzen sowohl bei den Peers als auch bei den jüngeren Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Prof. Dr. Alexander Pflaum: Digitale soziale Netze in Logistik, Produktion und Supply Chain Management 

Bei der Versorgung des Konsumenten in einer globalisierten Welt spielen „Netze“ bereits seit langem eine besondere Rolle. Gemeint sind Netzwerke zwischen Unternehmen einer- und menschlichen Individuen andererseits. Mit dem permanent wachsenden Anteil der „Digital Natives“ in den Belegschaften der Unternehmen gewinnt vor allem die Verknüpfung von Mitarbeitern über digitale soziale Netze zunehmend an Bedeutung. Auch Produktion, Logistik und Supply Chain Management sind hiervon betroffen. Im Rahmen der Vorlesung wird diese Entwicklung anhand von Beispielen verdeutlicht und in den größeren Kontext der Digitalisierung wirtschaftlicher Prozesse eingebettet. Sowohl Nutzenpotenziale als auch Herausforderungen der sich abzeichnenden digitalen Transformation werden herausgearbeitet und präsentiert. Es wird gezeigt, wie sich aktuelle Geschäftsmodelle verändern können und welche strategischen Implikationen sich aus dieser grundlegenden Entwicklung ergeben.

Prof. Dr. Björn Ivens & Prof. Dr. Alexander Leischnig: Business Intelligence in Social Media – wie Unternehmen Daten aus Online-Netzwerken zur Markt- und Wettbewerbsforschung nutzen (können)

Soziale Medien haben innerhalb der letzten Jahr einen enormen Stellenwert erlangt. Nicht nur für Konsumenten sondern auch für Unternehmen bieten soziale Medien viele verschiedene Möglichkeiten, um sich selbst zu präsentieren oder auch Informationen über andere Nutzer einzuholen. Die Veranstaltung geht der Frage nach, wie Unternehmen soziale Medien nutzen können, um das Verständnis über Markttrends, Kunden- und Wettbewerberverhalten zu verbessern und letztendlich die Entscheidungsfindung in Unternehmen zu unterstützen. Es werden dabei grundlegende Fragen, wie z. B. "Was ist Business Intelligence?" und "Was sind Social Media?", beantwortet, aber auch tiefergehende Problemstellungen diskutiert, wie z. B. die Evaluation von Konsumenten-Marken-Beziehungen auf Basis von Informationen aus sozialen Medien.

Prof. Dr. Markus Behmer: Crossmediale Grenzgänge, Infos in Echtzeit und der Dialog mit dem Publikum - wie Social Media den Journalismus verändern

Alle Medien, alle Redaktionen nutzen heute auch Facebook, Twitter & Co., immer öfter erreichen aktuelle Informationen die Rezipienten nicht mehr unmittelbar über die „klassischen“ Massenmedien, sondern zunächst über soziale Netzwerke. Die Rolle des "Gatekeepers" im Nachrichtenfluss hat sich dadurch verändert. Journalistinnen und Journalisten können ihr Publikum direkter ansprechen, Leser, User, Zuschauer können mit den Medienschaffenden interagieren. Neuen Möglichkeiten stehen aber auch neue Risiken gegenüber: Schnelligkeit statt Relevanz, Infohäppchen statt Hintergründe, Entertainment und Exaltiertheit statt gründlicher Einordnung.

Im Vortrag werden Chancen wie Probleme anhand von einigen Beispielen exemplarisch beleuchtet. Dazu wird auch zunächst das Konzept des crossmedialen Journalismus und die Einbindung eben von Social Media knapp erläutert, schließlich die Bedeutung für die öffentliche Kommunikation thesenhaft zur Diskussion gestellt.

Prof. Dr. Alexander Fliaster: Netzwerke, Sozialkapital und Innovatoren

Für die Generierung und Umsetzung von Innovationen, aber auch für die persönliche Entwicklung und berufliche Karriere von Wissensarbeitern sind nicht nur ihre individuellen Fähigkeiten und die Motivation von Bedeutung. Eine entscheidende Rolle spielt die Einbettung in informelle soziale Netzwerksstrukturen bzw. das Sozialkapital. Das Sozialkapital steht demnach für Ressourcen (vor allem Wissen, aber etwa auch emotionale Unterstützung, Rückendeckung usw.), die eine Person aus ihrem Beziehungsnetzwerk in Anspruch nehmen kann, um ihre Handlungsziele zu erreichen.Der Vortrag setzt sich mit den Werttreibern des Sozialkapitals und ihren Auswirkungen auf Innovatoren aus einer interdisziplinären, managementorientierten Perspektive auseinander. Dabei werden neben grundlegenden Konzeptionen und einem Literaturüberblick auch die Ergebnisse aktueller empirischer Forschung des Bamberger Innovationslehrstuhls vorgestellt. Diese Forschung erfasst sowohl deutsche mittelständische Unternehmen („hidden champions“) als auch europäische Großunternehmen in verschiedenen Branchen. Im Mittelpunkt stehen dabei Kooperations- und Innovationsnetzwerke sowohl auf der Mitarbeiterebene als auch bei den Topmanagern.

Im Nachgang: Downloads zu den Vorträgen

Jeweils nachdem ein Vortrag gehalten wurde, finden sich an dieser Stelle ausgewählte  Dokumente, wie etwa die verwendeten Slides.