Rückblick auf das Ausstellungsprojekt "Der letzte Weg - Tod und Bestattung in Mittelalter und Neuzeit" Diözesanmuseum Bamberg, 18.08. bis 13.11.2016

Gräber und Bestattungen gehören zu den wichtigsten Quellen der Archäologie. Diese Thematik war Gegenstand der vierten Ausstellung des Lehrstuhls für Archäologie des      Mittelalters und der Neuzeit, der dieses Jahr sein 35-jähriges Bestehen feiert. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Diözesanmuseum Bamberg.

Tod und Bestattung - kein einfaches, unbeschwertes Thema, aber hochinteressant, gleichermaßen angsteinflößend und widerstrebend wie elementar und substantiell. Abgesehen davon, dass es alle Menschen wirklich betrifft, ist es stets Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschung, vornehmlich der Europäischen Ethnologie, da Sterberiten und Bestattungsbräuche ein bedeutender Ausdruck jeder Kultur sind.

Aber auch für die Archäologie als Wissenschaft zählen Gräber und Bestattungen, neben den Siedlungs- und Hortfunden, zu den wichtigsten Quellen. Anders als die Siedlung, die meist aus mehreren Schichten und Phasen besteht, ist das Grab zu genau einem Zeitpunkt entstanden, was ihm die Bezeichnung "geschlossener" Fund einbringt. Grabbau und Grabbeigaben verraten eine Menge zur vergangenen Kultur, zur sozialen Schichtung, über die Religion und die Jenseitsvorstellungen.

Die Ausstellung war in zwei "Abteilungen" gegliedert. Die erste befasste sich mit dem Kranksein und Dahinsiechen, mit dem Sterben in spiritueller und physischer Hinsicht, mit der Aufbahrung und dem Begrabenwerden. Eine szenische Darstellung visualisierte dabei eine (geschönte) Situation im Sarg, weitere Exponate waren Versehgarnituren, Särge, Urnen und viele Fotografien aufgebahrter Personen. Die zweite Abteilung stellte die Bestattungsbräuche im Laufe des Mittelalters und der Neuzeit dar. Im Frühmittelalter hatte sich zwar das Christentum schon durchgesetzt, dennoch ließ man vorerst nicht davon ab, die Verstorbenen nach alter Sitte fürs Jenseits auszustatten und mit Nahrung und Getränken zu versehen. Ab dem 8./9. Jahrhundert hatte sich die Beigabenlosigkeit dann völlig durchgesetzt, bzw. die Einsicht etabliert, dass nicht der irdische Stand, sondern gute Taten und Redlichkeit ausschlaggebend für den Rang im Jenseits sind. In der frühen Neuzeit kam wieder eine Beigabensitte auf. In katholischen Gräbern finden sich nun vermehrt Rosenkränze und religiös konnotierte Objekte, in protestantischen persönliche und teils tabuisierte Gegenstände, die für die Hinterbliebenen keinen Wert mehr hatten, wie etwa der Esslöffel des Verstorbenen, dessen Medizinfläschchen oder auch die Waschschüssel, mit der die Totenwaschung vollzogen worden war. Hauptexponate dieser zweiten Abteilung waren die originale Bestattung eines schwerbewaffneten Mannes aus der Zeit um 600 n. Chr., ein Goldblattkreuz aus der gleichen Zeit vom gleichen Gräberfeld, eine Menge Grabbeigaben aus Bestattungen des neuzeitlichen Friedhofs Breunsdorf, der wegen des Braunkohletagebaus vollständig ausgegraben wurde sowie eine große Sammlung außergewöhnlicher Sterbebilder.

Das Hauptexponat, das auch der Auslöser für die Themenwahl und die Ausstellung an sich war, ist die Nachstellung einer Grabungssituation am Domkranz. Dort hatten Archäologen des Lehrstuhls für Mittelalter und Neuzeit im Herbst 2013 überraschend einen Friedhof festgestellt, der genau an den Ostchor des Doms anschloss. Nur 30 cm unter den Fußbodenplatten waren sie auf einen Bestattungshorizont mit 5 bis 6 Belegungsphasen gestoßen. In der Ausstellung ist der originale Befund auf einer Fläche von 2,5 x 1,7 m nachgebaut.

An den gesamten Vorbereitungen waren etwa 20 Studierende des Faches Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit beteiligt. Im Vorfeld bearbeitete ein Proseminar die Unterthemen in Form von Referaten und Hausarbeiten. Die Hausarbeiten wurden zu Beiträgen eines Begleitheftes/Buches umgeformt, diese Publikation noch mit Kurzbeiträgen von Lehrstuhlmitarbeitern und Mitarbeitern des Diözesanmuseums und des Erzbischöflichen Archivs ergänzt. Die Zusammenfassungen der Hausarbeiten bildeten den Grundstock für die Tafeltexte der Ausstellung. Ein zusätzliches "Forschungspraktikum" übernahm die praktische Ausgestaltung der Ausstellung, von der Plakatgestaltung bis zur Vitrineneinrichtung.

Zur Ausstellung gab es neben der Begleitpublikation auch ein wissenschaftliches sowie ein kulturelles Begleitprogramm. Außer Abendvorträgen zu verschiedenen Themen des archäologischen und euro-ethnologischen Bereiches (Dr. Eike Henning Michl, Prof. Dr. Günter Dippold, Dr. Marina Scheinost und Dr. Nelo Lohwasser) veranstaltete der Lehrstuhl eine internationale Fachtagung zur Archäologie neuzeitlicher Bestattungskultur vom 28.-30.10.2016. In verschiedenen abendlichen szenischen Lesungen, die teils von Studierenden initiiert wurden, schliff der Ackermann seine Sense.

Wie alles Irdische fand auch die Ausstellung ihr Ende und wurde wieder abgebaut und aufgeräumt, sie dauerte nur drei Monate an. Das Diözesanmuseum verzeichnete in diesem Zeitraum mehrere Tausend Besucher, bekundete seine große Zufriedenheit mit dem Ausstellungsteam und lobte die gelungene Zusammenarbeit. "Materieller Überrest" der Ausstellung ist nur das etwa 130 Seiten umfassende Begleitheft mit dem gleichen Titel (s.o.), von dem es nicht mehr allzu viele Exemplare gibt (erhältlich am Sekretariat des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Am Kranen 14 oder im Diözesanmuseum, 5 Euro).

Flyer zur Ausstellung und zum Begleitprogramm(1.1 MB, 2 Seiten)

Zur Ausstellung erschien außerdem ein kurzer Fernsehbeitrag, der in verschiedenen Programmen gezeigt wird:

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