Voll in Form II: Konzentrierter Unterricht dank Bewegung
Kurze Bewegungsübungen im Unterricht helfen Schülerinnen und Schülern, konzentrierter zu lernen. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus führt das neue Programm „Voll in Form II“ ab dem Schuljahr 2020/21 flächendeckend an bayerischen Mittelschulen ein. Grundlage für das Programm ist ein Forschungsprojekt der Forschungsstelle für Angewandte Sportwissenschaften an der Universität Bamberg: „Bewegung zur kognitiven Aktivierung“ (BekoAkt). Die Beteiligten stellten das Projekt am 14. Oktober 2020 in der Mittelschule in Kümmersbruck vor. Dort demonstrierte die Klasse 10b einige Übungen – und die Gäste machten mit, darunter der ehemalige Handball-Star Dominik Klein und die Kultusstaatssekretärin Anna Stolz. Sie warfen unter anderem bunte Knautschbälle hoch und fingen sie je nach Farbe mit verschiedenen Techniken auf.
Konzentrierter lernen durch Bewegung
BekoAkt startete im Schuljahr 2016/17 als Pilotprojekt am Meranier-Gymnasium Lichtenfels, an der Privaten Wirtschaftsschule in Lichtenfels und an der FOS/BOS Erlangen. Das Projekt knüpft an die Grundidee der „Bewegten Schule“ oder auch „Voll in Form“ an – Bewegungsinitiativen, die es an Grundschulen bereits gibt. Prof. Dr. Stefan Voll, Projektleiter und leitender Akademischer Direktor der Fachvertretung für Didaktik Sport an der Universität Bamberg, erklärte das Ziel von BekoAkt: „Hier geht es vor allem darum, Bewegung gezielt zu nutzen, um Wahrnehmungsfähigkeit und Konzentrationsleistung zu verbessern. Aber auch Unterrichtsinhalte können nach dem Prinzip ‚Lernen mit allen Sinnen‘ in die Übungsformen integriert werden.“ Die Übungen würden auch dazu beitragen, dass sich die Körperhaltung der Jugendlichen und das soziale Miteinander in der Klasse verbessert. Die Bewegung wird dreimal pro Woche für zehn Minuten in den Fachunterricht integriert.
Dr. Thomas Schmutzler schrieb seine Doktorarbeit über BekoAkt. Er arbeitet als Lehrer am Meranier-Gymnasium. 2016 führte er innerhalb von zwölf Wochen mit 266 Probanden der sechsten sowie zehnten bis zwölften Klassen das Pilotprojekt durch. Die Interventionsgruppen absolvierten an zwei Tagen in der Woche, an denen kein Sportunterricht stattfand, eine zehnminütige, neurologisch ausgerichtete Bewegungseinheit im Sitzunterricht. Die Kontrollgruppen dagegen führten keine angeleiteten Bewegungsübungen durch. Alle Teilnehmenden füllten im Untersuchungszeitraum insgesamt fünf Konzentrationstests aus.
Ziel: Programm an allen bayerischen Mittelschulen verankern
„Schülerinnen und Schüler, die regelmäßig an den Bewegungsprogrammen teilnahmen, erreichten schneller einen höheren Konzentrationsgrad als die Kontrollgruppen“, fasste Schmutzler die Forschungsergebnisse zusammen. Außerdem hielt die Konzentration länger an: „Wir haben bei den aktiven Klassen auch zwei Stunden nach der Bewegungsphase erhöhte Konzentrationswerte festgestellt.“ 35 Lehrkräfte an oberpfälzischen und niederbayerischen Mittelschulen erprobten in zweieinhalb Jahren die ausgearbeiteten Übungen und Anleitungen, die von den Bamberger Sportwissenschaftlern und der Bayerischen Landesstelle für den Schulsport unter der Leitung von Oberstudiendirektorin Erika Schwitulla mehrfach evaluiert und optimiert wurden. Entstanden sind 18 Bewegungsprogramme, die nun an allen bayerischen Mittelschulen als „Voll in Form II“ eingeführt werden.
Zum bayernweiten Start des Programms „Voll in Form II“ sagte Kultusstaatssekretärin Anna Stolz: „Sport und Bewegung sind in Bayern wesentlicher Bestandteil des Schullebens und keineswegs nur auf den Sportunterricht beschränkt. Unser Ziel ist es, das neue Programm an allen Mittelschulen in Bayern zu verankern“. Deshalb wurden im Rahmen der staatlichen Lehrerfortbildung für den Sportunterricht insgesamt 75 von den Regierungen ausgewählte Multiplikatoren ausgebildet. Sie bieten zielgerichtete Fortbildungen für Lehrkräfte zu „Voll in Form II“ an.
Publikation:
Thomas Schmutzler. 2018. BekoAkt (Bewegung zur kognitiven Aktivierung). Steigerung der exekutiven Funktionen von Schülerinnen und Schülern durch koordinative Bewegungsprogramme für das Klassenzimmer – Ein Konzept für weiterführende Schulen? Opus - Publikationsserver. DOI: 10.20378/irbo-51892
Bild „Klasse“(1.7 MB): Schülerinnen und Schüler aus der 10. Klasse demonstrierten in der Mittelschule in Kümmersbruck die Bewegungsübungen.
Quelle: Alexandra Dreher/Bayerisches Landesamt für Schule
Bild „BekoAkt_Projektteam“(2.3 MB): Projektteam BekoAkt (v.l.n.r.): Studiendirektor Thomas Schmutzler, die damaligen Studentinnen Kerstin Witzgall und Katja Weigel mit Projektleiter Prof. Dr. Stefan Voll.
Quelle: Mariell Dörrschmidt/Universität Bamberg
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