Zeitreise in die Welt der Karikaturen zwischen 1886 und 1912 (Zeichnung "Die Frösche" von Max Engert).

Nach einer Begrüßung und einem Grußwort von Fabian Franke und Sebastian Kempgen führten Ursula E. Koch und Markus Behmer in die Ausstellung ein (Fotos: Berna Martínez-Forega).

Die Auwahl von mehr als 200 Karikaturen befindet sich in der Teilbibliothek 4 für Sprach- und Literaturwissenschaften.

Der Kapitalismus ist heute wie damals ein beliebtes Ziel der Satiriker (Zeichnung: "Der Leichenberg" von N.S.)

Satire ist zeitlos

Ausstellungseröffnung: Feine Striche - Scharfe Stiche

Sie nannten sich Das Bier, Reise-Onkel, Schnauferl oder Radfahr-Humor – Karikaturen-Journale der Prinzregentenzeit. Die wohl Bekanntesten waren der Simplicissimus und die Jugend. Nach Letzterer wurde sogar eine kunstgeschichtliche Epoche benannt, der Jugendstil. Diesen Karikaturen-Journalen widmeten Prof. Dr. Markus Behmer vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Bamberg und Prof. Dr. Ursula E. Koch vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München eine Ausstellung, die am Montag, den 22. April in der Teilbibliothek 4 für Sprach- und Literaturwissenschaften eröffnet wurde. Mehr als 200 Karikaturen spotten hier nun über Themen wie die soziale Frage, Antisemitismus oder Politik. „Sie stammen aus 47 Karikaturen-Journalen“, erläuterte Behmer. Insgesamt gab es zur Prinzregentenzeit (1886-1912) um die 60 Blätter. „Heute existieren aber nur noch zwei Satire-Magazine: der Eulenspiegel und die Titanic,“ ergänzte Koch.

Die Macht der Bilder

„Wort und Strich sind mächtig“, so Vizepräsident Prof. Dr. Sebastian Kempgen in seinem Grußwort. Das zeige sich unter anderem an den Morddrohungen, denen Karikaturisten damals wie heute noch ausgesetzt seien. Auch die satirische Presse vergangener Zeit wusste um die Macht der Striche und mussten sich einer strengen Nachzensur unterwerfen. So hatten sie vor dem Verkauf ein Pflichtexemplar an die Polizeibehörden zu schicken. Bei Verstoß gegen Anstand und Sittlichkeit konnte mit einem Kolportageverbot, Verbot des Vertriebs von Büchern und Zeitschriften durch Hausierer, der Verkauf der Zeitschrift untersagt werden.

Der Direktor der Universitätsbibliothek Bamberg, Dr. Fabian Franke, erkannte in den Karikaturen auch Parallelen zur heutigen Zeit. So beschäftigt sich eine Karikatur mit dem „Redakteur der Zukunft“. Dargestellt wird ein Multitasker, der verschiedene Aufgaben in einer Person wahrnimmt – eine Darstellung, die heute auf viele Journalisten zutrifft, die sich im Zuge der Zeitungskrise nicht mehr nur auf das Schreiben beschränken können.

Satire über Bier und Frauen

Die Karikaturisten spotteten über viele Themen. Der Bierkonsum in Bayern war ein Themengebiet, bei dem sie sich reichlich austobten. Schließlich wurden damals 356 Liter Bier pro Kopf und Jahr getrunken. Diese eifrige Bierkultur hatte aber auch ihre Schattenseiten. So war Alkoholismus unter Kindern keine Seltenheit und daher auch Thema der Zeichnungen. Bei Alkohol dachten die Blattmacher außerdem wohl gleich an die Studentenschaft. Denn diese damals noch recht kleine und überschaubare Elite wurde als ein Haufen von Säufern und Müßiggängern verspottet.

Hohn und Häme musste auch die Frauenbewegung über sich ergehen lassen. Über das von den Frauen geforderte Wahlrecht oder deren Ablehnung des Tragens eines Korsetts machten sie sich lustig. Die Darstellung einer starken und selbstbewussten Frau war eher selten.

Frösche und Bismarck

Die Politik war ein weiteres wichtiges Themengebiet. Eine Karikatur spielt beispielsweise auf das Wettrüsten Deutschlands und Englands zur See an und basiert auf der Fabel „Der Frosch, der groß sein will wie ein Ochse“ von Jean de La Fontaine. Abgebildet sind zwei Frösche, die sich beide aufblähen bis sie platzen. Eine besonders beliebte Person der Satiriker war Bismarck. Eine Karikatur zeigt ihn in Übergröße, eine Anspielung auf seine Macht, die er trotz seiner Entlassung noch weiterhin ausübte.

Auch Kirche und soziale Frage standen im Kreuzfeuer der Satiriker. Mit der sozialen Frage beschäftigte sich unter anderem der Affenspiegel. Er zeichnet die Horrorvision einer modernen Welt – abgebildet sind ein Haufen von Leichen und Schädeln, auf der Spitze thront der Götze Kapitalismus und davor sitzt ein verängstigtes Pärchen. Im Hintergrund ist die Rüstungsindustrie zu sehen. Heute symbolisieren den „bösen“ Kapitalismus die raffgierigen Banken und ihre Manager. Auch hier zeigt sich wieder, dass es eine Parallele von der Vergangenheit in die Gegenwart gibt. Satire, sie ist eben zeitlos.

Die Ausstellung kann bis zum 16. Juni zu den Öffnungszeiten der Teilbibliothek 4 besichtigt werden:

Montag - Freitag: 8.30 - 24.00 Uhr
Samstag: 10.00 - 20.00 Uhr
Sonntag: 10.00 - 20.00 Uhr

Hinweis

Diesen Pressetext verfasst Martina Bay für die Pressestelle der Universität Bamberg.