Jedes Foto ein Hingucker – Kanzlerin Dagmar Steuer-Flieser bei der Ausstellungseröffnung (Fotos: Martin Habermeyer)

„Eine persönliche Sichtweise von Leuten, die in Bamberg leben“ will Initiatorin Carolin Wenzel zeigen, hier neben Bibliotheksdirektor Fabian Franke.

Projektleiter Stephan Schaumann bei der Präsentation des Graffitis: Gelb nicht gleich gelb?

„Narrenhände beschmieren Tisch und Wände“- Das gilt hier keinesfalls.

- Martin Habermeyer

Sehenswerter Blickfang

Postkartenbamberg und Pädagogengraffiti in der Uni-Bibliothek

 

„Ich wollte zeigen, was mich stört“, erzählte Florian Schrott bei der Ausstellungseröffnung am 20. Juli und weist auf sein eigenes Foto. Positive und kritische Blicke auf ihre Heimat haben die Schüler der 10d des Franz-Ludwig-Gymnasiums als Postkarten an den Glaswänden zum Innenhof der TB 5 aufgehängt. Eine anonyme Grünfläche mit obligatorischem „Betreten-verboten-Schild“ oder Aufnahmen von Bamberger Langzeitbaustellen werden ebenso dargestellt wie das etablierte Innenstadtidyll.

Untypisches und Grosteskes präsentieren

Carolin Wenzel, Projektleiterin und Kunstreferendarin der Klasse, ging es darum „Ansichten von Bamberg auszustellen, die nicht in jedem Reiseführer zu sehen sind, die das nicht so Typische, vielleicht sogar Groteske zeigen“. In Anlehnung an ein ähnliches Projekt einer Schule in Rothenburg ob der Tauber haben die Schüler die Kontraste bekannter und unbekannter Motive der Welterbestadt herausgearbeitet, die gerade in dieser Kombination ein authentisches Gesamtbild ergeben. Als Ausstellungsort bot sich thematisch die TB 5 mit ihrem Schwerpunkt auf den Geschichts- und Geowissenschaften an, wie der Direktor der Bibliothek Dr. Fabian Franke in seinem Grußwort betonte.

„Die sind so schön, die können gern länger hier hängen“

Er begreift die Verbindung zwischen Stadt, Schule und Universität, die durch die Fotos geschaffen wird, auch als Einladung, das öffentliche Angebot moderner Informationsrecherche zu nutzen – durch die Fotos auf angenehme Weise unterstützt: „Die sind so schön, die können gern länger hier hängen bleiben“, begeisterte sich Fabian Franke beim Betrachten einzelner Arbeiten. Beeindruckt von der Leistung der Schüler sieht die Kanzlerin der Universität Dr. Dagmar Steuer-Flieser in den Fotos eine Vorstufe des Studierens, „den ersten Versuch eine Aufgabe ohne Muster zu lösen; einen einsteigenden Schritt, wissenschaftlich zu arbeiten“. Bis Mitte September kann die Fotoausstellung der „Studierenden in spe“ noch besichtigt werden, passend gerahmt durch Bücherregale und Studierende „in momento“.

Einheit von Ästhetisch-Sinnlichem und Logisch-Rationalem

Von längerer Dauer soll dagegen das „gesprühte Wandbild“ sein, bestehend aus wichtigen Figuren und Phänomenen der Psychologie und Pädagogik, das den Besucher seit Juli im Gang vor der Teilbibliothek 2 erwartet. Als lange abgesprochener Auftrag der Universitätsbibliothek an Stephan Schaumann, Leiter des Graffitiprojektes und ehemaliger Dozent, und die Studierenden der Kunstdidaktik stelle es streng genommen einen Bruch mit jeglichen subkulturellen Regeln dar, mit dem Reiz des „kriminellen Akts“ des Graffiti, wie Doris Eggenhofer, Leiterin der Fachvertretung für Didaktik der Kunst, bei der Präsentation am 25. Juli erklärte. Denn hier gebe es keine „unflätigen Dinge“ zu sehen, „was aber auch kein Manko sein soll“: Eine so ernst wie klug schauende Dame aus dem 19. Jahrhundert bildet mit zwei Rucksackschulkindern den Anfang des Wandbildes. Zu ihr gesellen sich mehrere ältere Herren, sowie skurrile Szenen um Affen, grinsende Mäuse und scheinbar schiefe Schachbrettlinien.

Der Gang vor der TB 2 wird mit dem Wandbild in mehrfacher Sicht aufgewertet: „Das Ästhetisch-Sinnliche und andererseits das Logische, Denkerische, Rationale – der Flur verbindet beides miteinander, das eine verweist auf das andere“, charakterisierte Prof. Dr. Dr. Werner H. Ritter, geschäftsführender Direktor des Instituts für Forschung und Entwicklung fachbezogenen Unterrichts, das Ergebnis. Diese Verknüpfung von Kunst und Bibliothek, die Verbildlichung des fachlichen Inhalts hat ein sechsköpfiges Sprayerteam aus Einsteigern und erfahrenden Künstlern unter Stephan Schaumann an vier Wochenenden geschaffen. Auf die Idee gebracht wurde die Bibliothek durch die Berichterstattung über ein anderes Graffiti-Projekt am Domgrund

„Ein Hingucker, hell, freundlich, gelungen“

Fabian Franke fügte nach seinen Dankesworten für das „übergroße Engagement der Studierenden“ hinzu, dass die Bibliothek sich eine weitere Kooperation zur Aufwertung der Arbeitsatmosphäre gut vorstellen könne. Die Studierenden bevorzugten nämlich jene Orte, an denen „die Rahmenbedingungen stimmen, wo man sich gerne hinsetzt und man den Tag in der Prüfungszeit gut verbringen kann.“ Angesichts der gelungenen Graffitiwand vor der TB 2 darf man also weitere Projekte von Stephan Schaumann und seinem Team in den Räumen der Teilbibliotheken erwarten.

Ansprechpartner und weitere Informationen:

Die Postkarten werden voraussichtlich nach Ende der Fotoausstellung in der TB 5 auf der Internetseite des Franz-Ludwig-Gymnasiums zu sehen sein.

Interessierte Bamberger, die eine freie Wandfläche für Graffitibilder zur Verfügung stellen möchten, sind eingeladen, sich an die Fachvertretung für Didaktik der Kunst zu wenden.