Was Marshmallows mit Ökonomie zu tun haben, erklärte Guido Heineck auf seiner Antrittsvorlesung. (Foto: Brigitte Heinen/pixelio.de)

Der Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Empirische Mikroökonomik: Guido Heineck (Fotos: Christina Walzner)

Dem Publikum machte die Antrittsvorlesung sichtlich Spaß.

Was Ökonomie mit Marshmallows zu tun hat

Antrittsvorlesung von Guido Heineck

Nach der Begrüßung durch Dekan Prof. Dr. Johann Engelhard, der den Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Empirische Mikroökonomik, kurz vorstellte und ihn nochmals offiziell an der Fakultät herzlich willkommen hieß, begann Prof. Dr. Guido Heineck seinen Vortrag mit einem Video: Zwei Kinder sitzen an einem Tisch, eine Frau betritt den Untersuchungsraum und gibt den beiden je ein Marshmallow. „Wenn ihr wartet bis ich wiederkomme, ohne es zu aufzuessen, bekommt ihr ein zweites dazu“, erklärt die Untersuchungsleiterin und verlässt den Raum.

Sich zu gedulden, fällt den beiden sichtlich schwer. Sie rutschen auf den Stühlen hin und her und begutachten den Teller von allen Seiten. Als eines der Kinder sich nicht mehr zurückhalten kann und beginnt die Süßigkeit abzulecken, bricht das Publikum im Vorlesungssaal in schallendes Gelächter aus. „Was, bitte, hat dieses Experiment mit Ökonomie zu tun?“, spricht Heineck aus, was viele Zuhörer denken und erläutert zugleich: Das erstmals in den 1960ern von Psychologen durchgeführte „Marshmallow-Experiment“ zeige, dass geduldigere Kinder im weiteren Leben größeren Erfolg hatten, sowohl im Sozialverhalten als auch im Bereich Bildung. Ist die Geduld also nicht einfach nur eine Charaktereigenschaft, sondern auch ein wirtschaftliches Gut, ein „Produktionsfaktor“?

Persönlichkeitsmessung mit dem Fünf-Faktoren-Modell

Kognitive Kompetenzen und Persönlichkeit, so Heineck, würden unter anderem sowohl durch die Genetik, den familiären Hintergrund, aber auch durch verschiedene Institutionen wie etwa die Schule geprägt. Sein Forschungsbereich bezieht sich indessen vor allem darauf, wie sich kognitive Kompetenzen und Persönlichkeit auf Teilbereiche wie Bildung und Humankapital, Karriere und Verdienst oder Gesundheit auswirken.

In seiner Antrittsvorlesung „Kognitive Kompetenzen und Persönlichkeit: Eine ökonomische Perspektive“ ging Heineck zunächst auf die Frage ein, wie man Persönlichkeit messen kann. Ein in der Psychologie weithin anerkanntes Klassifikationsschema der Persönlichkeit seien die sogenannten Big Five, auch Fünf-Faktoren-Modell genannt. Untersucht werden dabei die Faktoren Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. Im Rahmen einer Lehrveranstaltung im Wintersemester 2012/13 testete er das Modell mit 18 Studierenden und konnte trotz der geringen Anzahl grundlegende Übereinstimmungen in der Persönlichkeitsstruktur der Probanden mit der aus weit größeren Studien feststellen.

Frühkindliche Förderung statt „Gehirn-Jogging“ im Alter

Bei der Frage, wie man sowohl kognitive Kompetenzen als auch die Persönlichkeit fördern könne, räumte Heineck der frühkindlichen Förderung einen besonders hohen Stellenwert ein. Er belegte dies beispielhaft mit dem „Perry-Preschool-Programm“, das in einer Laufzeit von fünf Jahren eine Gruppe benachteiligter afro-amerikanischer Kinder intensiv in der Vorschulzeit förderte. Eine Kontrollgruppe bekam hingegen keine Förderung. Durch eine wissenschaftliche Begleitung über den weiteren Lebensverlauf  hinweg zeigte sich, dass die kognitiven Fähigkeiten nach einem rasanten Anstieg zwar über die Zeit wieder abflachten, die Förderung aber positive Effekte auf andere Bereiche, wie soziales Verhalten oder schulische Motivation hatte.

„Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“, „Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen“, „Männer und Frauen passen einfach nicht zueinander“: In den Buchläden warte eine Flut an Literatur, die sich mit dem Thema „kognitive Kompetenzen und Persönlichkeit“ beschäftigt , so Heineck. Tatsächlich aber seien die Persönlichkeiten von Mann und Frau annähern gleich, lediglich in den Bereichen Neurotizismus und Verträglichkeit gebe es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Auch mit dem Mythos des „Gehirn-Joggings“ räumte er auf, kognitive Kompetenzen und Persönlichkeit seien im Erwachsenenalter nur noch marginal „modellierbar“.

Kognitive Kompetenzen und Persönlichkeit, so Heinecks Fazit, „erklären zudem einen bedeutsamen Teil der Heterogenität in Arbeitsmarktchancen und -erfolg.“ Die Frage nach der Kausalität sei in der ökonomischen Literatur allerdings noch nicht abschließend geklärt. Bildungs- und sozialpolitisch und somit ökonomisch von größerer Tragweite seien die Ergebnisse zu frühkindlicher Förderung.

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Diesen Pressetext verfasste für die Pressestelle der Universität Bamberg
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