Alexander Fliaster sprach über Innovationen in Unternehmen. (Foto: Freyja Ebner)

Wie in Netzwerken kreative Ideen entstehen

Alexander Fliaster hielt Antrittsvorlesung

Vor einigen Jahren überlegten sich Ärzte des Great Ormond Street Hospital in London, wie sie ihre Arbeit verbessern könnten. Ein Formel 1-Rennen im Fernsehen lieferte schließlich den entscheidenden Impuls. Der dort gezeigte Boxenstopp von Ferrari – dieser dauerte nur ein paar Sekunden – lief einwandfrei. Das komplexe Zusammenarbeiten mehrerer Mitarbeiter am Rennwagen beeindruckte die Ärzte, die plötzlich viele Parallelen zur Teamarbeit im OP-Raum und bei der Patientenübergabe an die Intensivstation entdeckten. Sie nahmen mit den Verantwortlichen von Ferrari Kontakt auf und erarbeiteten gemeinsam mehrere Veränderungen der Arbeitsabläufe im Krankenhaus.

Mit dieser ungewöhnlichen Geschichte des Wissenstransfers über Branchengrenzen hinweg, die Prof. Dr. Alexander Fliaster in einem Forschungsprojekt untersuchte, stimmte er am 29. Januar 2014 seine Zuhörerinnen und Zuhörer auf das Themenfeld Innovationsmanagement ein. „Innovation in Netzwerken: Facetten und Einblicke“ lautete der Titel seiner Antrittsvorlesung. Innovationen sind Ideen, die neu und nützlich sind, heißt die gängigste Definition in der Wirtschaftsliteratur. Wie solche Ideen in den Unternehmen zustande kommen und umgesetzt werden, untersucht Fliaster am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Innovationsmanagement. Im Frühjahr 2011 kam Fliaster an die Universität Bamberg, wobei die Berufungskommission besonders durch seine Internationalität beindruckt war, wie der Dekan der Fakultät Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Prof. Dr. Olaf Struck zu Beginn der Antrittsvorlesung hervorhob. Dazu zählen Fliasters Sprachkenntnisse, unter anderem Russisch und Japanisch, aber auch seine Aktivitäten in englischsprachigen MBA-Programmen, der Weiterbildung für Führungskräfte global agierender Unternehmen und der Einwerbung von EU-Fördermitteln für die Forschung.

Es braucht Netzwerke!

Als besonders innovatives Unternehmen unserer Zeit gilt Apple – und das nicht nur dank seines Gründers Steve Jobs. Dieser erklärte im Jahre 2004: „Eine Innovation entsteht, wenn ein Mitarbeiter um halb elf in der Nacht seine Kollegen anruft, weil ihm gerade eine coole Idee eingefallen ist.“ Eine wunderbare Definition von Innovation, die auf einen ganz entscheidenden Erfolgsfaktor hinweist, erklärte Fliaster dieses Zitat von Steve Jobs. Denn Netzwerke, also die interpersonellen Beziehungen, sind für Innovationen essentiell.

Innovationsbrücken in Unternehmen

Die Bedeutung von solchen Netzwerken erläuterte Fliaster anhand von Forschungsergebnissen, die er unter anderem durch eine Studie in klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland erlangt hatte. Geleitet durch die Frage, wie Innovationen in technologieintensiven KMUs, wie zum Beispiel im Maschinenbau, entstehen, führte Fliaster mehrere Interviews mit Geschäftsführern und Mitarbeitern und bekam dabei eine überraschende Antwort, die er dem Auditorium nicht vorenthielt. Es sind oftmals die Monteure, die Innovationen anstoßen. So gingen die Geschäftsführer zielgerichtet zu den Monteuren, weil diese sie mit konstruktiven Lösungsansätzen überrascht hätten. Auch wüssten die Monteure beispielsweise von Detailproblemen an Maschinen, die eine ganze Kettenreaktion mit schlimmen Folgen auslösen könnten. Dadurch, dass die Firmenleiter mit den Monteuren Ideen austauschen und direkt kooperieren, werden die „Löcher“ in der formalen Organisation überbrückt und Innovationsbarrieren überwunden. Wie schon beim Ferrari-Beispiel am Anfang zeigte Fliaster, dass es gerade die ungewöhnlichen Wege der Zusammenarbeit sind, die zu Innovationen führen. Basierend auf weiteren empirischen Studien ging er im Vortrag gezielt auch auf die Faktoren ein, die eine solche Kooperation auf individueller und organisationaler Ebenen fördern – etwa die gemeinsamen Normen und Werte sowie die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Mitarbeitern.

Brücke zwischen Forschung und Praxis

Apropos Ferrari: Zum Ende der Vorlesung kam die Formel 1 thematisch wieder ins Spiel, und zwar anhand eines Videos. Fliaster zeigte dem Auditorium einen Ausschnitt aus der Lernsimulation „Eagle Racing“, die er mit Kollegen von mehreren europäischen Universitäten und Business Schools sowie renommierten Unternehmen ausgearbeitet hat. Die Entwicklung dieses neuartigen Weiterbildungsinstruments wurde im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Forschungsprojektes vorangetrieben. Auch die Manager von Ferrari haben zahlreiche Anregungen für diese Simulation geliefert.

Anhand dieser Lernsimulation können Problemsituationen analysiert und Lösungen erarbeitet werden, die bei der Kooperation von Entscheidungsträgern innerhalb und zwischen den Unternehmen erfolgskritisch sind. Die primäre Zielgruppe waren Manager internationaler Unternehmen, aber auch die Bamberger Masterstudierenden „können sehr viele wichtige Erkenntnisse und Einsichten mitnehmen“, so Fliaster. Am Ende der jeweiligen Videosequenz werden die Akteure – und damit auch die Teilnehmer von Lernveranstaltungen – vor die Notwendigkeit gestellt, eine schwierige Managemententscheidung zu treffen. Je nach dem wie sie sich entscheiden, nimmt der Spielverlauf einen anderen Pfad. „Damit sind die künftigen Manager weit mehr als Leser eine Fallstudie. Sie werden zu „Koautoren“ gemacht und werden unmittelbar mit den Konsequenzen ihrer Führungsentscheidungen konfrontiert.“ Mit dieser Bemerkung beendete Fliaster seinen Vortrag. Beim anschließenden Empfang im Foyer wurde noch bis zum späten Abend über Innovationen diskutiert.

Hinweis

Diesen Text verfasste Freyja Ebner für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

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