Über Fundamentaltheologie und Dogmatik

Die systematisch-theologischen Disziplinen der Fundamentaltheologie und Dogmatik beziehen die Überlieferungen des jüdisch-christlichen Glaubens auf die vielfältige Wirklichkeit unserer Gegenwart. Ihre Charakteristik als Fach markieren kommunikative und dialogische Vollzüge. Im Horizont einer säkularen und religiös wie weltanschaulich pluralen Zeitsituation fragen sie auf je eigene Weise nach der Bedeutung, welche die Aussagen des Glaubens über Gott, Mensch und Welt heute erlangen können. Dass die Kirche in der Welt siedelt, mit allen Menschen gemeinsam unterwegs und auf der Suche nach Heil ist, fordert von der Theologie die Ausarbeitung von Hermeneutiken und Praktiken des Christseins, die gegenwartssensibel und theologisch authentisch, d.h. der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus angemessen sein sollen. Der aktuelle Akzent, der die dogmatische wie die fundamentaltheologische Rede von Gott auszeichnet, ist deshalb nicht geschichtsvergessen. Vielmehr erschließt sie die Heilsbedeutung Jesu Christi über den Reichtum der vielfältigen lehramtlichen und anderen theologischen Traditionen des Glaubens und bietet ihre Mitarbeit an der Humanisierung von Mensch und Welt an, die sie im Gespräch mit anderen Religionen, Philosophien und Weltanschauungen zu befördern sucht.

Da Fundamentaltheologie und Dogmatik von einem trinitarischen Gott sprechen, der durch seine Menschwerdung selber v.a. Menschlichkeit beansprucht, erhält die Aufmerksamkeit auf die Not der Menschen theologisch vorrangige Bedeutung. Das menschliche Unheil stellt alle religiösen Wahrheitsansprüche infrage. Jede wissenschaftliche Gottesrede muss deshalb Selbstkritik und Weltkritik miteinander verbinden. Die dringliche Aufgabe sich zu bewähren verpflichtet systematische Theologie auf denselben pastoralen Sendungsauftrag, mit dem das II. Vatikanische Konzil die Kirche ausdrücklich zum Dienst am Menschen bestimmt. Programmatisch formuliert die Konzilskonstitution Gaudium et spes: »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen dieser Zeit, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind Freude und Hoffnung, Trauer und Angst auch der Jünger Christi, und es findet sich nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihrem Herzen widerhallte.« (GS 1,1)