Reicht der Bachelor als Voraussetzung für den pfarramtlichen Dienst?

– Bei der „Bologna-Tagung“ der Gesellschaft für evangelische Theologie überwog die Skepsis

von Gertrud Pechmann

Uni Bamberg News Nr. 219 vom 24.11.04

Bei „Bologna-Prozess“ denken die meisten an Schulen. Doch auch die Hochschulen sind daran gebunden, bis 2010 einen „Europäischen Raum für die wissenschaftliche Bildung“ zu schaffen. Damit ist auch die Theologie betroffen. Welche spezifischen Probleme mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge in der Theologie auftreten – damit beschäftigte sich eine Tagung von Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Inhaber des Lehrstuhls für Evangelische Theologie mit Schwerpunkt für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen an der Universität Bamberg.

Ziele der Bologna-Erklärung sind die Angleichung der bis jetzt verschiedenen akademischen Titel und Abschlüsse, die Einführung der Ausbildungszyklen Bachelor (der nach drei Jahren Studium erworben werden kann) und Master (für den weitere zwei Jahre Studium nötig sind), die Einführung eines Punkte-Systems (credits), die Förderung der Mobilität von Studierenden und Dozenten, die Förderung einheitlicher Bildungsstandards und einheitlicher Bildungswege in Europa. 


In der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), den in ihr vereinten evangelischen Landeskirchen sowie im Evangelisch-Theologischen Fakultätentag wird derzeit kontrovers diskutiert: Was ist der Sinn des Theologiestudiums? Welche Fähigkeiten sollen sich die Studierenden für ihren späteren Beruf aneignen? Welche Berufsperspektiven haben sie mit den neuen Studienabschlüssen?

Während einige Mitglieder der Evangelischen Kirche nun eine praxisbezogenere Ausbildung für Pastoren fordern, befürchtet der EKD-Ausbildungsreferent Dr. Günther Wasserberg eine Nivellierung auf niedrigem Niveau. „Die Konsequenzen sind unkalkulierbar. An den Evangelisch-Theologischen Fakultäten überwiegt die Bologna-Skepsis“, warnte auch Prof. Michael Beintker vor einem theologischen Schmalspur-Studium: „Der Bachelor nach nur drei Jahren Studium kann nicht als Voraussetzung für den pfarramtlichen Dienst akzeptiert werden.“ Die theologischen Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein ließen sich beispielsweise nicht in ein nur dreijähriges Studium integrieren, und auch das Abschlussexamen sollte als Konstante bestehen bleiben und nicht den Sammelpunkten zum Opfer fallen. Außerdem sollten Theologiestudenten neben der Aneignung von Fachwissen auch Zeit für ihre eigene Persönlichkeitsbildung haben. Denkbar sei für ihn eventuell ein „Hybrid-Studiengang“, der den Erwerb des Bachelors und Masters für Lehramtsstudierende, nicht aber für Diplomstudierende ermögliche, betonte Beintker.


Die Evangelisch-Theologischen Fakultäten und die evangelischen Landeskirchen in Deutschland beschäftigen sich schon länger mit diesem Thema. Im September hat der Kontaktausschuss von EKD und Fakultätentag zehn Eckpunkte für eine Positionsbestimmung zum Bologna-Prozess vorgelegt. Darin wird die Umgestaltung des Diplomstudiengangs Evangelische Theologie nicht grundsätzlich abgelehnt, seine Umsetzung aber mit bestimmten Bedingungen verknüpft. Mit einer Entscheidung rechnet Beintker frühestens im Sommer nächsten Jahres.

Besonders interessant war für die evangelischen Teilnehmer der Erfahrungsaustausch mit zwei katholischen Kollegen: Prof. Dr. Alfred Hierold (Universität Bamberg) und Prof. Dr. Heinz-Josef Fabry (Universität Bonn) arbeiten in verschiedenen Kommissionen an der katholischen Antwort auf den Bologna-Prozess. Verblüfft stellten sie fest, dass sich ihre Vorschläge in weiten Teilen mit denen der evangelischen Fakultäten in der Schweiz decken, an denen die neuen Studiengänge teilweise bereits gestartet sind. Und auch in der Forderung, dass künftige Pfarrer mindestens fünf Jahre Theologie studieren müssen, sind sich evangelische wie katholische Experten einig. „Schade, dass sich die beiden Kirchen nicht vorher abgesprochen haben“, bedauerten Fabry und Bedford-Strohm bei der Bamberger Tagung unisono. „Das ist doch ein erstaunlicher ökumenischer Konsens.“