Forschungsschwerpunkte

Dr. Johannes Rosenbaum

  • Moderner südasiatischer Islam
  • Islamische Ethik, insbesondere Sexualethik
  • Iranische Geistes- und Religionsgeschichte des 19. u. 20. Jh.
  • Europäisch-islamischer Kulturkontakt

Aktuelle Forschung

Das gegenwärtige Forschungsprojekt Dr. Johannes Rosenbaums beschäftigt sich mit dem Reformdenken des Sufis und Hadith-Gelehrten ‘Abd al-Ḥaqq Dihlawī (1551-1642), der zur Mogulzeit in Nordindien wirkte. Er ist heute vor allem als wesentlicher Initiator von Hadithstudien in Südasien und als Vertreter der orthodoxen Reaktion gegen die synkretistische Religionspolitik des Mogulkaiser Akbar bekannt, steht aber im Schatten seines berühmteren Zeitgenossen Shaykh Ahmad Sirhindi. Sein umfangreiches Schrifttum ist bisher kaum erforscht. So verfasste er diverse Hagiographien, eine umfassende Muhammadbiographie, einen Fürstenspiegel für den Mogulkaiser Dschahangir, Kommentare zu bekannten Hadithsammlungen, ein Rechtswerk und Schriften zur Sufik.  In diesem Projekt geht es vordringlich um die Erschließung seines Reformdenkens in der Form seiner Harmonisierungsbestrebungen von Rechtsgelehrsamkeit, Hadithstudium und Sufik. Um sogenannte orthodoxe Reformansätze besser zu verstehen, ist es wichtig, sich mit den Fragen und moralischen Problemen zu beschäftigen, auf die sie Antwort zu geben versuchen. Eine der zentralen Fragen ist die nach der Souveränität von Herrschaft in religiösen Fragen und der Aufgabe des Herrschers in der Repräsentation und Durchsetzung sunnitischer Orthodoxie. ‘Abd al-Ḥaqq Dihlawī sieht sich in der Nachfolge des Theologen und Sufis al-Ghazāli (1058-1111), der ebenfalls in seiner Zeit eine großangelegte Synthese der islamischen Wissenssysteme seiner Zeit entwarf. Wie ihm geht es ‘Abd al-Ḥaqq um eine epistemologische Kritik der Philosophie, der Rechtsgelehrsamkeit und der Philosophie, er spart allerdings auch nicht an Kritik an der zu seiner Zeit verbreiteten monistischen Lehre Ibn al-ʿArabīs. Im Zentrum, so die These, stehen für ‘Abd al-Ḥaqq eine Rückbesinnung auf das Vorbild des Propheten und dessen beispielhaftes Verhalten, zu dessen Erschließung und Tradierung die Hadithwissenschaft  in Indien gestärkt werden muss.

Das Projekt nimmt daher vor allem die sufischen Schriften und die Hadithwerke in den Blick, in denen ‘Abd al-Ḥaqq seine Agenda vertritt.

Das Projekt soll ein besseres Verständnis von sufischem und sunnitischen Reformdenken in der Vormoderne bieten und nach den Wurzeln und Bezügen der heutigen südasiatischen Barelwī-Bewegung forschen, die eine Fusion von Sufik und Sunnitentum mit einer intensiven Prophetenverehrung  verbindet.