Geoarchive als Quellen zur Rekonstruktion des Landschaftswandels im Hinterland der römischen Metropolis Pompeiopolis in Nordanatolien (Türkei)

Inhalt und Ziel:

Ziel des Projektes ist die Rekonstruktion von Zusammenhängen zwischen römischer Urbanisierung und Landschaftswandel im näheren Umfeld (Hinterland) römischer Städte in Paphlagonien (Nordanatolien, Türkei). Die Untersuchungen sollen beispielhaft im Hinterland der paphlagonischen Metropole Pompeiopolis durchgeführt werden. Pompeiopolis wird bereits seit 2006 durch ein interdisziplinär-internationales Forschungsprojekt feldarchäologisch untersucht. Eine überregionale Einordnung und Bewertung des Befundes erfolgt seit 2014 seitens der Bamberger Professur für Archäologie der Römischen Provinzen. Während sich die archäologischen Forschungsarbeiten in Pompeiopolis bislang auf die Aufdeckung rein städtebaulicher (Be-)Funde konzentrieren, um vor allem die Baudimensionen und kulturelle Folgen des römischen Urbanisierungsprozesses in der Region zu erfassen, richtet sich der Fokus der geoarchäologischen Forschung hingegen auf die Untersuchung des Hinterlandes vor allem im Norden und Nordwesten des Stadthügels von Pompeiopolis. Hierbei soll geklärt werden, zu welchem Zwecke und in welchem Maße die Landschaft im näheren Umfeld der Stadt in den urbanen Entwicklungsprozess mit einbezogen wurde.

Es ist zu vermuten, dass das Hinterland von den Römern infrastrukturell verstärkt erschlossen und vor allem für die landwirtschaftliche Versorgung der stetig wachsenden städtischen Bevölkerung urbar gemacht und genutzt wurde. Vermutlich organisierten die Römer dabei das bis dahin bestehende, von der einheimischen Bevölkerung betriebene infrastrukturelle und landwirtschaftliche System mit großem Aufwand vollständig um. Diese Umstrukturierung muss in einer massiven Veränderung der naturräumlichen Gegebenheiten resultiert haben, z.B. in der Rodung von Wäldern, um Agrar- und Weideflächen zu erzeugen. Die intensive Kultivierung und Nutzung des Offenlandes durch Mensch und Tier wiederum muss über die Zeit eine starke Beanspruchung der Böden hervorgerufen und somit auch verstärkt Prozesse der Bodenerosion ausgelöst haben.

Zur Überprüfung dieser Hypothese bietet sich die Untersuchung von Geoarchiven wie Böden und Sedimente (v.a. Kolluvien) an. Im Rahmen landschaftsgeschichtlicher Untersuchungen sollen diese Archivtypen kartiert, beprobt und analysiert werden, um die Bodenbildungs- sowie Erosions- und Sedimentationsprozesse, die das landwirtschaftliche Potenzial der Region bedingen, zu verstehen. Die Untersuchung der Genese von Paläoböden und Kolluvien anhand von Horizont- und Schichtgrenzen sowie die Altersbestimmung dieser Archive erlaubt somit eine Rekonstruktion verschiedener Bodenbildungsphasen und Erosions-/Sedimentationszyklen. Daraus soll im Kontext der Ergebnisse der archäologischen Grabungen eine zeitliche Einordnung eines möglichen Wandels des Hinterlandes in den Jahrhunderten der römischen Urbanisierung erfolgen.

Untersuchungen und erste Ergebnisse:

Im Rahmen der Feldkampagnen im August 2015 und 2016 standen geoarchäologische Feldarbeiten sowie Vermessungsarbeiten im Umfeld von Pompeiopolis im Mittelpunkt. Während eines früheren, kurzen Gastaufenthaltes im Sommer 2014 wurden bereits einige Standorte für potenzielle Geoarchivuntersuchungen ausgesucht. Abb. 1 zeigt exemplarisch einen geeigneten Standort in Senkenlage in ca. 600 m Entfernung (Luftlinie) nördlich des Stadthügels. Dieser Punkt war zunächst Ausgangspunkt für Vermessungsarbeiten mittels GPS. Dabei wurden die Hänge, die ringsum zum Teil steil einfallen und somit das Einzugsgebiet für Abtrag und Akkumulation von Bodenmaterial am Standort der Bodensondage darstellen, in einem kleinmaschigen Gitternetz (1 x 1 Meter) vermessen.

Die umliegenden Hänge werden heutzutage ackerbaulich und weidewirtschaftlich intensiv genutzt und weisen eine sehr gute Bodenqualität auf (pers. Komm. N. Köskeroğlu, Agrarbüro Taşköprü). Zudem befindet sich in unmittelbarer Nähe eine Wasserquelle (s. Abb. 1). All diese Faktoren sprechen für eine mögliche landwirtschaftliche Nutzung des Geländes auch zu früherer Zeit. Daher wurde dieser Standort für eine detaillierte bodenkundliche Sondage ausgewählt.

Am topographisch tiefsten Punkt des Geländes konnte mittels Bohrgerät des Typs Edelman Bodenmaterial aus bis zu 2 m Bodentiefe gewonnen werden (Abb. 2). Bei dem vorliegenden Bodentyp handelt es sich um einen Kolluvisol, dessen einzelne Horizonte aufgrund von Parametern wie Bodenfarbe und Feinbodenart bereits im Gelände weiter differenziert werden konnten. Das Profil zeichnet sich durch die Abfolge folgender Bodenhorizonte aus:

  • Ap (0 – 30 cm): Pflughorizont: rezenter, ackerbaulich genutzter Oberboden;
  • M1 (30 – 65 cm): jüngstes Kolluvium; sehr lockeres Gefüge, Bodenart sandig-lehmig;
  • M2 (65 – 100 cm): älteres Kolluvium; humoser als M1; Holzkohlefragmente; Bodenart toniger Sand;
  • M3 (100 – 180 cm): ältestes Kolluvium; weniger humos als M2; zunehmender Gehalt an Grobbodenkomponenten (Durchmesser > 2 mm); Holzkohlefragmente; Bodenart toniger Sand;
  • Cv (180 – 200 cm): Übergangshorizont zum verwitterten Ausgangsgestein; hohe Bodenfeuchte, Bodenart lehmiger Ton.

Ausblick:

Diese Form der bodenkundlichen Prospektion konnte an insgesamt sieben Standorten durchgeführt werden. An fast allen Standorten wurden Bodenmischproben für weitere Laboranalysen (Schlämmen, bodenchemische Analysen) entnommen. In Hinblick auf die Altersbestimmung der Geoarchive bleiben die Radiokarbondatierungen der Holzkohlefragmente aus diversen Kolluvien abzuwarten. An diesen Fragmenten werden zunächst auch Bestimmungen der Holzart zur Rekonstruktion der früheren Vegetationsbedeckung vorgenommen. Die Ergebnisse der geoarchäologischen Untersuchungen werden 2018 im Konferenzband der Internationalen Konferenz "Contextualizing Pompeiopolis: Urban Developmentin Roman Anatolia from a Comparative Perspective" publiziert werden.

 

Finanzierung: